19 W (pat) 28/17  - 19. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



19 W (pat) 28/17
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
31. Mai 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache





betreffend die Patentanmeldung 10 2010 027 312.0

hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der
Richter Dipl.-Phys. Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi und Dipl.-Phys. Dr. Haupt

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

- 2 -
G r ü n d e

I.

Das Deutsche Patent- und Markenamt – Prüfungsstelle für Klasse G 01 R – hat
die am 16. Juli 2010 eingereichte Anmeldung mit Beschluss vom 21. Dezem-
ber 2012 in den Fassungen nach Haupt- und Hilfsantrag 1 zurückgewiesen und
auf die Anmeldung in der Fassung nach Hilfsantrag 2 das Patent 10 2010 027 312
mit der Bezeichnung „Verfahren zur Erstellung von MR-Bildern sowie entspre-
chend ausgestaltete Magnetresonanzanlage“ erteilt.

In der Begründung des Beschlusses ist sinngemäß ausgeführt, die Fassung des
Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag sei unzulässig, da diese dem Fachmann
lediglich die der Erfindung zugrunde liegende konkrete Aufgabe vermittle. Die
technischen Mittel, mit denen diese Aufgabe gelöst werden solle, seien als we-
sentliche Merkmale im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht enthalten (§ 9
Abs. 4 PatV). In der Fassung nach dem Hilfsantrag 1 sei der Gegenstand der An-
meldung unzulässig erweitert (§ 38 PatG).

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom
24. Januar 2013.

Sie beantragt,

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 01 R des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 21. Dezember 2012 aufzuheben und das
nachgesuchte Patent gemäß Hauptantrag vom 10. Februar 2012 auf-
grund folgender Unterlagen zu erteilen:

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Patentansprüche 1 bis 16 gemäß Hauptantrag vom 10. Februar 2012,

Beschreibung,
Seiten 1, 1a, 5 und 9 gemäß Hauptantrag vom 10. Februar 2012,
Seiten 2 bis 4, 6 bis 8, 10 bis 25 vom Anmeldetag 16. Juli 2010,

7 Blatt Zeichnungen,
Figuren 1 bis 4 vom 6. Oktober 2011,
Figuren 5 bis 10 vom Anmeldetag 16. Juli 2010.

Die unabhängigen Patentansprüche 1, 13, 15 und 16 gemäß Hauptantrag vom
10. Februar 2012 lauten:

1. Verfahren zur Erstellung von MR-Bildern eines vorbestimmten
Bildgebungsvolumens (30) innerhalb eines Untersuchungsobjekts (O)
mittels einer Magnetresonanzanlage (5),
folgende Schritte umfassend:
Lokalisieren eines Zuflusses (24), welcher das Bildgebungsvolu-
men (30) versorgt,
Ausbilden eines speziellen Volumens (26), welches das vorbestimmte
Bildgebungsvolumen (30) zumindest teilweise umfasst und welches
derart an den Zufluss (24) angepasst wird, dass das spezielle Volumen
(26) bei dem Zufluss (24) eine Aussparung in dem speziellen Volumen
(26) aufweist, durch welche zumindest ein Teilabschnitt des Zuflusses
(24) von dem speziellen Volumen (26) ausgenommen wird,
Sättigen oder Invertieren der Magnetisierung des speziellen Volu-
mens 26) mittels der Magnetresonanzanlage (5),
Erfassen von Messsignalen aus dem Bildgebungsvolumen (30), und
Erstellen der MR-Bilder des Bildgebungsvolumens (30) mittels der
Messsignale.

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13. Magnetresonanzanlage zur Erstellung von MR-Bildern eines
vorbestimmten Bildgebungsvolumens (30) innerhalb eines Unter-
suchungsobjekts (O),
wobei die Magnetresonanzanlage (5) einen Grundfeldmagneten (1), ein
Gradientenfeldsystem (3), mindestens eine HF-Antenne (4) und eine
Steuereinrichtung (10) zur Ansteuerung des Gradientenfeldsystems (3)
und der mindestens einen HF-Antenne (4), zum Empfang von von der
mindestens einen HF-Antenne (4) aufgenommenen Messsignalen und
zur Auswertung der Messsignale und zur Erstellung der MR-Bilder um-
fasst, und
wobei die Magnetresonanzanlage (5) derart ausgestaltet ist,
dass mittels der Magnetresonanzanlage (5) ein Zufluss (24), welcher
das vorbestimmte Bildgebungsvolumen (30) versorgt, lokalisierbar ist,
dass mittels der Magnetresonanzanlage (5) ein spezielles Volu-
men (26), welches das vorbestimmte Bildgebungsvolumen (30) zumin-
dest teilweise umfasst, ausbildbar ist, welches derart an den Zu-
fluss (24) angepasst ist, dass das spezielle Volumen (26) bei dem Zu-
fluss (24) einen Einschnitt in das spezielle Volumen (26) aufweist, durch
welchen zumindest ein Teilabschnitt des Zuflusses (24) von dem spe-
ziellen Volumen (26) ausgenommen ist,
dass die Magnetresonanzanlage (5) das spezielle Volumen (26) sättigt
oder invertiert,
dass die Magnetresonanzanlage (5) die Messsignale aus dem Bildge-
bungsvolumen (26) erfasst, und
dass die Magnetresonanzanlage (5) die MR-Bilder des Bildgebungsvo-
lumens (30) abhängig von den Messsignalen erstellt.

15. Computerprogrammprodukt, welches ein Programm umfasst
und direkt in einen Speicher einer programmierbaren Steuereinrich-
tung (10) einer Magnetresonanzanlage (5) ladbar ist, mit Programm-
Mitteln, um alle Schritte des Verfahrens nach einem der Ansprü-
- 5 -
che 1-12 auszuführen, wenn das Programm in der Steuereinrich-
tung (10) der Magnetresonanzanlage (5) ausgeführt wird.

16. Elektronisch lesbarer Datenträger mit darauf gespeicherten
elektronisch lesbaren Steuerinformationen, welche derart ausgestaltet
sind, dass sie bei Verwendung des Datenträgers (21) in einer Steuer-
einrichtung (10) einer Magnetresonanzanlage (5) das Verfahren nach
einem der Ansprüche 1-12 durchführen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde, die sich zuletzt noch gegen
die Zurückweisung der Anmeldung in der Fassung nach Hauptantrag vom
10. Februar 2012 richtet, hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Die Anmeldung betrifft das Gebiet der Magnetresonanz (MR)-Tomographie,
insbesondere die MR-Angiographie.

In der Erfindungsbeschreibung wird erläutert, dass es bei der ohne Kontrastmittel
arbeitenden MR-Angiographie bekannt sei, mit einem so genannten Spin-Labeling
(einer Markierung der Kernspins) zu arbeiten. Dazu werde in der Regel ein
schichtförmiges Volumen, d. h. ein in einer einzigen räumlichen Dimension be-
grenztes Volumen, welches die interessierenden Gefäße enthalte, mit Hilfe eines
schichtselektiven Inversionsbands markiert und bei Einsatz eines herkömmlichen
frequenzselektiven Hochfrequenz (HF)-Pulses zusammen mit einem konstanten
Magnetfeldgradienten angeregt. Die Messsignale würden nach einer Inversions-
zeit (TI, Inversion Time) erfasst und in MR-Angiographie-Bilder umgesetzt. Die
Spins innerhalb des Volumens ergäben idealerweise kein Signal oder zumindest
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nur ein schwaches Signal, während von außerhalb des Volumens in die Gefäße
einströmende Flüssigkeiten, z. B. Blut, eine im Vergleich hohe Signalstärke erzeu-
gen würden (Beschreibung, Seite 1a, Zeilen 7 bis 31).

Bei Patienten mit einer geringen Herzleistung oder bei Bereichen mit einem lang-
samen Blutfluss sei es jedoch schwierig, den interessierenden Gefäßbaum, insbe-
sondere bei einer kurzen Inversionszeit, ausreichend mit frischem ungesättigtem
einströmendem Blut zu füllen. Dadurch blieben diejenigen Teile des Gefäßbaums,
welche von dem frischen ungesättigten einströmenden Blut nicht erreicht werden,
nachteiligerweise in den entstehenden Bildern dunkel. Dasjenige Blut, welches
aus dem invertierten schichtförmigen Volumen in den Gefäßbaum einströme, er-
zeuge aufgrund der vorangegangenen Invertierung seiner Spins kein bzw. nahezu
kein Signal und verkürze damit die Länge des innerhalb der Bildern sichtbaren An-
teils des Gefäßbaums (Beschreibung, Seite 2, Zeilen 9 bis 21).

Um dieses Problem zu minimieren, werde beispielsweise nach dem Stand der
Technik die Grenzfläche der Inversionsschicht in der Richtung, aus welcher das
Blut einströme, möglichst dicht an den zu untersuchenden Gefäßbaum gelegt.
Dennoch sei das Problem insbesondere bei einer Untersuchung der Nierenarte-
rien mit Hilfe der MR-Angiographie, wobei das schichtförmige Inversionsvolumen
beide Nieren zu umfassen habe, bisweilen störend. Da beide Nieren in dem
schichtförmigen Inversionsvolumen lägen, trete zwangsläufig eine Situation auf,
dass eine erhebliche Menge des arteriellen Blutes in der Aorta quasi „verschwen-
det“ werde, da sich dieses Blut innerhalb des Inversionsvolumens befinde (Be-
schreibung, Seite 2, Zeilen 33 bis Seite 3, Zeile 9).

Während der Gefäßbaum 23 bei einem Patienten mit normaler Herzleistung zu-
mindest bei einer Inversionszeit von 1.500 ms deutlich sichtbar sei, könne dies bei
einem Patienten mit geringer Herzleistung nach dem Stand der Technik nicht der
Fall sein. Um die Sichtbarkeit möglichst des gesamten Gefäßbaums bis zu den
peripheren Verzweigungen auch bei Patienten mit einer geringen Herzleistung zu
- 7 -
gewährleisten, werde nach dem Stand der Technik neben der oben beschriebe-
nen Anordnung der Grenzfläche der Inversionsschicht möglichst dicht an dem zu
untersuchenden Gefäßbaum mit einer möglichst großen Inversionszeit gearbeitet.
Dieses Vorgehen weise aber Nachteile auf. Zum einen komme es auch bei langen
Inversionszeiten bei einer entsprechend geringen Herzleistung häufig vor, dass
zumindest die peripheren Verzweigungen auf den Bildern nicht sichtbar seien.
Darüber hinaus führe eine Verlängerung der Inversionszeit zwangsläufig zu einer
langen Pulssequenz-Wiederholungszeit (TR, Time to Repetition), um eine ausrei-
chende Eliminierung der Hintergrundsignale zu gewährleisten. Aber auch bei einer
sehr langen Wiederholungszeit (TR) könnten die Hintergrundsignale bei einer lan-
gen Inversionszeit nicht mehr optimal unterdrückt werden, so dass die Qualität der
erstellten Bilder leide (Beschreibung, Seite 4, Zeile 12 bis Seite 5, Zeile 4).

Daher sei es die Aufgabe der Erfindung, die Qualität von MR-Bildern, insbeson-
dere von MR-Angiographie-Bildern und insbesondere bei Patienten mit einer ge-
ringen Herzleistung, gegenüber dem Stand der Technik zu verbessern (Beschrei-
bung, Seite 5, Zeilen 6 bis 9).

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Anmeldung im Anspruch 1 ein Verfahren
mit folgenden Merkmalen vor.

Verfahren
M1 zur Erstellung von MR-Bildern eines vorbestimmten Bildge-
bungsvolumens (30) innerhalb eines Untersuchungsobjekts (O)
M2 mittels einer Magnetresonanzanlage (5),
folgende Schritte umfassend:
M3 Lokalisieren eines Zuflusses (24), welcher das Bildgebungso-
lumen (30) versorgt,
M4 Ausbilden eines speziellen Volumens (26), welches das vorbe-
stimmte Bildgebungsvolumen (30) zumindest teilweise umfasst
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M5 und welches derart an den Zufluss (24) angepasst wird, dass
das spezielle Volumen (26) bei dem Zufluss (24) eine Ausspa-
rung in dem speziellen Volumen (26) aufweist, durch welche zu-
mindest ein Teilabschnitt des Zuflusses (24) von dem speziellen
Volumen (26) ausgenommen wird,
M6 Sättigen oder Invertieren der Magnetisierung des speziellen Vo-
lumens (26) mittels der Magnetresonanzanlage (5),
M7 Erfassen von Messsignalen aus dem Bildgebungsvolumen (30),
und
M8 Erstellen der MR-Bilder des Bildgebungsvolumens (30) mittels
der Messsignale.

2. Vor diesem Hintergrund legt der Senat seiner Entscheidung als Fachmann
einen Diplom-Physiker mit mehrjähriger beruflicher Erfahrung bei der Entwicklung
von Magnetresonanzanlagen zu Grunde. Wenn es um die an eine Magnetreso-
nanzanlage zu stellenden technischen Anforderungen geht, orientiert sich der
Fachmann auch an den Vorgaben und Anforderungen aus der Praxis und berück-
sichtigt insbesondere die Erfahrungen und Wünsche von Radiologen, welche MR-
Angiographien durchführen.

3. Die erklärungsbedürftigen Angaben im Anspruch 1 versteht der Fachmann
wie folgt:

Das spezielle Volumen (26) (Merkmal M4) beinhaltet das Gewebe und die Ge-
websflüssigkeit (z. B. Blut) im Untersuchungsobjekt (O), deren Magnetisierung
invertiert oder gesättigt werden soll (vgl. Merkmal M6) und welche somit ein mög-
lichst schwaches Messsignal im Bildgebungsvolumen erzeugen. Hingegen erzeu-
gen von außerhalb des speziellen Volumens in das Bildgebungsvolumen einströ-
mende Flüssigkeiten eine im Vergleich hohe Signalstärke (vgl. Seite 1a, Zeilen 27
bis 31). Das spezielle Volumen (26) kann als Inversions- oder Sättigungsvolumen
bezeichnet werden. Die physikalischen Unterschiede zwischen Inversion und Sät-
- 9 -
tigung der Magnetisierung spielen für das Verfahren nach Anspruch 1 keine Rolle
(vgl. Anspruch 1, Merkmal M6). Nach den Ausführungen in der Beschreibungsein-
leitung ist das spezielle Volumen im Stand der Technik in der Regel ein schicht-
bzw. quaderförmiges Volumen. Aus geometrischer Sicht weise dieses schichtför-
mige Volumen zwei plane, ungekrümmte, zueinander parallele Ebenen als Grenz-
flächen auf (vgl. Seite 1a, Zeilen 13 bis 15 und Figur 2a).

Das spezielle Volumen (26) soll bei einem Zufluss (24) eine Aussparung in
dem speziellen Volumen (26) aufweisen, durch welche zumindest ein Teilab-
schnitt des Zuflusses (24) von dem speziellen Volumen (26) ausgenommen wird
(vgl. Merkmal M5).

Der Zufluss (24) ist im Anspruch 1 lediglich dadurch definiert, dass er das Bildge-
bungsvolumen versorgt (vgl. Merkmal M3). Der Fachmann versteht, dass der Zu-
fluss (24) das Gewebe im Bildgebungsvolumen mit Flüssigkeit (z. B. Blut) ver-
sorgt. In der Anmeldung wird dieser Zufluss in Verbindung gebracht mit

- dem arteriellen Blutzufluss (vgl. Seite 2, Zeile 31),
- insbesondere einem Abschnitt der Aorta 29 (vgl. Seite 3, Zeile 21),
- dem Ostium 25, d. h. der Stelle, an welcher der Gefäßbaum 23 der
Niere von der Aorta abzweigt (vgl. Seite 4, Zeile 7) und
- dem venösen Blutzufluss 33 (vgl. Seite 3, Zeile 35).

Den Begriff der Aussparung im Merkmal M5 des Anspruchs 1 wird der Fachmann
mangels Definition in der Anmeldung und insbesondere mangels Vorgaben im An-
spruch 1 zur Gestalt des speziellen Volumens 26 in seiner üblichen breiten Wort-
bedeutung verstehen: als Raum in einem Objekt, der für einen bestimmten Zweck
freigehalten wird. In der Beschreibungseinleitung ist zwar an einigen Stellen von
einem Einschnitt oder einer Aussparung die Rede (vgl. Seite 5, Zeile 38, Seite 6,
Zeilen 3 und 4) und in einem Ausführungsbeispiel von einem Trichter oder Graben
(vgl. Seite 11, Zeile 27). Diese Varianten können jedoch den Bedeutungsinhalt des
- 10 -
Begriffes „Aussparung“ im Anspruch 1 nicht beschränken, denn nach den Ausfüh-
rungen in der Beschreibungseinleitung soll das spezielle Volumen lediglich bei-
spielsweise (insbesondere) mit einer lokal konkaven Form, d. h. mit einer zumin-
dest an einer Stelle nach innen gekrümmten Begrenzung, ausgebildet sein
(Seite 11, Zeilen 22 bis 25). Bei Bildgebung im Bereich der Nierenarterien ist die
Anweisung im Merkmal M5 jedenfalls bereits dann erfüllt, falls das spezielle Volu-
men 26 zwar den Gefäßbaum 23 im Bereich der Nieren umfasst, der Bereich der
Aorta 24 bis oberhalb des Ostiums 25 jedoch frei bleibt (vgl. Figur 4a).


Figur 4a der Anmeldung mit Ergänzungen des Senats

4. Entgegen der Auffassung der Prüfungsstelle ist der Patentanspruch 1 ge-
mäß Hauptantrag vom 10. Februar 2012 zulässig.

In dem Anspruch ist angegeben, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden
soll (§ 34 Abs. 1 Nr. 3 und § 9 Abs. 4 PatV).

Die Angaben im Anspruch 1 erschöpfen sich weder in einer Umschreibung der ge-
stellten Aufgabe, die Qualität von MR-Bildern gegenüber dem Stand der Technik
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zu verbessern (vgl. Beschreibung, Seite 5, Zeilen 6 bis 9), noch ist es erforderlich,
dass der Anspruch 1 alle zur Ausführung der Erfindung notwendigen Angaben
enthält. Vielmehr genügt es, wenn dem Fachmann mit dem Anspruch ein generel-
les Lösungsschema an die Hand gegeben wird, und er insoweit notwendige Ein-
zelangaben der allgemeinen Beschreibung oder den Ausführungsbeispielen ent-
nehmen kann (BGH, Urteil vom 8. Juni 2010 – X ZR 71/08, juris, Tz. 39 und Orien-
tierungssatz 2).

5. Die Zurückweisung des Hauptantrags erweist sich jedoch aus einem ande-
ren Grund als im Ergebnis zutreffend.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag vom
10. Februar 2012 erweist sich nicht als patentfähig (§ 3 PatG).

Der vom Senat mit Ladungszusatz eingeführte Aufsatz

E8 Jeffrey H. Maki et al.: Steady-State Free Precession MRA of the
Renal Arteries: Breath-hold and Navigator-Gated Techniques vs.
CE-MRA. In: JOURNAL OF MAGNETIC RESONANCE IMAGING
26:966–973 (2007)

stellt einen geeigneten Ausgangspunkt für den Fachmann dar, welcher vor der
Aufgabe steht, die die Qualität von MR-Angiographien zu verbessern. Dieser Auf-
satz beschreibt eine Vergleichsstudie zur MR-Angiographie ohne Kontrastmittel
(„noncontrast Steady State Free Precession (SSFP) MR angiography (MRA)“) bei
Patienten mit einer Verengung der Nierenarterien (renal artery stenosis (RAS)),
vgl. Seite 966, linke Spalte, Abschnitt „Purpose“. Zwanzig Patienten wurden je-
weils drei Varianten der kontrastmittellosen („two breath-hold and one navigator-
gated SSFP MRA sequences“) und einer Variante der kontrastverstärkten MR-An-
giographie unterzogen („contrast-enhanced MRA (CE-MRA)“), vgl. Seite 966, linke
Spalte, Abschnitt „Material and Methods“.
- 12 -
Bei den kontrastmittellosen MR-Verfahren wurde ein wasserselektiver Sätti-
gungsimpuls eingesetzt („water-selective binomial excitation pulse“), um uner-
wünschte Signale von venösem Blut („to suppress IVC and renal venous signal“;
IVC = inferior vena cava, untere Hohlvene) und Fett zu eliminieren („to eliminate
signal from fat“). Die Sättigung der Magnetisierung erfolgte dabei in drei als Sätti-
gungsbänder („saturation bands“) bezeichneten räumlichen Bereichen unterhalb
und im Bereich der Nieren („saturation bands placed inferiorly and over the
kidneys“, vgl. Seite 967, rechte Spalte, erster Absatz, Zeilen 10 bis 15. Die Figur 1
des Aufsatzes E8 zeigt die Lage der Sättigungsbänder („shaded volumes
represent saturation bands“) und die Lage des Bildgebungsbereichs („imaging
slab (nonshaded volume)“). Zwei Sättigungsbänder lagen demnach im Bereich der
Nieren und das dritte Sättigungsband unterhalb des Bildgebungsbereichs. Der Be-
reich des Ursprungs der Nierenarterien („renal artery origins (arrows)“), also ein
Zufluss in der Sprache der Anmeldung, blieb frei und wurde nicht gesättigt.


Figur 1 aus dem Aufsatz E8 mit Ergänzungen des Senats

- 13 -
Somit offenbart der Aufsatz E8 dem Fachmann ein Verfahren zur Erstellung von
MR-Bildern (vgl. Seite 966, linke Spalte, zweiter Absatz: „SSFP MRA sequences“)
eines vorbestimmten Bildgebungsvolumens (vgl. Bildunterschrift Figur 1:
„… imaging slab (nonshaded volume)“) innerhalb eines Untersuchungsobjekts mit-
tels einer Magnetresonanzanlage (vgl. Seite 967, linke Spalte, zweiter Absatz:
„… on a Philips 1.5T Intera scanner …“). Das Verfahren umfasst das Lokalisieren
eines Zuflusses, welcher das Bildgebungsvolumen versorgt (vgl. Seite 967, linke
Spalte, zweiter Absatz: „The renal arteries were first localized …“). Die in Figur 1
ersichtlichen Sättigungsbänder bilden ein spezielles Volumen aus (vgl. Bildunter-
schrift Figur 1: „Shaded volumes represent saturation bands, …“), welches das
vorbestimmte Bildgebungsvolumen zumindest teilweise umfasst, denn die Sätti-
gungsbänder überlappen teilweise den Bildgebungsbereich (vgl. Figur 1). Das
spezielle Volumen ist derart an den Zufluss („renal artery origins“) angepasst, dass
das spezielle Volumen bei dem Zufluss eine Aussparung aufweist, durch welche
zumindest ein Teilabschnitt des Zuflusses von dem speziellen Volumen ausge-
nommen wird. Denn die in Figur 1 schattiert dargestellten Sättigungsbänder defi-
nieren ein Volumen mit einem freigehaltenen Bereich, in dem sich der in Figur 1
durch zwei Pfeile dargestellte Zufluss („renal artera origins“) befindet. Dieser frei-
gehaltene Bereich stellt eine Aussparung im Sinne der Anmeldung dar. Das Ver-
fahren aus dem Aufsatz E8 umfasst weiterhin das Sättigen der Magnetisierung
des speziellen Volumens mittels der Magnetresonanzanlage (vgl. Seite 967, rech-
te Spalte, erster Absatz: „All SSFP sequences used a water-selective binomial
excitation pulse to eliminate signal from fat and were performed with saturation
bands placed inferiorly and over the kidneys to suppress IVC and renal venous
signal …“), das Erfassen von Messsignalen aus dem Bildgebungsvolumen (Sei-
te 967, rechte Spalte, erster Absatz: „scans“) und das Erstellen der MR-Bilder des
Bildgebungsvolumens mittels der Messsignale (vgl. etwa das MR-Bild in Figur 2a).

Aus dem Aufsatz E8 ist somit ein Verfahren mit allen Merkmalen des Anspruchs 1
entnehmbar und der Gegenstand des Anspruchs 1 gilt gegenüber dem Stand der
Technik nach dem Aufsatz E8 nicht als neu.
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Die Einwände der Anmelderin haben aus den folgenden Gründen zu keiner ande-
ren Beurteilung geführt:

Die Anmelderin macht sinngemäß geltend, die aus dem Aufsatz E8 entnehmbaren
Sättigungsbänder würden drei separate (Teil-)Volumina bilden. Die Anweisung
aus dem Teilmerkmal M4 des Anspruchs 1, ein (einziges) spezielles Volumen aus-
zubilden, sei somit durch den Aufsatz E8 nicht vorweggenommen. Der Anspruch 1
enthält jedoch über die Vorgabe hinaus, eine Aussparung darin vorzusehen (vgl.
Merkmal M5), keinerlei Anweisungen zur Gestalt oder zum Vorgang der Ausbil-
dung des speziellen Volumens an sich. Insbesondere lässt der Anspruch 1 offen,
auf welche Art und Weise der Fachmann das spezielle Volumen ausbilden soll, ob
durch einen einzigen Sättigungsimpuls, etwa indem ein zeitlich variierender Gra-
dienten-Verlauf und zugehöriger HF-Puls-Verlauf berechnet wird, welcher dann
zur Sättigung oder Invertierung des speziellen Volumens eingesetzt wird (vgl. gel-
tende Beschreibung, Seite 11, Zeilen 8 bis 17), oder etwa durch mehrere unmittel-
bar aufeinanderfolgende Impulse, die in verschiedenen Raumbereichen jeweils ein
Teilvolumen ausbilden. Da die drei Sättigungsbänder sich gemäß Aufsatz E8 teil-
weise überlappen (vgl. E8, Figur 1), entsteht jedenfalls auch bei diesem Verfahren
ein zusammenhängender, einziger Raumbereich, das spezielle Volumen.

Die Anmelderin macht weiter sinngemäß geltend, das Verfahren aus dem Auf-
satz E8 erfülle nicht die Anweisung aus dem Teilmerkmal M5 des Anspruchs 1,
wonach eine Aussparung in dem speziellen Volumen vorhanden sein müsse, denn
jeder der nach dem Aufsatz E8 durch ein Sättigungsband geformten Raumberei-
che sei für sich allein betrachtet quaderförmig und weise keinerlei Aussparung
darin auf. Es trifft zu, dass die in Figur 1 des Aufsatzes E8 ersichtliche Aussparung
im Bereich der Nierenarterien erst durch die besondere Anordnung der drei Sätti-
gungsbänder entsteht. Mangels Vorgabe im Anspruch 1, durch welche (anderen)
technischen Maßnahmen die Aussparung mittels der Magnetresonanzanlage aus-
gebildet werden soll, kann dies jedoch keinen Unterschied zwischen dem bean-
spruchten Gegenstand und dem Verfahren aus dem Aufsatz E8 begründen.
- 15 -
Schließlich wendet die Anmelderin ein, der nach der Lehre aus dem Aufsatz E8 im
Bereich der Nierenarterien von den Sättigungsbändern freigehaltene Bereich (vgl.
Figur 1) sei keine Aussparung in Form eines Einschnitts, denn der freigehaltene
Bereich weise im Gegensatz zu einem Einschnitt einen flachen Boden auf. Dieser
Einwand greift aus den vorstehend zum Verständnis des Begriffes „Aussparung“
dargelegten Gründen nicht.

6. Hinsichtlich der dem Anspruch 1 nebengeordneten Ansprüche 13, 15 und
16 gelten die vorstehenden Gründe sinngemäß.

Somit war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen und es verbleibt bei
der von der Prüfungsstelle aufgrund des Hilfsantrags Nr. 2 beschlossenen Ertei-
lung des Patents Nummer 10 2010 027 312.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechts-
mittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).

Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde
nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgen-
den Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):

1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
- 16 -
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes ver-
treten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102
Abs. 1 PatG).

Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizier-
ten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in
die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3
Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Ver-
ordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und
Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf
der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeich-
neten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort
sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3
BGH/BPatGERVV).

Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102
Abs. 5 Satz 1 PatG).


Kleinschmidt Kirschneck Arnoldi Dr. Haupt

Ko



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