19 W (pat) 11/16  - 19. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



19 W (pat) 11/16
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
13. September 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache





betreffend die Patentanmeldung 10 2009 009 103.3

hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 13. September 2017 unter Mitwirkung des
Richters Dipl.-Ing. J. Müller als Vorsitzender, des Richters Schwarz sowie der
Richter Dipl.-Phys. Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi und Dipl.-Ing. Matter

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
- 2 -
G r ü n d e

I.

Das Deutsche Patent- und Markenamt – Prüfungsstelle für Klasse H 02 K – hat
die am 16. Februar 2009 eingereichte Anmeldung mit der Bezeichnung

„Antriebssystem“

durch am Ende der Anhörung vom 1. März 2016 verkündeten Beschluss zurück-
gewiesen. In der schriftlichen Begründung ist sinngemäß ausgeführt, der Gegen-
stand des Patentanspruchs 1 in den verschiedenen Antragsfassungen beruhe
jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 1 Abs. 1 PatG i. V. m. § 4 PatG).
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom
21. März 2016.

Sie beantragt,

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 K des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 1. März 2016 aufzuheben und das nach-
gesuchte Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hauptantrag vom 9. Februar 2016,
Beschreibung, Seiten 2 bis 8 gemäß Hauptantrag vom 9. Februar 2016,
2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 2, vom Anmeldetag
16. Februar 2009,

hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 5 gemäß 1. Hilfsantrag vom 9. Februar 2016,
Beschreibung, Seiten 1 bis 7 gemäß 1. Hilfsantrag vom
9. Februar 2016,
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weiter hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 3 gemäß 2. Hilfsantrag vom 9. Februar 2016,
Beschreibung, Seiten 1 bis 7 gemäß 2. Hilfsantrag vom
9. Februar 2016,
sowie zu beiden Hilfsanträgen 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 2,
vom Anmeldetag 16. Februar 2009.

Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag vom 9. Februar 2016 hat folgenden Wort-
laut:

Antriebssystem, umfassend einen ersten und einen zum ersten relativ
bewegbar angeordneten zweiten Teil,

wobei der erste Teil ein in Bewegungsrichtung sich erstreckendes, ins-
besondere langgestreckt ausgeführtes Schwertteil aufweist,

wobei das Schwertteil Teilbereich eines Schienensystems oder einer
Schiene ist,

wobei der zweite Teil zwei drehbar gelagerte, von Elektromotoren, ins-
besondere Drehstrommotoren, insbesondere Synchronmotoren, an-
treibbare Scheiben umfasst, deren Drehachse im Wesentlichen parallel
ausgeführt ist, wobei das Schwertteil zwischen den Scheiben ange-
ordnet ist,

wobei die Scheiben an ihrem Umfang jeweils Dauermagnete aufweisen,
deren Magnetisierungsrichtung jeweils zum in Umfangsrichtung nächst-
benachbarten Dauermagneten abwechselnde Richtung aufweist

wobei die Drehachsen senkrecht zur Bewegungsrichtung ausgerichtet
sind,
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wobei ein Teilbereich des von einer der Scheiben überdeckten axialen
Bereichs auch Teilbereich des von der anderen Scheibe überdeckten
axialen Bereichs ist.

Der Patentanspruch 1 nach dem 1. Hilfsantrag vom 9. Februar 2016 hat folgenden
Wortlaut:

Antriebssystem, umfassend einen ersten und einen zum ersten relativ
bewegbar angeordneten zweiten Teil,

wobei der erste Teil ein in Bewegungsrichtung sich erstreckendes, ins-
besondere langgestreckt ausgeführtes Schwertteil aufweist,

wobei das Schwertteil Teilbereich eines Schienensystems oder einer
Schiene ist,

wobei der zweite Teil zwei drehbar gelagerte, von Elektromotoren, wel-
che als Drehstrommotoren-Sychronmotoren ausgeführt sind, antreib-
bare Scheiben umfasst, deren Drehachse im Wesentlichen parallel aus-
geführt ist, wobei das Schwertteil zwischen den Scheiben angeordnet
ist,

wobei die Scheiben an ihrem Umfang jeweils Dauermagnete aufweisen,
deren Magnetisierungsrichtung jeweils zum in Umfangsrichtung nächst-
benachbarten Dauermagneten abwechselnde Richtung aufweist

wobei die Drehachsen senkrecht zur Bewegungsrichtung ausgerichtet
sind,

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wobei ein Teilbereich des von einer der Scheiben überdeckten axialen
Bereichs auch Teilbereich des von der anderen Scheibe überdeckten
axialen Bereichs ist,

wobei das Schwertteil aus Aluminium gefertigt ist,

wobei das Schwertteil ein Stranggussprofil ist,

wobei eine derartige Regelvorrichtung vorgesehen ist, dass die beiden
Antriebe der Schreiben synchron betreibbar sind.

Der Patentanspruch 1 nach dem 2. Hilfsantrag vom 9. Februar 2016 hat folgenden
Wortlaut:

Antriebssystem, umfassend einen ersten und einen zum ersten relativ
bewegbar angeordneten zweiten Teil,

wobei der erste Teil ein in Bewegungsrichtung sich erstreckendes, ins-
besondere langgestreckt ausgeführtes Schwertteil aufweist,

wobei das Schwertteil Teilbereich eines Schienensystems oder einer
Schiene ist,

wobei der zweite Teil zwei drehbar gelagerte, von Elektromotoren, wel-
che als Drehstrommotoren-Sychronmotoren ausgeführt sind, antreib-
bare Scheiben umfasst, deren Drehachse im Wesentlichen parallel aus-
geführt ist, wobei das Schwertteil zwischen den Scheiben angeordnet
ist,

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wobei die Scheiben an ihrem Umfang jeweils Dauermagnete aufweisen,
deren Magnetisierungsrichtung jeweils zum in Umfangsrichtung nächst-
benachbarten Dauermagneten abwechselnde Richtung aufweist

wobei die Drehachsen senkrecht zur Bewegungsrichtung ausgerichtet
sind,

wobei ein Teilbereich des von einer der Scheiben überdeckten axialen
Bereichs auch Teilbereich des von der anderen Scheibe überdeckten
axialen Bereichs ist,

wobei das Schwertteil aus Aluminium gefertigt ist,

wobei das Schwertteil ein Stranggussprofil ist,

wobei eine derartige Regelvorrichtung vorgesehen ist, dass die beiden
Antriebe der Schreiben synchron betreibbar sind,

wobei jeder Dauermagnet aus zwei oder mehr einzelnen Dauermagne-
ten ausgeführt ist, die radial übereinander angeordnet sind,

wobei jeder Dauermagnet aus zwei oder mehr einzelnen Dauermagne-
ten ausgeführt ist, die in Umfangsrichtung nebeneinander angeordnet
sind.

Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt wurden folgen-
de Druckschriften genannt:

D1 DE 10 2008 018 884 A1
D2 DE 38 14 455 A1
D3 JP S61 - 164 461 A (Abstract)
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D4 EP 1 232 974 A1
D5 DE 10 2008 031 153 A1
D6 US 2001/0043020 A1.

Der Senat hat noch die aus dem parallelen Verfahren vor dem Europäischen
Patentamt bekannte Druckschrift

D7 DE 195 24 289 A1

sowie die Druckschrift

D8 EP 0 709 320 A1

in das Verfahren eingeführt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.


II.

Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Gemäß der Beschreibungseinleitung geht die Anmeldung aus von einem
Antriebssystem, wobei es bekannt sei, Rotoren von Synchronmotoren an ihrem
Umfang mit Dauermagneten zu bestücken (Beschreibung zum Hauptantrag,
Seite 2, Zeilen 8 bis 11). Aufgabe der Erfindung sei es, ein Antriebssystem zu ver-
bessern, wobei die Verluste klein zu halten seien (Seite 2, Zeilen 25, 26).

Die gestellte Aufgabe soll durch den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach
Hauptantrag bzw. nach 1. und 2. Hilfsantrag gelöst werden.

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Objektiv gesehen beschäftigt sich die Anmeldung mit der Ausgestaltung eines
Wirbelstrom-Antriebssystems, das dem Fachmann unter der Bezeichnung asyn-
chroner Linearmotor bekannt ist, wie es z. B. in Produktionsanlagen zum sanften
Beschleunigen und Abbremsen von zu transportierenden Gütern eingesetzt wird.
Ein solches Antriebssystem besteht im Wesentlichen aus zwei relativ zueinander
bewegbaren Teilen, von denen eines stationär und das andere beweglich ist. Auf
einem ersten der beiden Teile erzeugen mit Dauermagneten besetzte und mit ho-
her Drehzahl rotierende Scheiben ein sich rasch veränderndes Magnetfeld, was
auf einen elektrisch leitenden Bereich des zweiten Teils einwirkt und dort Wirbel-
ströme erzeugt. Durch die Wirbelströme entsteht in dem zweiten Teil des An-
triebssystems ein Magnetfeld, welches mit dem von den Scheiben ausgehenden
Magnetfeld wechselwirkt. Durch eine Drehzahlregelung der Scheiben lässt sich
die relative Bewegungsgeschwindigkeit der beiden Teile vergrößern oder verrin-
gern. Die rotierenden Scheiben können an dem bewegbaren oder an dem statio-
nären Teil des Antriebssystems angeordnet sein (Seite 6, Zeilen 10 bis 15; Sei-
te 7, Zeilen 1 bis 3).

Der auf ein Antriebssystem gerichtete Anspruch 1 nach Hauptantrag vom
9. Februar 2016 lautet mit hinzugefügter Merkmalsgliederung:

1 Antriebssystem, umfassend einen ersten und einen zum ersten
relativ bewegbar angeordneten zweiten Teil,
1.1 wobei der erste Teil ein in Bewegungsrichtung sich erstrecken-
des, insbesondere langgestreckt ausgeführtes Schwertteil auf-
weist,
1.1.1 wobei das Schwertteil Teilbereich eines Schienensystems oder
einer Schiene ist,
1.2 wobei der zweite Teil zwei drehbar gelagerte, von Elektromoto-
ren, insbesondere Drehstrommotoren, insbesondere Synchron-
motoren, antreibbare Scheiben umfasst, deren Drehachse im
Wesentlichen parallel ausgeführt ist,
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1.1.2 wobei das Schwertteil zwischen den Scheiben angeordnet ist,
1.2.1 wobei die Scheiben an ihrem Umfang jeweils Dauermagnete
aufweisen, deren Magnetisierungsrichtung jeweils zum in Um-
fangsrichtung nächstbenachbarten Dauermagneten abwech-
selnde Richtung aufweist
1.2.2 wobei die Drehachsen senkrecht zur Bewegungsrichtung aus-
gerichtet sind,
1.2.3 wobei ein Teilbereich des von einer der Scheiben überdeckten
axialen Bereichs auch Teilbereich des von der anderen Scheibe
überdeckten axialen Bereichs ist.

Der Anspruch 1 nach dem 1. Hilfsantrag umfasst alle Merkmale des Anspruchs 1
nach Hauptantrag, wobei im Merkmal 1.2 die fakultativen Ausgestaltungen des
Elektromotors zu einem notwendigen Merkmal zusammengefasst sind, und zu-
sätzlich drei weitere Merkmale, betreffend das Schwertteil und eine Regelvorrich-
tung der Elektromotoren, die sich nach dem Merkmal 1.2.3 anschließen:

1 bis 1.1.1 wie Anspruch 1 nach Hauptantrag
1.2HA1 wobei der zweite Teil zwei drehbar gelagerte, von Elektromoto-
ren, welche als Drehstrom-Synchronmotoren ausgeführt sind,
antreibbare Scheiben umfasst, deren Drehachse im Wesentli-
chen parallel ausgeführt ist,
1.1.2 bis 1.2.3 wie Anspruch 1 nach Hauptantrag
1.1.3 wobei das Schwertteil aus Aluminium gefertigt ist,
1.1.4 wobei das Schwertteil ein Stranggussprofil ist,
1.3 wobei eine derartige Regelvorrichtung vorgesehen ist, dass die
beiden Antriebe der Scheiben synchron betreibbar sind.

Der Anspruch 1 nach dem 2. Hilfsantrag umfasst alle Merkmale des Anspruchs 1
nach dem 1. Hilfsantrag und zusätzlich zwei Merkmale, die die Dauermagnete
ausgestalten:
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1 bis 1.3 wie Anspruch 1 nach dem 1. Hilfsantrag
1.2.1.1 wobei jeder Dauermagnet aus zwei oder mehr einzelnen Dauer-
magneten ausgeführt ist, die radial übereinander angeordnet sind,
1.2.1.2 wobei jeder Dauermagnet aus zwei oder mehr einzelnen Dauer-
magneten ausgeführt ist, die in Umfangsrichtung nebeneinander
angeordnet sind.

2. Vor diesem Hintergrund legt der Senat seiner Entscheidung als zuständigen
Fachmann einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik zugrunde, der
über eine mehrjährige Berufserfahrung in der Entwicklung von Wirbelstroman-
trieben für Transportsysteme verfügt.

3. Die erklärungsbedürftigen Angaben in dem Anspruch 1 nach den verschie-
denen Antragsfassungen versteht der Fachmann nach Erkenntnis des Senats wie
folgt:

a) Aus der im Merkmal 1 genannten relativen Bewegbarkeit des zweiten Teils
zum ersten Teil des Antriebssystem entnimmt der Fachmann, jeweils bezogen auf
ein übergeordnetes Bezugssystem, etwa ein Produktionsanlage, drei Varianten:
erster Teil stationär, zweiter Teil bewegbar; erster Teil bewegbar, zweiter Teil sta-
tionär; und beide Teile bewegbar. Die beiden erstgenannten Varianten sind in der
Beschreibung der Anmeldung im Zusammenhang mit einem auf einem Schienen-
system verfahrbaren Fahrzeug beschrieben (Seite 6, Zeilen 10 bis 12: Fahrzeug
mit darauf angebrachten Motoren und Scheiben rollt auf Schienensystem; Seite 6,
Zeilen 14, 15: stationäre Motoren und Scheiben treiben Fahrzeug mit Schwertteil
an).

b) Dem Begriff „Schwertteil“ im Merkmal 1.1 misst der Fachmann unter
Berücksichtigung der Angaben in der Beschreibung und den Figuren die Bedeu-
tung zu, dass es sich um ein Bauteil handelt, das im Verhältnis zu seiner Breite
und Höhe ein größere Länge aufweist. Eine darüber hinausgehende besondere
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Bauform oder Orientierung kann der Fachmann der Anmeldung nicht entnehmen.
In den Figuren ist das Schwertteil quaderförmig dargestellt. Wie z. B. eine Klinge
des Schwertteils abweichend von dieser Form ausgebildet und orientiert sein
sollte, ist den gesamten Unterlagen nicht zu entnehmen.

Dass in dem Schwertteil die Wirbelströme erzeugt werden, die für die Funktion
des Antriebssystems notwendig sind, ist erst im Unteranspruch 8 gemäß Haupt-
antrag beansprucht und kann daher nicht einschränkend zum Verständnis des
Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag herangezogen werden. Entsprechendes gilt für
die Ansprüche 1 gemäß den beiden Hilfsanträgen.

c) Unter einem im Merkmal 1.1.1 genannten Schienensystem versteht der
Fachmann ein System, das eine relative Bewegung zwischen dem ersten und
dem zweiten Teil des Antriebssystems und eine Führung der beiden Teile zuei-
nander gewährleistet. Dabei könnte einer der beiden Teile Räder oder Rollen und
der andere Teil eine Schiene im Sinne einer Eisenbahnschiene oder im Sinne ei-
nes Führungskanals aufweisen. Denkbar sind weitere Varianten, so könnten z. B.
sowohl der erste als auch der zweite Teil Schienen aufweisen, die sich relativ zu-
einander bewegen können, derart, dass eine Schiene in der anderen gleitet.

d) Da über das Schwertteil im Wortlaut des Patentanspruchs nicht mehr aus-
gesagt ist, als dass es Teilbereich eines Schienensystems bzw. einer Schiene sei
(Merkmal 1.1.1), verbindet der Fachmann mit der Bezeichnung „Schwertteil“ keine
bestimmte Wirkung, also weder die Führung von Wirbelströmen noch eine tragen-
de oder mechanisch führende Funktion für das zweite Teil.

e) Das Merkmal 1.2 versteht der Fachmann so, dass der zweite Teil des An-
triebssystems zwei Elektromotoren aufweist, so dass die beiden Scheiben jeweils
durch einen eigenen Elektromotor angetrieben werden.

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f) Aufgrund der in den Merkmalen 1.1.2, 1.2 und 1.2.2 genannten Anordnung
des Schwertteils zwischen den Scheiben sowie der Ausrichtung der Drehachsen
parallel zueinander und senkrecht zur Bewegungsrichtung wäre es für den Fach-
mann nicht ausgeschlossen, dass die Drehachsen der beiden Scheiben zusam-
menfallen und das Schwertteil zwischen den axial beabstandeten Scheiben ange-
ordnet ist, wie dies z. B. die Figur 2 der Druckschrift D1 und die Figur 2 der Druck-
schrift D5 zeigt.

Nach den Ausführungen des Vertreters der Anmelderin in der mündlichen Ver-
handlung soll jedoch die teilweise Überdeckung der axialen Bereiche der beiden
Scheiben nach Merkmal 1.2.3 zum Ausdruck bringen, dass die Scheiben in einer
Ebene liegen und die gedachte Verbindungslinie der beiden Drehachsen das
Schwertteil in einem rechten Winkel schneidet, wie dies in den Figuren 1 und 2 der
Anmeldung gezeigt ist. Das Merkmal 1.2.3 sei damit konkreter als die Anordnung
der Scheiben in derselben Ebene gemäß Unteranspruch 2 nach Hauptantrag.

Diese Sichtweise legt der Senat seiner Entscheidung zugrunde, auch unter Be-
rücksichtigung der in der Beschreibung (Seite 4, Zeilen 2 und 7) genannten identi-
schen Vorteile der Anordnung gemäß Unteranspruch 2 nach Hauptantrag bzw.
gemäß Merkmal 1.2.3, nämlich der Einleitung eines möglichst starken Magnetfel-
des in das Schwertteil.

g) Dem Merkmal 1.3 nach dem 1. Hilfsantrag entnimmt der Fachmann, dass
die beiden im Merkmal 1.2HA1 genannten Drehstrom-Synchronmotoren über eine
Regelvorrichtung so angesteuert werden, dass sie frequenz- und phasenstarr
arbeiten. Dadurch sollen sich die am Umfang der beiden angetriebenen Scheiben
befestigten Dauermagnete jeweils so gegenüberstehen, dass im dazwischen
angeordneten Schwertteil möglichst große Wirbelströme erzeugt werden und
somit das Antriebssystem große Vortriebskräfte erzielt (Beschreibung, Seite 7,
Zeilen 5 bis 9).

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4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag erweist sich als nicht
patentfähig, da er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 1 Abs. 1 i. V. m.
§ 4 PatG).

Die Druckschrift D4 (EP 1 232 974 A1) zeigt in ihren Figuren 1, 2, 4, 7 und 8 ein
Antriebssystem („Fördersystem“), das einen ersten („Förderelement 2“, „Roll-und
Gleitkörper 3“, „leitende Teile 4“) und einen zum ersten relativ bewegbar ange-
ordneten zweiten Teil („Antriebseinrichtung A“; „Antriebsscheiben 10“, „Motor 40“)
umfasst (vgl. Absätze 0020, 0023, 0034 bis 0037; Merkmal 1).

Der erste Teil 2, 3, 4 weist ein in Bewegungsrichtung („Förderrichtung F“) sich er-
streckendes, insbesondere langgestreckt ausgeführtes Schwertteil („leitendes
Teil 4“) auf, in welchem durch die rotierenden Antriebsscheiben Wirbelströme in-
duziert werden (vgl. Absätze 0010, 0011; Anspruch 1; Figuren 1, 4 und 8; wobei
zu beachten ist, dass gemäß dem Absatz 0027 und insbesondere Absatz 0038
das leitende Teil 4 im Inneren der Schienenanordnung 1‘ und damit so wie der in
den Figuren 1, 4 und 8 dargestellte langestreckte Roll- und Gleitkörper 3 ange-
ordnet und ausgebildet ist; Merkmal 1.1).

Dabei ist das Schwertteil 4 Teilbereich eines Schienensystems („Schienenanord-
nung 1‘“) (vgl. Figuren 1, 4 und 8; nach den Angaben in den Absätzen 0027 und
0038 der Druckschrift D4 und den obigen Darlegungen zum Verständnis des
Fachmanns der Begriffe „Schienensystem“ bzw. „Schiene“ bilden die leitenden
Teile 4 einen Teilbereich der Schienenanordnung 1‘, denn sie bewegen sich durch
den Führungskanal 1; Merkmal 1.1.1).

Der zweite Teil A; 10, 40 umfasst zwei drehbar gelagerte, von einem Elektromo-
tor 40 antreibbare Scheiben 10, deren Drehachsen parallel ausgeführt sind (vgl.
Figuren 1, 2, 7 und 8; Absätze 0022 und 0037; Teil von Merkmal 1.2).

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Das Schwertteil 4 ist zwischen den Scheiben 10 angeordnet (vgl. Figuren 1, 7 und
8; Absätze 0027, 0038; Merkmal 1.1.2).

Die Scheiben 10 weisen an ihrem Umfang jeweils Dauermagnete 12 auf, deren
Magnetisierungsrichtung jeweils zum in Umfangsrichtung nächstbenachbarten
Dauermagneten 12 abwechselnde Richtung aufweist (vgl. Figuren 1 und 2; Ab-
satz 0022: „Die Magnetelemente der Reihe sind beispielsweise abwechselnd
orientierte Permanentmagneten“; Absatz 0026: „Die Antriebsscheibe 10 gemäß Fi-
gur 2 weist eine ringförmige Reihe von Permanentmagneten 12 auf, von denen je
ein Pol gegen den leitenden Teil 4 gewendet ist, wobei dieser Pol abwechselnd
der Südpol S und der Nordpol N ist.“; Absatz 0027: „können die Permanent-
magnete 12 auch auf der Umfangsfläche der Antriebsscheibe 10 angeordnet
sein“; der Fachmann liest hier mit, dass bei der Anordnung der Magnete auf dem
Scheibenumfang, wie bei der Anordnung der Magnete im radialen Außenbereich
gemäß Figur 2, benachbarte Dauermagnete unterschiedliche Magnetisierungsrich-
tungen aufweisen; Merkmal 1.2.1).

Die Drehachsen der Antriebsscheiben 10 sind senkrecht zur Bewegungsrichtung
ausgerichtet (vgl. Figuren 1, 4 und 8; Merkmal 1.2.2).

Ein Teilbereich des von einer der beiden Scheiben 10 überdeckten axialen Be-
reichs ist auch Teilbereich des von der anderen Scheibe 10 überdeckten axialen
Bereichs (vgl. Figur 1 und die obigen Ausführungen zum Verständnis des Fach-
manns; Merkmal 1.2.3).

Soweit stimmt der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag mit dem aus
der Druckschrift D4 bekannten Antriebssystem überein.

Als Unterschied verbleibt das Vorsehen eines eigenen Elektromotors je Scheibe
(Rest von Merkmal 1.2). In der Druckschrift D4 ist für den Antrieb nur ein Elektro-
motor 40 vorgesehen, der zwei bzw. vier Scheiben 10 über Getriebe und Rie-
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men 41 miteinander verbindet (vgl. Figur 7 mit Beschreibung). Der Fachmann er-
kennt bei dieser Antriebsvariante den Nachteil, dass Getriebe und Riemen ver-
schleißanfällig sind und sucht daher nach einer Möglichkeit, diese Komponenten
zu vermeiden. Dabei geht es über fachmännisches Vorgehen nicht hinaus, für
jede Scheibe einen separaten Motor vorzusehen (vgl. die einzige Figur der Druck-
schrift D3) und diese Motoren über eine Regelvorrichtung synchron zu betreiben.
Vielmehr steht es in seinem Belieben, zwischen diesen beiden Alternativen unter
Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile auszuwählen.

5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem 1. Hilfsantrag erweist sich als
nicht patentfähig, da er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 1 Abs. 1
i. V. m. § 4 PatG).

Bei der in der Druckschrift D4 beschriebenen Antriebsvorrichtung ist ein synchro-
ner Betrieb der Antriebsscheiben 10 über Getriebe und Riemen 41 gewährleistet.
Insbesondere bei der – wie zum Hauptantrag ausgeführt, aus der Druckschrift D4
bekannten – Anordnung von zwei mit Dauermagneten auf ihren Umfangsflächen
versehenen Antriebsscheiben 10 beidseits der innerhalb der Schienenanordnung
1‘ vorgesehenen, schwertähnlichen leitenden Teile 4, ist dem Fachmann bewusst,
dass sich die durch die beiden Scheiben 10 in den leitenden Teilen 4 induzierten
Wirbelströme gegenseitig beeinflussen und dass deshalb die wegen der fehlenden
mechanischen Kopplung verloren gegangene Synchronizität der Scheiben ander-
weitig erreicht werden muss, insbesondere um einen guten Wirkungsgrad und
eine hohe Leistung des Wirbelstromantriebs zu erzielen (vgl. auch die Druckschrift
D7, Spalte 3, Zeilen 27 – 32: „Die Magnetrollen 4,5 sind synchron zueinander in
der Weise angetrieben, daß im Bereich des Luftspalts L sich jeweils zwei entge-
gengerichtete Pole 6, 7 gegenüberstehen. Durch Verdrehen der Pole 6, 7 gegen-
einander läßt sich ebenfalls die Bremswirkung beeinflussen.“).

Zur Lösung dieser Aufgabe die beiden Elektromotoren als Drehstrom-Synchron-
motoren auszubilden, die über eine Regelvorrichtung synchron betrieben werden
- 16 -
(Merkmale 1.2HA1 und 1.3), geht dabei über eine naheliegende Maßnahme nicht
hinaus, da dem Fachmann gegenwärtig ist, dass sich durch Synchronmotoren die
unabdingbar identische Drehzahl von selbst einstellt und der Phasenwinkel sich
ohnehin nur auf wenige bestimmte Werte entsprechend der gewählten Polpaar-
zahl einstellen kann.

Bei dem aus der Druckschrift D4 bekannten Schienensystem die Schwertteile aus
Aluminium-Stranggussprofil herzustellen (Merkmale 1.1.3 und 1.1.4) geht eben-
falls über fachmännisches Vorgehen nicht hinaus und ist dem entsprechend aus
der Druckschrift D5 bekannt (vgl. dort die Absätze 0011, 0050, 0087; Anspruch 4).

Danach ergibt sich auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem 1. Hilfsan-
trag für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

6. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem 2. Hilfsantrag erweist sich als
nicht patentfähig, da er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 1 Abs. 1
i. V. m. § 4 PatG).

Die Aufteilung der Dauermagnete in einzelne Dauermagnete, welche radial über-
einander (Merkmal 1.2.1.1) und in Umfangsrichtung nebeneinander (Merk-
mal 1.2.1.2) angeordnet sind, stellt eine aus dem Stand der Technik bekannte
Möglichkeit zur Verringerung von unerwünschten Wirbelströmen in den Perma-
nentmagneten dar (vgl. Druckschrift E6, Figur 9, Absatz 0001 und Druckschrift D8,
Spalte 6, Zeilen 12 bis 34).

Danach ergibt sich auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem 2. Hilfsan-
trag für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

7. Auch die Unteransprüche in den verschiedenen Antragsfassungen lassen
nichts erkennen, was zu einem patentfähigen Gegenstand führen würde. Dabei ist
zu berücksichtigen, dass die im Unteranspruch 2 nach dem 2. Hilfsantrag genann-
- 17 -
ten Merkmale den Gegenstand des Anspruchs 1 nach 2. Hilfsantrag – wie zu sei-
ner Auslegung ausgeführt – ohnehin nicht weiter einschränken.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechts-
mittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).

Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde
nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nach-
folgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3
PatG):

1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung
des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis
der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt
worden sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102
Abs. 1 PatG).

Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizier-
ten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in
- 18 -
die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3
Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der
Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und
Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf
der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeich-
neten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort
sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben
(§ 3 BGH/BPatGERVV).

Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102
Abs. 5 Satz 1 PatG).


J. Müller Schwarz Arnoldi Matter

Ko



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