18 W (pat) 186/14  - 18. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



18 W (pat) 186/14
_______________
(Aktenzeichen)


Verkündet am
25. Januar 2017





B E S C H L U S S

In der Einspruchsbeschwerdesache

betreffend das Patent 10 2004 015 785



- 2 -
hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden
Richterin Dipl.-Ing. Wickborn, der Richter Kruppa, Dipl.-Phys. Dr. Schwengelbeck
und der Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss
der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 5. November 2013 aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.


G r ü n d e

I.

Die Beschwerdeführerin hat gegen das am 25. März 2004 beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt angemeldete Patent 10 2004 015 785 mit der Bezeichnung

„Verfahren zur Bestimmung der Abmessung eines Querschnitts ei-
nes Flachkabels oder eines Sektorleiters“,
dessen Erteilung am 6. Juni 2012 veröffentlicht worden ist, Einspruch erhoben.
Zur Begründung hat die Einsprechende aufgeführt, dass der Gegenstand des Pa-
tents nach § 4 PatG nicht patentfähig sei, das Patent die Erfindung nicht so voll-
ständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne und dass der Gegen-
stand des Patents über den Inhalt der ursprünglichen Offenbarung hinausgehe.
Die Einsprechende hat hierzu auf die folgenden Druckschriften verwiesen:
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D1: DE 101 14 961 A1,
D2: DE 100 03 717 A1,
D3: DE 36 33 275 A1
D4: US 5 408 325 A,
D5: DE 197 57 067 A1,
D6: EP 1 154 226 B1 und
D7: US 4 880 991 A.
Mit Beschluss vom 5. November 2013 hat die Patentabteilung 54 das Streitpatent
in vollem Umfang aufrechterhalten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.
Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,
den Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent-
und Markenamtes vom 5. November 2013 aufzuheben und das
Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,
die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen, hilfs-
weise das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen
beschränkt aufrechtzuerhalten:

hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1
Patentansprüche 1 bis 10, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2
Patentansprüche 1 bis 10, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
- 4 -
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2a
Patentansprüche 1 bis 9, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 3
Patentansprüche 1 bis 10, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 3a
Patentansprüche 1 bis 10, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 3b
Patentansprüche 1 bis 9, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 4
Patentansprüche 1 bis 10, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 4a
Patentansprüche 1 bis 10, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 5
Patentansprüche 1 bis 10, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 5a
Patentansprüche 1 bis 10, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 5b
Patentansprüche 1 bis 7, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
- 5 -
Beschreibung Seiten 2 bis 6 zu Hauptantrag und Hilfsanträgen
1, 2, 3, 3a, 4, 4a, 5 und 5a gemäß Patentschrift, zu Hilfsanträ-
gen 2a und 3b Seiten 2 bis 6, eingereicht in der mündlichen
Verhandlung, zu Hilfsantrag 5b Seiten 2 bis 6, eingereicht in der
mündlichen Verhandlung,
Figuren 1 bis 4 gemäß Patentschrift.

Die Beschwerdeführerin macht hinsichtlich der verschiedenen unabhängigen An-
sprüche unzulässige Erweiterung, fehlende Ausführbarkeit und mangelnde erfin-
derische Tätigkeit geltend.
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin macht geltend, dass die erteilten
Ansprüche wie auch die geänderten Anspruchsfassungen zulässig seien und die
beanspruchten Gegenstände neu und erfinderisch seien.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene geltende Patentanspruch
1 nach Hauptantrag ist wortgleich zum erteilten Anspruch 1 und lautet:
M1 „Verfahren zur Bestimmung der Abmessung eines ausreichende
Symmetrien aufweisenden Querschnitts eines Flachkabels,
M2 entlang mindestens einer Achse des Querschnitts, welcher gerun-
dete Ecken besitzt, die durch Kreisabschnitte oder durch Ellipsenab-
schnitte von Ellipsen mit ungleichen Halbmessern gebildet werden,
mit folgenden Schritten:
M3 – mit mindestens zwei Paar räumlich beabstandeter punktförmiger
Lichtquellen wird das Flachkabel annähernd senkrecht zur Kabellän-
gsachse so beleuchtet, dass zwei unterschiedliche Randstrahlen je
Kreisabschnitt bzw. drei unterschiedliche Randstrahlen je Ellipsen-
abschnitt erzeugt werden,
- 6 -
M4 – in einem Speicher einer Messeinrichtung werden die Koordinaten
der Lichtquellen und mindestens eines lichtempfindlichen ortsauflö-
senden Sensors, auf den die Randstrahlen treffen, in einem in der
Messebene liegenden Koordinatensystem gespeichert,
M5 – es werden die Koordinaten der Auftrefforte der Randstrahlen auf
dem Sensor ermittelt,
M6 – aus den Koordinaten der Auftrefforte und der Lichtquellen werden
mit Hilfe von geometrischen Gleichungen und unter Ausnutzung der
Symmetrien des zu vermessenden Querschnitts die Lage der Mittel-
punkte und die Radien der Kreisabschnitte bzw. die Lage der Mittel-
punkte und beide Halbmesser der Ellipsen berechnet, und
M7 – aus den berechneten Größen wird mindestens eine Abmessung
des Flachkabelquerschnitts bestimmt.“
Wegen des Wortlauts des nebengeordneten Anspruchs 2 und der Unteransprüche
3 bis 10 nach Hauptantrag wird auf die Akte verwiesen.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene geltende Patentan-
spruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet:
M1.1 „Verfahren zur Bestimmung der Abmessung eines achsensymmetri-
schen Querschnitts eines Flachkabels,
M2 entlang mindestens einer Achse des Querschnitts, welcher gerun-
dete Ecken besitzt, die durch Kreisabschnitte oder durch Ellipsenab-
schnitte von Ellipsen mit ungleichen Halbmessern gebildet werden,
mit folgenden Schritten:
M3 – mit mindestens zwei Paar räumlich beabstandeter punktförmiger
Lichtquellen wird das Flachkabel annähernd senkrecht zur Kabellän-
gsachse so beleuchtet, dass zwei unterschiedliche Randstrahlen je
- 7 -
Kreisabschnitt bzw. drei unterschiedliche Randstrahlen je Ellipsen-
abschnitt erzeugt werden,
M4 – in einem Speicher einer Messeinrichtung werden die Koordinaten
der Lichtquellen und mindestens eines lichtempfindlichen ortsauflö-
senden Sensors, auf den die Randstrahlen treffen, in einem in der
Messebene liegenden Koordinatensystem gespeichert,
M5 – es werden die Koordinaten der Auftrefforte der Randstrahlen auf
dem Sensor ermittelt,
M6.1 – aus den Koordinaten der Auftrefforte und der Lichtquellen werden
mit Hilfe von geometrischen Gleichungen und zusätzlichen sich aus
der Symmetrie des zu vermessenden Querschnitts ergebenden
Hilfsannahmen die Lage der Mittelpunkte und die Radien der Kreis-
abschnitte bzw. die Lage der Mittelpunkte und beide Halbmesser der
Ellipsen berechnet, und
M7 – aus den berechneten Größen wird mindestens eine Abmessung
des Flachkabelquerschnitts bestimmt.“
Wegen des Wortlauts des nebengeordneten Anspruchs 2 und der Unteransprüche
3 bis 10 nach Hilfsantrag 1 wird auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 entspricht dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 1 unter Einschub des Merkmals M6.2 in das Merkmal M6.1, so dass diese
Merkmale nunmehr lauten:
M6.1… „– aus den Koordinaten der Auftrefforte und der Lichtquellen werden
mit Hilfe von geometrischen Gleichungen und zusätzlichen sich aus
der Symmetrie des zu vermessenden Querschnitts ergebenden
Hilfsannahmen
- 8 -
M6.2 über die Lage der Mittelpunkte und die Größe der Radien der
Kreisabschnitte bzw. die Lage der Mittelpunkte und die Größe beider
Halbmesser der Ellipsenabschnitte
…M6.1 die Lage der Mittelpunkte und die Radien der Kreisabschnitte bzw.
die Lage der Mittelpunkte und beide Halbmesser der Ellipsen be-
rechnet, und“
Wegen des Wortlauts des nebengeordneten Anspruchs 2 und der Unteransprüche
3 bis 10 nach Hilfsantrag 2 wird auf die Akte verwiesen.
Der Hilfsantrag 2a unterscheidet sich von Hilfsantrag 2 durch Entfall des neben-
geordneten Anspruchs 2. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2a ist wortidentisch zu
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2. Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 9
nach Hilfsantrag 2a wird auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 entspricht dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 1 unter Ersetzung des Merkmals M7 durch das folgende Merkmal M7.3:
M7.3 „– aus den berechneten Größen wird die Dicke und Breite des
Flachkabelquerschnitts bestimmt.“
Wegen des Wortlauts des nebengeordneten Anspruchs 2 und der Unteransprüche
3 bis 10 nach Hilfsantrag 3 wird auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3a entspricht dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 2 unter Ersetzung des Merkmals M7 durch das vorstehend aufgeführte
Merkmal M7.3. Wegen des Wortlauts des nebengeordneten Anspruchs 2 und der
Unteransprüche 3 bis 10 nach Hilfsantrag 3a wird auf die Akte verwiesen.
Der Hilfsantrag 3b unterscheidet sich von Hilfsantrag 3a durch Entfall des neben-
geordneten Anspruchs 2. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3b ist wortidentisch zu
- 9 -
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3a. Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 9
nach Hilfsantrag 3b wird auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 entspricht dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 1. In Hilfsantrag 4 wurden in Patentanspruch 2 Änderungen vorgenommen.
Wegen des Wortlauts des nebengeordneten Anspruchs 2 und der Unteransprüche
3 bis 10 nach Hilfsantrag 4 wird auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4a entspricht dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 2 und Hilfsantrag 2a. Wegen des Wortlauts des nebengeordneten An-
spruchs 2, in dem Änderungen vorgenommen wurden, und der Unteransprüche 3
bis 10 nach Hilfsantrag 4a wird auf die Akte verwiesen.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 2 nach
Hilfsantrag 5 lautet:
N1 „Verfahren zur Bestimmung der Abmessung eines unrunden Quer-
schnitts eines Sektorleiters, entlang mindestens einer Achse des
Querschnitts, dessen Querschnittsumfang Kreisabschnitte aufweist,
mit folgenden Schritten:
N2 – mit einer Mindestzahl räumlich beabstandeter punktförmiger Licht-
quellen wird der Sektorleiter annähernd senkrecht zur Kabellängs-
achse so beleuchtet, dass mindestens drei unterschiedliche Rand-
strahlen je Kreisabschnitt erzeugt werden,
N3 – in einem Speicher einer Messeinrichtung werden die Koordinaten
der Lichtquellen und mindestens eines lichtempfindlichen, ortsauflö-
senden Sensors, auf den die Randstrahlen treffen, in einem in der
Messebene liegenden Koordinatensystem gespeichert,
N4 – es werden die Koordinaten der Auftrefforte der Randstrahlen auf
dem Sensor ermittelt,
- 10 -
N5 – aus den Koordinaten der Auftrefforte und der Lichtquellen werden
mit Hilfe von geometrischen Gleichungen die Lage der Mittelpunkte
MK1, MK2 und die Radien R1, R2 der Kreisabschnitte berechnet,
und
N6 – aus den berechneten Größen wird die Dicke und Breite des Sektor-
leiters bestimmt,
N7 wobei die Dicke des Sektorleiters nach der Formel R2 + R1 – (MK2 –
MK1) ermittelt wird.“
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 entspricht dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 1 und Hilfsantrag 4. Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 3 bis 10
nach Hilfsantrag 5 wird auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 5a entspricht dem Patentanspruch 2 nach
Hilfsantrag 5. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5a entspricht dem Anspruch
1 nach Hilfsantrag 2, 2a und 4a. Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 3 bis
10 nach Hilfsantrag 5a wird auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5b entspricht dem Anspruch 2 nach Hilfs-
antrag 5 und 5a. Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 7 wird auf die
Akte verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die Beschwerde der Einsprechenden führt zur Aufhebung des Beschlusses der
Patentabteilung und zum Widerruf des Patents. Denn die Gegenstände des jewei-
ligen Anspruchs 1 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 5b sowie die Gegen-
stände des jeweiligen Anspruchs 2 nach den Hilfsanträgen 5 und 5a gehen über
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den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinaus (§ 21 Abs. 1 Nr. 4
PatG) und die Gegenstände des jeweiligen Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1, 2, 2a,
3, 3a, 3b, 4 und 4a beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 21 Abs. 1
Nr. 1 i. V. m. § 4 PatG). Ob die Gegenstände der Ansprüche nach Hauptantrag
und nach den Hilfsanträgen 5, 5a und 5b im Hinblick auf die §§ 1 bis 5 PatG pa-
tentfähig sind, kann dahin gestellt bleiben. Ebenso können Fragen der Zulässigkeit
der Ansprüche nach den Hilfsanträgen 1, 2, 2a, 3, 3a, 3b, 4 und 4a sowie der
Neuheit der Anspruchsgegenstände dahinstehen (vgl. BGH, Urteil vom
18. September 1990 – X ZR 29/89, GRUR 1991, 120, 121 li. Sp. Abs. 3 – Elasti-
sche Bandage).


1. Die Einspruchsbeschwerde wurde rechtzeitig eingelegt und ist auch sonst
zulässig. Der Einspruch war ausreichend mit Gründen versehen und ebenfalls
zulässig.


2. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Bestimmung der Abmessung eines
Querschnitts eines Flachkabels oder eines Sektorkabels (vgl. Streitpatent
DE 10 2004 015 785 B4, Abs. [0001]).
Die Beschreibungseinleitung benennt als ein Beispiel eines Flachkabels einen
isolierten Doppelleiter, welcher im Querschnitt eine Acht bilde. Bei solchen Flach-
kabeln sei zumeist die im Querschnitt kürzere Seite kreisbogenförmig oder ellip-
senförmig gerundet, bekannt seien jedoch auch als Rechteck ausgeführte Flach-
kabel mit ungerundeten Kanten oder Ecken. Sektorkabel seien Einzelleiter von
Mehrleiterkabeln und hätten üblicherweise einen Sektorwinkel von 90 ° oder von
120 °, wobei die Außenseite im Querschnitt kreisbogenförmig und die zum Mittel-
punkt verlaufenden Seiten im Schnittbereich gerundet seien (vgl. Streitpatent, Abs.
[0002] u. [0003]). Bei der Herstellung derartiger Kabel sei es ein Erfordernis, die
Abmessungen zu kontrollieren. Aus dem Stand der Technik gemäß Druckschriften
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D5 und D1 seien Messverfahren bekannt, bei welchen Lichtquellen das Kabel
oder den Strang annähernd senkrecht zur Längsachse beleuchten und die Inten-
sitätsverläufe bzw. die Lage der Randstrahlen zur Ermittlung von Abmessungen
herangezogen werden (vgl. Streitpatent, Abs. [0004], [0006] u. [0007]).
Dem Streitpatent liege dementsprechend die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren
zur Bestimmung der Abmessung eines Flachkabels oder eines Sektorkabels an-
zugeben, das unabhängig von der Drehlage des Flachkabels eine relativ genaue
Messung ermögliche (vgl. Streitpatent, Abs. [0008]).
Die Aufgabe soll durch die Merkmale der jeweiligen nebengeordneten Ansprü-
che 1 bzw. 2 gemäß Haupt- und Hilfsanträgen 1 bis 5b gelöst werden.
Als Fachmann sieht der Senat einen Physiker oder einen Ingenieur der Fach-
richtung Messtechnik an, der über Berufserfahrung in der Entwicklung von opti-
scher Messtechnik verfügt.
Bei der Bestimmung der Aufgabe einer Erfindung sind Vorgaben, die der Fach-
mann von seinen Auftraggebern erhält, miteinzubeziehen, sie sind nicht der Pro-
blemlösung, sondern dem Problem selbst zuzurechnen (vgl. BGH, Urteil vom
30. Juli 2009 – Xa ZR 22/06, GRUR 2010, 44, Amtlicher Leitsatz a) – Dreinaht-
schlauchfolienbeutel). Das technische Problem ist aus dem zu entwickeln, was die
Erfindung tatsächlich leistet (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 – Xa ZR 36/08,
GRUR 2010, 602, Amtlicher Leitsatz a) – Gelenkanordnung). Die sich anhand des
jeweiligen unabhängigen Anspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 4a ergebende
objektive Aufgabe ist daher darin zu sehen, ein Verfahren zur Bestimmung der
Abmessung eines Flachkabels mit achsensymmetrischem Querschnitt anzugeben,
wobei das zu vermessende Flachkabel einen Querschnitt mit gerundeten Ecken
besitzt und es sich bei der zu bestimmenden Abmessung um eine Abmessung
entlang mindestens einer Achse des Querschnitts des Flachkabels handelt (vgl.
- 13 -
die Merkmale M1, M1.1, M2). Die Lösung dieser Aufgabe besteht in den Ver-
fahrensschritten gemäß den weiteren Merkmalen.

3. Einige der in den unabhängigen Ansprüchen nach Hauptantrag und nach den
Hilfsanträgen 1 bis 5b aufgeführten Merkmale bedürfen der Auslegung.
Die Verfahren sollen zur Bestimmung der Abmessung eines Querschnitts eines
Flachkabels oder eines Sektorleiters dienen (vgl. Merkmale M1, M1.1, N1), wobei
in den Merkmalen M2 bzw. N1 festgelegt ist, dass der Querschnitts-Umfang Kreis-
abschnitte oder Ellipsenabschnitte aufweist.
Von dem zu untersuchenden Objekt, dem Flachkabel oder dem Sektorleiter, wird
ausschließlich der Abschnitt des Umfangs durch Ermitteln der Randstrahlen unter-
sucht, der eine Kreisform (oder Ellipsenform) aufweist (vgl. Merkmale M3 bzw. N2,
M5 bzw. N4). Bei der in Merkmal M7 aufgeführten Abmessung kann es sich dem-
entsprechend nur um eine den Kreis oder die Ellipse betreffende Abmessung
handeln, beispielsweise den Kreisdurchmesser oder die Dicke des Kabels (vgl.
Streitpatent, Abs. [0012] u. [0037}).
Gemäß Merkmal M3 bzw. N2 wird das zu untersuchende Objekt mit punktförmi-
gen Lichtquellen beleuchtet, beispielsweise mit Laserdioden (vgl. Streitpatent,
Abs. [0016]). Davon umfasst sind auch punktförmige Lichtquellen, bei denen der
Lichtstrahl etwa durch Kollimationslinsen aufgeweitet wird und welche somit kei-
nen fächerförmigen Strahlengang, sondern parallele Lichtbündel erzeugen.
Für den Sensor ist festgelegt, dass dieser lichtempfindlich und ortsauflösend aus-
gebildet ist, also etwa ein Flächen- oder Zeilensensor (vgl. Streitpatent, Abs.
[0017]). Die Merkmale M6 und N5 geben an, dass die Lage der Kreismittelpunkte
und die Radien der Kreisabschnitte (bzw. entsprechend für Ellipsen) berechnet
werden, wobei die Koordinaten der Auftrefforte der Randstrahlen auf dem licht-
- 14 -
empfindlichen Sensor, die Koordinaten der Lichtquellen (vgl. Merkmal M4) und die
(bekannte) Symmetrie des zu vermessenden Objekts eingehen.
Merkmal M3 im jeweiligen Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen
1 bis 4a verlangt zwar mindestens zwei Paar räumlich beabstandeter Lichtquellen,
also mindestens vier Lichtquellen, im weiteren gefordert sind jedoch lediglich zwei
unterschiedliche Randstrahlen je Kreisabschnitt. Wie viele Koordinaten der Auf-
trefforte der Randstrahlen in die Auswertung gemäß den Merkmalen M4, M5, M6
und M7 eingehen, hängt somit von der Anzahl der beleuchteten Kreisabschnitte
ab.
Die in den Hilfsanträgen aufgeführten Hilfsannahmen (vgl. Merkmal M6.1) ergeben
sich aus der Symmetrie des zu vermessenden Querschnitts und dienen somit
dazu, als vorab bekannte Werte gegebenenfalls fehlende Unbekannte aus den
sich mit den Messwerten ergebenden Gleichungen zu bestimmen (vgl. Streitpa-
tent, Abs. [0018]). Für die Verfahren des jeweiligen Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1
bis 4a ist der Querschnitt des Flachkabels als achsensymmetrisch festgelegt, wo-
bei als Querschnitt ein Schnitt senkrecht zur Längsachse des Flachkabels anzu-
sehen ist. Im einfachsten Fall könnte der Querschnitt ein Rechteck mit auf einer
Schmalseite gerundeten Ecken, welche durch einen Halbkreis dargestellt sind,
bilden. Die in der Figur 1 des Streitpatents dargestellte Querschnittsform besitzt
zwei Kreisabschnitte (K1, K2), welche jeweils die Schmalseiten des Querschnitts
darstellen.
4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag geht über den Inhalt der
Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.
Der erteilte Anspruch 1, welcher dem Anspruch 1 nach Hauptantrag entspricht,
betrifft die Vermessung eines Flachkabels mit einem Querschnitt, der gerundete
Ecken besitzt. Gegenüber den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 3 weist Anspruch
1 nach Hauptantrag im Wesentlichen folgende Änderungen auf:
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 Das Verfahren soll zur Bestimmung von Abmessungen eines ausreichende
Symmetrien aufweisenden Querschnitts eines Flachkabels dienen (Merk-
mal M1).
 Mit mindestens zwei Paar Lichtquellen wird so beleuchtet, dass zwei unter-
schiedliche Randstrahlen je Kreisabschnitt erzeugt werden (Merkmal M3).
 Die Berechnung erfolgt unter Ausnutzung der Symmetrien des zu vermes-
senden Querschnitts (Merkmal M6).
Die ursprünglichen Unterlagen (vgl. die Offenlegungsschrift
DE 10 2004 015 785 A1) enthielten drei unabhängige Ansprüche:
Gemäß ursprünglichem Anspruch 1 sollte ein unrunder Querschnitt eines Strang-
profils – etwa eines Sektorleiters oder Flachkabels – mit Kreisabschnitten am
Umfang mit einer Mindestanzahl von Lichtquellen so beleuchtet werden, dass
mindestens drei unterschiedliche Randstrahlen erzeugt werden. Dies entspricht
der in Figur 1 gezeigten Ausführungsform, bei der der Querschnitt parallele Längs-
seiten und kreisförmige kürzere Seiten mit Kreisen K1 und K2 aufweist, und bei
der, wie in Absatz [0009] der Offenlegungsschrift ausgeführt, mindestens drei
Randstrahlen je Kreisabschnitt vonnöten sind. Durch Beleuchtung mit den vier
Lichtquellen ergeben sich je vier Randstrahlen pro Kreis(abschnitt), wobei aus den
acht Gleichungen sechs ausgewertet werden (vgl. Offenlegungsschrift, Abs.
[0029], le. Satz).
Gemäß ursprünglichem Anspruch 2 wurde ein nicht abgerundete Ecken aufwei-
sender Querschnitt eines Strangprofils mit einer Mindestzahl von Lichtquellen so
beleuchtet, dass mindestens zwei unterschiedliche Randstrahlen je Ecke erzeugt
werden. Dies entspricht der Ausführungsform, welche in den Absätzen [0013] und
[0039] der Offenlegungsschrift erläutert ist und welche im Streitpatent nicht mehr
aufgeführt ist (die zugehörige ursprüngliche Fig. 5 wurde ebenfalls gestrichen).
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Gemäß ursprünglichem Anspruch 3 sollte ein achsensymmetrischer Querschnitt
eines Strangprofils, etwa eines Flachkabels, untersucht werden, der durch Kreis-
abschnitte gebildete gerundete Ecken aufweist, wobei mit einer Mindestanzahl von
Lichtquellen mindestens zwei Randstrahlen je Kreisabschnitt erzeugt werden und
die Berechnung mit Hilfe zusätzlicher, sich aus der Symmetrie des zu vermessen-
den Querschnitts ergebenden Hilfsannahmen erfolgt. Dies entspricht der Ausfüh-
rungsform gemäß den Absätzen [0019] und [0031] bis [0033] sowie Figur 2 der
Offenlegungsschrift. Dabei ist der Begriff Kreisabschnitt so zu verstehen, dass
beispielsweise der in Figur 2 gezeigte Querschnitt die vier Kreisabschnitte K1, K2,
K3, K4 aufweist, so dass insgesamt acht Randstrahlen ausgewertet werden (vgl.
auch Abs. [0031] der Offenlegungsschrift, le. Satz: „zur Bestimmung ist für jeden
Kreisabschnitt die Berechnung von zwei Tangenten […] erforderlich“).
Mithilfe des Verfahrens des Anspruchs 1 nach Hauptantrag soll ein Flachkabel,
dessen Querschnitt ausreichende Symmetrien und gerundete Ecken aufweist,
vermessen werden, wobei zwei unterschiedliche Randstrahlen je Kreisabschnitt
erzeugt werden (vgl. Merkmale M1, M2, M3). Eine Beleuchtung eines Flachkabels
so, dass (lediglich) zwei unterschiedliche Randstrahlen je Kreisabschnitt erzeugt
werden, ist in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nur in den beiden aufge-
führten Varianten offenbart, d. h. entweder für ein Strangprofil mit ungerundeten
Ecken (Abs. [0013] u. Fig. 5 der Offenlegungsschrift; ursprünglicher Anspruch 2)
oder für ein Strangprofil mit achsensymmetrischem Querschnitt, wobei dann Hilfs-
annahmen über die Lage der Mittelpunkte zur Berechnung herangezogen werden
müssen (vgl. Abs. [0019] der Offenlegungsschrift; ursprünglicher Anspruch 3).
Das Streitpatent weist dazu die Figuren 1 bis 4 auf – insbesondere soll hier auch
die Ausführungsform gemäß Figur 1 eine erfindungsgemäße Ausführungsform
darstellen (vgl. Streitpatent, Abs. [0026] - [0028]). Das gezeigte Flachkabel, des-
sen Querschnitt an beiden Querseiten eine Kreisform aufweist (Kreise K1 und K2)
ist von den gezeigten Ausführungsformen diejenige mit der höchsten Symmetrie
und erfüllt jedenfalls das Merkmal M1. Ebenso ist das Merkmal M2 erfüllt, wonach
- 17 -
der Querschnitt gerundete Ecken besitzt. Das Flachkabel weist mit den Kreisen
(genauer Kreisabschnitten) K1 und K2 genau zwei Kreisabschnitte auf. Gemäß
Merkmal M3 sollen diese so beleuchtet werden, dass zwei unterschiedliche Rand-
strahlen je Kreisabschnitt erzeugt werden, was bedeutet, dass insgesamt vier
Randstrahlen erzeugt werden. Aus den ursprünglichen Unterlagen ist jedoch nicht
ersichtlich, dass bei einer Erzeugung von nur vier Randstrahlen ohne Hilfsannah-
men zu den Kreismittelpunkten die in Merkmal M6 aufgeführten Berechnungen
erfolgen. Die in Merkmal M6 gemachte Angabe, dass „unter Ausnutzung der
Symmetrien des zu vermessenden Querschnitts“ die Berechnung erfolgen soll,
bedingt nicht zwingend die Heranziehung von Hilfsannahmen; von dieser Formu-
lierung ist beispielsweise auch umfasst, dass (lediglich) die Symmetrie hinsichtlich
der Längsrichtung des Flachkabels ausgenutzt wird, dass bei der Vermessung
also davon ausgegangen wird, dass es unerheblich ist, an welcher Stelle bezogen
auf die Längsachse des Kabels die Vermessung stattfindet, etwa indem die ver-
schiedenen Lichtquellen hinsichtlich der Längsachse versetzt angeordnet sind. Die
Merkmalskombination des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist daher nicht ur-
sprünglich offenbart.
Die Patentabteilung hat in ihrem Beschluss zur Zulässigkeit des erteilten An-
spruchs 1 ausgeführt, dass der Begriff „Kreisabschnitt“ durch den Anspruch 1 so
festgelegt sei, dass diese die gerundeten Ecken des Flachkabelquerschnitts bil-
deten, so dass der in der Figur 1 gezeigte Flachkabelquerschnitt vier Kreisab-
schnitte aufweise. Merkmal M2 besagt jedoch lediglich, dass der Querschnitt des
Flachkabels gerundete Ecken besitzen soll, welche durch Kreisabschnitte gebildet
werden. Daraus lässt sich nicht die Aussage ableiten, eine halbkreisförmige Ecke
sei zwingend in mehrere Kreisabschnitte zu zerlegen, wobei zudem fraglich wäre,
ob es nicht weitere Kreisabschnitte gibt, da sich jeder Kreis noch in weitere Ab-
schnitte zerlegen ließe. Zudem fallen unter den Anspruch 1 auch Verfahren, mit
welchen ein Flachkabel vermessen wird, bei dem nur zwei Ecken durch Kreisab-
schnitte gebildet werden. Dabei sind dann für die Berechnung der Kreismittel-
- 18 -
punkte und Radien ebenfalls Hilfsannahmen vonnöten, wie in der ursprünglichen
Offenbarung angegeben, was im erteilten Anspruch 1 nicht aufgeführt ist.
In der Kombination der Merkmale M1, M2, M3 und M6 geht der Gegenstand des
erteilten Patentanspruchs 1 und damit der Anspruch 1 nach Hauptantrag daher
über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.
Es kann daher dahinstehen, ob die Formulierung „eines ausreichende Symmetrien
aufweisenden Querschnitts eines Flachkabels“ ursprünglich offenbart ist.

5. Das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht für den
Fachmann in Kenntnis der Druckschriften D1 und D5 nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit.
Druckschrift D1 beschreibt ein Verfahren zur Bestimmung von Abmessungen ei-
nes Objekts, das mindestens eine Kante aufweist, beispielsweise ein extrudiertes
Kunststoffprofil, wobei eine Achsensymmetrie mitgelesen wird (vgl. Abs. [0014] -
[0016] / teilweise Merkmal M1.1, ohne Angaben zu Flachkabeln). Der Hinweis
darauf, dass eine Bestimmung der Krümmungsradien von abgerundeten Kanten
möglich ist, bedeutet nichts anderes, als dass das Verfahren auch geeignet ist,
eine Abmessung eines Objekts entlang einer Achse eines Querschnitts, der ge-
rundete, durch Kreisabschnitte gebildete Ecken besitzt, zu bestimmen (vgl. Abs.
[0020] - [0022] und Fig. 1 mit zugehörigem Text / Merkmal M2). Dabei werden vier
räumlich beabstandete punktförmige Lichtquellen verwendet, welche das Objekt
senkrecht zu seiner Längsachse so beleuchten, dass pro Lichtquelle zwei Rand-
strahlen erzeugt werden, wobei dies für Kreisabschnitte ebenfalls gilt (vgl. Fig. 1,
Abs. [0042]: Strahlungseinrichtungen 31, 41, 51, 61; Laserquellen; vgl. An-
spruch 9: … quer zu einer Längsachse des Objekts ausgerichteten Achsen …;
Abs. [0023] / teilweise Merkmal M3, ohne explizite Nennung eines Flachkabels).
Beschrieben werden Nachweiseinrichtungen 32, 42, 52, 62, welche die Ausdeh-
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nung und die geometrische Lage der abgeschatteten Bereiche ermitteln und somit
einen Sensor darstellen, der die Koordinaten von Randstrahlen ermittelt (vgl. Abs.
[0042] u. [0045], Fig. 2 / Merkmal M5). Über die Koordinaten der Lichtquellen oder
des Sensors wird keine Aussage getroffen – diese sind für die Auswertung uner-
heblich, da die Beleuchtung mit parallelen Lichtstrahlen erfolgt. Aus den Messda-
ten werden geometrische Positionen ermittelt und letztlich werden aus den be-
rechneten Größen die interessierenden Abmessungen bestimmt; bei einer Kante
mit Krümmungsradius (vgl. Abs. [0022]) somit zunächst der Radius des Kreisab-
schnitts und daraus weitere Abmessungen des zu untersuchenden Objekts (teil-
weise Merkmal M7, ohne dass ein Flachkabelquerschnitt explizit erwähnt ist).
Die Druckschrift befasst sich auch mit der Frage der eindeutigen Bestimmung von
Abmessungen des Objekts und erläutert, dass für den Fall, dass bei dem zu un-
tersuchenden Objekt nur geringe Geometrievariationen möglich sind, die Positio-
nen aller Kanten des Objekts bereits mit weniger Messeinrichtungen (n anstatt n+1
Messeinrichtungen) bestimmt werden können (vgl. Abs. [0034] u. [0035]). Der
Fachmann versteht dies als Hinweis darauf, bei der aus den Koordinaten der Auf-
trefforte erfolgenden Berechnung der Lage der Mittelpunkte und der Radien der
Kreisabschnitte der gerundeten Ecken nicht nur geometrische Gleichungen, son-
dern auch gegebenenfalls vorhandene Symmetrien heranzuziehen. Bei geringen
Geometrievariationen sind somit weniger Messeinrichtungen vonnöten, indem bei-
spielsweise statt der üblichen drei tangierenden Randstrahlen lediglich zwei
Randstrahlen herangezogen werden und über durch die Symmetrie des Quer-
schnitts bedingte Hilfsannahmen die fehlenden Unbekannten aus den Gleichun-
gen bestimmt werden (vgl. Abs. [0023] / teilweise Merkmal M6.1, ohne dass die
Koordinaten der Lichtquelle verwendet werden müssen).
Das in Druckschrift D1 beschriebene Verfahren ist allgemein auf extrudierte Ob-
jekte mit abgerundeten Kanten anwendbar und arbeitet in den offenbarten Ausfüh-
rungsbeispielen mit parallelen Lichtstrahlen (vgl. die Zitatstellen a. a. O. u. Abs.
[0028]). Wenn der Fachmann ausgehend von dieser Druckschrift gemäß der ihm
- 20 -
gestellten Aufgabe, die Abmessungen eines Querschnitts eines Flachkabels zu
bestimmen (vgl. Merkmal M1.1, teilweise Merkmal M3: Beleuchtung eines Flach-
kabels), das in Druckschrift D1 beschriebene Verfahren implementieren will, steht
er vor der Frage, welche Messdaten er zur Auswertung heranzuziehen hat. Druck-
schrift D1 gibt dabei bereits den Hinweis, dass für das Verfahren auch divergente
Strahlenbündel verwendet werden können, was den Vorteil habe, dass optische
Elemente wie Linsen entfallen können (vgl. D1: Abs. [0029]). Damit hat der Fach-
mann Veranlassung, nach Anwendungen zu suchen, die fächerförmige/divergente
Strahlenbündel im Zusammenhang mit der vorliegenden Aufgabe beinhalten. Hin-
sichtlich der Messung von Abmessungen eines strangartigen Objekts kann der
Fachmann auf Druckschrift D5 zurückgreifen, die Angaben zur Bestimmung von
Abmessungen mit fächerförmig sich ausbreitender Lichtstrahlung im Zusammen-
hang mit strangartigen Profilen und Kabeln macht.
Druckschrift D5 beschreibt ein Verfahren zur Messung des Durchmessers eines
Stranges und insbesondere eines Kabels kleineren Durchmessers (vgl. An-
spruch 1). Als Lichtquellen kommen bspw. Laserdioden zum Einsatz, als ortsauf-
lösende Sensoren Zeilensensoren 16, und es werden die Schattenlinien ausge-
wertet (vgl. Sp. 4, Z. 52 - Sp. 5, Z. 12; Anspruch 13). Als Variante wird eine
Ausgestaltung mit drei Lichtquellen beschrieben, welche dann für jeden Kreis-
abschnitt drei Randstrahlen erzeugt (vgl. Sp. 2, Z. 32 - 35). Ein Speicher der
Messeinrichtung ist nicht explizit aufgeführt, es wird aber beschrieben, dass bei
einem sich fächerförmig aufweitenden Strahlengang der Abstand der Längsachse
des Kabels zum Sensor gemäß dem Strahlensatz zu berücksichtigen ist, so dass
der Fachmann mitliest, dass die Koordinaten der Lichtquellen und des Sensors
gemäß Merkmal M4 so abzuspeichern sind, dass sie bei der weiteren Auswertung
der Daten verwendet werden können (vgl. Anspruch 7; Sp. 6, Z. 28 - 31:
Auswerteeinrichtung). Die Ermittlung der Schattengrenze auf dem Sensor beinhal-
tet ein Ermitteln der Koordinaten der Auftrefforte der Randstrahlen auf dem Sensor
gemäß Merkmal M5, welche bei der Berechnung von Radien der Kreisabschnitte
herangezogen werden (vgl. Anspruch 1). In der Ausgestaltung mit zwei um 90 °
- 21 -
versetzt angeordneten Lichtquellen wird auch die Mittenlage des Kabels im Raum
berechnet, und aus den berechneten Größen wird eine Abmessung des zu
untersuchenden Kabels bestimmt (vgl. Sp. 6, Z. 5 - 28 / teilweise Merkmal M7,
ohne Angabe eines Flachkabels).
Bei der Implementierung des aus Druckschrift D1 bekannten Verfahrens in der
Variante mit fächerförmig aufgeweitetem Strahl ist es für den Fachmann daher
naheliegend, das aus Druckschrift D5 Bekannte zu berücksichtigen, insbesondere
auch dass bei Einsatz eines fächerförmigen Strahls zur Bestimmung des Strang-
durchmessers die Kenntnis des Abstands des Messobjekts senkrecht zum Zeilen-
sensor erforderlich ist (vgl. Druckschrift D5: Sp. 2, Z. 18 - 21). Dementsprechend
wird die in Druckschrift D1 offenbarte Auswerteeinrichtung 80 neben den Mess-
daten – den Auftrefforten der Randstrahlen – auch die Koordinaten der Lichtquel-
len und des Sensors in einem Speicher speichern, so dass sie zur weiteren Be-
rechnung vorliegen (vgl. auch Druckschrift D1: Abs. [0017], Sp. 5, Z. 4 - 10 /
Merkmal M4). Aufgrund des Hinweises auf den Strahlensatz in Druckschrift D5
(vgl. Sp. 5, Z. 4 - 12) versteht der Fachmann, dass somit nicht nur, wie in Druck-
schrift D1 bereits angegeben, die Koordinaten der Auftrefforte, sondern auch die
Koordinaten der Lichtquellen bei der Berechnung der Lage der Mittelpunkte und
der Radien der Kreisabschnitte der gerundeten Ecken des Flachkabels heranzu-
ziehen sind (Merkmal M6.1). Da das zu untersuchende Objekt ein Flachkabel ist,
ergibt es sich von selbst, dass es sich bei der aus den berechneten Größen er-
mittelten Abmessung um eine Abmessung des Flachkabelquerschnitts handelt
(Merkmal M7).
Die Beschwerdegegnerin hat ausgeführt, Druckschrift D1 gebe keinen Hinweis
darauf, die Abmessungen und Mittelpunkte der Radien von Kreisabschnitten zu
ermitteln oder Abmessungen zu bestimmen. Der Fachmann habe aus dem Stand
der Technik heraus auch nicht die gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung ge-
forderte Veranlassung (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2009 – Xa ZR 92/05, GRUR
2009, 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung), die beanspruchten Abmessun-
- 22 -
gen unter Ausnutzung von Symmetrien zu bestimmen. Dieser Argumentation ver-
mag der Senat nicht zu folgen. Gemäß der Entscheidung Installiereinrichtung II
des Bundesgerichtshofs ist es eine Frage des Einzelfalls, deren Beantwortung
eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Sachverhaltselemente erfordert, in
welchem Umfang und mit welcher Konkretisierung der Fachmann Anregungen im
Stand der Technik benötigt, um eine bekannte Lösung in bestimmter Weise wei-
terzuentwickeln ist. Dabei sind nicht etwa nur ausdrückliche Hinweise an den
Fachmann beachtlich. Vielmehr können auch Eigenarten des in Rede stehenden
technischen Fachgebiets, insbesondere betreffend die Ausbildung von Fachleu-
ten, die übliche Vorgehensweise bei der Entwicklung von Neuerungen, technische
Bedürfnisse, die sich aus der Konstruktion oder der Anwendung des in Rede ste-
henden Gegenstands ergeben und auch nicht-technische Vorgaben eine Rolle
spielen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 – X ZB 6/10, GRUR 2012,
378, Amtlicher Leitsatz – Installiereinrichtung II). Vorliegend benennt zum einen
Druckschrift D1 als zu ermittelnde Werte bereits Krümmungsradien, Durchmesser,
geometrische Parameter und die Lage der Kanten des zu vermessenden Objekts
(vgl. D1: Abs. [0022], [0014], [0015] u. [0035]), so dass bei der Vermessung eines
Flachkabels mit abgerundeten Kanten die Parameter der Kreisabschnitte, welche
die Ecken bilden, und die Abmessung des Kabelquerschnitts als zu ermittelnde
Größen auf der Hand liegen. Zum anderen ist der Fachmann immer bestrebt, den
apparativen Messaufwand zu minimieren. Auch der in Druckschrift D1 gegebene
Hinweis auf eine Bestimmung mit weniger Messeinrichtungen für den Fall, dass
das Objekt nur geringe Geometrievariationen aufweist (vgl. Abs. [0034] u. [0035]),
gibt dem Fachmann ausreichend Veranlassung, die vorliegenden Symmetrien bei
der Berechnung auszunutzen, um mit weniger Randstrahlen eindeutig bestimm-
bare Abmessungen zu erhalten.
Die auf die Kreisabschnitte bezogene Alternative des Verfahrens des Anspruchs 1
nach Hilfsantrag 1 ist für den Fachmann daher in Kenntnis von Druckschrift D1
i. V. m. Druckschrift D5 nahegelegt, so dass das Verfahren nicht auf einer erfinde-
rischen Tätigkeit beruht.
- 23 -
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist somit nicht patentfähig.

6. Auch die Präzisierung gemäß dem jeweiligen Anspruch 1 nach den
Hilfsanträgen 2 und 2a kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.
Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 2 und 2a unterscheidet sich von Anspruch 1
nach Hilfsantrag 1 durch Einschub des Merkmals M6.2 in das Merkmal M6.1, wo-
mit festgelegt ist, dass es sich bei den Hilfsannahmen, die zur Berechnung heran-
gezogen werden, in der auf Kreisabschnitte bezogenen Oder-Variante um Hilfsan-
nahmen „über die Lage der Mittelpunkte und die Größe der Radien der Kreisab-
schnitte“ handelt.
Druckschrift D1 offenbart bereits, dass für Objekte mit nur geringen Geometrieva-
riationen die Anzahl der Messeinrichtungen – und damit zwangsläufig der Rand-
strahlen, die detektiert werden – reduziert werden kann und dennoch eine eindeu-
tige Bestimmung der Abmessungen möglich ist (vgl. D1: Abs. [0034] u. [0035]).
Dies versteht der Fachmann, wie zum Hilfsantrag 1 ausgeführt, als Hinweis da-
rauf, Hilfsannahmen über die Geometrie des zu untersuchenden Objekts in die
Berechnung miteinzubeziehen. Bei einem Flachkabel mit abgerundeten Ecken
liegt es dabei für den Fachmann auf der Hand, dass mit einer „geringen Geomet-
rievariation“ beispielsweise die Achsensymmetrie des Flachkabels gemeint ist,
was bedeutet, dass die Abrundung der Ecken auf den verschiedenen Seiten des
Kabels identisch ist. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass die Lage der
Mittelpunkte und die Größe der Radien der Kreisabschnitte, welche die Ecken bil-
den, auf verschiedenen Seiten des Kabels identisch sind, was in die Berechnung
als Hilfsannahme eingeht (Merkmal M6.2).
Für die weiteren Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 und 2a gelten die
Ausführungen zum Hilfsantrag 1 in gleicher Weise. Die auf die Kreisabschnitte
bezogene Alternative des Verfahrens des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 und 2a
- 24 -
ist für den Fachmann daher in Kenntnis von Druckschrift D1 i. V. m. Druckschrift
D5 ebenfalls nahegelegt, so dass das Verfahren nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit beruht.
Der jeweilige Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und 2a ist somit ebenfalls nicht
patentfähig.

7. Das Verfahren des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 beruht ebenfalls nicht auf
einer erfinderischen Tätigkeit, da es sich für den Fachmann in naheliegender
Weise aus dem Stand der Technik ergibt.
Das Verfahren des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 ist gegenüber dem des An-
spruchs 1 nach Hilfsantrag 1 insoweit präzisiert, dass aus den berechneten Grö-
ßen als Abmessung „die Dicke und Breite“ des Flachkabelquerschnitts bestimmt
werden soll (vgl. Merkmal M7.3).
Zu den Merkmalen M1.1 bis M6.1, welche identisch zu denen des Anspruchs 1
nach Hilfsantrag 1 sind, wird auf die Ausführungen in Abschnitt II. 5. verwiesen,
die hier in gleicher Weise gelten.
Druckschrift D1 beschreibt ein Verfahren zur Lieferung von Informationen über die
Durchmesser eines zu untersuchenden Objekts in bestimmten Abtastrichtungen
und zur berührungslosen Bestimmung der Außenkontur eines Objekts, wobei als
Beispiel die Bestimmung der geometrischen Parameter von extrudierten Kunst-
stoffprofilen genannt wird (vgl. Abs. [0014] u. [0015]). Neben den Krümmungsra-
dien von abgerundeten Kanten sollen auch die Positionen aller Kanten des Ob-
jekts bestimmt werden (vgl. Abs. [0022] u. [0035]). Bei einer zur Prozesskontrolle
angestellten Untersuchung eines Flachkabels, das einen Querschnitt mit abgerun-
deten Kanten aufweist (vgl. die Aufgabe des Streitpatents u. Druckschrift D1, Abs.
[0022]), sind für den Fachmann als geometrische Parameter neben der Ausbil-
- 25 -
dung der gerundeten Ecken, welche durch den Kreisradius und den Kreismittel-
punkt definiert sind, die Abmessungen des Kabelquerschnitts von Interesse – also
die Dicke und die Breite, welche ohne erfinderisches Zutun aus den berechneten
Größen entsprechend Merkmal M7.3 bestimmt werden können.
Das Verfahren des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 ist für den Fachmann daher in
Kenntnis von Druckschrift D1 i. V. m. Druckschrift D5 nahegelegt, so dass es nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 ist daher ebenfalls nicht patentfähig.


8. Auch die Kombination der Merkmale im jeweiligen Anspruch 1 nach den Hilfs-
anträgen 3a und 3b kann eine Patentfähigkeit nicht begründen.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3a und 3b unterscheidet sich von Anspruch 1 nach
Hilfsantrag 2 darin, dass die zu bestimmende Abmessung des Flachkabelquer-
schnitts gemäß Merkmal M7.2 als „die Dicke und Breite“ festgelegt ist. Verglichen
mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 kombiniert der Anspruch 1 nach Hilfsan-
trag 3 somit die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 (Merkmale M6.1,
M6.2) mit den Merkmalen des Hilfsantrags 3 (Merkmal M7.3).
Zu den Merkmalen M1.1 bis M7.3 ist auf die Ausführungen zu den Hilfsanträgen 1,
2 und 3 zu verweisen, die hier in gleicher Weise gelten (vgl. die Abschnitte II. 5., II.
6. u. II. 7.). Denn auch mit Hilfsannahmen, die über die Lage der Mittelpunkte und
die Größe der Radien der Kreisabschnitte getroffen werden, also etwa wenn der
Querschnitt des Flachkabels eine Achsensymmetrie aufweist, stellen die Dicke
und die Breite des Querschnitts die letztlich zu bestimmenden Größen dar.
Das Verfahren des jeweiligen Anspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 3a und 3b ist
für den Fachmann daher in Kenntnis von Druckschrift D1 i. V. m. Druckschrift D5
ebenfalls nahegelegt, so dass es nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
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Der Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 3a und 3b ist daher nicht patentfä-
hig.


9. Die Ausführungen zu Hilfsantrag 1 in Abschnitt II. 5. gelten auch für
Hilfsantrag 4, da Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 wortidentisch zum Anspruch 1
nach Hilfsantrag 1 ist.


10. Ebenso gelten die Ausführungen zu den Hilfsanträgen 2 und 2a in Abschnitt II.
6. auch für Hilfsantrag 4a, da Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4a wortidentisch zum
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und 2a ist.


11. Der Anspruch 2 nach Hilfsantrag 5 ist nicht zulässig.
Mit Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 5 wird ein Verfahren zur Bestimmung der
Abmessung eines Querschnitts eines Sektorleiters beansprucht. Der Anspruch
basiert auf dem erteilten Anspruch 2, gegenüber dem Änderungen vorgenommen
wurden u. a. in den Berechnungsschritten der letzten beiden Spiegelstriche, wel-
che nunmehr lauten (Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 2 hervorge-
hoben)
N5 „– aus den Koordinaten der Auftrefforte und der Lichtquellen wer-
den mit Hilfe von geometrischen Gleichungen die Lage der Mittel-
punkte MK1, MK2 und die Radien R1, R2 der Kreisabschnitte bzw.
die Lage der Mittelpunkte und beide Halbmesser der Ellipsen be-
rechnet und
N6 – aus den berechneten Größen wird mindestens eine Abmes-
sung des Flachkabelquerschnitts oder die Dicke und Breite des
Sektorleiters bestimmt,
- 27 -
N7 – wobei die Dicke des Sektorleiters nach der Formel R2 + R1 -
(MK2 - MK1) ermittelt wird.“
Gemäß Merkmal N5 werden somit aus den gemessenen Koordinaten der Auftref-
forte und den bekannten Koordinaten der Lichtquellen zwei Mittelpunkte berech-
net, welche als MK1 und MK2 bezeichnet werden, sowie zwei Radien der Kreis-
abschnitte, welche als R1 und R2 bezeichnet werden. Weitere berechnete Größen
benennt der Anspruch nicht. Aus diesen vier berechneten Größen soll dann ge-
mäß Merkmal N6 die Dicke und die Breite des Sektorleiters bestimmt werden, wo-
bei in Merkmal N7 die Formel zur Berechnung der Dicke angegeben ist.
Zur Offenbarung dieses Anspruchs hat die Patentinhaberin auf den Absatz [0040]
der Offenlegungsschrift bzw. den Absatz [0037] der Patentschrift verwiesen. Dort
ist unter Verweis auf die Figuren 4, 1 und 2 erläutert, dass sich mit Hilfe der Tan-
genten y11 bis y32, die sich bei der Bestrahlung des Sektorkabels mit den drei
Lichtquellen L1 bis L3 ergeben, die Lage der Mittelpunkte MK1 und MK2 sowie die
Radien R1 und R2 der zugehörigen Kreise bestimmen lassen. Dazu wird angege-
ben, dass sich „auf diese Weise“ „die Höhe bzw. die Dicke des Sektorkabels aus
der Formel R2 + R1 - (MK2 - MK1) ermitteln“ lässt. Die Begriffe „Höhe“ und „Di-
cke“ sind hier synonym verwendet und bezeichnen in der Figur 4 die maximale
Erstreckung des Sektorkabels in der Richtung des Radius R2. Angaben zur Be-
stimmung der Breite des Sektorkabels, worunter die maximale Erstreckung des
Sektorkabels in einer auf dem Radius R2 senkrecht stehenden Richtung, welche
in der Zeichenebene liegt, zu verstehen ist, finden sich erst im Folgeabsatz (vgl.
Abs. [0038] des Streitpatents u. Abs. [0041] der Offenlegungsschrift). Dort ist er-
läutert, dass sich die Breite des Sektorkabels „durch Bestrahlung des Sektorka-
bels aus einer Richtung senkrecht zur Beleuchtung mit den Lichtquellen L1 bis L3,
mit drei weiteren Lichtquellen“ bestimmen lässt, was über die Vermessung der
Kreisbogenabschnitte 74 bzw. 76 an den Enden des Kreisbogenabschnitts K2 er-
folgt. Zur Berechnung der Breite werden somit nicht die Lage der Mittelpunkte
MK1 und MK2 und die Radien R1, R2 der Kreisabschnitte, aus denen die Dicke
- 28 -
berechnet wird, herangezogen, sondern weitere Werte, welche erst durch Be-
leuchtung mit Lichtquellen, die senkrecht zu den in der Figur 4 gezeigten Licht-
quellen L1, L2, L3 angeordnet sind, ermittelt werden. Auch die gesamte weitere
ursprüngliche Offenbarung wie auch das gesamte Streitpatent geben keinen Hin-
weis darauf, dass die Lage der Mittelpunkte MK1, MK2 und die Radien R1 und R2
auch zur Bestimmung der Breite des Sektorleiters herangezogen werden könnten.
Die sich durch die Ergänzung in den Merkmalen N5, N6 und N7 ergebende Merk-
malskombination des Anspruchs 2 nach Hilfsantrag 5 geht daher über den Inhalt
der ursprünglichen Anmeldung hinaus (vgl. BGH, Beschluss vom
11. September 2001 – X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, Amtlicher Leitsatz und Ab-
schnitt II., 3. b) bb) – Drehmomentübertragungseinrichtung).
Das Verfahren des Anspruchs 2 nach Hilfsantrag 5 geht somit über den Inhalt der
Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (§ 21 (1) Nr. 4
PatG), so dass dieser Anspruch nicht zulässig ist.
Ob die in Merkmal N7 angegebene Berechnungsformel als mathematische An-
gabe bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zu berücksichtigen ist, kann daher
dahingestellt bleiben (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 1 PatG).


12. Für den Anspruch 2 nach Hilfsantrag 5a und den Anspruch 1 nach
Hilfsantrag 5b, welche wortidentisch zu Anspruch 2 nach Hilfsantrag 5 sind,
gelten die Ausführungen zur Zulässigkeit (vgl. Abschnitt II. 11.) ebenso, so dass
diese Ansprüche ebenfalls über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich
eingereichten Fassung hinausgehen und nicht zulässig sind (§ 21 (1) Nr. 4 PatG).


13. Mit dem jeweils nicht patentfähigen Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1, 2,
2a, 3, 3a, 3b, 4 und 4a und dem jeweils nicht zulässigen Anspruch 1 nach
- 29 -
Hauptantrag und nach Hilfsantrag 5b sowie dem jeweils nicht zulässigen
Anspruch 2 nach den Hilfsanträgen 5 und 5a sind auch die jeweiligen
nebengeordneten Ansprüche nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen sowie
die auf diese Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen jeweiligen
Unteransprüche nicht schutzfähig (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 –
X ZB 6/05, GRUR 2007, 862, Amtlicher Leitsatz und Abschnitt III. 3. a) cc) –
Informationsübermittlungsverfahren II).

14. Nachdem die jeweiligen Anspruchssätze nach Hauptantrag und nach den
Hilfsanträgen 1 bis 5b nicht schutzfähig sind, war der Beschwerde der Einspre-
chenden stattzugeben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
- 30 -
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Wickborn Kruppa Dr. Schwengelbeck Dr. Otten-Dünnweber

Hu


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