19 W (pat) 12/16  - 19. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



19 W (pat) 12/16
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
13. Februar 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2015 210 445.1






hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2017 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der
Richter Dipl.-Ing. J. Müller und Dr.-Ing. Kapels

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der
Prüfungsstelle für Klasse H 01 F des Deutschen Patent- und
- 2 -
Markenamts vom 8. April 2016 aufgehoben und die Sache an das
Deutsche Patent- und Markenamt zur weiteren Bearbeitung ge-
mäß 2. Hilfsantrag zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurück-
gewiesen.


G r ü n d e

I.

Die Patentanmeldung 10 2015 210 445.1 mit der Bezeichnung „Ladeeinrichtung
zum induktiven Laden eines Energiespeichers eines Kraftfahrzeugs“ ist am
8. Juni 2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.

Das Deutsche Patent- und Markenamt – Prüfungsstelle für Klasse H 01 F – hat die
Anmeldung mit Beschluss vom 8. April 2016 mit der Begründung zurückgewiesen,
alle Merkmale des Gegenstands des zu diesem Zeitpunkt geltenden Patentan-
spruchs 1 seien aus der Druckschrift 1 (DE 10 201 108 543 A9) bekannt.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom
19. April 2016.

Sie beantragt in der mündlichen Verhandlung,

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 01 F des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 8. April 2016 aufzuheben und
- 3 -
das nachgesuchte Patent aufgrund folgender Unterlagen zu ertei-
len:

Patentansprüche 1 bis 12 vom 29. Februar 2016,
Beschreibung, Seiten 1 bis 19, und
6 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 21, jeweils vom Anmeldetag
8. Juni 2015,

hilfsweise,

Patentansprüche 1 bis 10 gemäß 1. Hilfsantrag, überreicht in der
mündlichen Verhandlung am 13. Februar 2017,

weiter hilfsweise,

Patentansprüche 1 bis 6 gemäß 2. Hilfsantrag, überreicht in der
mündlichen Verhandlung am 13. Februar 2017,

1. und 2. Hilfsantrag mit noch anzupassender Beschreibung,

Zeichnungen zu den Hilfsanträgen wie Hauptantrag,

sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 12 vom 29. Februar 2016 gemäß
Hauptantrag haben folgenden Wortlaut:

1. Ladeeinrichtung (1) zum induktiven Laden eines Energiespeichers
eines Kraftfahrzeugs (2), mit wenigstens einem Spulenelement (3,
5) zum induktiven Übertragen von elektrischer Energie, und mit
wenigstens einer mit dem Spulenelement (3, 5) elektrisch verbun-
- 4 -
denen Leitung (12, 16) zum Übertragen der elektrischen Energie,
wobei das Spulenelement (3, 5) relativ zu einer Basis (4) beweg-
bar ist und die Ladeeinrichtung (1) ein an der Basis (4) festleg-
bares Grundelement (29, 48) aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
an dem Grundelement (29, 48) die an dem Spulenelement (3, 5)
befestigte und mit dem Spulenelement (3, 5) relativ zu der Basis
(4) und dem Grundelement (29, 48) mit bewegbare Leitung (12,
16) befestigt ist, wobei eine Führungseinrichtung (41, 55) vorge-
sehen ist, mittels welcher die Leitung (12, 16) von dem Grundele-
ment (29, 48) zum Spulenelement (3, 5) geführt ist, wobei die Lei-
tung (12, 16) mittels der Führungseinrichtung (41, 55) abgeschirmt
ist.

12. Kraftfahrzeug (2) mit einer Ladeeinrichtung (1) nach einem der
vorhergehenden Ansprüche.

Der Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag lautet:

1. Kraftfahrzeug (2) mit einer Ladeeinrichtung (1) zum induktiven La-
den eines Energiespeichers des Kraftfahrzeugs (2), mit wenigs-
tens einem Sekundärspule (5) zum induktiven Übertragen von
elektrischer Energie, und mit wenigstens einer mit der Sekundär-
spule (5) elektrisch verbundenen Leitung (12) zum Übertragen der
elektrischen Energie,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Sekundärspule (5) relativ zur Karosserie des Kraftfahrzeugs
(2) bewegbar gehalten ist und wobei die Ladeeinrichtung (1) ein
an der Karosserie des Kraftfahrzeugs (2) festlegbares Grundele-
ment aufweist, an welchem die an der Sekundärspule (5) befes-
tigte und mit der Sekundärspule (5) relativ zur Karosserie des
- 5 -
Kraftfahrzeugs und dem Grundelement bewegbare Leitung (12)
befestigt ist, wobei eine Führungseinrichtung (41) vorgesehen ist,
mittels welcher die Leitung (12) von dem Grundelement zur
Sekundärspule (5) geführt ist.

Der Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag lautet:

1. Kraftfahrzeug (2) mit einer Ladeeinrichtung (1) zum induktiven La-
den eines Energiespeichers des Kraftfahrzeugs (2), mit wenigs-
tens einem Sekundärspule (5) zum induktiven Übertragen von
elektrischer Energie, und mit wenigstens einer mit der Sekundär-
spule (5) elektrisch verbundenen Leitung (12) zum Übertragen der
elektrischen Energie,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Sekundärspule (5) relativ zur Karosserie des Kraftfahrzeugs
(2) bewegbar gehalten ist und wobei die Ladeeinrichtung (1) ein
an der Karosserie des Kraftfahrzeugs (2) festlegbares Grundele-
ment aufweist, an welchem die Sekundärspule verschwenkbar
gehalten und an welchem die an der Sekundärspule (5) befestigte
und mit der Sekundärspule (5) relativ zur Karosserie des Kraft-
fahrzeugs und dem Grundelement bewegbare Leitung (12) befes-
tigt ist, wobei eine Führungseinrichtung (41) vorgesehen ist, mit-
tels welcher die Leitung (12) von dem Grundelement zur Sekun-
därspule (5) geführt ist, wobei die Führungseinrichtung (41) einen
Führungskanal (42) aufweist, in welcher die Leitung (12) zumin-
dest teilweise aufgenommen ist, wobei der Führungskanal (42)
jeweils teilweise durch wenigstens zwei eigensteife Führungsteile
(29, 31) der Führungseinrichtung (41) begrenzt ist, welche beim
Bewegen der Sekundärspule (5) teleskopisch relativ zueinander
verschwenkbar sind, wobei eines der Führungsteile (29, 31) das
- 6 -
Grundelement und das andere Führungsteil (31) mit der Sekun-
därspule (5) mit bewegbar ist.

Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt wurden folgen-
de Druckschriften entgegengehalten:

D1 DE 10 2011 108 543 A9
D2 DE 10 2013 022 349 A1.

Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung wurde der Anmelderin mit gerichtli-
chem Hinweis vom 10. Januar 2017 mitgeteilt, dass der Senat für die Beurteilung
der Patentfähigkeit voraussichtlich auch die folgenden Druckschriften berücksich-
tigen würde:

D3 US 5 306 999 A
D4 EP 0 788 212 A2.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.


II.

1. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat insoweit Erfolg,
dass sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverwei-
sung der Anmeldung zur weiteren Behandlung – auf der Grundlage der in der
mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche gemäß 2. Hilfsantrag – an
das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nummer 1 und 3
PatG führt. Im Übrigen, soweit die Anmelderin die Erteilung eines Patents gemäß
Hauptantrag und 1. Hilfsantrag begehrt, war die Beschwerde zurückzuweisen.

- 7 -
2. Die Anmeldung betrifft eine Ladeeinrichtung zum induktiven Laden eines
Energiespeichers eines Kraftfahrzeugs, insbesondere eines Personenkraftfahr-
zeugs (vgl. Beschreibungsseite 1, erster Absatz).
Hierzu umfasst die Ladeeinrichtung wenigstens ein Spulenelement zum induktiven
Übertragen der elektrischen Energie. Das Spulenelement ist beispielsweise eine
sogenannte Primärspule, welche üblicherweise an einer vom Kraftfahrzeug unter-
schiedlichen, ortsfesten Ladestation angeordnet ist. Üblicherweise umfasst die
Ladeeinrichtung wenigstens ein zweites Spulenelement in Form einer Sekundär-
spule, welche Bestandteil des Kraftfahrzeugs, insbesondere der Karosserie ist.
Zum Aufladen des Energiespeichers wird elektrische Energie von der Primärspule
berührungslos auf die Sekundärspule übertragen (vgl. Beschreibungsseite 1, letz-
ter Absatz).
Die Ladeeinrichtung umfasst ferner wenigstens eine mit dem Spulenelement
elektrisch verbundene Leitung zum Übertragen der elektrischen Energie. Auf Sei-
ten des Kraftfahrzeugs ist die Sekundärspule beispielsweise über eine physische
Leitung mit dem Energiespeicher elektrisch verbunden. Auf Seiten der Ladestation
ist die Primärspule beispielsweise über wenigstens eine Leitung mit einer Energie-
quelle verbunden, welche elektrische Energie bereitstellt. Bei dieser Energiequelle
handelt es sich beispielsweise um ein Stromnetz (vgl. Beschreibungsseite 2,
erster und zweiter Absatz).

Ausgehend davon liege der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Ladeeinrich-
tung der eingangs genannten Art zu verbessern (vgl. Beschreibungsseite 2, dritter
Absatz).

3. Als Fachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrich-
tung Elektrotechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von Lade-
einrichtungen für Kraftfahrzeuge an.

4. Die gestellte Aufgabe soll durch den Gegenstand des Patentanspruchs 1
gemäß Hauptantrag gelöst werden, der sich wie folgt gliedern lässt:
- 8 -

M1 Ladeeinrichtung (1) zum induktiven Laden eines Energiespei-
chers eines Kraftfahrzeugs (2), mit
M1.1 wenigstens einem Spulenelement (3, 5) zum induktiven Über-
tragen von elektrischer Energie, und mit
M1.1.1 wenigstens einer mit dem Spulenelement (3, 5) elektrisch ver-
bundenen Leitung (12, 16) zum Übertragen der elektrischen
Energie,
M1.1.2 wobei das Spulenelement (3, 5) relativ zu einer Basis (4)
bewegbar ist und
M1.2 die Ladeeinrichtung (1) ein an der Basis (4) festlegbares
Grundelement (29, 48) aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
M1.2.1 an dem Grundelement (29, 48) die an dem Spulenelement (3,
5) befestigte und mit dem Spulenelement (3, 5) relativ zu der
Basis (4) und dem Grundelement (29, 48) mit bewegbare Lei-
tung (12, 16) befestigt ist,
M1.3 wobei eine Führungseinrichtung (41, 55) vorgesehen ist,
M1.3.1 mittels welcher die Leitung (12, 16) von dem Grundele-
ment (29, 48) zum Spulenelement (3, 5) geführt ist,
M1.3.2 wobei die Leitung (12, 16) mittels der Führungseinrich-
tung (41, 55) abgeschirmt ist.

Der Anspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag lautet unter Korrektur der Grammatik in
gegliederter Fassung:

M12 Kraftfahrzeug (2) mit
M1’ einer Ladeeinrichtung (1) zum induktiven Laden eines Ener-
giespeichers des Kraftfahrzeugs (2), mit
M1.1’ wenigstens einem Sekundärspule (5) zum induktiven Übertra-
gen von elektrischer Energie, und mit
- 9 -
M1.1.1’ wenigstens einer mit der Sekundärspule (5) elektrisch verbun-
denen Leitung (12) zum Übertragen der elektrischen Energie,
dadurch gekennzeichnet, dass
M1.1.2’ die Sekundärspule (5) relativ zur Karosserie des Kraftfahr-
zeugs (2) bewegbar gehalten ist, und wobei
M1.2’ die Ladeeinrichtung (1) ein an der Karosserie des Kraftfahr-
zeugs (2) festlegbares Grundelement aufweist,
M1.2.1’ an welchem die an der Sekundärspule (5) befestigte und mit
der Sekundärspule (5) relativ zur Karosserie des Kraftfahr-
zeugs und dem Grundelement bewegbare Leitung (12) befes-
tigt ist,
M1.3 wobei eine Führungseinrichtung (41) vorgesehen ist,
M1.3.1’ mittels welcher die Leitung (12) von dem Grundelement zur
Sekundärspule (5) geführt ist.

Der Anspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag entspricht dem Anspruch 1 des 1. Hilfsan-
trags unter Ersetzung des Merkmals M1.2.1’ gegen M1.2.1’’ und unter Anfügen
der Merkmale M1.4 bis M1.4.2:

M1.2.1’’ an welchem die Sekundärspule (5) verschwenkbar gehalten
und an welchem die an der Sekundärspule (5) befestigte und
mit der Sekundärspule (5) relativ zur Karosserie des Kraftfahr-
zeugs und dem Grundelement bewegbare Leitung (12) befes-
tigt ist,
M1.4 wobei die Führungseinrichtung (41) einen Führungskanal (42)
aufweist, in welcher die Leitung (12) zumindest teilweise auf-
genommen ist,
M1.4.1 wobei der Führungskanal (42) jeweils teilweise durch wenigs-
tens zwei eigensteife Führungsteile (29, 31) der Führungsein-
richtung (41) begrenzt ist, welche beim Bewegen der Sekun-
- 10 -
därspule (5) teleskopisch relativ zueinander verschwenkbar
sind,
M1.4.2 wobei eines der Führungsteile (29, 31) das Grundelement und
das andere Führungsteil (31) mit der Sekundärspule (5) mit
bewegbar ist.

5. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung:

Der Zweckangabe „zum induktiven Laden eines Energiespeichers eines Kraft-
fahrzeugs (2)“ im Merkmal M1 des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag entnimmt der
Fachmann nur die Eignung der Ladeeinrichtung zum induktiven Laden eines Ener-
giespeichers eines Kraftfahrzeugs. Der Energiespeicher und das Kraftfahrzeug
sind somit nicht Teil dieser Ladeeinrichtung.

Unter einer Basis (Merkmal M1.1.2) wird in der Patentanmeldung beispielsweise
der Aufbau eines Kraftfahrzeugs, insbesondere die Karosserie beziehungsweise
ein Karosseriebauteil, oder ein Boden oder ein Untergrund einer ortsfesten Lade-
station verstanden (vgl. Beschreibungsseite 2, letzter Absatz).

Bei dem Grundelement (Merkmal 1.2) handelt es sich im Sinne der Anmeldung um
ein Mittel mit dem die elektrische Leitung an bzw. mit der Basis mechanisch ver-
bunden ist.

Unter einer Abschirmung (Merkmal M1.3.2) wird in der Patentanmeldung verstan-
den, dass die Leitung vor elektrischen und/oder magnetischen Feldern geschützt
ist. Als Beispiele werden eine Aluminium-Beschichtung und ein Drahtgeflecht ge-
nannt (vgl. Beschreibungsseite 6, zweiter Absatz).

Der Führungskanal ist gemäß Merkmal M1.4.1 jeweils teilweise durch wenigstens
zwei eigensteife Führungsteile der Führungseinrichtung begrenzt, welche beim
Bewegen der Sekundärspule teleskopisch relativ zueinander verschwenkbar sind.
- 11 -
In der Patentanmeldung wird unter teleskopisch verschwenkbar verstanden, dass
eines der Führungsteile beim relativen Verschwenken zu dem anderen Führungs-
teil um eine gemeinsame Achse in dieses geschoben wird und dabei das eine
Führungsteil zumindest teilweise von dem anderen aufgenommen wird (vgl.
Beschreibungsseite 14, letzter Absatz, Seite 15, erster Absatz i. V. m. Figuren 10,
11).

6. a) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags
basiert auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1, 3 und 11 und geht somit
in zulässiger Weise auf die ursprünglich eingereichten Unterlagen zurück.

b) Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag beruht für den Fach-
mann in Kenntnis von Druckschrift D1 und Druckschrift D3 nicht auf einer erfinde-
rischen Tätigkeit (§ 4 PatG).

Druckschrift DE 10 2011 108 543 A9 (D1) – vgl. Figuren 3 sowie 4 – offenbart eine

M1 Ladeeinrichtung 12 zum induktiven Laden eines Energiespei-
chers eines Kraftfahrzeugs (Absätze 0009, 0027: „für ein Fahr-
zeug, das einen ladbaren, elektrischen Energiespeicher …
zum induktiven Empfangen von Energie aufweist“), mit
M1.1 wenigstens einem Spulenelement 11 zum induktiven Übertra-
gen von elektrischer Energie (Absätze 0009, 0027: „zur induk-
tiven Übertragung von Energie“),
M1.1.1 wenigstens einer mit dem Spulenelement 11 elektrisch ver-
bundenen Leitung zum Übertragen der elektrischen Energie
(mangels anderweitiger Angaben liest der Fachmann mit, dass
die Primärspule mit einer elektrischen Leitung verbunden ist.),
M1.1.2 wobei das Spulenelement 11 relativ zu einer Basis 15 beweg-
bar ist (Absätze 0009, 0028) und
- 12 -
M1.2 die Ladeeinrichtung 12 ein an der Basis 15 festlegbares
Grundelement (Absatz 0009: zweite Befestigungseinrichtung)
aufweist, wobei
M1.2.1 an dem Grundelement (zweite Befestigungseinrichtung) die an
dem Spulenelement 11 befestigte und mit dem Spulenele-
ment 11 relativ zu der Basis 15 und dem Grundelement (zwei-
te Befestigungseinrichtung) mit bewegbare Leitung befestigt
ist (Absatz 0009; Die Leitung muss selbstverständlich sowohl
mit der Basis als auch mit der Primärspule mechanisch ver-
bunden sein),
M1.3 wobei eine Führungseinrichtung 14 vorgesehen (Absät-
ze 0009, 0028).

Davon unterscheidet sich die Ladeeinrichtung gemäß Patentanspruch 1 nach
Hauptantrag lediglich durch die Merkmale, dass

M1.3.1 mittels der Führungseinrichtung die Leitung (12, 16) von dem
Grundelement (29, 48) zum Spulenelement (3, 5) geführt ist,
M1.3.2 wobei die Leitung (12, 16) mittels der Führungseinrich-
tung (41, 55) abgeschirmt ist.

Da es bei den in Rede stehenden Ladevorrichtungen, insbesondere bei induktiver
Übertragung üblich ist, mit Frequenzen im kHz-Bereich zu arbeiten (so auch Be-
schreibungsseite 6, Absatz 2), ist es unumgänglich die Leitung mit einer elektro-
magnetischen Abschirmung zu versehen. Dabei ist dem Fachmann gleicherma-
ßen geläufig, die Abschirmung direkt in den Mantel der Leitung einzuarbeiten (so
auch Beschreibungsseite 3, Absatz 3) oder eine separate abschirmende Umhül-
lung vorzusehen.

Letzteres ist beispielsweise gemäß Druckschrift US 5 306 999 A (D3) vorgesehen,
welche wie die Anmeldung die Ausgestaltung einer Ladeeinrichtung für Elektro-
- 13 -
fahrzeuge betrifft (Spalte 5, Zeile 51 und Figur 5). Diese umfasst eine Führungs-
einrichtung („support arm 140“), in der elektrische Leitungen („electrical cables
114“) geführt sind. Zum Schutz vor Funkfrequenzstörungen, elektromagnetischer
Interferenz und extrem niederfrequenten magnetischen Feldern, sind die Leitun-
gen mittels der Führungseinrichtung abgeschirmt (Spalte 6, Zeilen 34 bis 36:
„Support arm 140 also shields cables 114 from RFI, EMI and extra low frequency
magnetic fields (ELF).“).

Somit stellt es keine Besonderheit dar, die gemäß Druckschrift D1 ohnehin vor-
handene Führungseinrichtung 14 entsprechend dem durch die Druckschrift D3
gegebenen Vorbild nicht nur als Trägerarm für die Primärspule zu verwenden son-
dern zugleich in dieser die elektrische Zuleitung abgeschirmt zu führen.

Der Fachmann entscheidet sich vielmehr unter Abwägung der jeweiligen Vor- und
Nachteile für einen Mantel mit eingearbeiteter Schirmung oder für einen schirmen-
den Führungskanal, ohne dass er dabei erfinderisch tätig werden muss.

Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.

7. a) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des 1. Hilfsantrags
basiert auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1, 3, 12 und 14 und geht
somit in zulässiger Weise auf die ursprünglich eingereichten Unterlagen zurück.

b) Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß 1. Hilfsantrag beruht für den
Fachmann in Kenntnis von Druckschrift EP 0 788 212 A2 (D4) – vgl. insbesondere
Figur 27 – nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).

M12 Kraftfahrzeug („vehicle“ E) mit
M1’ einer Ladeeinrichtung („charging system 11“) zum induktiven
(„inducing“) Laden eines Energiespeichers („battery 21“) des
- 14 -
Kraftfahrzeugs E, (Spalte 1, Zeilen 41 bis 48, Spalte 17, Zei-
len 26 bis 30) mit
M1.1’ wenigstens einer Sekundärspule („secondary coil 20“) zum
induktiven Übertragen von elektrischer Energie (Spalte 17,
Zeilen 26 bis 30: „for inducing a current“)
M1.1.1’ wenigstens einer mit der Sekundärspule 20 elektrisch verbun-
denen Leitung zum Übertragen der elektrischen Energie (man-
gels anderweitiger Angaben liest der Fachmann mit, dass die
Sekundärspule 20 mit einer elektrischen Leitung verbunden
ist.),
wobei
M1.1.2’ die Sekundärspule 20 relativ zur Karosserie des Kraftfahr-
zeugs E bewegbar gehalten ist (Spalte 17, Zeilen 26 bis 30)
und wobei
M1.2’ die Ladeeinrichtung 11 ein an der Karosserie des Kraftfahr-
zeugs E festlegbares Grundelement („charging unit 22“) auf-
weist,
M1.2.1’ an welchem die an der Sekundärspule 20 befestigte und mit
der Sekundärspule 20 relativ zur Karosserie des Kraftfahr-
zeugs E und dem Grundelement 22 bewegbare Leitung befes-
tigt ist (Die Leitung muss selbstverständlich sowohl mit der
Karosserie mit der Ladeeinheit 22 als auch mit der Sekundär-
spule 20 mechanisch verbunden sein),
M1.3 wobei eine Führungseinrichtung („lever 80“) vorgesehen ist.

Der Druckschrift D4 ist zwar nicht die Maßnahme gemäß Merkmal M1.3.1’
unmittelbar zu entnehmen, wonach die zwingend vorhandene Leitung mittels der
Führungseinrichtung 80 von dem Grundelement 22 zur Sekundärspule 20 geführt
ist. Wie jedoch bereits zum Hauptantrag dargelegt wurde, stehen dem Fachmann
für die Verlegung einer geschirmten Leitungsverbindung zwischen der Karosserie
und der Sekundärspule 20 lediglich die beiden Möglichkeiten zur Auswahl: entwe-
- 15 -
der die Abschirmung direkt in den Mantel der Leitung einzuarbeiten (so auch Be-
schreibungsseite 3, Absatz 3) oder entsprechend der Druckschrift US 5 306 999 A
(D3), die Leitung innerhalb der Führungseinrichtung zu verlegen.

Somit stellt es keine Besonderheit dar, die gemäß Druckschrift D4 ohnehin vor-
handene Führungseinrichtung 80 entsprechend dem durch die Druckschrift D3
gegebenen Vorbild nicht nur als Trägerarm für die Sekundärspule zu verwenden
sondern zugleich in dieser die elektrische Zuleitung abgeschirmt zu führen.

Der Fachmann entscheidet sich vielmehr unter Abwägung der jeweiligen Vor- und
Nachteile für einen Mantel mit eingearbeiteter Schirmung oder für einen schirmen-
den Führungskanal, ohne dass er dabei erfinderisch tätig werden muss.

Der Patentanspruch 1 nach 1. Hilfsantrag ist daher nicht gewährbar.

8. a) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des 2. Hilfsantrags
basiert auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 bis 5, 7, 12 und 14. Die
Unteransprüche 2 bis 6 basieren auf den ursprünglichen Ansprüchen 6 und 8
bis 11. Die Patentansprüche gemäß 2. Hilfsantrag sind somit zulässig.

b) Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß 2. Hilfsantrag ist gegenüber dem
im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu (§ 3 PatG).

Anspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 nach 1. Hilfs-
antrag durch das Merkmal:

M1.2.1’’ an welchem die Sekundärspule (5) verschwenkbar gehalten
und an welchem die an der Sekundärspule (5) befestigte und
mit der Sekundärspule (5) relativ zur Karosserie des Kraftfahr-
zeugs und dem Grundelement bewegbare Leitung (12) befes-
tigt ist,
- 16 -
sowie die Merkmale:

M1.4.1 wobei der Führungskanal (42) jeweils teilweise durch wenigs-
tens zwei eigensteife Führungsteile (29, 31) der Führungsein-
richtung (41) begrenzt ist, welche beim Bewegen der Sekun-
därspule (5) teleskopisch relativ zueinander verschwenkbar
sind,
M1.4.2 wobei eines der Führungsteile (29, 31) das Grundelement und
das andere Führungsteil (31) mit der Sekundärspule (5) mit
bewegbar ist.

Die Druckschrift EP 0 788 212 A2 (D4) offenbart zwar entsprechend Merk-
mal M1.3 eine einstückige Führungseinrichtung 80 zum Verschwenken einer Se-
kundärspule 20, welche aber nicht weiter beschrieben ist (vgl. Spalte 17, Zeile 27
i. V. m. Figur 27).
Auch die Figur 26 der Druckschrift D4 zeigt in einem weiteren Ausführungsbeispiel
lediglich eine Führungseinrichtung („manipulator 70“), welche an einem Grundele-
ment (Befestigungsvorrichtung an 11) befestigt und verschwenkbar ist. Dabei
erfolgt nur eine Rotation eines Führungsteils der Führungseinrichtung 70 um eine
Befestigungsachse des Grundelements (vgl. Spalte 17, Zeilen 7 bis 18 i. V. m.
Figur 26), jedoch kein teleskopisches Verschwenken relativ zueinander, das heißt,
kein Ineinanderschieben beim Verschwenken.

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsan-
trag zumindest durch Merkmal M1.4.1 von der aus der Druckschrift D4 bekannten
Ladeeinrichtung.

Gemäß Druckschrift US 5 306 999 A (D3) sind Führungsteile 140, 142, 146 der
Führungseinrichtung mittels Schwenkverbindungen („pivot links 152“, „pivot
links 158“) verschwenkbar gelagert (vgl. Spalte 6, Zeilen 60 bis 66 i. V. m. Fi-
- 17 -
gur 5). Ein Hinweis, diese Verbindungen teleskopisch relativ zueinander ver-
schwenkbar auszubilden, ist nicht gegeben.

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsan-
trag ebenfalls zumindest durch Merkmal M1.4.1 von der aus der Druckschrift D3
bekannten Ladeeinrichtung.

Die nachveröffentlichte Druckschrift DE 10 2013 022 349 A1 (D2) offenbart eine in
einem Schwenkkörper 3 angeordnete Sekundärspule 11, welche mittels eines
Scharniers um eine Schwenkachse 6 geschwenkt wird (Absätze 0032, 0033
i. V. m. Fig. 1, 2). Eine teleskopische Ausgestaltung des Scharniers ist der nach-
veröffentlichten Druckschrift D2 nicht zu entnehmen

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsan-
trag ebenfalls zumindest durch Merkmal M1.4.1 von der aus der Druckschrift D2
bekannten Ladeeinrichtung.

Druckschrift DE 10 2015 210 445 A1 (D1) beschreibt eine Führungseinrichtung
(„Arm 14“), an der eine Primärspule 11 angeordnet ist, wobei die Führungseinrich-
tung schwenkbar ausgestaltet ist (Absatz 0028 i. V. m. Figur 3). Ein teleskopi-
sches Verschwenken gemäß dem Merkmal M1.4.1 ist auch der Druckschrift D1
nicht zu entnehmen.

Weiterer relevanter Stand der Technik ist dem Senat nicht bekannt geworden.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß 2. Hilfsantrag gilt somit gegenüber dem
bislang im Verfahren berücksichtigten Stand der Technik als neu.

c) Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß 2. Hilfsantrag ergibt sich dem
Fachmann aus dem im Verfahren berücksichtigten Stand der Technik nicht in
- 18 -
naheliegender Weise, deshalb gilt dieser bis auf weiteres als auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit beruhend (§ 4 PatG).

Keine der entgegengehaltenen Druckschriften offenbart die Maßnahme gemäß
Merkmal M1.4.1 oder enthält Anregungen zu einer entsprechend ausgestalteten
Vorrichtung.

Ausgehend von der Druckschrift D4 (vgl. Fig. 27) mag es dem Fachmann noch
naheliegen, ein Grundelement, wie es in der Figur 26 dargestellt ist (Befestigungs-
vorrichtung an der Ladestation 11), auch für die Führungseinrichtung 80 vorzu-
sehen, um diese an der Karosserie des Kraftfahrzeugs E zu befestigen.

Aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik erhält der Fachmann
jedoch keine weitere Anregung, das Grundelement und die Führungseinrichtung
derart auszugestalten, dass diese beim Bewegen der Sekundärspule teleskopisch
relativ zueinander verschwenkbar sind, das heißt, beim Verschwenken zueinander
um eine gemeinsame Achse teleskopartig ineinander geschoben werden.

Es ist auch nicht ersichtlich, aufgrund welcher Überlegungen der Fachmann zum
Gegenstand in dieser konkreten Ausgestaltung der Führungseinrichtung gemäß
M1.4.1 bei einem Kraftfahrzeug nach dem Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags gelan-
gen sollte, ohne erfinderisch tätig zu werden.

Damit gilt der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach 2. Hilfsantrag zumindest
gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht nur als neu,
sondern auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

9. Das Verfahren ist jedoch noch nicht zur Entscheidung reif und die Anmel-
dung wird deshalb mit den in der mündlichen Verhandlung übergebenen Patentan-
sprüchen gemäß 2. Hilfsantrag zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und
Markenamt zurückverwiesen.
- 19 -
§ 79 Abs. 3 Satz 1 PatG bestimmt, dass das Patentgericht die angefochtene Ent-
scheidung aufheben kann, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. Eine Zurück-
verweisung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Gründe, die der
angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen, nicht mehr bestehen, aber eine
neue Sachprüfung erforderlich ist, weil die Patentfähigkeit noch nicht oder nicht
ausreichend Gegenstand der Prüfung war (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nummer 1 und 3
PatG, vgl. Busse PatG, 7. Aufl., § 79 Rdn. 77, 86, 87; Schulte PatG, 8. Auflage,
§ 79 Rdn. 20, 27).

Dies ist vorliegend der Fall, da das in den Patentanspruch 1 in der Fassung des
2. Hilfsantrags aufgenommene Merkmal der teleskopisch relativ zueinander ver-
schwenkbaren Anordnung ersichtlich im bisherigen Prüfungsverfahren noch keine
Rolle gespielt hat und dementsprechend, soweit aus der Akte ersichtlich, auch
nicht danach recherchiert wurde.

Der Senat vermutet jedoch, dass zu einer derartigen teleskopischen Anordnung
Stand der Technik vorliegt, der insbesondere in Zusammenschau mit dem Inhalt
der Druckschrift D4 einer Patenterteilung im beantragten Umfang entgegenstehen
könnte.

Da eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche
des relevanten Standes der Technik ergehen kann, wofür in erster Linie die Prü-
fungsstellen des Deutschen Patent- und Markenamts berufen sind, war die Sache
zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt
zurückzuverweisen.

Der Prüfungsstelle obliegt bei der erneuten Prüfung ebenso die Entscheidung
darüber, ob die Anmeldung die sonstigen Erfordernisse des Patentgesetzes erfüllt.

10. Für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG be-
stand keine Veranlassung.
- 20 -
Ob die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen
des Senats. Sie ist veranlasst, wenn es aufgrund besonderer Umstände unbillig
wäre, die Gebühr einzubehalten. Solche besonderen Umstände können u. a. auch
in einem fehlerhaften Verfahren der Prüfungsstelle liegen, soweit der Verfahrens-
verstoß ursächlich für die Beschwerdeeinlegung war (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl.,
§ 73 Rdn. 131 ff. m. Nw.; Benkard, PatG, 11. Aufl., § 80 Rdn. 22 und 25 m. Nw.;
BPatG BlPMZ 2006, 372, 374 – Frequenzsignal; BPatGE 47, 224, 231 – Mikro-
prozessor; BPatGE 49, 154, 161 ff. – Tragbares Gerät; BPatG Mitt. 2010, 41,
43 - Mobilfunknetzwerk).

Vorliegend ist zwar ein Verfahrensverstoß zu bejahen, da der Prüfer der Anmel-
derin nicht bzw. nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt hat (Art. 103 Abs. 2
GG; § 48 Satz 2 i. V. m. § 42 Abs. 3 Satz 2 PatG). Auf den Prüfungsbescheid vom
19. Februar 2016 hat die Anmelderin mit Eingabe vom 29. Februar 2016 einen
geänderten, auf den ursprünglichen Ansprüchen 1, 3 und 11 beruhenden Patent-
anspruch 1 eingereicht. Daraufhin hat der Prüfer ohne Erlass eines weiteren Prü-
fungsbescheids oder Durchführung einer Anhörung die Anmeldung durch Be-
schluss vom 8. April 2016 zurückgewiesen. Auch wenn sich der Prüfer bereits in
dem Prüfungsbescheid vom 19. Februar 2016 zur Patentfähigkeit der ursprüng-
lichen Ansprüche 3 und 11 geäußert hat, ist dadurch der Anspruch der Anmelderin
auf rechtliches Gehör nicht genügend gewahrt. Denn in dem Bescheid wurde
lediglich pauschal darauf verwiesen, dass die Zusatzmerkmale der geltenden An-
sprüche 2 bis 4 sowie 4 bis 11 und 13, 14 der Druckschrift D1 oder zumindest der
Druckschrift D2 entnehmbar seien. Konkrete Angaben, welche der zusätzlichen
Merkmale des geänderten Patentanspruchs 1 aus welchen Stellen der Entgegen-
haltungen bekannt sein sollten, finden sich in dem Prüfungsbescheid nicht. Dies
wurde vielmehr erstmalig in dem Zurückweisungsbeschluss begründet dargelegt.
Damit aber sind der Anmelderin die Umstände, auf die letztlich die Zurückweisung
gestützt worden ist, nicht bzw. nur unzureichend mitgeteilt worden, zumal die in
dem geänderten Patentanspruch 1 vom 29. Februar 2016 neu aufgenommenen
Merkmale M1.3.1 und M1.3.2 in der Druckschrift D1 nicht gezeigt sind, sondern
- 21 -
nach Auffassung des Prüfers darin lediglich mitzulesen seien. Demzufolge hatte
die Anmelderin keine Gelegenheit, sich zu diesen, ihr nicht vor der Zurückweisung
mitgeteilten Umständen zu äußern.

Ungeachtet des Gehörsverstoßes kommt die Rückzahlung der Beschwerdegebühr
gleichwohl nicht in Betracht, da dieser nicht ursächlich für die Beschwerdeein-
legung war. Ursächlichkeit ist anzunehmen, wenn bei verständiger Würdigung der
Erlass einer anderen, nicht zur Beschwerdeeinlegung zwingenden Entscheidung
ohne den Fehler jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Benkard,
PatG, 11. Aufl., § 80 Rdn. 25 m. Nw.). Im vorliegenden Fall war nicht zu erwarten
gewesen, dass die Prüfungsstelle die Erteilung eines Patents aufgrund der dem
Zurückweisungsbeschluss zugrundeliegenden Anspruchsfassung beschlossen
hätte, da der Gegenstand dieser von der Anmelderin im Beschwerdeverfahren als
Hauptantrag weiterverfolgten Ansprüche vom Senat aus den oben dargelegten
Gründen ebenfalls für nicht patentfähig beurteilt wurde. Zur Überprüfung der
Zurückweisung der Anmeldung mit dieser Anspruchsfassung durch das Gericht
wäre die Anmelderin daher auch dann zur Einlegung der Beschwerde gezwungen
gewesen, wenn die Prüfungsstelle ihr das rechtliche Gehör in ausreichendem
Umfang gewährt hätte.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).

Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde
nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der
nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3
PatG):

- 22 -
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102
Abs. 1 PatG).

Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizier-
ten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in
die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3
Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Ver-
ordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundes-
patentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Inter-
netseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten
Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind
auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3
BGH/BPatGERVV).

- 23 -
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden
(§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).


Kleinschmidt Kirschneck J. Müller Dr. Kapels

Ko



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