1. Senat - Dienstkleidung - Gleichbehandlung - Cockpit-Mütze
Karar Dilini Çevir:
1. Senat - Dienstkleidung - Gleichbehandlung - Cockpit-Mütze
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 30. September 2014 Erster Senat - 1 AZR 1083/12 - I. Arbeitsgericht Köln Urteil vom 5. April 2011 - 12 Ca 8659/10 - II. Landesarbeitsgericht Köln Urteil vom 29. Oktober 2012 - 5 Sa 549/11 - Für die Amtliche Sammlung: Ja Entscheidungsstichworte: Dienstkleidung - Gleichbehandlung Bestimmung en : BetrVG §§ 75, 87 Abs. 1 Nr. 1 , § 117 Abs. 2 Arbeitgeber und Betriebsrat haben bei Regelungen über die Dienstkle i- dung in einer Betriebsvereinbarung den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 1 AZR 1083/12 5 Sa 549/11 Landesarbeitsgericht Köln Im Namen des Volkes! Verkündet am 30. September 2014 URTEIL Metze , Urkundsbeamter der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, Berufungsbeklagter und Revisionskläger, pp. Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte, hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2014 durch die Präsidentin des Bundesa r- beitsgerichts Schmidt, den Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Koch, die Richterin am Bundesarbeitsgericht K. Schmidt sowie die ehrenamtlichen Richter Schäferkord und Platow für Recht erkannt: - 2 - 1 AZR 1083/12 - 3 - I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 29. Oktober 2012 - 5 Sa 549/11 - aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 5. April 2011 - 12 Ca 8659/10 - wird zurückgewiesen. Der zu 2. formulierte Tenor des vorgenannten Urteils wird zur Klarstellung wie folgt gefasst: Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht ve r- pflichtet ist, während eines Flugeinsatzes im ö f- fentlich zugänglichen Flughafenbereich eine Cockpit - Mütze zu tragen. II. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Tragepflicht einer Kopfbedeckung. Der Kläger ist bei der Beklagten als Flug zeugführer beschäftigt. Bei dieser sind nach § 117 Abs. 2 BetrVG aufgrund des Tarifvertrags Personalve r- tretung für das Bordpersonal vom 15. November 1972 (TV PV) Personalvertr e- tungen gebildet. Für das fliegende Personal der Beklagten besteht seit dem 1. Mai 2004 eine mit der en Gesamtvertretung (BV 2004) . Darin heißt es : § 1 Grundsätze Die Dienstbekleidung ist ein wesentliches Element des Lufthansa - Erscheinungsbildes. Mit der Uniform wird das Ziel verfolgt, der Öffentlichkeit ein einheitliches Erscheinungsbild zu bieten. ... 1 2 3 - 3 - 1 AZR 1083/12 - 4 - In der Öffentlichkeit, ganz besonders gegenüber den Ku n- den der DLH, kennzeichnet die Uniform den Mitarbeiter als Repräsentant des Unternehmens. ... ... § 3 Trageordnung der Dienstkleidung Diese Trageordnung ist bindend für alle Mitarbeiter des fliegenden Personals. ... (1) Während des Flugeinsatzes muss ... die Uniform g e- Nach § 4 (1) BV 2004 besteht die Uniform für Pilotinnen aus Anzug, Bluse, Outdoorbekleidung, Strümpfen sowie Schuhen. Zur Uniform von Piloten gehören Anzug, Hemd, Krawatte, Cockpit - Mütze, Outdoor bekleidung , Strümpfe sowie Schuhe. I n § 4 BV 2004 ist bestimmt: § 4 Uniformteile für das Cockpitpersonal (1) Uniformteile für Damen (1.4) Cockpit - Mütze Die Cockpit - M ütze kann getragen werden, gehört aber nicht zur vollständigen Uniform. (2) Uniformteile für Herren (2.4) Cockpit - Mütze Die Cockpit - Mütze ist in dem der Öffentlichkeit zugängl i- Für das weibliche Kabinenpersonal heißt es in § 5 BV 2004: § 5 Uniformteile für das Kabinenpersonal (1) Uniformteile für Damen (1.7) Hut Der Hut ist ein zusätzliches feminines, elegantes Acce s- soire. Er darf nur zur Begrüßung und Verabschiedung s o- wie außerhalb des Flugzeugs getragen werden. Der Hut 4 5 - 4 - 1 AZR 1083/12 - 5 - wird nicht im Service getragen. Die Frisur soll in Klassik und Eleganz dem Hut angepasst sein. Haare sollen aus dem Gesicht gekämmt werden. Es ist darauf zu achten, dass die Frisur auch nach Ablegen des Hutes einwandfrei ist. Der Kläger wurde am 18. Dezember 2009 von einem Intercontinenta l- f lug abgesetzt, weil er an diesem Tag seine Cockpit - Mütze nicht mit sich führte. In einem am 29. Januar 2010 geführten Personalgespräch berief er sich auf die Unwirksamkeit der in der § 4 (2.4) BV 2004 normierten Tragepflicht. Diese di s- krim iniere ihn wegen seines Geschlechts. Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, seine Cockpit - Mütze in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafe n- bereich zu tr agen, solange die Beklagte ausschließlich das männliche Cockpitpersonal zum Tragen der Cockpit - Mütze in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafe n- bereich verpflichtet. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Das Arbeitsgericht hat dem Feststellu ngsantrag entsprochen. Das La n- desarbeitsgericht hat ihn auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der Revision beantragt der Kläger die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung. Entscheidungsgründe Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil zu Unrecht entsprochen. Der Feststellungsantrag ist begründet. I. Der Antrag ist nach der gebotenen Auslegung zulässig. 6 7 8 9 10 11 - 5 - 1 AZR 1083/12 - 6 - Der Kläger möchte die Feststellung erreichen, dass er nach § 4 (2.4) BV 2004 nicht verpflichtet ist, während eines Flugeinsatzes im öffentlich z u- gänglichen Flughafenbereich eine Cockpit - Mütze zu tragen. Dies folgt aus se i- nem in den Vorinstanzen gehaltenen Vortrag. Er hält die in der BV 2004 no r- mierte und ausschließlich auf Piloten beschränkte Trageverpflichtung in Bezug auf die vorgeschriebene Kopfbedeckung für unwirksam. Über den zeitlichen und gegenständlichen Umfang der Tragepflicht besteht zwischen den Parteien kein Streit. Mit diesem Inhalt genüg t der Feststellungsantrag dem B e- stimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO e r- forderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Zwischen den Parteien bestehen unterschiedliche Auffassungen über die Wirksamkeit von § 4 (2.4) BV 2004. II. Der Antrag ist begründet. Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 68 TV PV. Die in der BV 2004 vorgenommene Gruppenbildung zwischen dem männlichen und weiblichen Cockpitpersonal bei der Ausgestaltung der Diens t- kleidungsvorschriften verstößt gegen d as dem § 75 BetrVG nachgebildete pe r- sonalvertretungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot des § 68 TV PV. Der Kl ä- ger ist wegen der gleichbehandlungswidrigen Be handl ung von Pilotinnen und Piloten nicht zum Tragen einer Cockpit - Mütze verpflichtet. 1. Die Ausgestaltung von Dienstkleidungsvorschriften berührt das Or d- nungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb und unterliegt nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats , wenn die Dienstkle i- dung dazu dient, das äußere Erscheinungsbild d es Unternehmens zu fördern (BAG 13. Februar 2007 - 1 ABR 18/06 - Rn. 9, BAGE 121, 147) . Dies gilt gleichermaßen für das durch § 77 Abs. 1 Nr. 1 TV PV begründete gleichlaute n- de Mitbestimmungsrecht der Personalvertretungen des fliegenden Personals. 2. Nach § 68 TV PV haben die Personalvertretung und die Arbeitgeberin bei Betriebsvereinbarungen den personalvertretungsrechtlichen Gleichbehan d- lungsgrundsatz des § 68 TV PV zu beachten. Dieser auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführe nde Gleichbehandlung s- grundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichb a- 12 13 14 15 - 6 - 1 AZR 1083/12 - 7 - ren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Eine Gruppenbildung kann auch dadurch erfolgen, dass für eine Arbe itnehmergruppe eine Regelung getroffen wird und für eine andere u n- terbleibt (BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179) . Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Pflichten vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich hierfür ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 15) . Dabei ist bei einer pers o- nenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadress a- ten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschi e- de von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche B e- handlung rechtfertigen könnten (BAG 14. Mai 2013 - 1 AZR 43/12 - Rn. 18) . 3 . Nach diesen Grundsätzen ist die nur für Piloten geltende Pflicht, in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafenbereich eine Cockpit - Mütze zu tragen, ge messen am Norm zweck der BV 2004 nicht gerechtfertigt. Die darauf bezog e- ne Regelung des § 4 (2.4) BV 2004 ist unwirksam. a) Die BV 2004 verfolgt das Ziel, die Mitarbeiter des fliegenden Personals in der Öffentlichkeit und insbesondere gegenüber Kunden der Beklagten als Repräsentanten des Unte rnehmens kenntlich zu machen (§ 1 Satz 4 BV 2004) . Nach § 1 Satz 1 und Satz 2 BV 2004 ist die uniformähnliche Dienstbekleidung ein wesentliches Element des von der Beklagten angestrebten einheitlichen Erscheinungsbilds ihrer Flugzeugbesatzungen. Zu diesem Zweck werden in der BV 2004 Aussehen und Bestandteile der Dienstbekleidung des fliegenden Pe r- sonals festgelegt (§§ 4, 5 BV 2004) und eine allgemeine Tragepflicht während des Flugeinsatzes (§ 3 (1) Satz 1 BV 2004) angeordnet. Die Zuordnung der Un i formträger zu den Angehörige n des fliegenden Personals der Beklagten wird nach der Einschätzung der Betriebsparteien durch die während des Flugeinsa t- zes von der Öffentlichkeit unschwer wahrzunehmenden Kleidungsstücken b e- stimmt. 16 17 - 7 - 1 AZR 1083/12 - 8 - b) Die in der BV 2004 vorgenommene Gruppenbildung bewirkt eine unmi t- telbare personenbezogene Ungleichbehandlung zwischen den männlichen und weiblichen Cockpit mitgl i e dern . In Bezug auf die Ausgestaltung der während eines Flugeinsatzes anz u- legenden Uniformteile unterscheidet di e BV 2004 zwischen dem Cockpit - und dem Kabinenpersonal. Innerhalb dieser Beschäftigtengruppen ist die Dienst b e- kleidung für Frauen und Männer jeweils unterschiedlich ausgestaltet. Für die männlichen Cockpitmitglieder gehört die Cockpit - Mütze zur Uniform, d ie in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafenbereich zu tragen ist (§ 4 (2.4) BV 2004) . Für Pilotinnen bestimmt § 4 (1.4) BV 2004, dass die Cockpit - Mütze nicht zur vollständigen Uniform gehört. Das Tragen einer solchen Kopfbed e- ckung ist ihnen freiges tellt. c) Die nur Piloten betreffende Pflicht zum Tragen der Cockpit - Mütze (§ 4 (2.4) BV 2004) ist nicht gerechtfertigt. Die Beklagte hat sich hier zu auf das klassische Pilotenbild und die Frisurgestaltung weiblicher Cockpitmitglieder berufen. Gemessen an dem R e- g e lungszweck der BV 2004 sind beide Gründe nicht geeignet, die Ungleichb e- handlung zu rechtfertigen. Die Beklagte hat im Ausgangspunkt zutreffend d a- rauf hingewiesen, dass Flugzeugführer in der Öffentlichkeit regelmäßig nur als solche wahrgenommen w erden, wenn sie eine Cockpit - Mütze tragen. Die ve r- bleibenden Uniformteile ermöglichen zwar die Zuordnung zum fliegenden Pe r- sonal, nicht aber die von der Beklagten gewünschte Unterscheidung zwischen ihrem Cockpit - und Kabinenpersonal. Die Zuordnung von Pilo tinnen zu den Flugzeugführern der Beklagten kann daher ebenfalls ohne das Anlegen einer repräsentativen Kopfbedeckung nicht erreicht werden. Dass auch d ie Frisurg e- staltung von Pilotinnen einer solchen Tragepflicht grundsätzlich nicht entgege n- steht, belegt schon die entsprechende Regelung für d ie weiblichen Mitglieder des Kabinenpersonal s . Dieses kann zwar außerhalb des Flugzeugs einen Hut tragen, ist aber n ach § 5 (1.7) Satz 4 BV 2004 gehalten, ihre Frisur in Klassik und Eleganz dem Hut an zu pass en . 18 19 20 21 - 8 - 1 AZR 1083/12 d) Rechtsfolge des Verstoßes gegen den Gleich behandlungsgrund satz aus § 68 Abs. 1 TV PV ist die Unwirksamkeit von § 4 (2.4) BV 2004 . Der Kläger ist nicht verpflichtet, die Cockpit - Mütze in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafenbereich zu tragen . 4 . Da nach bedarf es keiner Entscheidung, ob die in der BV 2004 vorg e- nommene Gruppenbildung bei der Tragepflicht einer Kopfbedeckung auch g e- gen das Verbot der unterschiedlichen Behandlung wegen des Geschlechts (§ 68 TV PV iVm. § 7 Abs. 1 AGG) verstößt . Schmidt K. Schmidt Koch Schäferkord Platow 22 23

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