19 W (pat) 27/17  - 19. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




19 W (pat) 27/17
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend das Patent 10 2006 014 070

hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
20. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt,
der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Ing. J. Müller und
Dipl.-Phys. Dr. Haupt

beschlossen:

1. Das Einspruchs- und das Einspruchsbeschwerdeverfahren sind in
der Hauptsache erledigt.

2. Der angefochtene Beschluss der Patentabteilung 1.51 des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2012 über den
Widerruf des Patents 10 2006 014 070 ist wirkungslos.


G r ü n d e

I.

Auf den Einspruch der Einsprechenden hat die Patentabteilung 1.51 mit am Ende
der Anhörung am 4. Oktober 2012 verkündeten Beschluss das angegriffene
Patent 10 2006 014 070 widerrufen.

Gegen den Beschluss hat der Patentinhaber Beschwerde eingelegt.

Das angegriffene Patent ist infolge Nichtzahlung der Jahresgebühren am 1. Okto-
ber 2014 erloschen.
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Die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 15. April 2015 erklärt, dass sie kein
besonderes Rechtsschutzinteresse an der Fortführung des Einspruchsbeschwer-
deverfahrens geltend mache.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Es war festzustellen, dass das Einspruchs- und das Einspruchsbeschwerdeverfah-
ren in der Hauptsache erledigt sind und der angefochtene Beschluss der Patent-
abteilung wirkungslos ist.

Infolge der Nichtzahlung der 9. Jahresgebühr ist das mit Einspruch angegriffene
Patent gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 PatG i. V. m. § 7 Abs. 1 PatKostG mit Wirkung für
die Zukunft (ex nunc) ab dem 1. Oktober 2014 erloschen. Durch das Erlöschen
des Patents ex nunc haben sich das Einspruchsverfahren und das Einspruchsbe-
schwerdeverfahren insoweit, d. h. für die Zukunft, durch den Wegfall des Verfah-
rensgegenstandes in der Hauptsache erledigt. Nachdem die Einsprechende ein
besonderes Rechtsschutzbedürfnis an der Fortführung des Einspruchsbeschwer-
deverfahrens für die Vergangenheit vor dem Erlöschen des Patents ausdrücklich
nicht mehr geltend macht, ist der Einspruch nachträglich unzulässig geworden und
das Einspruchsverfahren infolge dessen in der Hauptsache – insgesamt – erledigt
(vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juni 2012, X ZB 4/11, GRUR 2012, 1071 – Son-
densystem; BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2000, I ZB 62/98, GRUR 2001, 337
– EASYPRESS). Unter Zugrundelegung eines weiten Erledigungsbegriffs, der die
Besonderheiten der Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und
des Beschwerdeverfahrens berücksichtigt und ausschließlich an das erledigende
Ereignis und nicht an Erledigungserklärungen der Beteiligten anknüpft (vgl. Engels
in Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., 2016, § 73 Rdn. 190), ist damit das Ein-
spruchsverfahren einschließlich des Beschwerdeverfahrens beendet und alle
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bereits ergangenen, noch nicht rechtskräftigen Entscheidungen sind in analoger
Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO ex tunc wirkungslos geworden (vgl.
BPatG, Beschluss vom 16. Juli 2015, 10 W (pat) 27/14; BPatG, Beschluss vom
27. Juli 2009, 21 W (pat) 301/08, BPatGE 51, 128 = GRUR 2010, 363 – Radaus-
wuchtmaschine; siehe auch Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., 2016, § 91a Rdn. 17
und 21; Zöller, ZPO, 31. Aufl., 2016, § 91a Rdn. 12).

Für eine neben der Erledigung der Hauptsache gesonderte Erledigung des durch
die Beschwerde des Patentinhabers eingeleiteten Beschwerdeverfahrens bzw. für
die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens mit dem Ziel eines feststellenden
Beschlusses über die Rechtsbeständigkeit des Patents für die Zeit vor seinem
Erlöschen, besteht nach Auffassung des Senats kein Raum mehr (abw. von
BPatG, Beschluss vom 20. Januar 2014, 8 W (pat) 16/10, Mitt. 2014, 282 – Säge-
blatt für das Metallschneiden). Zum einen hat sich mit der Erledigung der Haupt-
sache auch das Beschwerdeverfahren erledigt. Zum anderen ist infolge der Erledi-
gung der Hauptsache der Beschluss der Patentabteilung, mit dem das Patent mit
Wirkung ex tunc widerrufen wurde, wirkungslos geworden. Damit aber bleibt das
Patent für die Zeit vor seinem Erlöschen in Kraft, weshalb ein besonderes Rechts-
schutzbedürfnis des Patentinhabers an einer Entscheidung über den Bestand des
Patents für die Vergangenheit zu verneinen ist. Um insoweit den Interessen des
Patentinhabers an einer Klarstellung der Rechtslage Rechnung zu tragen, war
daher die Wirkungslosigkeit des mit der Beschwerde angefochtenen Beschlusses
der Patentabteilung von Amts wegen deklaratorisch auszusprechen (in analoger
Anwendung des § 269 Abs. 4 Satz 1 ZPO).


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechts-
mittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).

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Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde
nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgen-
den Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):

1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102
Abs. 1 PatG).

Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizier-
ten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in
die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3
Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Ver-
ordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespa-
tentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internet-
seite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten
Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind
auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3
BGH/BPatGERVV).

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Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102
Abs. 5 Satz 1 PatG).


Kleinschmidt Kirschneck J. Müller Dr. Haupt

Ko



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