19 W (pat) 26/17  - 19. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




19 W (pat) 26/17
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend das Patent 10 2006 061 003

hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
19. April 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt,
der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Ing. J. Müller und
Dipl.-Phys. Dr. Haupt

beschlossen:

1. Das Einspruchs- und das Einspruchsbeschwerdeverfahren
sind in der Hauptsache erledigt.

2. Der angefochtene Beschluss der Patentabteilung 1.51 des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. April 2012 über
die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents
10 2006 061 003 ist wirkungslos.

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G r ü n d e

I.

Auf den Einspruch der Einsprechenden hat die Patentabteilung 1.51 mit am Ende
der Anhörung am 26. April 2012 verkündeten Beschluss das angegriffene Patent
10 2006 061 003 beschränkt aufrechterhalten.

Gegen den Beschluss haben die Patentinhaber und die Einsprechende Be-
schwerde eingelegt.

Das angegriffene Patent ist infolge Nichtzahlung der Jahresgebühren am
1. Juli 2015 erloschen.

Die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 10. April 2017 erklärt, dass sie an
einem besonderen Rechtsschutzinteresse an der Fortführung des Einspruchsbe-
schwerdeverfahrens nicht mehr festhält.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Es war festzustellen, dass das Einspruchs- und das Einspruchsbeschwerdeverfah-
ren in der Hauptsache erledigt sind und der angefochtene Beschluss der Patent-
abteilung wirkungslos ist.

Infolge der Nichtzahlung der 9. Jahresgebühr ist das mit Einspruch angegriffene
Patent gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 PatG i. V. m. § 7 Abs. 1 PatKostG mit Wirkung für
die Zukunft (ex nunc) ab dem 1. Juli 2015 erloschen. Durch das Erlöschen des
Patents ex nunc haben sich das Einspruchsverfahren und das Einspruchsbe-
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schwerdeverfahren insoweit, d. h. für die Zukunft, durch den Wegfall des Verfah-
rensgegenstandes in der Hauptsache erledigt. Nachdem die Einsprechende an
dem besonderen Rechtsschutzbedürfnis an der Fortführung des Einspruchsbe-
schwerdeverfahrens für die Vergangenheit vor dem Erlöschen des Patents aus-
drücklich nicht mehr festhält, ist der Einspruch nachträglich unzulässig geworden
und das Einspruchsverfahren infolge dessen in der Hauptsache – insgesamt –
erledigt (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juni 2012, X ZB 4/11, GRUR 2012, 1071
– Sondensystem; BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2000, I ZB 62/98, GRUR
2001, 337 – EASYPRESS).

Unter Zugrundelegung eines weiten Erledigungsbegriffs, der die Besonderheiten
der Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und des Beschwerde-
verfahrens berücksichtigt und ausschließlich an das erledigende Ereignis und
nicht an Erledigungserklärungen der Beteiligten anknüpft (vgl. Engels in Busse/
Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., 2016, § 73 Rdn. 190), ist damit das Einspruchs-
verfahren einschließlich des Beschwerdeverfahrens beendet und alle bereits
ergangenen, noch nicht rechtskräftigen Entscheidungen sind in analoger Anwen-
dung des § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO ex tunc wirkungslos geworden (vgl. BPatG,
Beschluss vom 16. Juli 2015, 10 W (pat) 27/14; BPatG, Beschluss vom
27. Juli 2009, 21 W (pat) 301/08, BPatGE 51, 128 = GRUR 2010, 363 – Radaus-
wuchtmaschine; siehe auch Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., 2016, § 91a Rdn. 17
und 21; Zöller, ZPO, 31. Aufl., 2016, § 91a Rdn. 12).

Für eine neben der Erledigung der Hauptsache gesonderte Erledigung des Be-
schwerdeverfahrens bzw. für die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens mit dem
Ziel eines feststellenden Beschlusses über die Rechtsbeständigkeit des Patents
für die Zeit vor seinem Erlöschen, besteht nach Auffassung des Senats kein Raum
mehr (abw. von BPatG, Beschluss vom 20. Januar 2014, 8 W (pat) 16/10, Mitt.
2014, 282 – Sägeblatt für das Metallschneiden). Zum einen hat sich mit der
Erledigung der Hauptsache auch das Beschwerdeverfahren erledigt. Zum anderen
ist infolge der Erledigung der Hauptsache der Beschluss der Patentabteilung, mit
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dem das Patent mit Wirkung ex tunc nur in beschränktem Umfang aufrechter-
halten wurde, wirkungslos geworden. Damit aber bleibt das Patent für die Zeit vor
seinem Erlöschen in vollem Umfang in Kraft, weshalb ein besonderes Rechts-
schutzbedürfnis der Patentinhaber an einer Entscheidung über den Bestand des
Patents für die Vergangenheit zu verneinen ist. Um insoweit den Interessen der
Patentinhaber an einer Klarstellung der Rechtslage Rechnung zu tragen, war
daher die Wirkungslosigkeit des mit der Beschwerde angefochtenen Beschlusses
der Patentabteilung von Amts wegen deklaratorisch auszusprechen (in analoger
Anwendung des § 269 Abs. 4 Satz 1 ZPO).


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).

Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde
nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgen-
den Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):

1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.

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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102
Abs. 1 PatG).

Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizier-
ten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in
die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3
Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der
Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundes-
patentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Inter-
netseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten
Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind
auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3
BGH/BPatGERVV).

Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102
Abs. 5 Satz 1 PatG).



Kleinschmidt Kirschneck J. Müller Dr. Haupt


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