18 W (pat) 189/14  - 18. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



18 W (pat) 189/14
_______________
(Aktenzeichen)


Verkündet am
15. März 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2011 104 216.8









hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 15. März 2017 durch den Richter Dipl.-Phys.
Dr. Schwengelbeck als Vorsitzenden, die Richter Kruppa und Dr.-Ing. Flaschke
und die Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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G r ü n d e

I.

Die von der Anmelderin am 15. Juni 2011 beim Deutschen Patent- und Marken-
amt eingereichte Patentanmeldung 10 2011 104 216.8 mit der Bezeichnung

„Verfahren und Vorrichtung zum dreidimensionalen Erfassen von
Objekten sowie Computerprogrammprodukt“

wurde durch die Prüfungsstelle für Klasse G 01 B des Deutschen Patent- und
Markenamts mit Beschluss vom 25. September 2013 aus den Gründen der Be-
scheide vom 18. Februar 2013 und vom 6. März 2012 zurückgewiesen. Im Be-
scheid vom 6. März 2012, der auf Anfrage der Anmelderin am 18. Februar 2013
nochmals versandt worden war, war ausgeführt worden, die Gegenstände der
damals geltenden Ansprüche 1 und 6 beruhten gegenüber den Druckschriften
D1: RAO, A. R., JAIMES, A.: Digital Stereoscopic Imaging, in:
Part of the IS&T/SPIE Conf. on Stereoscopic Displays and
Applications X, SPIE Vol. 3639, 1999, Seiten 144 bis 154
und
D2: SIEGEL, M. et al.: Compression and Interpolation of
3D-Stereoscopic and Multi-View Video, in: Proc.
Stereoscopic Displays and Virtual Reality Systems IV, SPIE
Vol. 3012, 1997, Seiten 227 bis 238
nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
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Gegen den o. g. Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Mit
Schriftsatz ihrer früheren Verfahrensbevollmächtigten vom 20. Oktober 2016 hat
die Anmelderin neue Patentansprüche eingereicht und hierzu geltend gemacht,
dass die geänderten Anspruchsfassungen zulässig und die Gegenstände der An-
sprüche neu seien sowie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen würden.
Die Anmelderin beantragt mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2016 sinngemäß,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 01 B des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 25. September 2013 aufzuheben und
ein Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:
– Patentansprüche 1 bis 9 vom 20. Oktober 2016,
hilfsweise Patentansprüche 1 bis 4 vom 20. Oktober 2016,
– (ursprüngliche) Beschreibung Seiten 1 bis 25 vom 15. Juni 2011,
– Figuren 1 bis 5, 6a bis 6c vom 11. Februar 2013.
Mit Anlage zur Ladung vom 9. Januar 2017 hat der Senat zur Vorbereitung der auf
den 8. Februar 2017 anberaumten mündlichen Verhandlung neben der Druck-
schrift D1 u. a. auf die im Prüfungsverfahren behandelte Druckschrift
D3: US 7 206 080 B2
als die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit möglicherweise in Frage stellenden
Stand der Technik hingewiesen.

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Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 nach
Hauptantrag lautet:
M1 „Verfahren zum dreidimensionalen Erfassen von Objekten mit den
Schritten:
M2 - Bereitstellen zumindest einer optischen Erfassungseinrichtung (3a,
3b);
M3 - Anordnen eines dreidimensionalen Objekts (9) mit einer Längs-
achse (Z), wobei das Objekt (9) um vorbestimmte Polarwinkel (α,
ß) und Azimutwinkel (θ) mit Bezug zu der Längsachse (Z) zu der
zumindest einen optischen Erfassungseinrichtung (3a, 3b) positio-
nierbar ist;
M4a - Bestimmen von N Polarwinkeln α1 bis αN;
M4b - Bestimmen von N Polarwinkeln ß1 bis ßN, wobei gilt: ßi = αi + δ für
alle i  [1...N] mit der Polarwinkeldifferenz δ;
M4c - Bestimmen von M Azimutwinkeln θ1 bis θM;
M5 - für jedes j  [1...M] Durchführen der folgenden N Erfassungs-
schritte für jedes i  [1...N]:
M6  Positionieren des Objekts (9) mit dem Azimutwinkel θj zu der
zumindest einen optischen Erfassungseinrichtung (3a, 3b);
M7.1  Positionieren des Objekts mit dem Polarwinkel αi zu der
zumindest einen optischen Erfassungseinrichtung (3a, 3b);
M7.2  Erfassen eines i-ten ersten Bildes Li,j des Objekts (9) mit
einer der zumindest einen optischen Erfassungseinrichtung
(3a, 3b) und Speichern des i-ten ersten Bildes Li,j;
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M8.1  Positionieren des Objekts (9) mit dem Polarwinkel ßi zu der
zumindest einen optischen Erfassungseinrichtung (3a, 3b);
M8.2  Erfassen eines i-ten zweiten Bildes Ri,j des Objekts (9) mit
einer der zumindest einen optischen Erfassungseinrichtung
(3a, 3b) und Speichern des erfaßten i-ten zweiten Bildes Ri,j;
M9 - Erstellen und Speichern eines Bilddatensatzes umfassend eine
erste Kodierung der ersten Bilder L1...LNxM des Objekts (9) und
eine zweite Kodierung der zweiten Bilder R1...RNxM des Objekts
(9).“

Wegen des nebengeordneten Anspruchs 5 nach Hauptantrag sowie der auf den
Anspruch 1 bzw. den Anspruch 5 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 4 und 6
bis 9 nach Hauptantrag wird auf die Akte verwiesen.
Die Ansprüche 1 bis 4 nach Hilfsantrag entsprechen den Ansprüchen 1 bis 4
nach Hauptantrag.
Mit am 7. Februar 2017 beim Bundespatentgericht eingegangenem Schriftsatz
vom 6. Februar 2017 haben die früheren Verfahrensbevollmächtigten der Anmel-
derin die Vertretung niedergelegt. Nach einem Telefonat der Vorsitzenden mit
Herrn Z… von der Anmelderin am 6. Februar 2017 hat die Anmelderin u. a. aus
gesundheitlichen Gründen um eine Terminverlegung gebeten. Die Vorsit-
zende hat daraufhin am gleichen Tag den Verhandlungstermin vom
8. Februar 2017 aufgehoben und neuen Termin zur mündlichen Verhandlung auf
den 15. März 2017 anberaumt. Die Ladung für die mündliche Verhandlung am
15. März 2017 wurde der Anmelderin am 11. Februar 2017 per Postzustellungs-
urkunde zugestellt.
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Am Nachmittag des 14. März 2017 rief Herr Z… von der Anmelderin den
Vertreter der Vorsitzenden an, der am 13. März 2017 die Vertretung übernommen
hatte. In dem Telefonat kündigte Herr Z… an, dass er aus gesundheitli-
chen Gründen möglicherweise an der Teilnahme an der morgigen mündlichen
Verhandlung verhindert sein könnte. Herr Z… wurde darauf hingewie-
sen, dass die mündliche Verhandlung nach derzeitigem Stand durchgeführt wer-
den würde.
Beim Bundespatentgericht gingen am Nachmittag des 14. März 2017 und am
Morgen des 15. März 2017 insgesamt vier Faxe ein, denen jeweils ein Hinweis auf
eine Erkrankung von Herrn Z… zu entnehmen ist. Erstmals in dem am
15. März 2017 nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei der Geschäftsstelle
des Senats eingegangenen Fax, welches die Uhrzeit 10:21 trägt, hat
Herr Z… schriftlich einen "Antrag auf Terminverschiebung der Patentan-
meldung" gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die mündliche Verhandlung, zu der für
die ordnungsgemäß geladene Anmelderin niemand erschienen war, bereits been-
det.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn nach dem Ergeb-
nis der mündlichen Verhandlung beruhen die Gegenstände der jeweiligen Ansprü-
che 1 nach Haupt- und Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die
Fragen der Zulässigkeit der geltenden Ansprüche nach Haupt- und Hilfsantrag
sowie der Neuheit der Anspruchsgegenstände können somit dahinstehen (vgl.
BGH, Urteil vom 18. September 1990 – X ZR 29/89, GRUR 1991, 120, Abschnitt
II. 1. – Elastische Bandage).
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1. In der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2017 hat der Vorsitzende
festgestellt, dass die nicht erschienene Anmelderin ordnungsgemäß geladen
worden ist. Die Ladung wurde der Anmelderin am 11. Februar 2017 per Postzu-
stellungsurkunde zugestellt.
Für den Senat bestand vor dem Aufruf der Sache auch kein Anlass für eine er-
neute Terminverlegung gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 227 ZPO. Ein schriftli-
cher Antrag auf Terminverlegung lag vor dem Aufruf der Sache am 15. März 2017
um 10:00 Uhr und dem Schluss der Sitzung um 10:20 Uhr nicht vor. Die Anmelde-
rin hat eine erneute Terminverlegung erstmals am 15. März 2017 nach Schluss
der Sitzung und Verkündung des Beschlusses schriftlich beim Bundespatentge-
richt per Fax beantragt.
Die zuvor am Nachmittag des 14. März 2017 erstmals vorgebrachte erneute Er-
krankung von Herrn Z… rechtfertigte allein noch keine weitere Termin-
verlegung. Dies hatte der Vorsitzende Herrn Z… am 14. März 2017 auf
Anfrage telefonisch mitgeteilt. Abgesehen davon, dass Herr Z… in dem
Telefonat mitgeteilt hatte, er werde eventuell selbst mit dem Auto zur Verhandlung
anreisen, bestand für die Anmelderin auch die Möglichkeit, sich in der Verhand-
lung durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen.
2. Die Patentanmeldung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum
dreidimensionalen Erfassen von Objekten (vgl. Offenlegungsschrift
DE 10 2011 104 216 A1, Abs. [0001], ein Computerprogrammprodukt wird in den
geltenden Anspruchssätzen nicht mehr beansprucht).
Gemäß der Beschreibungseinleitung bestehe zur möglichst realitätsgetreuen Dar-
stellung von Objekten im Bereich der Unterhaltung, der Produktpräsentation und
der industriellen Produktion, d. h. im Bereich der „virtual reality“ und der „augmen-
ted reality“, die Notwendigkeit, reale Objekte derart zu digitalisieren, dass diese
Objekte dreidimensional dargestellt werden können. Dafür müsse in der Regel ein
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dreidimensionales Modell des Objektes vorliegen (vgl. Offenlegungsschrift,
Abs. [0002]).
Der Anmeldung liegt dementsprechend die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und
eine Vorrichtung bereitzustellen, um die notwendigen Informationen für eine drei-
dimensionale Darstellung in einfacher und zeitsparender Weise zu erzeugen. Die
Aufgabe soll durch die Merkmale der unabhängigen Ansprüche gelöst werden
(vgl. Offenlegungsschrift, Abs. [0003], [0004]).
Als Fachmann sieht der Senat einen Physiker oder einen Ingenieur der Fach-
richtung Messtechnik mit Hochschulausbildung an, der über Berufserfahrung im
Bereich optischer Messtechnik und mehrdimensionaler Bildverarbeitung verfügt.
3. Einige der in Anspruch 1 aufgeführten Merkmale bedürfen der Auslegung.
Bei der in den Merkmalen M2, M3 und M6 bis M8.2 aufgeführten optischen Er-
fassungseinrichtung handelt es sich um einen digitalen Bildsensor oder eine
digitale Fotokamera (vgl. Abs. [0039] der Offenlegungsschrift), im Folgenden als
Kamera bezeichnet.
Unter dem Bestimmen einer Anzahl von Polarwinkeln und von Azimutwinkeln ist
das Festlegen von Winkeln zu verstehen, also das Vorbestimmen, unter welchen
Winkeln das Objekt vermessen werden soll (vgl. Merkmale M4a, M4b, M4c; Abs.
[0042] der Offenlegungsschrift). Als vorbestimmte Winkel können beispielsweise
gleichverteilte Winkel gewählt werden (vgl. Abs. [0009] u. [0010] der Offenle-
gungsschrift). Dabei wird in der Anmeldung unter einem Polarwinkel die relative
Drehung des auf einer Fläche angeordneten Objekts zur Längsachse Z bzw. zur
Lotrechten dieser Fläche mit Bezug zu einem vorbestimmten Nullpunkt innerhalb
der Äquatorebene, die senkrecht zur Längsachse Z orientiert ist, bezeichnet. Der
Polarwinkel weist somit den Wertebereich von 0 ° bis 360 ° auf. Der Azimutwinkel
ist in der Anmeldung als der Winkel beschrieben, den die Verbindungslinie zwi-
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schen dem Objekt und der optischen Erfassungseinrichtung mit der Längsachse
einschließt und der einen Wertebereich von - 90 ° bis 90 ° aufweist (vgl. Offenle-
gungsschrift, Abs. [0008] u. [0063]). Dass die in der Anmeldung verwendete Defi-
nition von Polar- und Azimutwinkeln nicht die fachübliche Definition darstellt, ist
vorliegend unschädlich, denn bei der Ermittlung des Sinngehalts eines Patentan-
spruchs ist ein für sich genommen eindeutiger Wortlaut nicht ausschlaggebend,
wenn die Auslegung des Anspruchs unter Heranziehung der Beschreibung ergibt,
dass zwei im Patentanspruch verwendete Begriffe gegeneinander auszutauschen
sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2015 – X ZR 43/13, GRUR 2015, 875, Amtli-
cher Leitsatz b), Abschnitt III. 1. – Rotorelemente).
Die Merkmale M5 bis M8.2 legen fest, dass iterativ mehrere Erfassungsschritte
durchzuführen sind, nämlich das Positionieren des Objekts mit einem bestimmten
Azimutwinkel θj zur Kamera, nachfolgend das Positionieren mit einem bestimmten
Polarwinkel αi zur Kamera und Aufnahme eines (ersten) Kamerabildes Lij; ferner
das Positionieren des Objekts mit einem weiteren Polarwinkel βi zur Kamera und
Aufnahme eines zweiten Kamerabildes Rij. Dabei unterscheiden sich die beiden
Polarwinkel αi und βi durch eine feste Polarwinkeldifferenz δ. Unter den An-
spruch 1 fällt als eine Variante der Merkmale M2, M7.1, M7.2, M8.1 und M8.2,
dass es sich bei der aufgeführten „zumindest einen optischen Erfassungseinrich-
tung“ um eine (einzige) Kamera handelt, welche zwischen den beiden Bildauf-
nahmen Lij und Rij verschoben wird (vgl. Abs. [0012], [0042] der Offenlegungs-
schrift).
Das Positionieren des Objekts ist als ein relatives Positionieren zu verstehen,
welches durch ein Verlagern oder Drehen des Objektes oder durch Verlagern bzw.
Drehen der Kamera bewirkt werden kann (vgl. Abs. [0012] der Offenlegungs-
schrift). Im Anspruch ist angegeben, dass N Polarwinkel α1 bis αN und M Azimut-
winkel θ1 bis θM bestimmt werden (vgl. Merkmale M4a, M4b); der Anspruchswort-
laut legt nicht fest, welche Werte N und M annehmen sollen. Die Beschreibung
erläutert, dass N und M natürliche Zahlen sind und nennt als Beispiele 2, 3, 4, 5, 6
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usw. (vgl. Offenlegungsschrift, Abs. [0009] u. [0035]). Im einfachsten Fall mit N = 1
und M = 1 besteht das Verfahren darin, einen Polarwinkel α1 und einen Polarwin-
kel β1 sowie einen Azimutwinkel θ1 festzulegen, das Objekt unter den Winkeln θ1
und α1 zu positionieren und ein erstes Bild aufzunehmen, sodann das Objekt unter
einem veränderten Polarwinkel β1 zu positionieren und ein zweites Bild aufzuneh-
men und diese Bilder kodiert abzuspeichern.
Die in Merkmal M9 aufgeführte Kodierung kann erfolgen, indem die ersten und
zweiten Bilder voneinander getrennt in dem Bilddatensatz gespeichert werden und
dafür beispielsweise mit einer Nummer versehen werden (vgl. Abs. [0014] der Of-
fenlegungsschrift).
Anspruch 1 macht keine Aussage darüber, ob das Verfahren manuell, automatisch
oder semiautomatisch durchgeführt wird.
4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht für den Fachmann in Kenntnis von
Druckschrift D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Druckschrift D3 offenbart ein Verfahren zum dreidimensionalen Erfassen von Ob-
jekten (vgl. Abstract, Sp. 1, Z. 8 - 11 / Merkmal M1) in verschiedenen Varianten. In
der 3. und 4. Ausführungsform (vgl. Fig. 18 u. 19) wird als optische Erfassungsein-
richtung eine einzige Kamera (imaging device 10) bereitgestellt (Merkmal M2), zu
der ein dreidimensionales Objekt (object 1) um vorbestimmte Winkel positionierbar
ist (vgl. Anspruch 1, Sp. 28, Z. 46 - 47 / Merkmal M3). Es werden beispielsweise
drei Polarwinkel festgelegt, d. h. bestimmt, unter denen mit der einen Kamera je-
weils ein rechtes und ein linkes Bild aufgenommen wird, wobei sich die Kame-
rapositionen um eine feste Polarwinkeldifferenz (rotational angle difference Δθ)
unterscheiden (vgl. Sp. 25, Z. 62 - Sp. 26, Z. 67: insbes. Sp. 26, Z. 46 f.: … to ob-
tain stereo images consisting of a pair of right and left images from three angles
…; Sp. 26, Z. 5 - 13 / Merkmale M4a, M4b).
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Druckschrift D3 beschreibt auch, dass zu den Parametern, unter denen die Auf-
nahmen erfolgen, neben dem Abstand der Positionen, in denen die Kamera ein
rechtes und ein linkes Bild aufnimmt (baseline length l), die Positionen der Ka-
mera, entsprechend den in der Anmeldung als Polarwinkel bezeichneten Winkeln
in der Äquatorebene, und die Neigung der Kamera gehören (vgl. Sp. 5, Z. 12 - 17,
Anspruch 1). Bei der Neigung der Kamera (tilt) handelt es sich um einen Azimut-
winkel im Sinne der Anmeldung. Druckschrift D3 gibt an, dass je nach Beschaf-
fenheit des zu erfassenden Objekts Aufnahmen aus einer Vielzahl von Richtungen
zu machen sind (vgl. Sp. 2, Z. 59 - Sp. 3, Z. 4). Der Fachmann versteht dies als
Hinweis, je nach Objekt nicht nur die Polarwinkel, sondern auch die Neigung der
Kamera zu variieren, also zu bestimmen, dass auch unter verschiedenen Azimut-
winkeln Aufnahmen erfolgen (Merkmal M4c).
Zur Erfassung des Objekts wird ein iteratives Verfahren durchlaufen (vgl. Fig. 7 /
Merkmal M5): Das Objekt wird zunächst in einer vorbestimmten Position positio-
niert (vgl. Sp. 3, Z. 5 - 15; Fig. 7: Schritte S10, S20 / Merkmale M6, M7.1). Nach
Erfassung eines ersten Bildes mit der Kamera (Fig. 7: Schritt S30) erfolgt das Po-
sitionieren des Objekts mit einem Polarwinkel, der sich vom ersten Polarwinkel um
die feste Polarwinkeldifferenz (rotational angle difference Δθ) unterscheidet und
die Aufnahme eines weiteren Bildes, wobei die Bilder zur weiteren Verarbeitung
abgespeichert werden (vgl. Sp. 25, Z. 67 - Sp. 26, Z. 8; Sp. 26, Z. 40 - 55; Sp. 26,
Z. 13 - 16: monaural image storing part 16, Fig. 7: Iteration der Schritte S20 bis
S50 / Merkmale M7.2, M8.1, M8.2). Schließlich werden die aufgenommenen ers-
ten und zweiten Bilder als Paare von Stereobildern gespeichert, was ein Erstellen
und Speichern eines Bilddatensatzes mit einer Kodierung entsprechend Merkmal
M9 darstellt (vgl. Sp. 26, Z. 56 - 59, Sp. 28, Z. 53 - 58).
Aus Druckschrift D3 ist somit ein Verfahren bekannt, das sämtliche Merkmale des
Verfahrens des Anspruchs 1 in der Variante mit N = 3 und M = 1 aufweist.
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Den Ausführungen der Anmelderin (vgl. Schriftsatz vom 20. Oktober 2016, Ab-
schnitt III. a), das Bezugszeichen Δθ in Druckschrift D3 betreffe keinen Azimutwin-
kel, sondern eine Drehwinkeldifferenz, ist zuzustimmen, da diese Winkeldifferenz
eine Polarwinkeldifferenz im Sinne der Anmeldung darstellt (vgl. Merkmal M4b).
Nicht folgen kann der Senat jedoch der Argumentation der Anmelderin, ein stu-
fenweises Erfassen des Objekts in einzelnen Höhenpositionen sei in keiner
Druckschrift erwähnt. Denn Druckschrift D3 unterscheidet zwischen der Drehwin-
keldifferenz, welche sich auf eine Referenzrichtung in der Äquatorebene bezieht
und in Druckschrift D3 als azimuth und photographing position bezeichnet wird
(vgl. Sp. 29, Z. 50 - 55, Anspruch 1), und der Neigung der Kamera bezogen auf
das zu untersuchende Objekt, was in Druckschrift D3 als tilt bezeichnet wird und
als zusätzlicher zu variierender Parameter der Festlegung von Azimutwinkeln im
Sinne der Anmeldung entspricht (vgl. Sp. 27, Z. 50 - 54; Sp. 3, Z. 35 - 39). Dabei
ist für den Fachmann klar, dass die Anzahl der erforderlichen Stereoaufnahmen,
also die Festlegung von N und M im Sinne des Anspruchs 1 der vorliegenden An-
meldung, in Abhängigkeit vom zu untersuchenden Objekt, dessen dreidimensio-
naler Kontur und der gewünschten Genauigkeit erfolgen muss (vgl. auch D3:
Sp. 26, Z. 64 - Sp. 27, Z. 6; Sp. 2, Z. 59 - Sp. 3, Z. 4).
Somit ist dem Fachmann in Kenntnis von Druckschrift D3 ein Verfahren mit den
Merkmalen des Anspruchs 1 in der Variante mit N = 3 und M > 1 nach Hauptan-
trag nahegelegt.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher gegenüber dem aus Druckschrift
D3 bekannten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist daher nicht patentfähig.
5. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag entspricht dem Anspruch 1 nach Hauptan-
trag und ist daher aus den in Abschnitt II. 4. genannten Gründen ebenfalls nicht
patentfähig.
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6. Mit den jeweils nicht patentfähigen Ansprüchen 1 nach Haupt- und Hilfsantrag
sind auch der zu Anspruch 1 nach Hauptantrag nebengeordnete Patentanspruch 5
sowie die auf diese Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche
nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren
gerichtet war (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 – X ZB 6/05, GRUR 2007,
862 Abschnitt III. 3. a) aa) – Informationsübermittlungsverfahren II).
7. Nachdem die jeweiligen Anspruchssätze nach Haupt- und Hilfsantrag nicht
patentfähig sind, war die Beschwerde zurückzuweisen.

III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Dr. Schwengelbeck Kruppa Dr. Otten-Dünnweber Dr. Flaschke

Hu


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