19 W (pat) 37/14  - 19. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



19 W (pat) 37/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
17. Mai 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Patentanmeldung 11 2008 003 489.3

hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter
Dipl.-Ing. J. Müller und Dipl.-Phys. Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi

- 2 -
beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Die Patentanmeldung 11 2008 003 489.3 ist aus der PCT-Anmeldung mit dem
Aktenzeichen PCT/JP2008/073061 hervorgegangen, welche am 18. Dezem-
ber 2008 unter Inanspruchnahme der Unionspriorität der japanischen Voranmel-
dung 2007-332464 vom 25. Dezember 2007 eingereicht worden ist. Die Anmel-
dung trägt in der deutschen Übersetzung die Bezeichnung

„Brennstoffzellensystem“.

Das Deutsche Patent- und Markenamt – Prüfungsstelle für Klasse H 02 M – hat
die Patentanmeldung mit am Ende einer mündlichen Anhörung am 29. Juli 2014
verkündetem Beschluss zurückgewiesen. Der schriftlichen Begründung vom
2. Oktober 2014 ist zu entnehmen, die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach
Haupt- und Hilfsanträgen seien nicht neu (§ 3 PatG). Gegen diesen Beschluss
richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 7. November 2014.

Sie beantragt,

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 M des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 29. Juli 2014 aufzuheben und das nach-
gesuchte Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:

- 3 -
Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hauptantrag vom 12. Februar 2015,
Beschreibung, Seiten 1 bis 12, 15 bis 17 und 20 bis 29 sowie geänderte
Seiten 13, 14, 18 und 19,
6 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 6,
jeweils vom 23. Juni 2010,

hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 6 gemäß Hilfsantrag 1 vom 12. Februar 2015,

weiter hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 6 gemäß Hilfsantrag 2 vom 12. Februar 2015,

Beschreibung und Zeichnungen zu den Hilfsanträgen jeweils wie zum
Hauptantrag.

Der nach Hauptantrag vom 12. Februar 2015 geltende Patentanspruch 1 lautet:

Brennstoffzellensystem, aufweisend:
eine Brennstoffzelle;
einen Spannungswandler, der mit einer Vielzahl von Phasen versehen
ist, und der so aufgebaut ist, dass die Anzahl der aktiven Phasen geän-
dert werden kann; und
eine Leistungsspeichereinrichtung, die mit einer Primärseite des Span-
nungswandlers verbunden ist; wobei
die Brennstoffzelle mit einer Sekundärseite des Spannungswandlers
verbunden ist, und
eine Verbrauchervorrichtung mit der Primär- und/oder der Sekundär-
seite des Spannungswandlers verbunden ist, wobei
der Spannungswandler derart ausgebildet ist, dass ein Tastgrad eines
Umschaltimpulses geändert wird, wenn ein Unterschied zwischen

- 4 -
einem an die Brennstoffzelle ausgegebenen Ausgangsspannungs-Be-
fehlswert und einem aktuellen Ausgangsspannungswert der Brennstoff-
zelle aufgrund einer Ansprechverzögerung verursacht wird,
wobei das Brennstoffzellensystem weiter aufweist:
eine Erfassungseinheit, die einen Systemzustand erfasst, der eine
Änderung eines Ausgangsspannungs-Befehlswerts für eine Brennstoff-
zelle in einem bestimmten Umfang oder darüber hinaus bewirkt; und
eine Verbotseinheit, die nicht zulässt, dass der Spannungswandler in
einer vorgegebenen oder einer noch kleineren Anzahl von Phasen
angesteuert wird, falls der oben definierte Systemzustand erfasst wird.

Der nach Hilfsantrag 1 vom 12. Februar 2015 geltende Patentanspruch 1 lautet:

Brennstoffzellensystem (1), aufweisend:
eine Brennstoffzelle (22);
einen Spannungswandler (20), der mit einer Vielzahl von Phasen ver-
sehen ist, und der so aufgebaut ist, dass die Anzahl der aktiven Phasen
geändert werden kann; und
eine Leistungsspeichereinrichtung (21), die mit einer Primärseite des
Spannungswandlers (20) verbunden ist; wobei
die Brennstoffzelle (22) mit einer Sekundärseite des Spannungswand-
lers (20) verbunden ist, und
eine Verbrauchervorrichtung (25) mit der Primär- und/oder der Sekun-
därseite des Spannungswandlers (20) verbunden ist, wobei
der Spannungswandler (20) derart ausgebildet ist, dass ein Tastgrad
eines Umschaltimpulses geändert wird, wenn ein Unterschied zwischen
einem an die Brennstoffzelle (22) ausgegebenen Ausgangsspannungs-
Befehlswert und einem aktuellen Ausgangsspannungswert der Brenn-
stoffzelle (22) aufgrund einer Ansprechverzögerung verursacht wird,

- 5 -
wobei das Brennstoffzellensystem (1) weiter aufweist:
eine Erfassungseinheit, die einen Systemzustand erfasst, der eine
Änderung eines Ausgangsspannungs-Befehlswerts für eine Brennstoff-
zelle (22) in einem bestimmten Umfang oder darüber hinaus bewirkt;
und
eine Verbotseinheit, die nicht zulässt, dass der Spannungswandler (20)
in einer vorgegebenen oder einer noch kleineren Anzahl von Phasen
angesteuert wird, falls der oben definierte Systemzustand erfasst wird,
wobei der Systemzustand, der eine Änderung des Ausgangsspan-
nungs-Befehlswerts für die Brennstoffzelle (22) in einem bestimmten
Umfang oder darüber hinaus bewirkt, in einem normalen Betriebsmo-
dus mindestens einen der folgenden Zustände beinhaltet:
1) es läuft gerade eine Startfrequenz für das Brennstoffzellensys-
tem (1) ab, oder die Betriebsbedingung ist seit dem Übergang von
der Startsequenz in den Normalbetrieb noch nicht stabil gewor-
den;
2) es läuft gerade eine Wasserstoff-Verbrauchssteuerung der Brenn-
stoffzelle (22) ab;
3) es läuft gerade eine Erfassung ab, ob es in einem Relais der
Brennstoffzelle (22) zu irgendeiner Verschweißung gekommen ist;
4) es wird gerade eine Strombegrenzung für die Brennstoffzelle (22)
durchgeführt;
5) es wird gerade eine Ausgangsleistungsbegrenzung durchgeführt;
und
6) es läuft gerade eine Abschaltsequenz für das Brennstoffzellen-
system (1) ab, und
wobei der Systemzustand, der eine Änderung des Ausgangsspan-
nungs-Befehlswerts für die Brennstoffzelle (22) in einem bestimmten
Umfang oder darüber hinaus bewirkt, in einem Aussetzbetriebsmodus
mindestens einen der folgenden Zustände beinhaltet:
- 6 -
1) es wird erfasst, dass irgendwo Brenngas aus dem Brennstoff-
zellensystem (1) austritt;
2) es wird gerade ein Aussetzbetrieb durchgeführt, wo eine Verbrau-
chervorrichtung (25) nicht in Betrieb ist;
3) ein vorgegebener Zeitraum seit einer Rückführung aus einer
Katalysatoraktivierung für die Brennstoffzelle (22) ist noch nicht
vergangen; und
4) ein vorgegebener Zeitraum seit einer Aussetzung der Rückführung
aus einer Katalysatoraktivierung für die Brennstoffzelle (22) ist
noch nicht vergangen.

Der nach Hilfsantrag 2 vom 12. Februar 2015 geltende Patentanspruch 1 lautet:

Brennstoffzellensystem (1), aufweisend:
eine Brennstoffzelle (22);
einen Spannungswandler (20), der mit einer Vielzahl von Phasen ver-
sehen ist, und der so aufgebaut ist, dass die Anzahl der aktiven Phasen
geändert werden kann; und
eine Leistungsspeichereinrichtung (21), die mit einer Primärseite des
Spannungswandlers (20) verbunden ist; wobei
die Brennstoffzelle (22) mit einer Sekundärseite des Spannungswand-
lers (20) verbunden ist, und
eine Verbrauchervorrichtung (25) mit der Primär- und/oder der Sekun-
därseite des Spannungswandlers (20) verbunden ist, wobei
der Spannungswandler (20) derart ausgebildet ist, dass ein Tastgrad
eines Umschaltimpulses geändert wird, wenn ein Unterschied zwischen
einem an die Brennstoffzelle (22) ausgegebenen Ausgangsspannungs-
Befehlswert und einem aktuellen Ausgangsspannungswert der Brenn-
stoffzelle (22) aufgrund einer Ansprechverzögerung verursacht wird,

- 7 -
wobei das Brennstoffzellensystem (1) weiter aufweist:
eine Erfassungseinheit, die einen Systemzustand erfasst, der eine
Änderung eines Ausgangsspannungs-Befehlswerts für eine Brennstoff-
zelle (22) in einem bestimmten Umfang oder darüber hinaus bewirkt;
und
eine Verbotseinheit, die nicht zulässt, dass der Spannungswandler (20)
in einer vorgegebenen oder einer noch kleineren Anzahl von Phasen
angesteuert wird, falls der oben definierte Systemzustand erfasst wird,
wobei der Systemzustand, der eine Änderung des Ausgangsspan-
nungs-Befehlswerts für die Brennstoffzelle (22) in einem bestimmten
Umfang oder darüber hinaus bewirkt, in einem normalen Betriebs-
modus den folgenden Zustand beinhaltet:
es läuft gerade eine Erfassung ab, ob es in einem Relais der
Brennstoffzelle (22) zu irgendeiner Verschweißung gekommen
ist; und
wobei der Systemzustand, der eine Änderung des Ausgangsspan-
nungs-Befehlswerts für die Brennstoffzelle (22) in einem bestimmten
Umfang oder darüber hinaus bewirkt, in einem Aussetzbetriebsmodus
den folgenden Zustand beinhaltet:
es wird erfasst, dass irgendwo Brenngas aus dem Brennstoff-
zellensystem (1) austritt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Anmeldung betrifft ein Brennstoffzellensystem mit einem bidirektionalen
Gleichstromsteller bzw. DC/DC-Wandler.
- 8 -
Nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung seien in der Vergangenheit
DC/DC-Wandler entwickelt worden, in denen mehrere Phasenschaltkreise parallel
geschaltet seien und die Anzahl aktiver Phasen beispielsweise gemäß einer
vorausgesagten Systemlast geändert werden könne, um den Wirkungsgrad des
Wandlers zu verbessern. Falls sich der Betriebszustand eines solchen Systems
schnell ändere, würde sich das jedoch nachteilig auf das System auswirken, z. B.
würde ein Überstrom durch den DC/DC-Wandler fließen. Dieses Problem sei bis-
her nicht gelöst worden (vgl. Beschreibung, Seite 1, Zeile 25 bis 30, Seite 2,
Zeile 23 bis 30).

Zur Lösung schlägt die Anmeldung in der Fassung nach dem Hauptantrag ein
Brennstoffzellensystem vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

1 Brennstoffzellensystem,
aufweisend:

2 eine Brennstoffzelle;

3 einen Spannungswandler,
3.1 der mit einer Vielzahl von Phasen versehen ist, und der so auf-
gebaut ist, dass die Anzahl der aktiven Phasen geändert wer-
den kann;

4 und eine Leistungsspeichereinrichtung, die mit einer Primär-
seite des Spannungswandlers verbunden ist;

2.1 wobei die Brennstoffzelle mit einer Sekundärseite des Span-
nungswandlers verbunden ist,

5 und eine Verbrauchervorrichtung mit der Primär- und/oder der
Sekundärseite des Spannungswandlers verbunden ist,
- 9 -
3.2 wobei der Spannungswandler derart ausgebildet ist, dass ein
Tastgrad eines Umschaltimpulses geändert wird, wenn ein
Unterschied zwischen einem an die Brennstoffzelle ausgegebe-
nen Ausgangsspannungs-Befehlswert und einem aktuellen
Ausgangsspannungswert der Brennstoffzelle aufgrund einer
Ansprechverzögerung verursacht wird,

wobei das Brennstoffzellensystem weiter aufweist:

6 eine Erfassungseinheit,
6.1 die einen Systemzustand erfasst, der eine Änderung eines Aus-
gangsspannungs-Befehlswerts für eine Brennstoffzelle in einem
bestimmten Umfang oder darüber hinaus bewirkt;

7 und eine Verbotseinheit,
7.1 die nicht zulässt, dass der Spannungswandler in einer vorgege-
benen oder einer noch kleineren Anzahl von Phasen ange-
steuert wird, falls der oben definierte Systemzustand erfasst
wird.

In der Fassung nach Hilfsantrag 1 ist der gemäß Merkmal 6.1 zu erfassende Sys-
temzustand des Brennstoffzellensystems wie folgt bestimmt:

6.2 wobei der Systemzustand, der eine Änderung des Ausgangs-
spannungs-Befehlswerts für die Brennstoffzelle (22) in einem
bestimmten Umfang oder darüber hinaus bewirkt, in einem
normalen Betriebsmodus mindestens einen der folgenden Zu-
stände beinhaltet:
6.2.1 1) es läuft gerade eine Startfrequenz für das Brennstoffzellen-
system (1) ab, oder die Betriebsbedingung ist seit dem
- 10 -
Übergang von der Startsequenz in den Normalbetrieb noch
nicht stabil geworden;
6.2.2 2) es läuft gerade eine Wasserstoff-Verbrauchssteuerung der
Brennstoffzelle (22) ab;
6.2.3 3) es läuft gerade eine Erfassung ab, ob es in einem Relais
der Brennstoffzelle (22) zu irgendeiner Verschweißung ge-
kommen ist;
6.2.4 4) es wird gerade eine Strombegrenzung für die Brennstoff-
zelle (22) durchgeführt;
6.2.5 5) es wird gerade eine Ausgangsleistungsbegrenzung durch-
geführt; und
6.2.6 6) es läuft gerade eine Abschaltsequenz für das Brennstoffzel-
lensystem (1) ab,
und
6.3 wobei der Systemzustand, der eine Änderung des Ausgangs-
spannungs-Befehlswerts für die Brennstoffzelle (22) in einem
bestimmten Umfang oder darüber hinaus bewirkt, in einem
Aussetzbetriebsmodus mindestens einen der folgenden Zu-
stände beinhaltet:
6.3.1 1) es wird erfasst, dass irgendwo Brenngas aus dem Brenn-
stoffzellensystem (1) austritt;
6.3.2 2) es wird gerade ein Aussetzbetrieb durchgeführt, wo eine
Verbrauchervorrichtung (25) nicht in Betrieb ist;
6.3.3 3) ein vorgegebener Zeitraum seit einer Rückführung aus
einer Katalysatoraktivierung für die Brennstoffzelle (22) ist
noch nicht vergangen; und
6.3.4 4) ein vorgegebener Zeitraum seit einer Aussetzung der Rück-
führung aus einer Katalysatoraktivierung für die Brennstoff-
zelle (22) ist noch nicht vergangen.

- 11 -
In der Fassung nach Hilfsantrag 2 ist der der gemäß Merkmal 6.1 zu erfassende
Systemzustand des Brennstoffzellensystems wie folgt bestimmt:

6.2 wobei der Systemzustand, der eine Änderung des Ausgangs-
spannungs-Befehlswerts für die Brennstoffzelle (22) in einem
bestimmten Umfang oder darüber hinaus bewirkt, in einem nor-
malen Betriebsmodus den folgenden Zustand beinhaltet:
6.2.3 es läuft gerade eine Erfassung ab, ob es in einem Relais
der Brennstoffzelle (22) zu irgendeiner Verschweißung
gekommen ist;
und
6.3 wobei der Systemzustand, der eine Änderung des Ausgangs-
spannungs-Befehlswerts für die Brennstoffzelle (22) in einem
bestimmten Umfang oder darüber hinaus bewirkt, in einem Aus-
setzbetriebsmodus den folgenden Zustand beinhaltet:
6.3.1 es wird erfasst, dass irgendwo Brenngas aus dem Brenn-
stoffzellensystem (1) austritt.

2. Vor diesem Hintergrund legt der Senat seiner Entscheidung als Fachmann
einen Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit mehrjähriger
Erfahrung bei der Entwicklung von Gleichstromstellern, insbesondere für Brenn-
stoffzellensysteme zu Grunde.

3. Die erklärungsbedürftigen Angaben in den Ansprüchen 1 nach Haupt- und
Hilfsanträgen versteht der Fachmann nach Erkenntnis des Senats wie folgt:

a) Die Vielzahl von Phasen des Spannungswandlers (Merkmal 3.1) versteht
der Fachmann als zwei oder mehr Wandlerschaltungen, die zueinander parallel
geschaltet sind (vgl. Beschreibung, Seite 15, Zeilen 5, 11). Im Ausführungsbeispiel
sind drei kaskadierte Ab-/Aufwärtswandler parallel geschaltet (vgl. Fig. 1, Bezugs-
zeichen P1, P2, P3).
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b) Die Anzahl der aktiven Phasen (vgl. Merkmal 3.1) ist die Anzahl der zu
einem bestimmten Zeitpunkt in Betrieb befindlichen Wandlerschaltungen. So ist im
Ausführungsbeispiel bei einem Einzelphasenbetrieb (vgl. Beschreibung, Seite 15,
Zeile 29) nur einer der drei zueinander parallel geschalteten Wandler in Betrieb.

c) Unter dem Tastgrad eines Umschaltimpulses (Merkmal 3.2) versteht der
Fachmann das Verhältnis von Impulsdauer zur Periodendauer einer periodischen
Folge von Umschaltimpulsen, die an die Schalter Tr (in der Anmeldung als
Umschaltvorrichtungen bezeichnet) der Wandlerschaltungen P1, P2, P3 angelegt
werden.

d) Die Bezeichnung als Systemzustand, der eine Änderung eines Ausgangs-
spannungs-Befehlswerts für eine Brennstoffzelle in einem bestimmten Umfang
oder darüber hinaus bewirkt (Merkmal 6.1) soll einen Zustand angeben, in dem
vorausgesagt werden kann, dass sich der Ausgangsspannungs-Befehlswert
voraussichtlich schnell ändern wird (vgl. Beschreibung, Seite 4, Zeilen 6 bis 12). In
der Fassung des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag ist dieser Systemzustand
nicht näher bestimmt. Nach den Ausführungen in der Beschreibung kann dieser
Systemzustand beispielweise auch dann auftreten, wenn die Leistungsversorgung
der Verbrauchervorrichtung unterbrochen ist (vgl. Beschreibung, Seite 8, Zeilen 4
bis 5) oder dann, wenn keine Ausgangsleistungsforderung an das System gestellt
wird (vgl. Beschreibung, Seite 7, Zeilen 24 bis 26).

e) Im normalen Betriebsmodus (Merkmal 6.2) erzeugt die Brennstoffzelle elek-
trische Leistung. Im Aussetzbetriebsmodus (Merkmal 6.3) ist die Brennstoffzelle in
einem Stopp-/Bereitschaftszustand (vgl. Beschreibung, Seite 8, Zeilen 1 bis 8).

f) Das Relais der Brennstoffzelle (Merkmal 6.2.3) ist laut Ausführungsbeispiel
in einem Ausgangspol der Brennstoffzelle vorgesehen, um einen abnormalen
Strom zu unterbrechen (vgl. Beschreibung, Seite 6, Zeilen 14 bis 17), kann also
beispielweise eine Überstromschutzeinrichtung sein.
- 13 -
g) Gemäß dem Ausführungsbeispiel wird bei bestimmten Systemzuständen
der Einzelphasenbetrieb des Spannungswandlers nicht zugelassen (vgl. Be-
schreibung, Seite 21, Zeilen 14 bis 18) und in einen Dreiphasenbetrieb umge-
schaltet (vgl. Beschreibung, Seite 15, Zeile 29). Unter die allgemeinere Anweisung
im Merkmal 1.7 des Anspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen, wonach nicht
zugelassen wird, dass der Spannungswandler in einer vorgegebenen oder einer
noch kleineren Anzahl von Phasen angesteuert wird, fallen jedoch darüber hinaus
zahlreiche weitere Varianten, insbesondere eine Variante, bei der nicht zugelas-
sen wird, dass der Wandler in Betrieb geht (Drei-, Zwei- oder Einzelphasenbetrieb
nicht zugelassen) und eine Variante, bei der nicht zugelassen wird, dass der
Wandler außer Betrieb geht (Nullphasenbetrieb nicht zugelassen).

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag erweist sich als
nicht neu und damit als nicht patentfähig (§ 1 i. V. m. § 3 PatG).

4.1 Die von der Anmelderin in der Beschreibungseinleitung genannte Schrift
JP 2006-033934 A (= E1) gibt den nächstliegenden Stand der Technik wieder. Mit
Beschwerdebegründung vom 12. Februar 2015 hat die Anmelderin eine unbe-
glaubigte Übersetzung dieser Schrift in die deutsche Sprache eingereicht, welche
der Senat seiner Beurteilung des Offenbarungsgehalts der Schrift E1 zu Grunde
legt.

4.2 Die Schrift E1 offenbart ein Hybridbrennstoffzellensystem 1, wobei eine
Brennstoffzelle 22 und eine Stromspeichervorrichtung 21 miteinander über einen
Spannungswandler 20 verbunden sind, welcher mehrere zueinander parallel ge-
schaltete Wandlerschaltungen P1, P2, P3 aufweist und wobei unter Vorhersage
einer Änderung der Systemlast die Anzahl der in Betrieb befindlichen Wandler-
schaltungen verändert werden kann (Anspruch 9 und Figur 1; = Merkmale 1, 2, 3
und 3.1).

- 14 -

Figur 1 aus der Übersetzung der Druckschrift E1

Aus der vorstehend wiedergegebenen Figur 1 der Schrift E1 ist es weiterhin
ersichtlich, dass die Leistungsspeichereinrichtung 21 mit einer Primärseite sowie
die Brennstoffzelle 22 und eine Verbrauchervorrichtung 24, 25 mit einer Sekun-
därseite des Spannungswandlers 22 verbunden sind (= Merkmale 4, 2.1 und 5).
Damit offenbart die Schrift E1 ein Brennstoffzellensystem mit den Merkmalen 1, 2,
3, 3.1, 4, 2.1 und 5 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag.

Nach den Ausführungen im Absatz 0056 der Schrift E1 wird der Spannungs-
wandler 20 anhand des Ausgangsspannungssollwerts Vo_ref und des Ausgangs-
spannungsmesswerts Vo_mes gesteuert, wobei gemäß Absatz 0037 der Schrift
E1 ein Tastgradumschaltabschnitt 115 auf Grundlage des Eingangsspannungs-
messwerts des Wandlers 20 und des Ausgangsspannungssollwerts Vo_ref den
jeweiligen Tastgrad berechnet und ein Tastgradsteuersignal Cd ausgibt. Damit ist
auch die Anweisung im Merkmal 3.2 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag aus der
Schrift E1 entnehmbar, denn es gehört zum Grundwissen des Fachmanns, dass
Brennstoffzellen Ansprechverzögerungen aufweisen; dies ist im Übrigen auch in
Absatz 0049 der Schrift E1 erwähnt.

Als Vorteil des vorgeschlagenen Hybridbrennstoffzellensystem wird in der Schrift
E1 angegeben, dass auch im Falle einer plötzlichen Lastveränderung ein von der
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Stromspeichervorrichtung zu dem Spannungswandler fließender Überstrom ver-
hindert werden kann, wodurch die Haltbarkeit des Spannungswandlers erhöht ist
(vgl. Absatz 0007, letzter Satz). Insbesondere schlägt die Schrift E1 vor, dass ein
Handhabungsabschnitt für plötzliche Lastveränderungen 118 einen Systemzu-
stand, nämlich die Veränderung eines Gaspedalöffnungsgrads, erfasst und ent-
sprechend dieser Veränderung ein geschätztes Leistungsdefizit ΔP ausgibt
(Absatz 0040). Auf der Grundlage des erwarteten Leistungsbedarfs und einer I-V-
Kennlinie des Brennstoffzellenstapels 22 wird der Sollwert Vo_ref der an den
Wandler 20 ausgegebenen Ausgangsleistung bestimmt (Absatz 0037). Das
geschätzte Leistungsdefizit ΔP kennzeichnet den Systemzustand des Brenn-
stoffzellensystems. Der Handhabungsabschnitt 108 stellt somit eine Erfassungs-
einheit im Sinne der Merkmale 6 und 6.1 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag dar.

Entgegen der Auffassung der Anmelderin sind durch die Schrift E1 auch die
Anweisungen gemäß den Merkmalen 7 und 7.1 des Anspruchs 1 nach Hauptan-
trag vorweggenommen. Denn die Schrift E1 beschreibt einen Phasenanzahlbe-
stimmungsabschnitt 120 der anhand des vom Handhabungsabschnitt 118 berech-
neten Leistungsdefizits ΔP beurteilt, ob die Phasenanzahl am Wandler 20 geän-
dert werden soll (vgl. E1, Absatz 0041). Insbesondere soll ein Überstrom durch
eine einzelne Wandlerschaltung verhindert werden, indem vorübergehend aus
dem Einzelphasenbetrieb in den Mehrphasenbetrieb umgeschaltet wird (vgl. E1,
Absatz 0050). Ein Phasenanzahlbestimmungsabschnitt, der einen Einzelphasen-
betrieb verhindert, stellt eine Verbotseinheit im Sinne der Merkmale 7 und 7.1 dar,
die nicht zulässt, dass der Spannungswandler im Einzelphasenbetrieb angesteuert
wird.

Damit ist aus der Schrift E1 ein Brennstoffzellensystem mit allen Merkmalen des
Anspruchs 1 nach Hauptantrag bekannt.

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5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 erweist sich als
nicht auf einer erfinderische Tätigkeit beruhend und damit als nicht patentfähig
(§ 1 i. V. m. § 4 PatG).

5.1 Gegenüber der Fassung nach Hauptantrag umfasst der Anspruch 1 nach
Hilfsantrag 1 die zusätzlichen Anweisungen, dass der durch die Erfassungseinheit
erfasste Systemzustand, der eine Änderung eines Ausgangsspannungs-Befehls-
werts für eine Brennstoffzelle in einem bestimmten Umfang oder darüber hinaus
bewirkt, im Falle eines normalen Betriebsmodus mindestens einen der in Merk-
malen 6.2.1 bis 6.2.6 angegebenen Zustände und im Falle eines Aussetzbe-
triebsmodus mindestens einen der in Merkmalen 6.3.1 bis 6.3.4 angegebenen Zu-
stände beinhaltet.

Neben anderen Alternativen wird mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 somit
auch die Variante beansprucht,

6.2 wobei der Systemzustand, der eine Änderung des Ausgangs-
spannungs-Befehlswerts für die Brennstoffzelle (22) in einem
bestimmten Umfang oder darüber hinaus bewirkt, in einem nor-
malen Betriebsmodus den folgenden Zustand beinhaltet:
6.2.3 3) es läuft gerade eine Erfassung ab, ob es in einem Relais
der Brennstoffzelle (22) zu irgendeiner Verschweißung
gekommen ist;
und
6.3 wobei der Systemzustand, der eine Änderung des Ausgangs-
spannungs-Befehlswerts für die Brennstoffzelle (22) in einem
bestimmten Umfang oder darüber hinaus bewirkt, in einem Aus-
setzbetriebsmodus den folgenden Zustand beinhaltet:
6.3.1 1) es wird erfasst, dass irgendwo Brenngas aus dem Brenn-
stoffzellensystem (1) austritt.

- 17 -
5.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 mag gegenüber dem
Stand der Technik nach der Druckschrift E1 als neu gelten, denn ein normaler Be-
triebsmodus mit einem Systemzustand gemäß Merkmal 6.2.3 und ein Aussetzbe-
triebsmodus mit einem Systemzustand gemäß Merkmal 6.3.1 des Anspruchs 1
nach Hilfsantrag 1 sind der Druckschrift E1 nicht entnehmbar.

5.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht jedoch nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Es gehört zum selbstverständlichen Handeln des Fachmanns, bei elektrischen
Anlagen, bei denen unzulässig hohe Ströme und/oder Spannungen auftreten kön-
nen (vgl. E1, Absätze 0022, 0043), Schutzeinrichtungen, beispielsweise Über-
stromschutzrelais, vorzusehen.

Es gehört weiterhin zum Grundwissen des Fachmanns dass Wasserstoffleckagen
in einem Brennstoffzellensystem (vgl. E1, Absatz 0055) ein Sicherheitsrisiko dar-
stellen, welche zu Flammbildung, Zerstörung der Brennstoffzelle oder sogar zu
einer Knallgasreaktion führen können.

Der Fachmann hat daher Veranlassung, regelmäßig die Schutzeinrichtungen des
Brennstoffzellensystems, etwa das im Merkmal 6.2.3 genannte Relais, auf Funkti-
onsbereitschaft sowie die Brennstoffzelle auf Wasserstoffleckagen gemäß Merk-
mal 6.3.1 zu prüfen, und diesbezügliche Funktionsfehler oder Störungen zu erfas-
sen. Für Brennstoffzellensysteme in Fahrzeugen bedeutet dies zum Beispiel eine
Erfassung im Freien, auf Brücken, in Tunneln, Garagen und Werkstätten, während
der Fahrt und im Ruhezustand, also sowohl in einem normalen Betriebsmodus als
auch in einem Aussetzbetriebsmodus.

Die Erfassung dieser Funktionsfehler oder Störungen kann im Allgemeinen nicht
ohne eine vorübergehende Erhöhung des Ausgangsspannungsbefehlswerts bzw.
ohne vorübergehende Erhöhung der Leistungsabgabe der Brennstoffzelle erfol-
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gen. Für den Fachmann ist selbstverständlich, dass die in den beiden Systemzu-
ständen gemäß den Merkmalen 6.2.3 und 6.3.1 von der Brennstoffzelle abgege-
bene überschüssige Leistung abgeleitet werden muss. Der Fachmann zieht hier
ohne Weiteres die Ableitung in die Leistungsspeichereinrichtung des Brennstoff-
zellensystems in Betracht und erhöht hierzu die Anzahl der aktiven Phasen des
Spannungswandlers zwischen Brennstoffzelle und Leistungsspeichereinrichtung
und lässt einen Einzelphasenbetrieb des Spannungswandlers in diesen Testpha-
sen nicht zu.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht daher nicht auf einer
erfinderischen Tätigkeit.

6. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 erweist sich
ebenfalls als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend und damit als nicht
patentfähig (§ 1 i. V. m. § 4 PatG).

Die vorstehend zum Hilfsantrag 1 genannten Gründe gelten für den Anspruch 1
nach Hilfsantrag 2 gleichermaßen.

Somit war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).

Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde
nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der
nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3
PatG):

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1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102
Abs. 1 PatG).

Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer
qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch
Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden
(§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1)
Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof
und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die
auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html
bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen
bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).

- 20 -
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden
(§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).


Kleinschmidt Kirschneck J. Müller Arnoldi


Ko



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