1 Ni 1/15 (EP) - 1. Senat (Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 253
08.05

BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES

1 Ni 1/15 (EP)
(Aktenzeichen)

URTEIL


Verkündet am
7. März 2017





In der Patentnichtigkeitssache




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betreffend das europäische Patent 1 070 223
(DE 699 23 771)

hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der
mündlichen Verhandlung vom 7. März 2017 durch die Richterin Grote-Bittner als
Vorsitzende sowie die Richter Schwarz, Dipl.-Ing. Schlenk, Dr.-Ing. Krüger und
Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder

für Recht erkannt:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung des europäischen Pa-
tents 1 070 223 mit Wirkung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Die
Beklagte ist eingetragene Inhaberin des beim Deutschen Patent- und Markenamt
unter dem Aktenzeichen 699 23 771 registrierten Patents, dessen Erteilung unter
anderem mit dem Bestimmungsland Deutschland am 16. Februar 2005 veröffent-
licht worden ist. Das Streitpatent, das am 31. März 1999 unter Inanspruchnahme
der Prioritäten der zwei Voranmeldungen DK 48898 vom 6. April 1998 und
DK 24199 vom 23. Februar 1999 angemeldet worden und aus der internationalen
Anmeldung PCT/DK1999/00196 – veröffentlicht unter WO 1999/051924 – hervor-
gegangen ist, trägt die englische Bezeichnung „Apparatus for the drying of moist
particulate materials in superheated steam“.

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Das Streitpatent umfasst 8 Ansprüche mit einem Hauptanspruch 1 und sieben auf
diesen rückbezogenen Untersprüchen. Der erteilte Anspruch 1 lautet in der engli-
schen Verfahrenssprache (Gliederungszeichen M1 bis M7.2 hinzugefügt):

M1 Apparatus for drying particulate material in superheated steam comprising:

M2 a closed container (1)
M2.1 having a lower cylindrical part
M2.2 connected to a conical transition piece,
M2.3 the conical transition piece connected to an upper cylindrical part
M2.4 having a greater diameter than the lower cylindrical part,

M3 a heat exchanger (3)
M3.1 located in a central part of the container,

M4 a steam transport element (6)
M4.1 for receiving superheated steam from the heat exchanger (3)
M4.3[!] located in the lower cylindrical part
M4.2 and for transporting the superheated steam in the container
through a steam permeable bottom (5),

M5 a series of upwardly open, elongated and substantially vertical
processing cells (2),
M5.1 which are disposed around the central part with the heat exchanger (3),
M5.2 where a first cell has an inlet for the particulate material,
M5.3 and the last cell (4) is the discharge cell
M5.4 with discharge means for the dried material,
M5.5 which last cell (4) has a closed bottom,
M5.6 while the remaining cells (2) have a bottom (5)
through which the steam can permeate,
M5.7 and where the processing cells (2) which lie side by side
are open at the top ends opposite a common transfer zone (13),
M5.8 and in their bottoms are connected through openings (11)
at the lower ends of the cells,

- 4 -
M5.9 whereby the material, led into the first processing cell (2), is dried
during passage through the processing cells (2) by the superheated
steam
M5.10 which is blown up from the heat exchanger (3)
through the steam permeable bottoms (5)
M5.11 in that the particulate material can pass from one processing cell to the
next through said openings (11),

M6 a dust separation cyclone (8)
M6.2[!] located in the upper cylindrical part
M6.1 for receiving steam and dust and for separating the dust from the steam,
characterized in that
M7 the dust separating cyclone (8) has openings (14) in the upper part thereof
M7.1 for receiving at least a half part of the steam and dust therefrom,
M7.2 and that the residual steam and dust, if any, is fed to the cyclone (8)
from below.

Hinsichtlich des Wortlauts der auf den erteilten Patentanspruch 1 unmittelbar bzw.
mittelbar rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 8 wird auf die Streitpatentschrift
verwiesen.

Die Klägerin greift das erteilte Streitpatent und die von der Beklagten eingereich-
ten beschränkten Fassungen nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 in vollem Umfang an
und macht die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1
Nr. 3 IntPatÜbkG), der fehlenden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2
IntPatÜbkG) sowie der fehlenden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1
IntPatÜbkG) geltend, wobei sie der Auffassung ist, dass die Beklagte die Priorität
der dänischen Voranmeldung vom 6. April 1998 für das Streitpatent nicht bean-
spruchen könne.

Zur Stützung ihres Vorbringens der fehlenden Patentfähigkeit verweist die Kläge-
rin auf folgende Entgegenhaltungen:

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D0 DE 699 38 417 T2
D1 DE 691 01 975 T2
D2 DE 691 01 439 T2
D3 Jensen, A. S.: „Pressurized Steam Drying of Beet Pulp“,
INT. SUGAR JNL., 1992, Vol. 94, No. 1127
D4a Jensen, A. S.: „Steamdrying and Beet Pulp Pressing“, American
Society of Sugar Beet Technologists, Proceedings from the 30th
Biennial Meeting, February 10-13, 1999, table of contents, pages
53-60
D4b Broschüre „Steamdrying of Beet Pulp“, EnerDryApS
D5 US 870,383
D6 US 5,915,814 A (veröffentlicht 29. Juni 1999)
D7 US 5,243,767 A
D8 US 2,119,790
D9 US 2,926,428
D10 DE 1 729 272 A
D11 DE 33 18 313 A1
D12 EP 0 153 704 B1
D13 Bohnet, M.: „Zyklonenabscheider zum Trennen von Gas/Feststoff-
Strömungen“, Chem.-lng.-Tech. 54 (1982) Nr. 7, S. 621-630
D14 Weber, E.; Brocke, W.: „Apparate und Verfahren der industriellen
Gasreinigung“, ISBN 3-486-39541-6, 1973, Inhaltsverzeichnis, Vor-
wort und Seiten 18-25 sowie 46-97
D 15 EP 0 153 704 A2.

Zu ihrem Vorbringen zur geltend gemachten unzulässigen Erweiterung und zur
Frage der Priorität reicht sie weiter u. a. die folgenden Dokumente ein:

P1 Prioritätsdokument zur DK 48898
P1a Englischsprachige Übersetzung der P1.

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Die Klägerin macht geltend, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1
durch Änderungen in den Merkmalen M2, M3, M4, M4.2, M6, M6.1, M7 und M7.1
über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung gemäß
WO 1999/051924 A1 hinausgehe.

Ferner hält die Klägerin die Merkmale M2, M4.2, M6.1, M7.1 und M7.2 für nicht so
deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

Schließlich macht die Klägerin geltend, dass der Gegenstand des Anspruchs 1
des Streitpatents nicht neu gegenüber dem Stand der Technik gemäß den Druck-
schriften D0, D1 sowie D2, D3 und auch D4a, b sei, wobei sich die Beklagte sämt-
lichen Stand der Technik vor dem 23. Februar 1999 entgegenhalten lassen müs-
se. Denn die Priorität der Voranmeldung DK 48898 könne sie nicht in Anspruch
nehmen, da in dieser die Merkmale M2, M4, M4.1, M5.5, M7.1 und M7.2 des
Streitpatents nicht offenbart seien. Zu den vorgelegten Unterlagen D4a, b behaup-
tet sie, dass die Broschüre D4b bei der in F… vom 10. bis 13. Februar 1999
stattfindenden Tagung verteilt worden sei und Herr Je… von der Beklagten
einen Vortrag wie sodann im Tagungsband D4a abgedruckt gehalten habe.
Zudem stützt sich die Klägerin auf neuheitsschädliche Vorbenutzung durch einen
1999 vorgenommenen Umbau einer Anlage in N…, F…. Dem Gegen-
stand des Anspruchs 1 fehle es aber auch an erfinderischer Tätigkeit. Er ergebe
sich für den Fachmann insbesondere in naheliegender Weise aus der Zusammen-
schau der Druckschriften D1, D2 oder D3 i. V. m. D5 bzw. D6 sowie der D1
i. V. m. D4a oder D4b sowie auch der D15 i. V. m. D4a/D4b.

Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 14. Oktober 2016 so-
wie in der mündlichen Verhandlung weitere Hinweise erteilt.

- 7 -
Die Klägerin beantragt,

das europäische Patent 1 070 223 mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig
zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das
Streitpatent die Fassung des Hilfsantrags 1, eingereicht mit
Schriftsatz vom 22. April 2016, der Hilfsanträge 2, 3 und 4, ein-
gereicht mit Schriftsatz vom 27. Januar 2017, erhält.

Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Ihrer Meinung
nach enthält das Streitpatent keine unzulässige Erweiterung und die Erfindung sei
auch so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen
könne. Der Gegenstand des Streitpatents sei außerdem neu – wobei die Priorität
der dänischen Voranmeldung vom 6. April 1998 beansprucht werden könne – und
beruhe auf erfinderischer Tätigkeit.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwi-
schen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den weiteren In-
halt der Akte Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, sie ist aber unbegründet. Denn die Patentansprüche des
Streitpatents erweisen sich als rechtsbeständig. Es kann nicht festgestellt werden,
dass nach Art. II § 6 Absatz 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3 IntPatÜbkG, Art. 138 Abs. 1 lit. a,
b, c EPÜ i. V. m. Art. 54 EPÜ, Art. 56 EPÜ die beanspruchte Lehre gegenüber
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dem Inhalt der Anmeldung unzulässig erweitert ist, die Erfindung nicht ausführbar
offenbart ist oder der Gegenstand des Patents gegenüber dem Stand der Technik
nicht neu ist oder nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Auf die von der Be-
klagten gestellten Hilfsanträge kommt es daher nicht an.

I.

1. Die Erfindung betrifft eine Anlage zum Trocknen von partikelförmigen Materia-
lien an sich bekannter Bauart, bei der das Trocknen in überhitztem Dampf in
einem geschlossenen Behälter geschieht. Im dritten Beschreibungsabsatz der
Streitpatentschrift EP 1 070 223 B1 (im Folgenden: „PS“) sind drei Patentveröf-
fentlichungen genannt, aus denen Anlagen des hier betrachteten Typs bekannt
sind. Nachfolgend ist zum einfacheren Verständnis die Figur 1 der dort genannten
Patentveröffentlichung EP 0 537 263 B1 wiedergegeben:



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Zu Aufbau und Funktion der bekannten Anlage ist in den Absätzen 0001 und 0002
der PS unter anderem erläutert: ln einem Mittelteil des Behälters (4 - dieses und
die weiteren Bezugszeichen in diesem Absatz entstammen nicht der Streitpatent-
schrift, sondern sind zum leichteren Verständnis der Figur 1 der EP 0 537 263 B1
entnommen) ist ein Wärmetauscher (20) angeordnet und unter diesem ein Ele-
ment zum Transportieren des Dampfs, z. B. in Form eines Zentrifugalgeblä-
ses (51). Um den Wärmetauscher herum ist eine Reihe von Verfahrenszellen (6)
angeordnet, die nach oben offen sind und an ihrem Boden durch Öffnungen
miteinander verbunden sind. Die letzte dieser Verfahrenszellen (siehe in der Figur
beim Bezugszeichen 7) weist einen geschlossenen Boden auf und bildet die Aus-
lasszelle, während die restlichen Zellen einen Boden (8) aufweisen, durch den
Dampf hindurch treten kann. Das zu trocknende partikelförmige Material wird in
die erste der Verfahrenszellen geleitet und durch den überhitzten Dampf, der vom
Wärmetauscher (20) kommend von dem Dampf-Transportelement / Zentrifugalge-
bläse (51) durch den dampfdurchlässigen Boden (8) der Zellen hochgeblasen
wird, in eine Wirbelbewegung versetzt. Dadurch kommt es zu einem Durchgang
des Materials durch die Verfahrenszellen (6) bis zur Auslasszelle (7), von wo es
abgeführt wird. Während dieses Durchgangs wird das Material durch den überhitz-
ten Dampf getrocknet. Im oberen Teil des Behälters ist zudem ein Staubabschei-
dungssystem in Form eines Zyklons (31) angeordnet, zum Reinigen des durch die
Verfahrenszellen (7) hochströmenden Dampfs, bevor dieser wieder in den Wärme-
tauscher (20) eintritt und weiter nach unten zum Dampf-Transportelement / Zentri-
fugalgebläse (51) strömt. Der abgeschiedene Staub wird aus dem Behälter abge-
führt.

Als ein Nachteil dieses bekannten Anlagentyps wird im Absatz 0008 der PS an-
gegeben, dass der Dampfstrom nicht erhöht werden könne, ohne dass gleichzeitig
eine unerwünscht große Menge partikelförmigen Materials mit dem Dampf in den
Staubabscheidungszyklon mitgerissen werde, von wo aus es die Anlage verlasse,
ohne ausreichend getrocknet zu sein.

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Im Absatz 0009 der PS ist dementsprechend als Aufgabe der Erfindung genannt,
eine Anlage anzugeben, die eine größere Trocknungsleistung als die bekannten
Anlagentypen aufweist, ohne dass dadurch die Kosten der Anlage steigen und
ohne eine Qualitätsminderung des fertigen Produkts.

Gemäß Absatz 0011 der PS wird dies im Wesentlichen dadurch erreicht, dass der
Dampf nicht oder nur in einem geringen Maße in den unteren Bereich des Staub-
abscheidungszyklons geleitet wird, wie dies bei den bekannten Anlagen praktiziert
wurde, sondern dass mindestens die Hälfte des Dampfs durch entsprechende
Öffnungen in den oberen Teil des Zyklons geleitet wird.

Der Anspruch 1, dessen Merkmale gemäß Absatz 0010 der PS die Aufgabe lösen,
beschreibt im Oberbegriff den aus dem Stand der Technik bekannten Anlagentyp,
im kennzeichnenden Teil den erfindungsgemäß gegenüber dem Stand der Tech-
nik veränderten Staubabscheidungszyklon.

2. Als Fachmann ist ein Maschinenbauingenieur mit guten Kenntnissen der Ther-
modynamik und Strömungslehre und mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Ge-
biet der Entwicklung und Konstruktion von Anlagen zum Trocknen von partikelför-
migem Material zuständig.

3. Der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist unter Heranziehung der Be-
schreibung und der Zeichnung auszulegen. Aufgrund der nach Art. 69 Abs. 1 EPÜ
maßgeblichen, am technischen Sinn- und Gesamtzusammenhang der Patent-
schrift orientierten Betrachtung und Auslegung der Patentansprüche durch den an-
gesprochenen Fachmann legt der Senat der Lehre nach Anspruch 1 folgendes
Verständnis zugrunde:

Gemäß dem Merkmal M1 handelt es sich bei dem Gegenstand des Anspruchs 1
um eine Anlage zum Trocknen von partikelförmigem Material (particulate material)
in überhitztem Dampf (superheated steam).
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Bei dem Trocknungsvorgang wird von dem überhitzten Dampf Wärme auf das zu
trocknende Material übertragen. Dadurch wird die in dem partikelförmigen Material
enthaltene Flüssigkeit verdampft, tritt aus und wird Teil des zum Trocknen einge-
setzten überhitzten Dampfs. Handelt es sich, wie im Ausführungsbeispiel im Ab-
satz 0004 PS angegeben, bei dem partikelförmigen Material um Zuckerrüben-
schnitzel und bei der zu entziehenden Flüssigkeit um Wasser, so ergibt sich
daraus, dass der überhitzte Dampf Wasserdampf ist.

Die Anlage umfasst nach dem Merkmal M2 einen geschlossenen Behälter (closed
container (1)). Bei dem Merkmal „geschlossen“ geht es, wie in der Beschreibungs-
einleitung im Absatz 0004 PS erläutert ist, darum, einen Kontakt mit der Umge-
bungsluft auszuschließen. Damit kann sowohl eine Oxidation des zu trocknenden
Materials als auch eine Emission in die Umgebung vermieden werden, die sich bei
dem im Absatz 0004 PS beispielhaft beschriebenen Trocknen von Zuckerrüben-
schnitzeln andernfalls als Geruchsbelästigung äußern würde.
Bei dem bekannten Anlagentyp wird laufend einerseits zu trocknendes Mate-
rial - und Wärme, siehe Merkmal M3 - zugeführt und andererseits getrocknetes
Material sowie die entzogene Flüssigkeit in Form von Dampf abgeführt. Aus der
Sicht des Fachmanns folgt aus dem Zu- und Abführen von Material und Dampf
kein Widerspruch zu der Forderung, dass der Behälter geschlossen sein soll, son-
dern lediglich, dass auch das Zuführen und Abführen so erfolgen muss,
beispielsweise durch Leitungen, dass kein Kontakt zwischen den Medien im
Behälter und der Umgebungsluft stattfindet.

Gemäß Absatz 0004 und 0019 PS kann das Trocknen in dem geschlossenen Be-
hälter vorteilhafterweise unter Überdruck erfolgen, hierauf ist der Gegenstand des
Anspruchs 1 jedoch nicht beschränkt.

Den Angaben der Merkmale M2.1 bis M2.4, wonach der geschlossene Behälter
einen unteren zylindrischen Teil (lower cylindrical part), ein konisches Übergangs-
stück (conical transition piece) und einen oberen zylindrischen Teil (upper cylindri-
cal part) mit größerem Durchmesser aufweist, entnimmt der Fachmann unter an-
- 12 -
derem, dass der Behälter im Wesentlichen als ein Rotationskörper mit einer senk-
recht stehenden Rotationsachse ausgebildet ist.

Gemäß den Merkmalen M3 und M3.1 umfasst der Apparat weiter einen Wärme-
tauscher (heat exchanger (3)), der in einem zentralen bzw. mittleren Teil des Be-
hälters (central part of the container) angeordnet ist. Bei dem „zentralen bzw.
mittleren Teil“ handelt es sich nach dem Verständnis des Fachmanns nicht um
eines der drei in den Merkmalen M2.1, M2.2 und M2.3 genannte Teile. Vielmehr
entnimmt der Fachmann der weiteren Angabe des Merkmals M5.1, wonach die
Verfahrenszellen um den Wärmetauscher herum angeordnet sind, dass der Wär-
metauscher in der Draufsicht gesehen in der Mitte, d. h. im Bereich der Rotations-
achse des Behälters angeordnet ist. Er entnimmt weiter den Angaben der Merk-
male M4.3 und M6.2, wonach das Dampf-Transportelement (steam transport ele-
ment (6)) im unteren zylindrischen Teil und der Staubabscheidungszyklon (dust
separation cyclone (8)) im oberen zylindrischen Teil des Gehäuses angeordnet
sind, dass der Wärmetauscher auch in der Seitenansicht gesehen in der Mitte des
Behälters, nämlich zwischen dem unten befindlichen Dampf-Transportelement und
dem oben befindlichen Staubabscheidungszyklon, angeordnet ist.

Das im Merkmal M4 eingeführte Dampf-Transportelement (steam transport ele-
ment (6)) kann ein Gebläse in Form eines Zentrifugalgebläses sein, siehe u. a. Ab-
satz 0020, Zeilen 36 bis 38. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist jedoch nicht auf
diese Bauform des Dampf-Transportelements beschränkt.
Im Merkmal M4.2 ist angegeben, dass das Dampf-Transportelement den über-
hitzten Dampf in dem Behälter durch einen dampfdurchlässigen Boden (steam
permeable bottom (5)) transportiert. In der in der PS wiedergegebenen deutschen
Übersetzung des Anspruchs 1 heißt es, dass der Dampf dabei „in den“ Behälter
transportiert wird, also in den Behälter hinein. Darin erkennt der Fachmann einen
offensichtlichen Fehler, denn weil sowohl der Wärmetauscher, von dem das
Dampf-Transportelement gemäß Merkmal M4.1 den Dampf empfängt, als auch
das Dampf-Transportelement selbst sich innerhalb des Behälters befinden, ist
auch der Dampf bereits in dem Behälter, er wird also nicht in den Behälter hinein
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transportiert („in den Behälter“) sondern innerhalb des Behälters („in dem Behäl-
ter“). Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 in der
maßgeblichen Verfahrenssprache Englisch, wo es nicht heißt „into the container“
(in den Behälter), sondern „in the container“ (in dem Behälter).

Die Merkmale M5 bis M5.11 beschreiben die Verfahrenszellen (processing
cells (2)), in denen das Trocknen des partikelförmigen Materials hauptsächlich
stattfindet. Mit dem Begriff „Zelle“ wird im Allgemeinen eine Kammer bezeichnet,
d. h. ein Raum, der allseitig durch Wandungen von seiner Umgebung abgetrennt
ist. Dass dieses Verständnis auch hier vorausgesetzt wird, ergibt sich für den
Leser daraus, dass lediglich die vorhandenen Öffnungen – als Abweichung von
der Regel – einzeln genannt werden: Die Verfahrenszellen (2) sind an ihren obe-
ren Enden offen (Merkmal M5.7), alle Verfahrenszellen außer der letzten, die ei-
nen geschlossenen Boden hat, besitzen einen dampfdurchlässigen Boden (5)
(Merkmale M5.5 und M5.6), wobei die Dampfdurchlässigkeit beim Ausführungs-
beispiel gemäß der Figur 1 dadurch hergestellt wird, dass der Boden (5) Löcher
aufweist, und die Verfahrenszellen sind durch Öffnungen (11) miteinander verbun-
den – was das Vorhandensein von Wänden zwischen den Verfahrenszellen
voraussetzt (siehe Merkmal M5.8).
Die Frage, wieviel Wand dabei mindestens vorhanden sein muss bzw. umgekehrt,
wieviel Öffnung dabei höchstens vorhanden sein darf, damit der jeweilige Raum
noch als „Zelle“ bezeichnet werden kann, bedarf vorliegend keiner Beantwortung,
da sie für das Ergebnis des Nichtigkeitsverfahrens unerheblich ist.

Gemäß den Merkmalen M6 und M6.2 umfasst der Apparat einen in dem oberen
zylindrischen Teil des Gehäuses angeordneten Staubabscheidungszyklon (dust
separation cyclone (8)). Ein Staubabscheidungszyklon ist nach dem Verständnis
des Fachmanns ein Fliehkraftabscheider, in dem ein dem Zyklon zugeführtes,
Partikel enthaltendes Gas in eine Wirbelbewegung versetzt wird, so dass die Par-
tikel aufgrund ihrer höheren Dichte durch die Fliehkraft an die Außenwand des
Zyklons geschleudert werden und sodann das Gas und die Partikel durch sepa-
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rate Ausgänge aus dem Zyklon abgeführt werden. In dem patentgemäßen Zyklon
soll Staub (dust) von Dampf (steam) abgeschieden werden.

Als Staub werden allgemein feste Partikel bezeichnet, die so klein sind, dass sie in
einem Gas eine gewisse Zeit lang suspendiert bleiben können, d. h. in der
Schwebe gehalten werden können. Vorliegend handelt es sich dementsprechend
bei dem abzuscheidenden Staub um diejenigen Partikel des zu trocknenden Mate-
rials, die mit dem durch die Verfahrenszellen und weiter zum Zyklon strömenden
Dampf den Zyklon erreichen.

Der mit dem Dampf strömende Staub wird dabei in der Patentschrift neben dem
Dampf nur dort gesondert erwähnt, wo es für das Verständnis erforderlich ist. So
wird z. B. im Abs. 0011, siehe Spalte 3, Zeilen 13, 14, PS, erläutert, dass getrock-
neter Staub (dust) mit dem Dampfstrom (steam flow) in den Zyklon gefördert wird.
Bei der darauf folgenden Erläuterung der Art und Weise, wie der Dampf dem
Zyklon zugeführt wird, siehe Abs. 0014, ist jeweils nur von Dampf (steam) die
Rede, ohne dass jedes einzelne Mal wiederholt wird, dass mit diesem Dampf auch
Staub gefördert wird.
Auch bei der Beschreibung des Ausführungsbeispiels werden die Begriffe „Dampf“
und „Staub“ entsprechend verwendet. Dazu siehe z. B. Abs. 0022 PS, wo zu-
nächst erläutert wird, dass der Zyklon dazu dient, Staubpartikel abzuscheiden, die
mit dem Dampf bis in den Zyklon mitgerissen werden (Zeilen 54, 55: a cyclone 8
which serves to separate dust particles which are brought along with the steam
flow), und danach die Art und Weise der Dampfzufuhr zum Zyklon beschrieben
wird (Zeilen 57, 58: the supply of steam to the cyclone), ohne dass jedes einzelne
Mal der mit dem Dampf geförderte Staub separat erwähnt wird.

Gemäß Merkmal M6.1 ist der Staubabscheidungszyklon dazu vorgesehen und
eingerichtet, Dampf und Staub aufzunehmen bzw. zu empfangen (receiving) und
den Staub von dem Dampf zu trennen (separating). Der Staub, von dem hier die
Rede ist, muss deshalb nach dem Verständnis des Fachmanns derjenige Staub
sein, der in den Staubabscheidungszyklon eintritt, denn nur dieser kann mittels
- 15 -
des Staubabscheidungszyklons von dem Dampf getrennt werden – Staub oder
größere/schwerere Partikel, die den Staubabscheidungszyklon gar nicht erst errei-
chen, sondern bereits vorher zurück in die Verfahrenszellen fallen, sind damit zwar
auch von dem Dampf abgeschieden, können aber entgegen Merkmal M6.1 weder
von dem Staubabscheidungszyklon aufgenommen noch mittels des Staubabschei-
dungszyklons vom Dampf abgeschieden werden.

In den Merkmalen M7 und M7.1 ist angegeben, dass der Staubabscheidungs-
zyklon Öffnungen (openings (14)) in seinem oberen Teil hat (in the upper part
thereof) und dass er mindestens die Hälfte des Dampfes und Staubes, den er ge-
mäß Merkmal M6.1 aufnehmen soll, von diesen Öffnungen bzw. durch diese Öff-
nungen (14) in seinem oberen Teil aufnehmen soll (therefrom).

Da der Staubabscheidungszyklon Dampf und Staub nicht unabhängig voneinan-
der aufnimmt, sondern erst im Zyklon der mit dem Dampf geförderte Staub von
dem Dampf abgeschieden wird, versteht der Fachmann die Angabe „mindestens
die Hälfte des Dampfes und Staubes“ im Merkmal M7.1 nicht als zwei unabhän-
gige Forderungen – im Sinne von „mindestens die Hälfte des Dampfes“ und „min-
destens die Hälfte des Staubes“ – sondern als eine einzige Forderung im Sinne
von „mindestens die Hälfte des staubigen Dampfes“.

Gemäß dem Merkmal M7.2 soll der restliche Dampf und Staub dem Staubab-
scheidungszyklon von unten zugeführt werden (from below), was grundsätzlich
voraussetzt, dass dort weitere Öffnungen vorgesehen sind. Jedoch ergibt sich aus
dem Einschub „sofern vorhanden“ (if any) im Merkmal M7.2, dass es einen sol-
chen Rest Dampf und Staub geben kann, aber nicht geben muss, woraus weiter
auch folgt, dass es weitere Öffnungen über die im oberen Teil des Staubabschei-
dungszyklons vorgesehenen Öffnungen (14) hinaus geben kann aber nicht geben
muss.

Nach Auffassung der Klägerin soll sich die Angabe „mindestens die Hälfte des
Staubs“ im Merkmal M7.1 nicht auf den in den Staubabscheidungszyklon eintre-
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tenden Staub, sondern auf den aus den Verfahrenszellen austretenden Staub
bzw. das aus den Verfahrenszellen austretende partikelförmige Material beziehen.
Somit soll Merkmal M7.1 verlangen, dass mindestens die Hälfte des partikelförmi-
gen Materials, das aus den Verfahrenszellen austritt, durch die Öffnungen in dem
oberen Teil des Staubabscheidungszyklons in den Staubabscheidungszyklon ge-
langt. Diesem Verständnis steht jedoch nicht nur der Wortlaut des Anspruchs 1
entgegen, sondern auch die Erläuterung der erfinderischen Lehre in der Beschrei-
bung:
Demnach soll nämlich mit der Erfindung der Nachteil des aus dem Stand der
Technik bekannten Anlagentyps behoben werden, dass eine unerwünscht große
Menge partikelförmigen Materials mit dem Dampf in den Staubabscheidungs-
zyklon mitgerissen werde, von wo aus es die Anlage verlasse, ohne ausreichend
getrocknet zu sein (siehe Abs. 0008 PS). Es geht also nach dem Verständnis des
Fachmanns erfindungsgemäß gerade nicht darum, dass möglichst viel („mindes-
tens die Hälfte“), sondern dass möglichst wenig des partikelförmigen Materials,
das aus den Verfahrenszellen austritt, in den Staubabscheidungszyklon gelangt.
Das wird dadurch erreicht, dass der Dampfstrom mitsamt den Partikeln auf dem
Weg zu den – nicht wie beim Stand der Technik an der Unterseite, sondern erfin-
dungsgemäß vor allem im oberen Teil des Staubabscheidungszyklons angeord-
neten – Eintrittsöffnungen zunächst um den Zyklon herum strömt, so dass bereits
vor dem Eintritt in den Zyklon eine Zentrifugalkraft entsteht, die ausreicht, schwe-
rere, feuchte Partikel abzuscheiden, so dass diese nicht in den Zyklon gelangen
(siehe Abs. 0011 PS, ab Spalte 3, Zeile 2).

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 geht nicht über den Inhalt der Anmel-
dung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

Gemäß Art. 138 Abs. 1 lit. c EPÜ wird das europäische Patent für nichtig erklärt,
wenn sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich einge-
reichten Fassung hinausgeht. Der Patentanspruch 1 des Streitpatents darf des-
halb nicht eine Lehre beanspruchen, die den Offenbarungsgehalt der Anmeldung
WO 99/51924 A1 auf eine Lehre erweitert, welche dort in ihrer Gesamtheit nicht
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als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist (vgl. BPatG GRUR
2013, 609 – Unterdruckwundverband).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist danach erforderlich, dass der
Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterla-
gen unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung ent-
nehmen kann. Zu ermitteln ist mithin, was der Fachmann der Vorveröffentlichung
als den Inhalt der gegebenen allgemeinen Lehre entnimmt.
Das Erfordernis einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung muss dabei in
einer Weise angewendet werden, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen,
was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung
offenbart wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung
des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung
vermeidet (vgl. GRUR 2014, 542, Rdn. 21, 22 – Kommunikationskanal).

Im vorliegenden Fall betrifft die Erfindung eine Anlage zum Trocknen von partikel-
förmigen Materialien an sich bekannter Bauart, bei der das Trocknen in überhitz-
tem Dampf in einem geschlossenen Behälter erfolgt, in dessen oberem Teil ein
Staubabscheidungszyklon angeordnet ist. Aufbau und Funktion dieses aus dem
Stand der Technik bekannten Anlagentyps werden in der Anmeldung in den ersten
fünf Absätzen der Beschreibung ausführlich erläutert, siehe die Offenlegungs-
schrift WO 1999/51924 A1 (im Folgenden: „OS“).

Danach wird die Erfindung beschrieben. Mit dieser soll ein Nachteil des bekannten
Anlagentyps beseitigt werden, dass nämlich der Dampfstrom und damit die Trock-
nungsleistung nicht erhöht werden könne, ohne dass gleichzeitig eine uner-
wünscht große Menge partikelförmigen Materials mit dem Dampf in den Staubab-
scheidungszyklon mitgerissen werde, vgl. OS, S. 3, Zeilen 8 bis 26.
Die Erfindung besteht im Wesentlichen darin, dass der Dampf nicht oder nur in
einem geringen Maße wie bisher in den unteren Bereich des Staubabscheidungs-
zyklons geleitet wird, sondern dass mindestens ein größerer Teil des Dampfs
- 18 -
durch entsprechende Öffnungen in den oberen Teil des Zyklons geleitet wird, vgl.
OS, S. 3, Zeile 28, bis Seite 4, Zeile 8.

Hier werden somit die veränderte Art und Weise der Dampfzufuhr zum Staubab-
scheidungszyklon bzw. der dementsprechend veränderte Zyklon dem Fachmann
als Erfindung offenbart. Demgegenüber nimmt der Fachmann die Beschreibung
des aus dem Stand der Technik bekannten Trocknertyps nur insoweit als zur Er-
findung gehörend wahr, als die angegebenen Merkmale im Zusammenhang mit
der Art und Weise der Dampfzufuhr zum Staubabscheidungszyklon bzw. der Bau-
weise des Zyklons stehen. Die darüber hinausgehende Beschreibung des bekann-
ten und im Übrigen unveränderten Anlagentyps stellt sich dem Fachmann dage-
gen als Beschreibung eines Ausführungsbeispiels dar.

Der BGH hat bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts auch Verallgemeine-
rungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zugelassen und dabei einen
„breit“ formulierten Anspruch unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweite-
rung jedenfalls dann für unbedenklich erachtet, wenn sich ein in der Anmeldung
beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausge-
staltung der im Anspruch umschriebenen allgemeinen technischen Lehre darstellt
und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung
– sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach
dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen – als zu der angemeldeten Erfindung
gehörend entnehmbar ist (vgl. BGH GRUR 2002, 49, 51 – Drehmomentübertra-
gungseinrichtung; GRUR 2012, 1133, Rdn. 32 – UV-unempfindliche Druckplatte).

Solche Verallgemeinerungen sind vornehmlich dann zugelassen worden, wenn
von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen,
aber auch für sich betrachtet, dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur
eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind (ständige
Rechtsprechung seit BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 – X ZB 9/89,
BGHZ 110, 123, 126 – Spleißkammer).

- 19 -
4.1 Nach Auffassung der Klägerin ist der Gegenstand des Anspruchs 1 erstens
dadurch unzulässig erweitert, dass die im ersten Beschreibungsabsatz und im An-
spruch 1 der Anmeldung enthaltenen Angabe gestrichen wurde, dass der Behälter
als Rotationskörper ausgebildet ist (is configured as a revolution element), siehe
Seite 1, Zeilen 5, 6, und Anspruch 1, Zeile 4, in der OS, und entsprechend das
Merkmal M2 des erteilten Anspruchs 1, in dem diese Angabe fehlt.

Jedoch wird durch die Angaben der Merkmale M2.1 bis M2.4 des erteilten An-
spruchs 1, wonach der geschlossene Behälter einen unteren zylindrischen Teil
(lower cylindrical part), ein konisches Übergangsstück (conical transition piece)
und einen oberen zylindrischen Teil (upper cylindrical part) mit größeren Durch-
messer aufweist, hinreichend deutlich gemacht, dass der Behälter im Wesentli-
chen als ein Rotationskörper ausgebildet ist.

Soweit, wie von der Klägerin vorgetragen, diese Angaben nicht ausdrücklich die
Form des Behälterbodens und des Behälterdeckels beschreiben, welche somit
auch eine nicht rotationssymmetrische, z. B. wannenförmige oder pyramidenför-
mige Form besitzen könnten, stehen jedoch die Form des Bodens und des
Deckels nicht im Zusammenhang mit der erfindungsgemäßen Ausgestaltung des
Staubabscheidungszyklons. Sie stellen sich daher als Merkmale des in der Be-
schreibungseinleitung angegebenen Ausführungsbeispiels dar, von denen nicht
jedes einzelne in den Anspruch aufgenommen werden muss.

4.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nach Auffassung der Klägerin zweitens
dadurch unzulässig erweitert, dass die im ersten Beschreibungsabsatz und im An-
spruch 1 der Anmeldung enthaltenen Angabe gestrichen wurde, dass das Dampf-
Transportelement unter dem Wärmetauscher angeordnet ist (below), siehe Sei-
te 1, Zeilen 8, 9, und Anspruch 1, Zeilen 7, 8, in der OS und das Merkmal M3 des
erteilten Anspruchs 1.

Jedoch ist durch die Angabe des Merkmals M4.2, wonach das Dampf-Trans-
portelement im unteren zylindrischen Teil des Behälters angeordnet ist, und die
- 20 -
weiteren Angaben der Merkmalsgruppen M4, M5 und M6, dass das Dampf-Trans-
portelement den Dampf vom Wärmetauscher (3) empfängt und durch die um den
Wärmetauscher herum angeordneten Verfahrenszellen (2) hindurch nach oben
zum im oberen zylindrischen Teil des Behälters angeordneten Staubabschei-
dungszyklon (8) fördert, der Ort des Dampf-Transportelements jedenfalls in Bezug
auf die erfindungsgemäße Ausführungsform des Staubabscheidungszyklons hin-
reichend deutlich beschrieben.

Soweit, wie von der Klägerin vorgetragen, der Anspruch beispielsweise auch ein
im unteren zylindrischen Behälterteil konzentrisch neben dem unteren Ende des
Wärmetauschers angeordnetes Dampf-Transportelement zulässt, wohingegen laut
der ursprünglichen Beschreibungseinleitung das Dampf-Transportelement im un-
teren zylindrischen Behälterteil unter dem Wärmetauscher angeordnet sein sollte,
ergibt sich daraus nichts für die erfindungsgemäße Ausführung des Staubabschei-
dungszyklons. Auch diese Angabe stellt sich daher als eines der Merkmale des in
der Beschreibungseinleitung angegebenen Ausführungsbeispiels dar, von denen
nicht jedes einzelne in den Anspruch aufgenommen werden muss.

4.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nach Auffassung der Klägerin drittens
dadurch unzulässig erweitert, dass die das Dampf-Transportelement beschreiben-
den Merkmale M4 und M4.2 in den Anspruch 1 aufgenommen wurden, ohne zu-
gleich auch die Merkmale des die Seiten 6 und 7 überbrückenden Absatzes der
OS zu übernehmen, dass das Dampf-Transportelement ein Zentrifugalgebläserad
ist (centrifugal blower wheel), und dass der Dampf das zu trocknende partikelför-
mige Material in eine Wirbelbewegung bringt (swirling movement), siehe Seite 7,
Zeilen 1 bis 4, OS.

Jedoch ist hinsichtlich der Ausführung des Dampf-Transportelements als Zentrifu-
galgebläse bereits in der Beschreibungseinleitung deutlich ausgesagt, dass es
sich hierbei lediglich um ein Beispiel handelt, siehe Seite 1, Zeilen 9, 10, OS (an
element for the transport of steam, e.g. in the form of a blower such as a centrifu-
gal blower). Hinsichtlich der durch den Dampf bewirkten Wirbelbewegung des zu
- 21 -
trocknenden partikelförmigen Materials entnimmt der Fachmann der ursprüngli-
chen Anmeldung, dass diese zweckmäßig für dessen Trocknung ist, siehe Seite 7,
Zeilen 3, 4, OS (a swirling movement, whereby a drying of the particles is
effected); sie steht jedoch nicht im Zusammenhang mit der erfindungsgemäßen
Ausführung des Staubabscheidungszyklons. Für den Staubabscheidungszyklon
kommt es darauf an, dass der Dampf durch die um den Wärmetauscher herum
angeordneten Verfahrenszellen hindurch nach oben zum Staubabscheidungszyk-
lon gefördert wird, wie sich aus den Merkmalsgruppen M5 und M6 ergibt, nicht
jedoch darauf, ob der Dampf das zu trocknende partikelförmige Material in den
Verfahrenszellen in eine Wirbelbewegung bringt. Es ergibt sich somit daraus, dass
diese Merkmale des auf den Seiten 6 bis 11 OS beschriebenen Ausführungsbei-
spiels nicht in den Anspruch 1 aufgenommen wurden, keine unzulässige Erweite-
rung.

Die Klägerin hat ihre Auffassung, dass sich aus dem Nichtaufnehmen der Ausfüh-
rung des Dampf-Transportelements als Zentrifugalgebläse eine unzulässige Er-
weiterung ergebe, auch damit begründet, dass der Begriff „Dampf-Transportele-
ment“ außer einem Zentrifugalgebläse auch eine Pumpe umfasse.
Eine Pumpe könne jedoch nicht, wie in der Anmeldung gefordert, das zu trock-
nende partikelförmige Material in eine Wirbelbewegung bringen; eine Pumpe, die
dies könne, sei in der Anmeldung auch nicht offenbart, weshalb der Anspruch 1,
da er eine solche Pumpe umfasse, in unzulässiger Weise über den Inhalt der An-
meldung hinausgehe.
Diese Argumentation geht an der Offenbarung der Anmeldung vorbei, wo unmit-
telbar und eindeutig erläutert ist, dass es nicht etwa das Dampf-Transportelement,
sondern vielmehr der Dampf ist, der das partikelförmige Material in eine Wirbel-
bewegung bringt, siehe Seite 1, Zeilen 27 f. und Seite 7, Zeilen 3, 4, OS.
Die Argumentation ist darüber hinaus nicht schlüssig. Denn selbst wenn in der
Anmeldung offenbart wäre, dass es das Dampf-Transportelement sei (und nicht
der Dampf), welches das partikelförmige Material in eine Wirbelbewegung bringen
solle, und weiter sowohl unterstellt wird, dass nach dem Verständnis des Fach-
manns der Anspruch 1 dahingehend auszulegen sei, dass das Dampf-Transport-
- 22 -
element des Merkmals M4 dies zwingend können müsse, als auch, dass eine
Pumpe dies nicht könne – so würde daraus lediglich folgen, dass eine Pumpe
nicht vom Anspruch 1 umfasst ist. Dass jedoch etwas, was gar nicht beansprucht
wird, auch nicht ursprünglich offenbart war, kann nicht eine unzulässige Erweite-
rung begründen.

4.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nach Auffassung der Klägerin viertens
dadurch unzulässig erweitert, dass die im ersten Beschreibungsabsatz und im An-
spruch 1 der Anmeldung enthaltene Angabe gestrichen wurde, dass der Dampf
nach Abscheiden des Staubs im Staubabscheidungszyklon weiter transportiert
wird (is transported further), siehe Seite 1, Zeilen 24 f. und Anspruch 1, Zei-
len 25 f. in der OS und die Merkmale M6 und M6.1 des erteilten Anspruchs 1.

Jedoch ergibt sich bereits aus der Angabe des Merkmals M6.1, dass nämlich
Dampf und Staub dem Staubabscheidungszyklon zugeführt werden, für den Fach-
mann zwingend, dass der Dampf und der Staub den Zyklon auch verlassen müs-
sen, d. h. in den Worten der ursprünglichen Beschreibungseinleitung: weiter trans-
portiert werden.
Aus der Streichung dieser Angabe folgt daher keine unzulässige Erweiterung.

4.5 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nach Auffassung der Klägerin fünftens
dadurch unzulässig erweitert, dass die den Staubabscheidungszyklon beschrei-
benden Merkmale M7 und M7.1, wonach Staubaufnahmeöffnungen (14) im obe-
ren Teil des Staubabscheidungszyklons angeordnet sind, in den Anspruch 1 auf-
genommen wurden, ohne zugleich auch die Merkmale des dritten Absatzes auf
Seite 7 der OS zu übernehmen, dass diese im oberen Teil des Staubabschei-
dungszyklons vorgesehenen Staubaufnahmeöffnungen (14) außerdem im Bereich
unmittelbar oberhalb der letzten Verfahrenszellen und der Auslasszelle liegen (in
the area immediately above the last processing cells 2 and the discharge cell 4),
siehe Seite 7, Zeilen 22 bis 24 der OS.

- 23 -
Bei diesen Angaben zur Anordnung der Staubaufnahmeöffnungen handelt es sich
jedoch für den Fachmanns erkennbar um Merkmale, die zusammengenommen,
aber auch je für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, so
dass sich keine unzulässige Erweiterung daraus ergibt, dass eines davon nicht in
den Anspruch aufgenommen wird.

4.6 Die Klägerin hat schließlich geltend gemacht, die Angabe des Merkmals M7.1,
wieviel, nämlich wenigstens die Hälfte (at least a half part), des Dampfes und
Staubes von den Öffnungen (14) im oberen Teil des Staubabscheidungszyklons
aufgenommen werde, sei in der Anmeldung nicht offenbart.
Dieses Merkmal ist jedoch ebenfalls in der Anmeldung offenbart, siehe Seite 4,
Zeilen 5 f. OS (by feeding … at least a half part, into the upper part of the cyclone).

5. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die in Patentanspruch 1 des Streitpa-
tents unter Schutz gestellte Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass
ein Fachmann sie ausführen kann.

Eine Erfindung ist ausführbar offenbart, wenn der Fachmann ohne erfinderisches
Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Pa-
tentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung
mit seinem Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirkli-
chen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (vgl. BGH GRUR 2010, 901 – Po-
lymerisierbare Zementmischung). Die Offenbarung mindestens eines gangbaren
Wegs zur Ausführung der Erfindung reicht grundsätzlich aus (vgl. BGH GRUR
2001, 813 – Taxol). Dabei ist auf die Offenbarung im erteilten Patent und zwar auf
die Patentschrift im Ganzen, nicht auf die Patentansprüche allein, abzustellen (vgl.
BGH GRUR 2003, 223 – Kupplungsvorrichtung II).

5.1 Nach Auffassung der Klägerin ist die Forderung des Merkmals M2, wonach
der Behälter geschlossen sein soll, nicht damit vereinbar, dass dem Behälter ge-
mäß der Beschreibung des Ausführungsbeispiels laufend einerseits zu trocknen-
des Material zugeführt und andererseits getrocknetes Material sowie die entzo-
- 24 -
gene Flüssigkeit in Form von Dampf abgeführt werden soll (siehe Absätze 0027,
0030, 0031 PS).

Der Fachmann entnimmt jedoch der Beschreibung sowohl, wie die Angabe zu ver-
stehen ist, dass der Behälter geschlossen sein soll, als auch, wie die Zufuhr und
Abfuhr von Material und Dampf ausgeführt werden kann:
Mit dem Merkmal, dass der Behälter geschlossen ist, soll laut Absatz 0004 PS
erreicht werden, einen Kontakt mit der Umgebungsluft auszuschließen, um z. B.
eine Emission in die Umgebung und damit eine Geruchsbelästigung zu vermei-
den. Hierzu wird auf die Ausführungen im Abschnitt 3 des Urteils zum Verständnis
des Merkmals M2 durch den Fachmann verwiesen.
Die Zufuhr und Abfuhr von Material und Dampf erfolgt, wie in den Absätzen 0027,
0030 und 0031 der PS erläutert ist, durch Öffnungen, die in der Figur 1 mit Pfeilen
10, 19 und 25 gekennzeichnet sind und in für den Fachmann eindeutig erkennba-
rer Weise mit Flanschen zum Anschließen von Leitungen dargestellt sind.

5.2 Nach Auffassung der Klägerin ist es dem Fachmann weiterhin nicht möglich,
ein Dampf-Transportelement auszuführen, das gemäß dem Merkmal M4.2 in
Dampf in den – laut Merkmal M2 geschlossenen – Behälter fördert.

Diese Argumentation geht jedoch am Wortlaut des Anspruchs 1 vorbei, der im
Merkmal M4.2 nicht vorsieht, dass das Dampf-Transportelement Dampf in den,
sondern in dem Behälter fördert. Hierzu wird auf die Ausführungen zum Verständ-
nis der Merkmale M2 und M4.2 durch den Fachmann im Abschnitt 3 des Urteils
verwiesen.
Wie das Fördern von Dampf in dem Behälter auszuführen ist, nämlich von dem in
dem Behälter angeordneten Wärmetauscher 3 mittels des in dem Behälter ange-
ordneten Dampf-Transportelements 6 zu den in dem Behälter angeordneten Ver-
fahrenszellen 2, ist der Figur 1 mit zugehöriger Beschreibung, siehe insbesondere
Abs. 0030, Zeilen 51 bis 56, PS, ohne weiteres zu entnehmen.

- 25 -
5.3 Nach Auffassung der Klägerin ist es dem Fachmann auch nicht möglich, den
durch die Öffnung beim Pfeil 19 abgeführten Dampf wie im Absatz 0030, Spalte 6,
Zeile 57, bis Spalte 7, Zeile 7, PS beschrieben, als Prozessdampf zu nutzen. Denn
die Nutzung des abgeführten Dampfes könne vom Fachmann nur dahingehend
verstanden werden, dass dieser Dampf wieder in den – laut Merkmal M2 jedoch
geschlossenen – Behälter geführt werden müsse.

Wie der Fachmann aufgrund der Angaben im Patent etwas in den Behälter zuführt
oder aus dem Behälter abführt, ist bereits im Abschnitt 5.1 (s. o.) erläutert worden.
Darauf kommt es jedoch vorliegend nicht an, da der Fachmann der Beschrei-
bungseinleitung entnimmt, dass die Nutzung des abgeführten Dampfes als Pro-
zessdampf nicht in dem erfindungsgemäßen Behälter erfolgen soll, sondern
außerhalb, z. B. bei Verwendung der Anlage zum Trocknen von Zuckerrüben-
schnitzeln als Prozessdampf in der Zuckerfabrik, siehe Absatz 0004, Zeilen 8 bis
12, PS.
Davon abgesehen ist auf die Verwendung des aus dem Behälter abgeführten
Dampfes kein Anspruch gerichtet. Daher ist nicht ersichtlich, wie sich ein Nichtig-
keitsgrund daraus herleiten soll, dass etwas nicht ausführbar offenbart sein soll,
was gar nicht als Erfindung unter Schutz gestellt wird.

5.4 Die Klägerin hat weiter geltend gemacht, die Anweisung der Merkmale M6.1,
M7.1 und M7.2, nämlich dem Staubabscheidungszyklon mindestens die Hälfte des
Dampfs und Staubs durch die Öffnungen (14) in seinem oberen Teil und den Rest
von unten zuzuführen, sei nicht ausführbar, da es eine technische Unmöglichkeit
sei, gezielt x % an Dampf und Staub den Öffnungen (14) in seinem oberen Teil
und (100 – x) % an Dampf und Staub von unten zuzuführen.

Der Fachmann, der den Anspruch 1 liest, entnimmt diesem jedoch nicht die For-
derung, gezielt einen ganz bestimmten Prozentsatz von x % an Dampf und Staub
den Öffnungen (14) zuzuführen, sondern lediglich die Lehre, mindestens die Hälfte
des Dampfes und Staubes diesen Öffnungen (14) im oberen Teil des Zyklons zu-
zuführen. Diese Lehre lässt sich sehr einfach ausführen, indem wie im Ausfüh-
- 26 -
rungsbeispiel gemäß Figur 1 PS nur im oberen Teil des Zyklons Öffnungen (14)
vorgesehen werden und somit der gesamte Dampf und Staub diesen Öffnun-
gen (14) zugeführt wird.

Der Fachmann entnimmt weiter dem Absatz 0011 PS, siehe insbesondere den
Satz im Übergang von Spalte 2 auf Spalte 3, dass ein Grund, überhaupt einen Teil
des Dampfes und Staubes dem Zyklon von unten zuzuführen, darin liegen kann,
eine zu befürchtende Verstopfung (blockage) des Zyklons zu vermeiden. Auch für
diesen Fall entnimmt er jedoch dem Patent nicht die Lehre, einen ganz bestimm-
ten Prozentsatz, sondern so wenig wie möglich an Dampf und Staub von unten
zuzuführen (Absatz 0011 PS, Zeilen 54, 55: not … or only to a small extent).

5.5 Nach Auffassung der Klägerin ist es dem Fachmann weiterhin auch deshalb
nicht möglich, die Forderung des Merkmals M7.1 zu erfüllen, weil nicht offenbart
sei, wie die den Zyklon umgebenden Abscheidungsbleche (15) so ausgeführt wer-
den könnten, dass mindestens die Hälfte des aus den Verfahrenszellen austreten-
den partikelförmigen Materials bzw. Staubs die Öffnungen im oberen Teil des
Zyklons erreiche, ohne vorher an den Blechen (15) abgeschieden zu werden.

Diese Argumentation kann nicht greifen, da das Merkmal M7.1 nicht verlangt, dass
mindestens die Hälfte des partikelförmigen Materials bzw. Staubs, das aus den
Verfahrenszellen austritt, dem Staubabscheidungszyklon durch die Öffnungen in
dessen oberen Teil zugeführt wird, sondern dass mindestens die Hälfte des
Dampfs und Staubs, der insgesamt in den Staubabscheidungszyklon gelangt, die-
sem durch die Öffnungen in dessen oberen Teil zugeführt wird. Hierzu wird auf die
Ausführungen im Abschnitt 3 des Urteils zum Verständnis des Merkmals 7.1 durch
den Fachmann und im Abschnitt 5.4 zur Ausführbarkeit desselben verwiesen.

6. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die Beklagte für den Gegenstand
des Patents die Priorität der Voranmeldung DK 48898 vom 6. April 1998 in An-
spruch nehmen.

- 27 -
Gemäß Art. 87 Abs. 1 EPÜ kann die Priorität einer früheren Anmeldung dann in
Anspruch genommen werden, wenn die Nachanmeldung dieselbe Erfindung wie
die frühere Anmeldung betrifft. Dies setzt voraus, dass die mit der späteren An-
meldung beanspruchte Merkmalskombination dem Fachmann in der früheren An-
meldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offen-
bart ist (vgl. BGH, GRUR 2002, 146 ff. – Luftverteiler). Für die Beurteilung der
identischen Offenbarung gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung (vgl. BGH,
GRUR 2004, 133 - Elektronische Funktionseinheit; GRUR 2012, 1133,
Rdn. 30 - UV-unempfindliche Druckplatte). Zu ermitteln ist, was der Fachmann der
Vorveröffentlichung als den Inhalt der gegebenen allgemeinen Lehre entnimmt.

Dabei werden nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. GRUR 2014, 542,
Rdn. 23, 24 – Kommunikationskanal) auch Verallgemeinerungen ursprungsoffen-
barter Ausführungsbeispiele zugelassen, wenn diese sich für den Fachmann als
Ausgestaltung der in der Nachanmeldung umschriebenen allgemeinen techni-
schen Lehre darstellen und diese Lehre in der in der Nachanmeldung offenbarten
Allgemeinheit bereits der Voranmeldung als zu der angemeldeten Erfindung gehö-
rend entnehmbar ist (BGH a. a. O.). Insoweit gilt derselbe Maßstab wie bei der
Prüfung der Frage der unzulässigen Erweiterung. Das Erfordernis einer unmittel-
baren und eindeutigen Offenbarung muss deshalb in einer Weise angewendet
werden, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als
Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, werten-
den Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei
der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung vermeidet (BGH
a. a. O.).

Im vorliegenden Fall betrifft die Erfindung der Voranmeldung DK 48898 (im Ver-
fahren als P1, mit englischsprachiger Übersetzung P1a) eine Anlage zum Trock-
nen von partikelförmigen Materialien an sich bekannter Bauart, bei der das Trock-
nen in überhitztem Dampf in einem geschlossenen Behälter erfolgt, in dessen
oberem Teil ein Staubabscheidungszyklon angeordnet ist. Aufbau und Funktion
- 28 -
dieses aus dem Stand der Technik bekannten Anlagentyps werden in der Anmel-
dung in den ersten fünf Absätzen der Beschreibung der P1 ausführlich erläutert.

Danach wird die Erfindung beschrieben. Mit dieser soll ein Nachteil des bekannten
Anlagentyps beseitigt werden, dass nämlich der Dampfstrom und damit die Trock-
nungsleistung nicht erhöht werden könne, ohne dass gleichzeitig eine uner-
wünscht große Menge partikelförmigen Materials mit dem Dampf in den Staubab-
scheidungszyklon mitgerissen werde, vgl. P1a, Seite 3, Zeilen 2 bis 6.
Die Erfindung besteht im Wesentlichen darin, dass der Dampf nicht oder nur in
einem geringen Maße so wie beim bekannten Anlagentyp von unten in den Staub-
abscheidungszyklon geleitet wird, sondern dass mindestens ein größerer Teil des
Dampfs durch entsprechende Öffnungen in den oberen Teil des Zyklons geleitet
wird, vgl. P1a, Seite 3, Zeilen 10 bis 14.

Hier werden somit die veränderte Art und Weise der Dampfzufuhr zum Staubab-
scheidungszyklon bzw. der dementsprechend veränderte Zyklon dem Fachmann
als Erfindung offenbart. Demgegenüber nimmt der Fachmann die Beschreibung
des aus dem Stand der Technik bekannten Trocknertyps nur insoweit als zur Er-
findung gehörend wahr, als die angegebenen Merkmale im Zusammenhang mit
der Art und Weise der Dampfzufuhr zum Staubabscheidungszyklon bzw. der Bau-
weise des Zyklons stehen. Die darüber hinausgehende Beschreibung des bekann-
ten und im Übrigen unveränderten Anlagentyps stellt sich dem Fachmann dage-
gen als Beschreibung eines Ausführungsbeispiels dar.

6.1 Nach Auffassung der Klägerin kann die Priorität der P1 u. a. deshalb nicht in
Anspruch genommen werden, weil die Angabe, dass der Behälter ein Rotations-
körper sei, siehe P1a, Seite 1, Zeile 8 und Seite 6, Zeile 4, nicht in das Merk-
mal M2 des erteilten Anspruchs 1 aufgenommen worden sei.

Die Argumentation der Klägerin hierzu entspricht der zur unzulässigen Erweite-
rung im Merkmal M2, die ebenfalls damit begründet wurde, dass die entsprechen-
de Angabe in der Anmeldung, dass der Behälter ein Rotationskörper sei, nicht in
das Merkmal M2 des erteilten Anspruchs 1 aufgenommen worden sei. Es wird
- 29 -
daher auf die entsprechenden Ausführungen im Abschnitt 4.1 dieses Urteils ver-
wiesen.

6.2 Nach Auffassung der Klägerin kann die Priorität der P1 auch deshalb nicht in
Anspruch genommen werden, weil die P1 kein Dampf-Transportelement im Allge-
meinen gemäß Merkmal M4, sondern lediglich ein Zentrifugalgebläse offenbare,
siehe P1a, Seite 1, Zeilen 10, 11 und 17.

Für den erfindungsgemäßen Staubabscheidungszyklon kommt es jedoch lediglich
darauf an, dass der Dampf durch die um den Wärmetauscher herum angeordne-
ten Verfahrenszellen hindurch nach oben zum Staubabscheidungszyklon gefördert
wird, wie sich aus den Merkmalsgruppen M5 und M6 ergibt, nicht dagegen auf die
Bauart des Elements, das den Dampf fördert. Die Angabe, dass es sich dabei um
ein Zentrifugalgebläse handelt, stellt sich dem Fachmann daher als ein Merkmal
des Ausführungsbeispiels dar, das nicht zwingend in den Anspruch 1 aufgenom-
men werden muss.

Soweit die Klägerin zum Hinausgehen über die Offenbarung der P1 – wie schon
zur unzulässigen Erweiterung – damit argumentiert, dass die Angabe „Dampf-
Transportelement“ auch eine Pumpe umfasse, eine solche aber nicht in der Lage
sei, das zu trocknende Material in eine Wirbelbewegung zu bringen, wird auf die
entsprechenden Ausführungen im Abschnitt 4.3 dieses Urteil verwiesen, wobei
auch in der P1 wie in der Anmeldung offenbart ist, dass es der Dampf ist, der das
zu trocknende Material in eine Wirbelbewegung bringen soll, siehe die P1a,
Seite 1, Zeilen 19 bis 21.

6.3 Nach Auffassung der Klägerin kann die Priorität der P1 weiter auch deshalb
nicht in Anspruch genommen werden, weil die Angabe des Merkmals M4.1, woher
das Dampf-Transportelement den überhitzten Dampf empfange, nämlich vom
Wärmetauscher, in der P1 nicht offenbart sei.

- 30 -
Diese Angabe ist jedoch sowohl im ersten als auch im letzten Beschreibungsab-
satz der P1 ausdrücklich offenbart, siehe P1a, Seite 1, Zeilen 16-17, und Seite 5,
Zeilen 14-15 (through the heat exchanger … to the blower).

6.4 Weiterhin ist nach Auffassung der Klägerin in der P1 keine letzte Zelle mit ei-
nem geschlossenen Boden gemäß dem Merkmal M5.5 offenbart.

Die P1 offenbart jedoch, dass die Verfahrenszellen mit Ausnahme der letzten
Zelle, die auch als Auslasszone bezeichnet wird, siehe P1a, Seite 4, Zeilen 4-5,
Böden haben, durch die Dampf hindurchdringen (permeate) und aufsteigen kann,
P1a, Seite 4, Zeilen 5-6. Dies wird, wie in der P1, Figur 1, beim Bezugszeichen 5
deutlich dargestellt, dadurch erreicht, dass die Böden dieser Verfahrenszellen Lö-
cher haben. Die letzte Zelle dagegen hat einen Boden, durch den kein Dampf auf-
steigt (does not flow up), P1a, Seite 1, Zeilen 28-31, woraus sich für den Fach-
mann unmittelbar ergibt, dass dieser Boden keine Löcher hat, also geschlossen
ist.

6.5 Nach Auffassung der Klägerin sind auch die quantitativen Angaben der Merk-
male M7.1 und M7.2, wonach dem Staubabscheidungszyklon wenigstens die Hälf-
te des Dampfes und Staubes durch Öffnungen (14) in dessen oberem Teil und der
Rest von unten zugeführt werden sollen, nicht der P1 zu entnehmen.

Hierzu lehrt jedoch die P1, dass dem Staubabscheidungszyklon der Dampf ganz
oder hauptsächlich oben zugeführt werden soll, mit einem Teilstrom, der von un-
ten zugeführt wird, siehe die P1a, Anspruch 1, Seite 6, Zeilen 14 bis 17 (mainly …
with a part flow) und auch Seite 3, Zeilen 10-11, wo umgekehrt formuliert ist, dass
der Dampf nicht oder nur in geringem Maße dem unteren Teil des Zyklons zuge-
führt werden soll (is not fed, or is fed only to a small degree). Diese Angaben of-
fenbaren dem Fachmann ein Mengenverhältnis, das dann gegeben ist, wenn
durch die Öffnungen im oberen Teil des Zyklons jedenfalls nicht weniger zugeführt
wird als von unten, also wenigstens die Hälfte.
Der Einwand der Klägerin, dass hier nur von Dampf die Rede sei, nicht dagegen
von Staub, kann nicht greifen, da schon aus dem ersten Absatz der P1 hervor-
- 31 -
geht, dass der Staubabscheidungszyklon gerade deshalb vorgesehen ist, weil mit
dem aufsteigenden Dampf Staubpartikel mitgeführt werden, siehe P1a, Seite 1,
Zeilen 13-16 (particles carried with the steam), die vor dem Eintritt des zirkulieren-
den Dampfes in den Wärmetauscher abgeschieden werden sollen. Nach dieser
Erläuterung muss für den Fachmann der Umstand, dass der aufsteigende Dampf
auch Staub mitführt, nicht bei jeder einzelnen weiteren Erwähnung dieses Damp-
fes wiederholt werden.

6.6 Die Klägerin hat schließlich noch geltend gemacht, der Gegenstand des Pa-
tents könne die Priorität der P1 deshalb nicht beanspruchen, weil diese nicht die
erste Anmeldung der Erfindung sei, die Erfindung sei vielmehr bereits in der auf
die Rechtsvorgängerin der Beklagten zurückgehenden D0 offenbart.

Die D0 offenbart jedoch nicht alle Merkmale der mit dem Anspruch 1 bean-
spruchten Erfindung. Hierzu wird auf die Ausführungen zur geltend gemachten
neuheitsschädlichen Vorwegnahme des Gegenstands des Anspruchs 1 durch die
D0 im nachfolgenden Abschnitt 7.2 dieses Urteils verwiesen.

7. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu gegenüber dem im Verfahren befind-
lichen Stand der Technik.

Die Klägerin hat eine neuheitsschädliche Vorwegnahme des Gegenstandes des
Anspruchs 1 durch die Entgegenhaltungen D4a, D4b, D0, D1, D2, D3 und durch
die behauptete offenkundige Vorbenutzung in Nangis geltend gemacht.

7.1 Der Tagungsband D4a und die Broschüre D4b sind bei der Beurteilung der
Neuheit – und auch des Beruhens auf erfinderischer Tätigkeit – nicht zu berück-
sichtigen. Es kann dahinstehen, ob ihre Lehre wie behauptet im Rahmen einer
Tagung am 10. bis 13. Februar 1999 öffentlich zugänglich gemacht wurde, da die
Beklagte für den Gegenstand des Patents die Priorität der Voranmeldung
DK 48898 (P1) vom 6. April 1998 in Anspruch nehmen kann, siehe den Ab-
schnitt 6 dieses Urteils.
- 32 -
Auch auf die behauptete neuheitsschädliche Vorbenutzung durch Einbau eines
Staubabscheidungszyklons in eine Anlage in Nangis kommt es nicht an. Es kann
dahinstehen, ob die umgebaute Anlage sämtliche Merkmale des Gegenstandes
des Anspruchs 1 aufwies, und ob die erfindungsgemäße Lehre dadurch öffentlich
zugänglich wurde, weil der Einbau des Staubabscheidungszyklons im Jahr 1999
stattfand und damit nach dem Prioritätstag, dem 6. April 1998.

7.2 Die im Jahr 2009 veröffentlichte D0 ist selbst kein Stand der Technik. Bei der
D0 handelt es sich um die Übersetzung der Patentschrift eines europäischen Pa-
tents, das auf eine PCT-Anmeldung vom 7. Januar 1999 zurückgeht, die die Prio-
rität zweier dänischer Voranmeldungen in Anspruch nimmt. Der Anmeldetag der
ersten Voranmeldung, der 9. Januar 1998, liegt zwar vor dem Prioritätsdatum des
Streitpatents, dem 6. April 1998, so dass ihr Inhalt dem Streitpatent entgegen-
steht. Sie wurde jedoch erst später der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, nämlich
mit der Veröffentlichung der PCT-Anmeldung am 29. Juli 1999, so dass ihr Inhalt
nur bei der Beurteilung der Neuheit in Betracht zu ziehen ist.

Dabei kann dahinstehen, ob sämtliche in der D0 gelehrten Merkmale bereits in der
Voranmeldung vom 9. Januar 1998 enthalten waren, da die D0 nicht sämtliche
Merkmale des Anspruchs 1 offenbart und somit der Neuheit seines Gegenstands
nicht entgegensteht:

Die D0 offenbart zwar eine Anlage zum Trocknen von partikelförmigem Material,
bei der das zu trocknende Material einer ringförmigen Kammer (1) zugeführt wird,
die nach unten durch einen Boden (10) sowie nach innen und außen durch eine
zylindrische Außenfläche (3) und eine zylindrische Innenfläche (2) begrenzt ist. An
den zylindrischen Flächen (2, 3) sind Platten (13) aufgehängt, die sich in die ring-
förmige Kammer (1) hinein erstrecken, siehe Abs. 0021, 0023 und Figuren 1, 2.
Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei den Zwischenräumen zwischen diesen
Platten (13) um Verfahrenszellen im Sinne der Merkmale M5 und M5.1 des An-
spruchs 1 des Streitpatents handelt und ob somit der Bereich um die Austrittslei-
tung (6), siehe Abs. 0022 und Figur 2, eine Auslasszelle im Sinne des Merk-
- 33 -
mals M5.3 darstellt. Denn dieser Bereich um die Austrittsleitung (6) weist jeden-
falls keinen geschlossenen Boden entsprechend dem Merkmal M5.5 auf:
Vielmehr ist der gesamte Boden (10) der Anlage gemäß D0 nicht geschlossen, er
weist Löcher (11) auf, durch die Dampf nach oben in die ringförmige Kammer (1)
strömen kann, siehe das Ende des Abs. 0024 und den ersten Satz des Abs. 0025.
Diese Löcher (11) sind im gesamten Umfangsbereich des Kammerbodens vorge-
sehen, auch im Bereich der Austrittsleitung (6), wie sich ausdrücklich aus dem An-
spruch 3 ergibt.

7.3 Bei den Entgegenhaltungen D1 und D2 handelt es sich um Übersetzungen der
in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents zum Stand der Technik genann-
ten Patentveröffentlichungen EP 0 537 262 B1 und EP 0 537 263 B1.
Nachfolgend wird noch einmal die Figur 1 der EP 0 537 263 B1 wiedergegeben,
die identisch auch in der D2 und – dort als Figur 2 – in der D1 enthalten ist:



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Die in D1 und D2 offenbarte, dem Oberbegriff des Anspruchs 1 entsprechenden
Anlage zum Trocknen von partikelförmigem Material unterscheidet sich von der
Anlage gemäß dem Anspruch 1 dadurch, dass dem Staubabscheidungszyklon 31
der Dampf und Staub ausschließlich von unten (durch die Zwischenräume zwi-
schen den Führungsschaufeln 34) zugeführt wird, es sind keine Öffnungen zum
Aufnehmen von Dampf und Staub im oberen Teil des Staubabscheidungs-
zyklon 31 entsprechend den Merkmalen M7 und M7.1 vorgesehen.

Im Innenraum des Staubabscheidungszyklons 31 bildet sich infolge der Führungs-
schaufeln 34 eine Wirbelbewegung des zugeführten staubigen Dampfes; infolge
dessen werden die Staubpartikel gegen die Außenwand 30 geleitet und gelangen
gemeinsam mit etwas Dampf durch die Öffnung 41 in der Außenwand 30 in ein
Rohr 40. Der vom Staub befreite Dampf gelangt durch Öffnungen im zentralen
Füllelement 33 in den Wärmetauscher 20.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei dem Rohr 40 handele es sich um
einen Staubabscheidungszyklon im Sinne des Streitpatents. Das trifft jedoch nicht
zu.

Zwar bildet sich in dem Rohr 40 infolge der im wesentlichen tangentialen Zufuhr
von Staub und Dampf durch die Öffnung 41 eine Wirbelbewegung aus, so dass
das Rohr 40 als ein Zyklon bezeichnet werden kann. Es ist jedoch kein Staubab-
scheidungszyklon im Sinne des Streitpatents, da dies voraussetzen würde, dass in
dem Rohr 40 der Staub von dem Dampf getrennt (abgeschieden) wird, und so-
dann Staub und Dampf den Staubabscheidungszyklon durch separate Ausgänge
verlassen. Eine solche Abscheidung findet in dem Rohr 40 nicht statt, Staub und
Dampf verlassen das Rohr 40 vielmehr gemeinsam durch einen einzigen Ausgang
an dessen unterem Ende 43. Auch die in D1 und D2 gewählte Bezeichnung des
Rohres 40 als „Zyklonabscheider“ bzw. „Wirbelabscheider“ (D1, Seite 3, Abs. 3,
D2, Seite 6, Abs. 3) ändert nichts daran, dass in dem Rohr 40 keine Abscheidung
stattfindet, sondern dieses lediglich zum Abtransport des bereits im Staubabschei-
- 35 -
dungszyklon 31 abgeschiedenen Staubes dient. Das Rohr 40 ist somit kein Staub-
abscheidungszyklon entsprechend den Merkmalen M6 bis M7.1.

Die Entgegenhaltung D3 offenbart hinsichtlich der Merkmalsgruppen M6 und M7
nicht mehr als D1 und D2. Die Figur 1 der D2 bzw. Figur 2 der D1 ist in D3 als Fi-
gur 4 enthalten (mit geänderten Bezugszeichen und ergänzten Pfeilen zur Veran-
schaulichung der Dampfbewegung). Der Zyklonabscheider bzw. Wirbelabscheider
der D1 bzw. D2 wird in D3 als Seitenzyklon (side cyclone 4) bezeichnet, siehe D3,
Seite 283, linke Spalte, zweiter Absatz, Zeile 9.

8. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergibt sich für den Fachmann auch nicht in
naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik.

8.1 Der Tagungsband D4a und die Broschüre D4b sind, wie bereits ausgeführt,
bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.

8.2 Es ist somit zu prüfen, ob es naheliegend war, bei der aus D1, D2 und auch
D3 bekannten Bauform einer Anlage zum Trocknen von partikelförmigen Materia-
lien, die dem Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents entspricht, einen
Staubabscheidungszyklon einzusetzen, bei dem entsprechend dem kennzeich-
nenden Teil des Anspruchs 1 die Zufuhr des staubigen Dampfes durch Öffnungen
im oberen Teil des Zyklons erfolgt.

Der Übersichtsartikel D13 zeigt in seiner unten wiedergegebenen Figur 1 den
grundsätzlichen Aufbau eines Zyklonabscheiders zum Trennen von Gas-Feststoff-
strömungen. Dabei erfolgt die Zufuhr des Gas-Feststoffgemisches im oberen Teil
des Zyklons:

- 36 -


Die Entgegenhaltungen D5 und D7 bis D12 und die auf dieselbe Anmeldung wie
die Patentschrift D12 zurückgehende Offenlegungsschrift D15 (die D6 ist nicht als
Stand der Technik zu berücksichtigen, da nachveröffentlicht) offenbaren eine Viel-
zahl von vergleichbaren Zyklonabscheidern für verschiedene Anwendungen.
Diesen ist neben dem Merkmal, dass die Zufuhr der Gas-Feststoffströmung im
oberen Teil des Zyklons erfolgt, weiter gemeinsam, dass die Abfuhr der abge-
trennten Feststoffe aus dem in Form eines sich nach unten verjüngenden Konus
ausgeführten Abscheideraum zentral nach unten erfolgt.
Die Entgegenhaltung D14 offenbart unter anderem eine Bauart, bei der die Abfuhr
des von den Feststoffen befreiten Gases aus dem Zyklon zentral nach unten er-
folgt. Dazu wird der in Form eines länglichen, sich wie üblich nach unten verjüng-
enden Konus‘ ausgeführte Abscheideraum nach unten hin schräg zur Seite ge-
führt, siehe die Variante ganz rechts in der Abb. 37 auf Seite 75 der D14:

- 37 -


8.2.1 Bei der aus D1 bzw. D2 bekannten Anlage zum Trocknen von partikelförmi-
gen Materialien, siehe D1, Fig. 2, bzw. D2, Fig. 1, erfordert die Anordnung des
dort vorgesehenen Staubabscheidungszyklons 31 über dem Wärmetauscher 20,
dass nicht die Abfuhr der abgetrennten Feststoffe, sondern die Abfuhr des von
den Feststoffen befreiten Dampfes aus dem Abscheideraum zentral nach unten
erfolgt.
Es ist daher nicht ersichtlich, wie der Fachmann einen der aus D5, D7 bis D13 und
D15 bekannten Zyklone, bei denen umgekehrt nicht die Abfuhr des von den Fest-
stoffen befreiten Gases, sondern die Abfuhr der Feststoffe aus dem Abscheide-
raum zentral nach unten erfolgt, ohne erfinderisches Zutun als Alternative für den
Staubabscheidungszyklon 31 der aus D1 bzw. D2 bekannten Anlage hätte einset-
zen können.

Bei dem aus D14, Abb. 37 rechts, bekannten Zyklon, bei dem die Abfuhr des von
den Feststoffen befreiten Gases aus dem Abscheideraum zentral nach unten er-
folgt, die Abfuhr der abgetrennten Feststoffe dagegen schräg zur Seite nach un-
ten, steht einem Einsatz als Alternative für den Staubabscheidungszyklon 31 der
aus D1 bzw. D2 bekannten Anlage entgegen, dass der aus D14 bekannte Zyklon
offensichtlich eine größere Bauhöhe in Bezug auf den Durchmesser erfordert, was
bei einem Einsatz in einer Anlage wie nach D1 bzw. D2 zu einer räumlichen Über-
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schneidung mit dem Wärmetauscher und den Verfahrenszellen bzw. zu einer grö-
ßeren Bauhöhe der Anlage insgesamt führen würde.

Abgesehen von diesen Hindernissen, die einem Ersatz des Staubabscheidungs-
zyklons 31 der aus D1 bzw. D2 bekannten Anlage durch einen der aus D5 oder
D7 bis D15 bekannten Zyklone entgegenstehen, ist jedoch vor allem kein Anlass
für den Fachmann erkennbar, bei der aus D1 bzw. D2 bekannten Anlage, bei der
der aus den Verfahrenszellen nach oben steigende staubige Dampf zuerst die
Unterseite des im oberen Gehäuseteil angeordneten Staubabscheidungs-
zyklons 31 erreicht, diesen Dampf – statt ihn, wie in D1 bzw. D2 offenbart, von
unten in den Staubabscheidungszyklon zu führen – über einen aus Sicht des
Fachmanns vor dem Prioritätszeitpunkt unnötigen Umweg bis zum oberen Teil des
Zyklons zu führen. Denn die Erkenntnis, dass es sich dabei nicht um einen unnö-
tigen Umweg handelt, sondern dass dieser Umweg eine Abscheidung von feuch-
ten Partikeln bereits vor dem Eintritt in den Staubabscheidungszyklon ermöglicht,
mag im Nachhinein einleuchtend erscheinen, sie ergibt sich jedoch nicht aus dem
Stand der Technik, sondern erst aus der Prioritätsanmeldung (P1) zum Streitpa-
tent.

8.2.2 Die Klägerin hat weiter behauptet, es habe nahegelegen, anstelle des bei
der Anlage nach D1 bzw. D2 vorgesehenen Rohres 40 einen weiteren Staubab-
scheidungszyklon wie z. B. aus D5 bekannt zusätzlich zum Staubabscheidungs-
zyklon 31 einzusetzen. Denn dem Fachmann sei es geläufig, mehrere Zyklone
kaskadenartig hintereinanderzuschalten, um so eine bessere Reinigung des stau-
bigen Dampfes zu erreichen.

Der Fachmann entnimmt jedoch der D1 bzw. D2, dass der dortige Staubabschei-
dungszyklon 31 dazu vorgesehen ist, den aus den Verfahrenszellen 6 aufsteigen-
den staubigen Dampf zu reinigen, bevor er in den Wärmetauscher 20 eintritt. Der
vom Staub befreite Dampf gelangt dabei durch Öffnungen im zentralen Füllele-
ment 33 in den Wärmetauscher 20. Der abgeschiedene Staub wird durch das
Rohr 40 abgeführt und fällt durch dessen Ausgang 43 in die Auslasszelle 7. So-
- 39 -
weit mit dem abgeführten Staub auch Dampf aus dem Ausgang 43 des Rohres 40
austritt, vermischt sich dieser mit dem aus den Verfahrenszellen 6 aufsteigenden
staubigen Dampf und wird mit diesem nochmals dem Staubabscheidungs-
zyklon 31 zugeführt. Es ergibt daher keinen Sinn, den aus dem Ausgang 43 des
Rohres 40 austretenden Dampf zuvor zu reinigen.

Die weiteren Patentansprüche 2 bis 8 sind sämtlich Patentanspruch 1 untergeord-
net und erweisen sich daher aus denselben Gründen als rechtsbeständig.

Nach alldem ist die Klage unbegründet.


II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG
i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form
abgefassten Urteils, spätestens innerhalb eines Monat nach Ablauf von fünf
Monaten nach Verkündung, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen

- 40 -
Rechtsanwalt oder Patentanwalt als Bevollmächtigen schriftlich oder in elektroni-
scher Form beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzu-
legen.


Grote-Bittner Schwarz Schlenk Dr. Krüger Ausfelder

Ko




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