19 W (pat) 16/17  - 19. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



19 W (pat) 16/17
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
27. September 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache


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betreffend das Patent 10 2007 062 515

hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 27. September 2017 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der
Richter Dipl.-Ing. J. Müller und Dr.-Ing. Kapels

beschlossen:

Die Einsprechende I, die d… GmbH, wird aus dem
Beschwerdeverfahren verwiesen.

Die Beschwerde der Einsprechenden II wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

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G r ü n d e

I

Auf die am 20. Dezember 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt (i. W.
DPMA) eingegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten
Patents mit der Nummer 10 2007 062 515 am 26. Januar 2012 veröffentlicht
worden. Es trägt die Bezeichnung „Automatische Karusselltüranlage und Verfahren
zum Betrieb einer automatischen Karusselltüranlage“.

Gegen das Patent hat die Einsprechende I mit Schreiben vom 25. April 2012, beim
Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen am selben Tag, Einspruch erho-
ben mit der Begründung, der Gegenstand des Patents sei nicht neu oder beruhe
zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Des Weiteren hat die Einsprechende II gegen das Patent mit Schreiben vom
26. April 2012, beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen am selben
Tag, Einspruch erhoben mit der Begründung, dessen Gegenstand sei nicht aus-
reichend offenbart und weise darüber hinaus nicht die für eine Patenterteilung not-
wendige Neuheit bzw. Erfindungshöhe auf.

Mit am Ende der Anhörung am 29. Oktober 2015 verkündetem Beschluss hat die
Patentabteilung 1.33 das Patent mit Patentansprüchen 1 bis 11 gemäß Hilfsan-
trag 3 – überreicht in der Anhörung – beschränkt aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluss hat die Einsprechende II mit Schriftsatz vom
12. Januar 2016 Beschwerde eingelegt. Von der Einsprechenden I und der
Patentinhaberin sind keine Beschwerden eingegangen.

Die Einsprechende I macht mit Eingabe vom 22. September 2017 geltend, dass
sie, auch ohne selbst Beschwerde eingelegt zu haben, Beteiligte des Beschwer-
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deverfahrens sei. Da das Einspruchsverfahren mit Einlegung der Beschwerde
nicht beendet sei, könne die Einsprechende I ihre Stellung im Einspruchsverfahren
und ihre Verfahrensbeteiligung sowie Postulationsfähigkeit im Beschwerdeverfah-
ren nicht verloren haben. Andernfalls wären bei mehreren Einsprechenden fak-
tisch alle Einsprechenden gezwungen, Beschwerde einzulegen, um ihre Verfah-
rensbeteiligung im Beschwerdeverfahren zu sichern. Ein Rechtsschutzinteresse
zur Sicherung der Verfahrensstellung bestehe vor allem, weil die Patentinhaberin
im Beschwerdeverfahren von dem erstinstanzlich aufrechterhaltenen Schutzum-
fang jederzeit zu ihrem ursprünglichen Schutzumfang zurückkehren könne. Die
Nichtbeteiligung der ursprünglichen Einsprechenden am Beschwerdeverfahren
laufe der prozessualen und inhaltlichen Natur des Beschwerdeverfahrens zuwider
und widerspreche der Regelung des § 73 Abs. 2 Satz 3 PatG, wonach die Be-
schwerde und alle Schriftsätze, die Sachanträge oder die Erklärung der Zurück-
nahme der Beschwerde oder eines Antrags enthalten, den übrigen Beteiligten von
Amts wegen zuzustellen seien.

Die Einsprechende I beantragt schriftsätzlich (sinngemäß),

sie im Einspruchsbeschwerdeverfahren als postulationsberechtigte, ver-
fahrensbeteiligte Partei zuzulassen,

und erklärt hilfsweise die Einlegung der Anschlussbeschwerde.

Außerdem beantragt sie, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Die Einsprechende II beantragt,

den Beschluss der Patentabteilung 1.33 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 29. Oktober 2015 aufzuheben und das Pa-
tent 10 2007 062 515 in vollem Umfang zu widerrufen.

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Die Patentinhaberin beantragt,

die Beschwerde der Einsprechenden II zurückzuweisen,

hilfsweise das angegriffene Patent mit folgenden Unterlagen in weite-
rem Umfang beschränkt aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 1 vom 13. Septem-
ber 2017,

weiter hilfsweise,

Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 2 vom 13. Septem-
ber 2017,

Beschreibung und Zeichnungen zu den Hilfsanträgen jeweils wie erteilt.

Der von der Patentabteilung für bestandsfähig erachtete Patentanspruch 1 gemäß
dem damaligen Hilfsantrag 3 vom 29. Oktober 2015 lautet:

Automatische Karusselltüranlage mit mehreren um eine zentrale Dreh-
achse gemeinsam drehbar gelagerten Karusselltürflügeln,
mit einer Antriebseinrichtung zum Antrieb der Karusselltürflügel, und
mit einer Bremseinrichtung zur Abbremsung der Bewegung der Karus-
selltürflügel, und
mit einer Steuerungseinrichtung zur Ansteuerung der Antriebseinrich-
tung und der Bremseinrichtung, und
wobei die Steuerungseinrichtung so ausgebildet ist, dass eine Prüfung
der Bremseinrichtung durchführbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Bremseinrichtung (16) eine stufenlos verstellbare Bremskraft
aufweist,
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wobei die Steuerungseinrichtung (15) so ausgebildet ist, dass die Prü-
fung der Bremseinrichtung (16) während der Drehbewegung der Karus-
selltürflügel (2) durchführbar ist, wobei die Prüfung der Bremseinrich-
tung (16) folgende Schritte umfasst:
- Ansteuerung eines Antriebsmotors (9) der Antriebseinrichtung (6) auf
eine bestimmte Geschwindigkeit,
- Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen
Betriebszustand,
- Ansteuerung der Bremseinrichtung (16) auf eine relativ geringe
Bremskraft, z. B. 20% der Maximalbremskraft,
- Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Be-
triebszustand.

Der von der Patentabteilung für bestandsfähig erachtete Patentanspruch 9 gemäß
damaligem Hilfsantrag 3 vom 29. Oktober 2015 lautet:

Verfahren zum Betrieb einer automatischen Karusselltüranlage nach
dem Oberbegriff des Anspruchs 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die Bremskraft der Bremseinrich-
tung (16) stufenlos verstellbar ist,
wobei die Prüfung der Bremseinrichtung (16) folgende Schritte umfasst:
- Ansteuerung eines Antriebsmotors (9) der Antriebseinrichtung (6) auf
eine bestimmte Geschwindigkeit,
- Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Be-
triebszustand,
- Ansteuerung der Bremseinrichtung (16) auf eine relativ geringe
Bremskraft, z. B. 20% der Maximalbremskraft,
- Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Be-
triebszustand.

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Der Vortrag der beschwerdeführenden Einsprechenden II bezüglich der von ihr
bestrittenen Patentfähigkeit ist im Wesentlichen auf folgende Druckschriften ge-
stützt:

E2-7: DE 42 07 705 C1
E2-9: DE 100 62 228 A1.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin noch folgende Druck-
schriften überreicht:

E2-14 Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften
HVBG: Handlungsanleitung „Sicherheit von kraftbetätigten Ka-
russelltüren“, August 2005
E2-15 EP 1 223 290 A2.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der auf die Pa-
tentansprüche 1 oder 9 rückbezogenen Patentansprüche sowie zum Wortlaut der
Hilfsanträge 1 und 2 vom 13. September 2017 und zum weiteren im Verfahren
berücksichtigten Stand der Technik, wird auf die Akte verwiesen.


II.

Die Einsprechende I war mangels Beteiligung durch Beschluss aus dem Be-
schwerdeverfahren zu verweisen, das durch die Beschwerde der Einsprechen-
den II anhängig geworden ist.

1. Die Einsprechende I, die d… GmbH, die aus der form-
wechselnden Umwandlung der D… GmbH + Co. Kommanditgesellschaft in
die D… GmbH und durch spätere Umfirmierung hervorgegangen
ist, war allerdings soweit und solange an dem Beschwerdeverfahren zu beteiligen
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und ihr Gehör zu geben, als über die Frage ihrer Beteiligung an dem Beschwerde-
verfahren zu entscheiden war (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2011,
I ZB 98/10, GRUR 2012, 315 – akustilon; BGH, Urteil vom 11. April 1957,
VII ZR 280/56, BGHZ 24, 91; jeweils zum Streit über die Parteifähigkeit einer Par-
tei). Diese Frage war jedoch zu verneinen. Eine Beteiligung der Einsprechenden I
an dem Einspruchsbeschwerdeverfahren lässt sich nach Auffassung des Senats
unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründen.

2. Die Einsprechende I ist keine übrige Beteiligte des Beschwerdeverfahrens
gemäß § 73 Abs. 2 Satz 3 PatG. Nach einhelliger Auffassung in der Rechtspre-
chung und Literatur sind Beteiligte im Einspruchsbeschwerdeverfahren i. d. S. nur
diejenigen Beteiligten des Einspruchsverfahrens vor dem DPMA, die Beschwerde
eingelegt haben (§ 74 Abs. 1 PatG), sowie die ihnen gegenüberstehenden Betei-
ligten. Hat demnach der Patentinhaber Beschwerde eingelegt, ist er Beteiligter des
Beschwerdeverfahrens sowie sämtliche Einsprechenden als ihm gegenüber-
stehende Beteiligte. Waren am Einspruchsverfahren vor dem Patentamt mehrere
– nicht in Rechtsgemeinschaft stehende – Einsprechende beteiligt und hat der
Patentinhaber keine Beschwerde eingelegt, sind außer dem allen Einsprechenden
gegenüberstehenden Patentinhaber nur diejenigen Einsprechenden am Be-
schwerdeverfahren beteiligt, die selbst Beschwerde eingelegt haben (vgl.
Schulte/Moufang, PatG, 10. Auflage, § 59 Rdn. 143; Schulte/Püschel, a. a. O.,
§ 73 Rdn. 95 und 102; Engels in Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Auflage, § 74
Rdn. 31 und 36; Benkard/Schäfers/Schwarz, PatG, 11. Auflage, § 74 Rdn. 33;
Kubis in Fitzner/Lutz/Bodewig, PatKomm, 4. Auflage, PatG § 74 Rdn. 10; BPatG,
Beschluss vom 2. Dezember 1970, 18 W (pat) 6/70, BPatGE 12, 153; BPatG, Be-
schluss vom 2. Oktober 1970, 7 W (pat) 54/69, BPatGE 12, 158; BPatG, Be-
schluss vom 29. April 1971, 12 W (pat) 133/69, BPatGE 12, 163). Das bedeutet im
vorliegenden Fall, in dem die Patentinhaberin keine Beschwerde und nur die Ein-
sprechende II Beschwerde eingelegt hat, dass Beteiligte des Einspruchsbe-
schwerdeverfahrens die Einsprechende II und die ihr gegenüberstehende Patent-
inhaberin sind, nicht jedoch die Einsprechende I, die selbst keine Beschwerde
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eingelegt hat und ersichtlich mit der Einsprechenden II in keiner Rechtsgemein-
schaft steht. Sie ist auch keine der Einsprechenden II gegenüberstehende Betei-
ligte. Die Verfahrensstellung eines Einsprechenden ist von der eines anderen Ein-
sprechenden unabhängig (Schulte/Moufang, a. a. O., § 59 Rdn. 138).

3. Entgegen der Auffassung der Einsprechenden I stellt das Einspruchsverfah-
ren vor dem Patentamt und das Einspruchsbeschwerdeverfahren vor dem Bun-
despatentgericht auch keine Einheit in dem Sinn dar, dass alle Beteiligten des
Verfahrens vor dem Patentamt automatisch an dem Beschwerdeverfahren zu be-
teiligen wären. Zwar ist das Einspruchsverfahren vor dem DPMA ein einheitliches
Verfahren, an dem der Patentinhaber und sämtliche Einsprechenden gemeinsam
beteiligt sind (vgl. Schulte/Moufang, a. a. O., § 59 Rdn. 138; DPMA Einspruchs-
richtlinien vom 18. Januar 2007, Nr. 3.4 und 4.3 Abs. 2, BlPMZ 2007, 49, 52, 54).
Das Einspruchsverfahren vor dem DPMA und das Einspruchsbeschwerdeverfah-
ren vor dem Bundespatentgericht (i. W. BPatG) unterscheiden sich aber sowohl
hinsichtlich ihrer prozessualen Ausgestaltung als auch ihres Verfahrensgegen-
standes. Das Einspruchsverfahren vor dem DPMA hat verwaltungsrechtlichen
Charakter. Es wird durch den zulässigen Einspruch eines Einsprechenden in Lauf
gesetzt, kann von ihm aber nicht durch Prozesserklärung beendet werden, son-
dern wird auch im Fall der Zurücknahme des Einspruchs von Amts wegen fortge-
setzt (§ 61 Abs. 1 Satz 2 PatG). Das Verfahren unterliegt nicht der alleinigen Ver-
fügungsbefugnis des Patentinhabers und des Einsprechenden. So ist das Patent-
amt nicht an die von dem Einsprechenden vorgebrachten Widerrufsgründe ge-
bunden, sondern befugt, von Amts wegen weitere Widerrufsgründe zu prüfen.
Demgegenüber ist die Beschwerde zum BPatG ein echtes Rechtsmittel; mit ihr
wird eine zweite – jetzt gerichtliche – Tatsacheninstanz eröffnet. Durch die Be-
schwerde wird der angefochtene Beschluss dem BPatG nur im Umfang des erst-
instanzlichen Streitgegenstandes zur Überprüfung unterbreitet. Anders als das
DPMA hat das BPatG keine Verfügungsbefugnis über das Beschwerdeverfahren.
Über dessen Gegenstand bestimmt der Beschwerdeführer durch seine Anträge.
Der Prüfungsumfang des Beschwerdeverfahrens und des Einspruchsverfahrens
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vor dem DPMA müssen sich daher nicht decken (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom
10. Januar 1995, X ZB 11/92, GRUR 1995, 333 – Aluminium-Trihydroxid; BGH,
Beschluss vom 8. November 2016, X ZB 1/16, GRUR 2017, 54 – Ventileinrich-
tung). Diese unterschiedliche Ausgestaltung des Einspruchsverfahrens vor dem
DPMA und des Beschwerdeverfahrens vor dem BPatG gibt keine Veranlassung,
alle Beteiligten des DPMA-Verfahrens von Amts wegen auch an dem Beschwer-
deverfahren zu beteiligen. Nach der gesetzlichen Regelung von § 73 Abs. 1 und
§ 74 Abs. 1 PatG, wonach gegen Beschlüsse der Patentabteilungen die Be-
schwerde stattfindet, die den am Verfahren vor dem Patentamt Beteiligten zusteht,
liegt es allein in der Hand jedes Beteiligten, ob er gegen die das Einspruchsverfah-
ren vor dem DPMA abschließende Entscheidung der Patentabteilung Beschwerde
einlegt und damit Beteiligter des Einspruchsbeschwerdeverfahrens wird. Anders
als dies in Art. 107 Satz 2 EPÜ vorgesehen ist, enthält das Patentgesetz keine
Bestimmung, wonach Beteiligte des erstinstanzlichen Einspruchsverfahrens, auch
ohne selbst Beschwerdeführer oder -gegner zu sein, am Beschwerdeverfahren
beteiligt sind.

4. Ferner ist eine Beteiligung der Einsprechenden I als notwendige Streitge-
nossin der Einsprechenden II im Einspruchsverfahren vor dem DPMA in entspre-
chender Anwendung des § 62 ZPO zu verneinen, die dazu führen würde, dass die
Einsprechende I, ohne selbst Beschwerde eingelegt zu haben, in dem Beschwer-
deverfahren entsprechend § 62 Abs. 2 ZPO zuzuziehen wäre.

Nach der Rechtsprechung des BPatG sind mehrere Einsprechende keine notwen-
digen Streitgenossen (vgl. BPatGE 12, 153; BPatGE 12, 158; BPatGE 12, 163). In
den noch zu dem Patentgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom
2. Januar 1968 ergangenen Entscheidungen wird dies im Wesentlichen damit be-
gründet, dass mehrere Einsprechende, jedenfalls wenn sie keine Rechtsgemein-
schaft bilden, schon nicht ein der einfachen Streitgenossenschaft (§§ 59, 60 ZPO)
ähnliches Rechtsverhältnis begründen und deshalb auch keine notwendigen
Streitgenossen sind. Das Einspruchsverfahren sei im Gegensatz zum Patentnich-
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tigkeitsverfahren kein echtes Streitverfahren und ein Einsprechender sei keine
Partei, sondern habe als Beteiligter in einem dreiseitigen Verfahren nur eine par-
teiähnliche Stellung. Es fehlten auch die weiteren Voraussetzungen der zivilpro-
zessualen Streitgenossenschaft. Mehrere Einsprechende würden hinsichtlich des
Streitgegenstandes, der Patentanmeldung, in keiner Rechtsgemeinschaft stehen
und seien nicht aus demselben tatsächlichen oder rechtlichen Grund gegenüber
dem Anmelder berechtigt oder verpflichtet. Auch beträfen nicht gleichartige An-
sprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand ihres Einspruchs. Das jedem Drit-
ten durch § 32 PatG (a. F.) zugestandene Recht, gegen eine Patenterteilung ein-
zusprechen, schaffe weder eine Berechtigung noch einen Anspruch gegenüber
dem Anmelder. Die mit der Bekanntmachung der Anmeldung eintretende vorläu-
fige Schutzwirkung der Patentanmeldung bedeute für sich noch keine Verpflich-
tung gerade der Einsprechenden im Verhältnis zum Anmelder. Die Kommentarlite-
ratur schließt sich der Rechtspraxis überwiegend an, zum Teil allerdings unter
Äußerung von Kritik (vgl. Schulte/Moufang, a. a. O., § 59 Rdn. 138; kritisch:
Engels in Busse/Keukenschrijver, a. a. O., § 59 Rdn. 214, Benkard/Schäfers/
Schwarz, a. a. O., § 74 Rdn. 33 und van Hees/Braitmayer, Verfahrensrecht in
Patentsachen, 4. Auflage, Rdn. 553 ff.; diese Frage nicht kommentiert von
Schneckenbühl in Fitzner/Lutz/Bodewig, a. a. O., PatG § 59 Rdn. 70 und § 74
Rdn. 10). Hauptsächlich wird gegen die h. M. vorgebracht, dass die Entscheidung
im Einspruchsverfahren vor dem DPMA und im Beschwerdeverfahren über die
– beschränkte – Aufrechterhaltung oder den Widerruf des Patents für und gegen
alle Dritte und auch gegen alle Einsprechende wirke, und daher dogmatisch einer
– prozessrechtlich – notwendigen Streitgenossenschaft ähnlich bzw. näherkom-
mend sei. Dem vermag sich der Senat letztendlich nicht anzuschließen, wenn-
gleich einige Aspekte durchaus für eine analoge Anwendung des § 62 ZPO im
Verhältnis von mehreren Einsprechenden sprechen könnten.

Grundsätzlich ist zu bedenken, dass für die Verfahren vor dem DPMA eine dem
§ 99 Abs. 1 PatG vergleichbare Bestimmung über eine entsprechende Anwen-
dung der Zivilprozessordnung im Patentgesetz nicht existiert. Gleichwohl werden
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in der Rechtsprechung verschiedentlich ZPO-Vorschriften auch in patentamtlichen
Verfahren in entsprechender Anwendung herangezogen, wenn die Besonderhei-
ten der Verfahren dies nicht ausschließen (vgl. z. B. BGH, Beschluss vom
17. April 2007, X ZB 41/03, GRUR 2008, 87 – Patentinhaberwechsel im Ein-
spruchsverfahren, zur entspr. Anwendung von § 265 Abs. 2 und § 66 Abs. 2 ZPO).
Die in den oben genannten Entscheidungen des BPatG (BPatGE 12, 153;
BPatGE 12, 158; BPatGE 12, 163) gegen die Annahme zivilprozessualer Streitge-
nossenschaft mehrerer Einsprechender aufgeführten Besonderheiten des – nach
damaliger Gesetzeslage der Patenterteilung vorgeschalteten – Einspruchsverfah-
rens gelten auch weiterhin. Denn mit dem nach aktueller Gesetzeslage der Ertei-
lung nachgeschalteten Einspruchsverfahren ist keine substanzielle Änderung sei-
nes verwaltungsrechtlichen Charakters (vgl. BGH, a. a. O. – Aluminium-Trihydro-
xid) sowie der nur quasi parteiähnlichen Beteiligtenstellung der Einsprechenden
(vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 1993, X ZB 12/92, II 3b dd, GRUR 1996,
42 – Lichtfleck) verbunden. Insbesondere widersprechen auch der im Einspruchs-
verfahren vor dem DPMA ausgeprägte, im Vordergrund stehende Amtsermitt-
lungsgrundsatz und die im Gesetz vorgesehene Unabhängigkeit des Verfahrens
von einer fortbestehenden Beteiligung des Einsprechenden (§ 61 Abs. 1 Satz 2
PatG), einer Anwendung der auf den Parteiprozess und den Beibringungsgrund-
satz zugeschnittenen zivilprozessualen Streitgenossenschaft auf eine Mehrzahl
von Einsprechenden.

Dem steht nicht entgegen, dass das BPatG mehrere Anmelder oder Patentinhaber
in entsprechender Anwendung des § 62 ZPO als notwendige Streitgenossen an-
sieht (vgl. BPatG, Beschluss vom 30. November 1978, 31 W (pat) 47/75,
BPatGE 21, 212; BPatG, Beschluss vom 17. Dezember 1998, 19 W (pat) 44/98,
GRUR 1999, 702 – Verstellvorrichtung; Schulte/Moufang, a. a. O., § 34 Rdn. 16
und § 59 Rdn. 136). Dies liegt ausnahmsweise darin begründet, dass die mehre-
ren – nicht gesellschaftsrechtlich verbundenen – Anmelder oder Patentinhaber
eine Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) bilden und ihnen das Recht an der
verfahrensgegenständlichen Anmeldung bzw. dem Patent nur gemeinschaftlich
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zusteht. Sie können nur gemeinschaftlich darüber verfügen und in Bezug auf die
Anmeldung oder das Patent keine sich widersprechenden Anträge stellen. Eine
Entscheidung über die Anmeldung oder den Bestand des Patents kann ihnen ge-
genüber nur einheitlich ergehen. Demgegenüber sind mehrere Einsprechende
nicht in gleicher Weise prozessual und materiellrechtlich mit dem Verfahrensge-
genstand verbunden. Diese sind vielmehr voneinander unabhängig und können
unterschiedliche, auch sich widersprechende Anträge stellen.

Nicht auf das Einspruchsverfahren im Verhältnis von mehreren Einsprechenden
übertragbar erachtet der Senat des Weiteren die Rechtsprechung zum Nichtig-
keitsverfahren, wonach mehrere Kläger, die gemeinsam Nichtigkeitsklage mit glei-
chem Antrag und Klagegrund erhoben haben, oder deren Klageverfahren zum
Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbundenen wurden,
notwendige Streitgenossen gemäß § 62 ZPO sind (vgl. BGH, Beschluss vom
27. Oktober 2015, X ZR 11/13, GRUR 2016, 361 – Fugenband; BPatG, Urteil vom
26. Juni 1991, 2 Ni 34/90, BPatGE 32, 204; Schulte/Voit, PatG, a. a. O., § 81
Rdn. 9). Zwar bestehen gewisse Ähnlichkeiten insoweit als die notwendige Streit-
genossenschaft der mehreren Nichtigkeitskläger auch damit begründet wird, dass
die durch Gestaltungsurteil ergehende Entscheidung über die Nichtigerklärung
eines Patents einheitlich ergehen muss, da das klagestattgebende Nichtigkeitsur-
teil Wirkungen gegenüber jeden Kläger entfaltet sowie darüber hinaus eine voll-
ständige oder teilweise Nichtigerklärung des Patents gemäß § 22 Abs. 2, § 21
Abs. 3 PatG Gestaltungswirkung gegenüber jedermann dahingehend hat, dass die
Wirkungen des Patents in dem Umfang der Nichtigerklärung als von Anfang nicht
eingetreten gelten (vgl. BGH, a. a. O. – Fugenband). Auch die Entscheidung im
Einspruchsverfahren über den Widerruf oder die beschränkte Aufrechterhaltung
eines Patents gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 PatG kann nur einheitlich ergehen und
entfaltet Wirkung gegenüber allen Einsprechenden; ebenso hat der – ex tunk –
Widerruf des Patents oder seine beschränkte Aufrechterhaltung nach § 21 Abs. 3
PatG Gestaltungswirkung gegenüber jedermann. Dem stehen jedoch der unter-
schiedliche Charakter der Verfahren sowie die unterschiedliche Stellung der Nich-
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tigkeitskläger und der Einsprechenden entgegen. Das Nichtigkeitsverfahren ist ein
echtes gerichtliches Klageverfahren mit Parteien, das von dem Antragsgrundsatz
beherrscht wird. Das Gericht ist nicht befugt, von sich aus neue Nichtigkeitsgründe
einzuführen. Nimmt der Kläger seine Klage zurück, wird das Klageverfahren nicht
von Amts wegen fortgesetzt. Demgegenüber hat das Einspruchsverfahren vor
dem DPMA, wie oben dargelegt, verwaltungsrechtlichen Charakter; ist es durch
einen zulässigen Einspruch eingeleitet worden, wird das Verfahren unabhängig
von der weiteren Beteiligung des Einsprechenden von Amts wegen fortgesetzt,
wobei das DPMA nicht an die von dem Einsprechenden geltend gemachten Wi-
derrufsgründe gebunden ist. Allein die Gestaltungswirkung des Beschlusses der
Patentabteilung vermag daher die notwendige Streitgenossenschaft mehrerer Ein-
sprechender nicht zu begründen.

Schließlich kann das von der Einsprechenden I sowie vereinzelt von kritischen
Stimmen aus der Literatur (vgl. Engels in Busse/Keukenschrijver, a. a. O., § 59
Rdn. 214; van Hees/Braitmayer, a. a. O., Rdn. 557) vorgebrachte Argument einer
möglichen Verschlechterung der Rechtsposition des nicht beschwerdeführenden
Einsprechenden bei seiner Nichtbeteiligung am Beschwerdeverfahren nicht die
entsprechende Anwendung der zivilprozessualen Bestimmung über die notwen-
dige Streitgenossenschaft rechtfertigen. Ein etwaiger Rechtsnachteil ist ohnehin
beschränkt auf Fallgestaltungen wie der vorliegenden, in denen das von mehreren
Einsprechenden angegriffene Patent durch Beschluss der Patentabteilung be-
schränkt aufrechterhalten wurde, wogegen der Patentinhaber keine Beschwerde
und auf Seiten der Einsprechenden zumindest ein Einsprechender Beschwerde
und zumindest ein Einsprechender keine Beschwerde eingelegt hat. Legt dann der
Patentinhaber Anschlussbeschwerde ein, besteht die Möglichkeit des Erlasses
einer Beschwerdeentscheidung, die eine im Vergleich zu dem angefochtenen Be-
schluss weitergehenden Aufrechterhaltung des Patents ausspricht. In allen ande-
ren Fallgestaltungen, sind entweder alle Einsprechenden am Beschwerdeverfah-
ren beteiligt, das ist wenn der Patentinhaber Beschwerde eingelegt hat, oder eine
Verböserung des Beschlusses zu Ungunsten eines nicht Beschwerde einlegenden
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Einsprechenden kann nicht eintreten, das ist wenn das Patent von der Patentab-
teilung im erteilten Umfang aufrechterhalten worden ist. Eine Verböserung der
Entscheidung der Patentabteilung infolge einer Anschlussbeschwerde des Pa-
tentinhabers dürfte allerdings eher theoretischer Natur sein, da der beschwerde-
führende Einsprechende, dem ebenfalls nicht an einer Beschwerdeentscheidung
zu seinen Ungunsten gelegen sein wird, eine solche in der Regel durch Rück-
nahme seiner Beschwerde und dem damit verbundenen Wegfall der Wirkung der
Anschlussbeschwerde (§ 567 Abs. 3 Satz 2 ZPO i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG) ver-
hindern wird. Vor diesem Hintergrund kann der geltend gemachte Rechtsnachteil,
der dem nicht beschwerdeführenden Einsprechenden durch seine Nichtbeteiligung
am Beschwerdeverfahren u. U. entstehen kann, hingenommen werden, zumal es
jedem Einsprechenden zur Rechtsverfolgung freisteht, in besagten Fallkonstellati-
onen selbst Beschwerde einzulegen. Dies ist insbesondere von einem Einspre-
chenden zu erwarten, der seinen Einspruch auf den Widerrufsgrund der wider-
rechtlichen Entnahme nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG stützt, der nur von ihm als
Verletztem geltend gemacht werden kann (§ 59 Abs. 1 Satz 1 PatG).

5. Ferner kommt eine Zulassung der Einsprechende I als Nebenintervenientin
entsprechend §§ 66 ff. ZPO i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG zur Unterstützung der Ein-
sprechenden II nicht in Betracht. Abgesehen von der Frage, ob die zivilprozessu-
alen Vorschriften der Nebenintervention im Einspruchsbeschwerdeverfahren vor
dem BPatG zur Unterstützung des beschwerdeführenden Einsprechenden durch
einen nichtbeschwerdeführenden Einsprechenden Anwendung finden, fehlt es
vorliegend schon an einer dahingehenden Beitrittserklärung der Einsprechenden I
gemäß § 70 ZPO. Der Schriftsatz der Einsprechenden I vom 22. September 2017
kann nicht als Erklärung des Beitritts gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausgelegt
werden, da sie darin nicht den Beitritt auf Seiten der Einsprechenden II zu deren
Unterstützung zum Ausdruck bringt, sondern begehrt, (selbst) als postulationsbe-
rechtigte Partei zugelassen zu werden. Im Übrigen fehlt auch die bestimmte An-
gabe eines – rechtlichen – Interesses der Einsprechende I als Nebenintervenientin
(§ 66 Abs. 1, § 70 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Das allgemeine Interesse am Widerruf eines
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nicht patentfähigen Patents kann hierfür nicht genügen, vielmehr wäre ein eigenes
rechtliches Interesse am Erfolg der Beschwerde der Einsprechenden II anzugeben
(vgl. Benkard/Hall/Nobbe, a. a. O., § 81 Rdn. 14-15 zur Nebenintervention im Pa-
tentnichtigkeitsverfahren; BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011, I ZB 63/09,
GRUR 2011, 557 – Parallelverwendung).

6. Nachdem die Einsprechende I, wie dargelegt, in keiner Form an dem Be-
schwerdeverfahren beteiligt ist, sie insbesondere keine der beschwerdeführenden
Einsprechenden II gegenüberstehende Beteiligte ist, geht die von ihr hilfsweise
Einlegung der Anschlussbeschwerde (entspr. § 567 Abs. 3 Satz 1 ZPO i. v. m.
§ 99 Abs. 1 PatG) ins Leere und ist als gegenstandslos zu betrachten.


III.

1. Die Beschwerde der Einsprechenden II ist statthaft und auch sonst zulässig
(§ 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 PatG, § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG).

2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, sie war vielmehr als unbegründet zu-
rückzuweisen.

2.1 Hintergrund der Erfindung ist die Notwendigkeit, Karusselltüren im Notfall,
dazu gehört auch ein Spannungsausfall, sicher zum Stillstand bringen zu können.
Hierzu ist in der Druckschrift E2-14 ausgeführt, dass die Bewegung von Karus-
selltüren so schnell gestoppt werden muss, dass Personenschäden ausgeschlos-
sen sind. Deshalb sind Sicherheitsbremsen vorgesehen, die beispielsweise elek-
tromagnetisch gegen die Kraft von mechanischen Federn offen gehalten werden.
Kommt ein Bremsbefehl oder fällt die Spannung aus, wird die Bremse durch die
Federn geschlossen. Eine Einstellung der Bremskraft ist dabei üblicherweise nicht
vorgesehen.

- 17 -

Damit das geforderte Schutzziel immer erreichbar ist, sind gemäß Druck-
schrift E2-14, Seiten 17 bis 23 regelmäßige Sicherheitschecks durchzuführen.
Damit verbunden ist bei den in der Druckschrift E2-14 vorgeschlagenen Prüfun-
gen, dass die Türanlage vorüber nicht regulär benutzbar ist, sondern gesperrt wer-
den muss.

2.2 Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Karusselltüranlage
derart weiterzuentwickeln, dass eine Überprüfung der Bremseinrichtung ohne Be-
hinderung der Drehbewegung der Karusselltürflügel möglich ist (Absatz 0004 der
Streitpatentschrift).

2.3 Die Lösung dieses Problems obliegt nach Erkenntnis des Senats einem
Diplomingenieur (FH) oder Bachelor der Fachrichtung Elektrotechnik mit Berufser-
fahrung in der Entwicklung von Steuerschaltungen für elektromotorisch angetrie-
bene Türanlagen.

2.4 Die Lösung besteht in den Maßnahmen gemäß den Patentansprüchen 1
oder 9, die sich wie folgt gliedern lassen:

Patentanspruch 1:

A Automatische Karusselltüranlage mit mehreren um eine zen-
trale Drehachse gemeinsam drehbar gelagerten Karusselltür-
flügeln,

B mit einer Antriebseinrichtung zum Antrieb der Karusselltürflügel,
und

C mit einer Bremseinrichtung zur Abbremsung der Bewegung der
Karusselltürflügel, und

- 18 -

D mit einer Steuerungseinrichtung zur Ansteuerung der Antriebs-
einrichtung und der Bremseinrichtung, und

D1 wobei die Steuerungseinrichtung so ausgebildet ist, dass eine
Prüfung der Bremseinrichtung durchführbar ist,

dadurch gekennzeichnet,

E dass die Bremseinrichtung eine stufenlos verstellbare Brems-
kraft aufweist,

F wobei die Steuerungseinrichtung so ausgebildet ist, dass die
Prüfung der Bremseinrichtung während der Drehbewegung der
Karusselltürflügel durchführbar ist,

FA9 wobei die Prüfung der Bremseinrichtung (16) folgende Schritte
umfasst:
G1 - Ansteuerung eines Antriebsmotors (9) der Antriebsein-
richtung (6) auf eine bestimmte Geschwindigkeit,
G2 - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6)
für diesen Betriebszustand,
G3 - Ansteuerung der Bremseinrichtung (16) auf eine relativ
geringe Bremskraft, z. B. 20% der Maximalbremskraft,
G4 - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6)
für diesen Betriebszustand.

Patentanspruch 9:

AA9 Verfahren zum Betrieb einer automatischen Karusselltüranlage
nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1,

- 19 -

dadurch gekennzeichnet, dass

EA9 die Bremskraft der Bremseinrichtung (16) stufenlos verstellbar
ist,

FA9 wobei die Prüfung der Bremseinrichtung (16) folgende Schritte
umfasst:
G1 - Ansteuerung eines Antriebsmotors (9) der Antriebsein-
richtung (6) auf eine bestimmte Geschwindigkeit,
G2 - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6)
für diesen Betriebszustand,
G3 - Ansteuerung der Bremseinrichtung (16) auf eine relativ
geringe Bremskraft, z. B. 20% der Maximalbremskraft,
G4 - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6)
für diesen Betriebszustand.

3. Der Gegenstand des von der Patentinhaberin vorrangig verteidigten Patent-
anspruchs 1 gilt als neu und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend:

3.1 Die Druckschrift DE 42 07 705 C1 (E2-7) offenbart im Hinblick auf die Erfin-
dung nicht mehr als eine

A Automatische Karusselltüranlage mit mehreren um eine zen-
trale Drehachse gemeinsam drehbar gelagerten Karusselltürflü-
geln (Patentanspruch 1),

B mit einer Antriebseinrichtung 2 zum Antrieb der Karusselltür-
flügel (Spalte 5, Zeile 45), und

C mit einer Bremseinrichtung zur Abbremsung der Bewegung der
Karusselltürflügel (Spalte 5, Zeilen 65-68), und
- 20 -

D mit einer Steuerungseinrichtung 5 zur Ansteuerung der An-
triebseinrichtung und der Bremseinrichtung (Spalte 1, Zeilen 62
bis 67; Figur 2 i. V. m. Spalte 6, Zeile 60 bis Spalte 8, Zeile 65),
und

D1 wobei die Steuerungseinrichtung so ausgebildet ist, dass eine
Prüfung der Bremseinrichtung durchführbar ist (Spalte 8, Zei-
len 6-13; 21 bis 23).

In der Druckschrift E2-7 ist zwar noch erwähnt, dass überprüft wird, ob die Bremse
eingelegt ist (Spalte 8, Zeilen 11-13) und auch, dass dem Betreiber mitgeteilt wird,
wenn ein Fehler im Bereich der Bremse eingetreten ist.
Daher ist die Aussage berechtigt, dass auch das Merkmal F durch die Entgegen-
haltung E2-7 vorweggenommen ist,

F wobei die Steuerungseinrichtung so ausgebildet ist, dass die
Prüfung der Bremseinrichtung während der Drehbewegung der
Karusselltürflügel durchführbar ist.

Der Fachmann entnimmt der Druckschrift E2-7 jedoch nicht, dass die Bremskraft
der dortigen Bremseinrichtung verstellbar sein könnte. Vielmehr wird die Drehzahl
des Antriebsmotors über einen Frequenzumrichter geregelt (Spalte 1, Zeilen 30
bis 34). Falls die damit erreichbare Verzögerung nicht ausreicht, kommen die zu-
sätzlichen Bremselemente zum Einsatz (Spalte 1, Zeilen 62 bis 67). Dabei denkt
der Fachmann nach Überzeugung des Senats an eine Notbremsung („innerhalb
kürzester Zeit“), so dass kein Anlass erkennbar ist, die Bremskraft stufenlos zu
verstellen.

- 21 -

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 schon durch das
Merkmal

E dass die Bremseinrichtung eine stufenlos verstellbare Brems-
kraft aufweist.

Außerdem ist der Druckschrift E2-7 nichts darüber zu entnehmen, wie Fehler in
der Bremse erkannt werden und im Übrigen auch nicht, wie überprüft wird, ob die
Bremse eingelegt ist. So dass auch die Merkmale

FA9 wobei die Prüfung der Bremseinrichtung (16) folgende Schritte um-
fasst:
G1 - Ansteuerung eines Antriebsmotors (9) der Antriebsein-
richtung (6) auf eine bestimmte Geschwindigkeit,
G2 - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6)
für diesen Betriebszustand,
G3 - Ansteuerung der Bremseinrichtung (16) auf eine relativ
geringe Bremskraft, z. B. 20% der Maximalbremskraft,
G4 - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6)
für diesen Betriebszustand,

dieser Druckschrift nicht zu entnehmen sind.

3.2 Auch den weiteren von der Einsprechenden II in Bezug genommenen
Druckschriften kann der Fachmann keine Anregung entnehmen, die ihn zu einer
Vorgehensweise entsprechend den Merkmalen G1 bis G4 führen würde.

Insbesondere ist aus der Druckschrift DE 100 62 228 A (E2-9) zwar ein Verfahren
zum Überprüfen einer Bremseinrichtung während des Betriebs eines Motors be-
kannt, wobei ähnliche Anforderungen gestellt sind wie bei einer Karusselltür (Ab-
sätze 0001 und 0002).
- 22 -

Hierbei wird entsprechend den Merkmalen G1, G2 sowie G4 vorgegangen (Ab-
satz 0016, Patentansprüche 1-2), anders als in Merkmal G3 angegeben wird dabei
nicht mit einer relativ geringen Bremskraft gebremst, sondern mit voller Brems-
kraft, wenn auch nur für einen kurzen, begrenzten Zeitraum (Absätze 0015-0017;
Patentansprüche 1-3).

Daher gelangte der Fachmann für Türsteuerungen nicht zum Gegenstand des Pa-
tentanspruchs 1, selbst wenn er das Verfahren gemäß der Druckschrift E2-9 bei
der aus der Druckschrift E2-7 bekannten Karusselltüranlage angewandt hätte.

3.3 Die von der beschwerdeführenden Einsprechenden vorgetragene Ausle-
gung der Druckschrift E2-9, wonach durch die in Spalte 4, Zeilen 21 bis 24 er-
wähnte Reduzierung der Bremslösespannung auch der Verfahrensschritt gemäß
Merkmal G3 vorweggenommen sei, beruht nach Erkenntnis des Senats auf einer
rückschauenden Betrachtung in Kenntnis der Erfindung.

So ist aus der Druckschrift E2-9 kein Anlass erkennbar, aus dem der Fachmann in
Betracht gezogen hätte, zusätzlich zu der in dem dortigen Patentanspruch 1 be-
anspruchten Vorgehensweise die Bremse dadurch zu prüfen, dass sie für kurze
Zeit zum Einfallen gebracht wird, dies zusätzlich oder alternativ mit reduzierter
Bremskraft zu tun.
Außerdem ist zu der in Rede stehende Aussage die Wirkung genannt, dass die
Bremse einfällt. Letzteres versteht der Fachmann nicht anders, als dass die
Bremse ihre ganze Wirkung entfaltet. Folglich versteht der Fachmann unter der
Reduzierung der Lösespannung, deren Verringerung bis zu einem Zustand, in
dem das Feld eines Permanentmagneten nicht mehr kompensiert wird und die
Bremse durch Federkraft geöffnet wird (siehe auch Spalte 2, Zeilen 49 bis 51).
Selbst wenn die Bremslösespannung nicht vollständig auf Null reduziert würde,
hätte das im Übrigen nicht zur Folge, dass gezielt mit einer relativ geringen
Bremskraft gebremst würde, vielmehr verbände der Fachmann mit dieser Überle-
gung allenfalls die Wirkung, dass sich die Bremse mit verringerter Geschwindigkeit
- 23 -

lösen würde, nicht aber, dass sich mit wachsendem Abstand der Bremsscheibe
vom Haltemagneten ein Gleichgewicht einstellen könnte, das mit einer einstellba-
ren reduzierter Bremskraft gleichzusetzen wäre.

3.4 Daher wäre der Fachmann auch ausgehend von der Druckschrift E2-9
nicht zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gelangt. Selbst wenn der
Fachmann nach möglichen Verwendungen für das Verfahren zum Prüfen der
Bremse eines Elektromotors Umschau gehalten und dabei auch Antriebe von Ka-
russelltüren bzw. die dazugehörenden Bremsen in Betracht gezogen hätte, hätte
es keinen Anlass gegeben, von dem Verfahren gemäß Druckschrift E2-9 abzuge-
hen, nach dem im drehzahlgeregelten Betrieb die Bremse jeweils für kurze Zeit
zum Einfallen gebracht wird und statt dessen eine Bremseinrichtung mit einer
stufenlos verstellbaren Bremskraft vorzusehen, damit die Bremseinrichtung derart
angesteuert werden kann, dass sie nur mit einer relativ geringen Bremskraft wirkt.

3.5 Die weiteren zwischenzeitlich von den Einsprechenden dem Streitge-
genstand entgegengehaltenen Druckschriften liegen noch weiter von diesem ab,
als die Druckschrift E2-7 oder E2-9. Auch die Beschwerdeführerin hat in der
mündlichen Verhandlung nichts anderes geltend gemacht.

3.6 Für den nebengeordneten Verfahrensanspruch 9 gelten die vorstehen-
den Ausführungen zum Patentanspruch 1 gleichermaßen.

4. Somit war die Beschwerde der Einsprechenden II zurückzuweisen.


IV.

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG zuzulassen hinsicht-
lich der Frage der Beteiligung eines nicht beschwerdeführenden Einsprechenden
an einem Einspruchsbeschwerdeverfahren gegen einen das verfahrensgegen-
- 24 -

ständliche Patent beschränkt aufrechterhaltenden Beschluss der Patentabteilung
des DPMA, in dem mindestens ein weiterer Einsprechenden, nicht jedoch der
Patentinhaber Beschwerde eingelegt hat. Diese Rechtsfrage erachtet der Senat
als von grundsätzlicher Bedeutung, da sie in einer Vielzahl von Fällen relevant
werden kann, die vorherrschende Rechtsprechung des Bundespatentgerichts in
der Literatur kritisch diskutiert wird und höchstrichterlich noch keine Entscheidung
hierzu ergangen ist. Die Klärung der Verfahrensbeteiligung stellt einen abgrenzba-
ren Verfahrensteil des Einspruchsbeschwerdeverfahrens dar, auf den die Zulas-
sung der Rechtsbeschwerde begrenzt werden kann.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde
zu, soweit der Beschwerdesenat sie in dem Beschluss zugelassen hat (§ 99 Abs. 2, § 100
Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).

Soweit der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde
nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nach-
folgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3
PatG):

1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung
des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis
der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat.

- 25 -

5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt
worden sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102
Abs. 1 PatG).

Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizier-
ten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in
die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3
Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Ver-
ordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespa-
tentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internet-
seite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten
Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind
auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3
BGH/BPatGERVV).

Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102
Abs. 5 Satz 1 PatG).


Kleinschmidt Kirschneck J. Müller Dr. Kapels

Ko



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