18 W (pat) 114/14  - 18. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152 08.05 BUNDESPATENTGERICHT 18 W (pat) 114/14 _______________________ (Aktenzeichen) B E S C H L U S S In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2005 051 980.6-53 … hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 9. Januar 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie die Richter Kruppa, Dipl.-Ing. Altvater und den Richter Dr.-Ing. Flaschke - 2 - beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prü-fungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Marken-amts vom 14. Dezember 2011 aufgehoben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen erteilt: - Patentansprüche 1 bis 8, eingegangen am 21. November 2016, - Beschreibung, Seiten 1, 2 und 5 bis 7, eingegangen am 31. Januar 2006, Seiten 3, 4, 8 und 9, eingegangen am 2. Dezember 2016, Seite 3a, eingegangen am 16. November 2007, - Figuren 1, 2A, 2B und 3, eingegangen am 31. Januar 2006. 2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet. G r ü n d e I. 1. Die am 31. Oktober 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter Inanspruchnahme der US-amerikanischen Priorität 10/979,632 vom 2. November 2004 eingereichte Patentanmeldung 10 2005 051 980.6 mit der Bezeichnung „System und Verfahren zur Netzwerkübertragung eines Informationsverarbei-tungssystem-Images“ - 3 - wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Pa-tent- und Markenamts vom 14. Dezember 2011 zurückgewiesen. Die Prüfungs-stelle hat ihren Zurückweisungsbeschluss damit begründet, dass es dem Gegen-stand des damals geltenden Patentanspruchs 7 an der für die Patentfähigkeit er-forderlichen erfinderischen Tätigkeit mangele. Dabei wurde auf folgende Druck-schriften verwiesen: D1: DE 103 52 811 A1 und D2: US 2004/0015536 A1. Im Zurückweisungsbeschluss vertritt die Prüfungsstelle die Auffassung, dass der Gegenstand des damals geltenden Patentanspruchs 7 im Vergleich zum ur-sprünglichen Patentanspruch 9 keine wesentlichen Änderungen aufweise (vgl. Abschnitt II., drittletzter und vorletzter Abs.). Die Durchführung einer Anhörung wäre damit nicht sachdienlich gewesen und hätte nur „zu einer unnötigen Verzö-gerung eines einfach gelagerten Verfahrens“ geführt (vgl. Abschnitt V.). Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet. Die Anmelderin stellt sinngemäß den Antrag, zuletzt mit den Schriftsätzen vom 21. November 2016 und 1. Dezember 2016 (eingegangen am 2. Dezember 2016), 1. den Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen: - Patentansprüche 1 bis 8, eingegangen am 21. November 2016, - Beschreibung, Seiten 1, 2 und 5 bis 7, eingegangen am 31. Januar 2006, Seiten 3, 4, 8 und 9, eingegangen am 2. Dezember 2016, Seite 3a, eingegangen am 16. November 2007, - Figuren 1, 2A, 2B und 3, eingegangen am 31. Januar 2006. - 4 - 2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen. Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 lautet: M „Ein System zur Herstellung von Informationsverarbeitungssystemen, das System aufweisend: Ma a. einen Image-Analysator, der ein Image annimmt und eine Image-Merkmalsdefinition erzeugt, wobei die Image-Merkmalsdefinition eine Liste der Software-Charakteristiken und Anpassungs-Ein-stellungen des Images aufweist; Mb b. einen Image-Rebuilder entfernt von und angekoppelt an den Image-Analysator über ein Netzwerk, wobei der Image-Rebuilder die Image-Merkmalsdefinition auf eine Image-Komponentenbib-liothek am Herstellungsort zum Wiederherstellen des Image an-wendet; Mc c. ein Informationsverarbeitungssystem-Burn-Rack nahe dem Ima-ge-Rebuilder, das das wiederhergestellte Image auf ein herge-stelltes Informationsverarbeitungssystem kopiert; und Md d. wobei der Image-Analysator an einem Kundenort ist und das Image am Kundenort analysiert und die Image-Merkmalsdefini-tion über ein Netzwerk zu einem Informationsverarbeitungssys-tem-Herstellungsort überträgt.“ - 5 - Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 4 lautet: N „Verfahren zum Herstellen eines Informationsverarbeitungssystems mit folgenden Schritten: Na a. Erzeugen eines Images an einem Kundenort, aufweisend ein Be-triebssystem, mehrere Anwendungen und einzelne Informatio-nen; Nb b. Analysieren des Images an einem Kundenort zum Erzeugen ei-ner Image-Merkmalsdefinition, die das Betriebssystem, mehrere Anwendungen und einzelne Informationen festlegt; Nc c. Übertragen der Image-Merkmalsdefinition über ein Netzwerk zu einem Informationsverarbeitungssystem-Herstellungsort; Nd d. Wiederherstellung des Images aus der Image-Merkmalsdefinition und einer Komponentenbibliothek am Herstellungsort aufweisend das Betriebssystem und mehrere Anwendungen; Ne e. Kopieren des wiederhergestellten Images auf ein hergestelltes Informationsverarbeitungssystem. Wegen des Wortlauts der auf den Anspruch 1 bzw. den Anspruch 4 rückbezoge-nen Patentansprüche 2, 3 und 5 bis 8 wird auf die Akte verwiesen. Die Beschwerdeführerin führt aus, dass die geltenden Ansprüche zulässig und im Lichte des im Verfahren befindlichen Standes der Technik patentfähig seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. - 6 - II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Erteilung des nachgesuchten Patents. 1. Die Anmeldung betrifft ein System und ein Verfahren zur Herstellung von Informationsverarbeitungssystemen. Gemäß Beschreibungseinleitung würden Unternehmen oft mehrere Informationsverarbeitungssysteme mit einer festgeleg-ten Softwarekonfiguration bestellen. Die Softwarekonfiguration umfasse im Allge-meinen spezifizierte Betriebssysteme und Anwendungen sowie Anpassungs-einstellungen wie etwa für Festplattenpartitionen, Netzwerk- und Anwendungs-einstellungen, Nutzerprofile und Desktopeinstellungen. Die Unternehmen bereite-ten ein Festplatten-Image mit der gewünschten Softwarekonfiguration vor und lie-ferten das Image an den Hersteller des Informationsverarbeitungssystems, um es auf die bestellten Informationsverarbeitungssysteme zu kopieren. Eine Schwierig-keit dabei sei, dass die Images im Allgemeinen großformatig seien und daher be-trächtliche Zeit benötigten, um sie mittels Netzwerkkommunikation zu übertragen. Zum Beispiel habe das Image eines typischen Notebook-Informationsverarbei-tungssystems mehrere Gigabytes an Information und benötige Stunden, um durch Netzwerke an Übersee-Herstellungsorte übertragen zu werden (vgl. geltende Be-schreibung, S. 1, Z. 9 - 12 u. Z. 29 bis S. 3, Z. 1). Davon ausgehend liegt der Anmeldung die objektive Aufgabe zu Grunde, das Image der Festplatte eines Informationsverarbeitungssystems (d. h. das Festplat-ten-Abbild), welches als Vorlage zur Herstellung von Informationsverarbeitungs-systemen dienen soll, effizient vom Kunden zum Hersteller zu übertragen (vgl. geltende Beschreibung, S. 3, Z. 19 - 21). Der zuständige Fachmann, der mit der Lösung der Aufgabenstellung betraut wird, weist eine abgeschlossene Hochschulausbildung auf dem Gebiet der Informati-onstechnik auf und besitzt Erfahrungen in der Erstellung und Verwendung von - 7 - Festplatten-Images bei der Konfiguration und Herstellung von Informationsverar-beitungssystemen. Gelöst wird die Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 1. Danach ist ein System zur Herstellung von Informationsverarbeitungssystemen vorgesehen, wel-ches einen Image-Analysator am Kundenort, einen Image-Rebuilder am Herstel-lungsort und ein Informationsverarbeitungssystem-Burn-Rack aufweist. Der Image-Analysator nimmt ein Image an, erzeugt eine Image-Merkmaldefinition und überträgt dieses über ein Netzwerk zu dem Herstellungsort. Der Image-Rebuilder wendet die Image-Merkmalsdefinition auf eine Image-Komponentenbibliothek am Herstellungsort zum Wiederherstellen des Image an. Das Burn-Rack kopiert das wiederhergestellte Image auf ein hergestelltes Informationsverarbeitungssystem. Die Aufgabe wird weiter durch die Merkmale des auf ein Verfahren gerichteten Patentanspruchs 4 gelöst, in welchem die entsprechenden Verfahrensschritte zum Herstellen des Informationsverarbeitungssystems beansprucht werden. 2. Einige Merkmale des Anspruchs 1 bedürfen der Erläuterung. Die Anmeldung betrifft ein System sowie ein Verfahren zum Herstellen eines In-formationsverarbeitungssystems. Als Informationsverarbeitungssystem kann ein Computersystem mit einer kundenspezifischen Software und Hardware angese-hen werden, das in einer größeren Stückzahl gefertigt wird (vgl. geltende Be-schreibung, S. 1, Z. 19 - S. 2, Z. 16; Merkmal M). Zunächst bereitet der Kunde das Image einer Festplatte mit der gewünschten Softwarekonfiguration vor (vgl. Beschreibung, S. 2, zw. Abs.). Das am Kundenort erstellte Image wird einem Image-Analysator übergeben, welcher sich gleichfalls am Kundenort befindet (vgl. Beschreibung, S. 4, Z. 20 - 24, S. 8, Z. 30 - S. 9, Z. 2). Der Image-Analysator er-zeugt aus dem Image mit beispielsweise einer Größe von mehreren Gigabytes eine Image-Merkmalsdefinition mit einer Größe von wenigen Kilobytes (vgl. Be-- 8 - schreibung, S. 5, Z. 6 - 9; Merkmal Ma). Dabei handelt es sich vorzugsweise um eine XML-Datei, die in der Beschreibung auch als „DNA“, d. h. als Bauplan des Images, bezeichnet wird (vgl. Beschreibung, S. 8, Z. 27 - 30). Die Image-Merk-maldefinition legt u. a. das zu verwendende Betriebssystem und die Festplatten-Partitionen fest (vgl. Beschreibung, S. 4, Z. 8 - 14). Die Image-Merkmaldefinition wird über ein Netzwerk zum Herstellungsort übertragen (vgl. Beschreibung, S. 4, Z. 14 - 24; Merkmal Md). Am Herstellungsort befindet sich der Image-Rebuilder, der aus der Image-Merkmalsdefinition mit Hilfe einer am Herstellungsort vorhan-denen Komponentenbibliothek das Image wiederherstellt (Merkmal Mb). Dem-nach wird das ursprüngliche Image reproduziert. Dieses wird als geklontes Image bezeichnet (vgl. Beschreibung, Brückenabsatz S. 4/5). Das wiederhergestellte Image wird anschließend in einem Burn-Rack auf die Hardware des bestellten In-formationsverarbeitungssystems kopiert (Merkmal Mc). 3. Die Patentansprüche 1 bis 8 sowie die Änderungen in der Beschreibung sind zulässig (§ 38 PatG). Die Merkmale der unabhängigen Ansprüche 1 und 4 sind durch die ursprünglichen Patentansprüche 1, 9 und 12 in Verbindung mit den Zeilen 14 bis 24 auf der Seite 4 sowie den Zeilen 30 auf der Seite 8 bis Zeile 2 auf Seite 9 der deutschen Übersetzung der Anmeldeunterlagen als zur Erfindung zugehörend offenbart, wel-che diesen Patentansprüchen sowie Seite 4, Zeilen 1 bis 9 und Seite 7, Zeilen 25 bis 28 der in englischer Sprache eingereichten Anmeldeunterlagen entsprechen. Die abhängigen Ansprüche 2, 3 und 5 bis 8 basieren auf den ursprünglichen An-sprüchen 5, 6 und 14 bis 17 unter Anpassung der Rückbezüge. In der Beschreibung wurden redaktionelle Änderungen im Rahmen der ursprüngli-chen Offenbarung vorgenommen. Zudem wurde der im Prüfungsverfahren ermit-telte Stand der Technik gewürdigt. - 9 - 4. Die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 4 sind gegen-über dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu (§ 3 PatG). a) Zum Anspruch 1 Druckschrift D1 beschreibt ein System zur Herstellung von Informationsverarbei-tungssystemen (vgl. Anspruch 1 u. Abs. [0014] i. V. m. Fig. 1; Merkmal M). Hierzu erstellt der Kunde zunächst ein als Image bezeichnetes Festplatten-Abbild und schickt dieses zusammen mit Angaben zur gewünschten Hardwarekonfiguration an den Hersteller (vgl. Abs. [0014]). Am Herstellungsort nimmt eine Bestellma-schine 12 die Bestellung entgegen (vgl. Abs. [0014] i. V. m. Fig. 1 u. Patentan-sprüche 1, 8). In einem nächsten Produktionsschritt analysiert eine als Image-Analysator zu verstehende Analysemaschine 24 das Image, um dessen Integrität und Kompatibilität zu prüfen (vgl. Fig. 2 u. Abs. [0015], [0017] u. [0020], Anspruch 18). Anschließend erzeugt die Analysemaschine eine Produktionskonfiguration sowie Skripte für die Herstellung (vgl. Abs. [0007], [0018] u. [0021], Schritt 64 in Fig. 2). Die Produktionskonfiguration kann als Image-Merkmalsdefinition verstan-den werden (vgl. Fig. 1 i. V. m. Abs. [0014], [0018] u. Patentanspruch 1). Dabei liest der Fachmann mit, dass die Produktionskonfiguration eine Liste der Software-Charakteristiken und Anpassungs-Einstellungen des Images aufweist (vgl. hierzu Abs. [0007] u. [0015]; Merkmal Ma). Anschließend wird das vom Kunden ge-wünschte Image mit Hilfe eines Einbrennracks 40 auf die jeweilige Hardware ko-piert, ohne dabei einen Image-Rebuilder und ein wiederhergestelltes Image zu nennen (Fig. 1, Anspruch 20; teilweise Merkmal Mc). Prinzipiell unterscheidet sich das System zur Herstellung von Informationsverar-beitungssystemen gemäß der Lehre von Druckschrift D1 vom beanspruchten System darin, dass der Kunde das Image zunächst zum Herstellungsort schickt, bevor es entsprechend weiterverarbeitet wird. Der Image-Analysator befindet sich demnach nicht am Kundenort, sondern am Herstellungsort (Merkmal Md fehlt). Das Merkmal Mb, welches einen Image-Rebuilder beansprucht, der sich am Her-stellungsort befindet und das Image mittels einer Komponentenbibliothek wieder-- 10 - herstellt, ist der Druckschrift ebenfalls nicht zu entnehmen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu gegenüber der Lehre der Druckschrift D1. Druckschrift D2 offenbart ein System zum Übertragen von Images von einem Ser-ver zu mehreren Zielsystemen (vgl. Fig. 2). Im Vergleich zum klassischem Über-tragungsverfahren (dargestellt in Figur 1), wonach das angeforderte Image als Ganzes an das jeweilige Zielsystem übertragen wird, lehrt Druckschrift D2 eine paketweise Übertragung der jeweiligen Images an die einzelnen Zielsysteme. Da-bei wird der Umstand ausgenutzt, dass die von den verschiedenen Zielsystemen angeforderten Images einen Großteil gleicher Daten aufweisen. Diese unter-schiedlichen Images verfügen somit über gemeinsame und spezifische Daten (vgl. Abs. [0005], [0026], [0027]). Um die verfügbare Bandbreite des Netzwerkes effi-zient zu nutzen, erzeugt der Server einen Datenstrom, der die gemeinsamen Da-ten und die spezifischen Daten aller anfordernden Zielsysteme enthält (vgl. Fig. 5 i. V. m. Abs. [0044]). Das jeweilige Zielsystem erkennt anhand seiner spezifischen Metadaten, welche Daten des Datenstroms zu seinem angeforderten Image gehö-ren und rekonstruiert das erforderliche Image (vgl. Abs. [0051]). Dies bedeutet nichts anderes, als dass auch hier das Image am Zielort wiederhergestellt wird, ohne jedoch eine Komponentenbibliothek am Herstellungsort vorzusehen (vgl. Abs. [0053] i. V. m. [0051]; teilweise Merkmale Mb). Der Fachmann ordnet dem System gemäß Druckschrift D2 auch einen Image-Analysator zu. Dieser ist im Server lokalisiert und dafür zuständig, die Images anzunehmen und den Daten-strom zu steuern (vgl. Fig. 2). Die spezifischen Daten des Images sind für den Fachmann als Image-Merkmalsdefinition zu verstehen (Merkmal Ma). Druckschrift D2 offenbart jedoch kein System zum Herstellen eines Informationsverarbeitungs-systems, sondern bezieht sich auf bereits in Betrieb befindliche Computersysteme (Merkmal M fehlt). Insbesondere wird keine Image-Komponentenbibliothek am Herstellungsort offenbart (Merkmal Md fehlt). Ferner offenbart dieses Dokument auch kein Burn-Rack, das ein wiederhergestelltes Image auf ein hergestelltes In-formationsverarbeitungssystem kopiert (Merkmal Mc fehlt). Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher auch neu gegenüber der Lehre von Druckschrift D2. - 11 - b) Zum Anspruch 4 Wie vorstehend bereits zum Gegenstand gemäß Anspruch 1 dargelegt, beschreibt weder Druckschrift D1 noch Druckschrift D2 ein System zum Herstellen eines In-formationsverarbeitungssystems, bei dem am Kundenort eine Image-Merkmalsde-finition erzeugt und über ein Netzwerk zum Herstellungsort übertragen wird. Damit sind den Schriften auch die hierzu notwendigen Verfahrensschritte nicht zu ent-nehmen (Merkmale Nb und Nc fehlen). Auch eine Wiederherstellung des Images mittels einer Komponentenbibliothek ist den im Verfahren befindlichen Druck-schriften nicht zu entnehmen (Merkmal Nd fehlt). Damit ist auch das Verfahren gemäß Anspruch 4 neu gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik. 5. Die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 4 ergeben sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindli-chen Stand der Technik und beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG). Wie vorstehend ausgeführt, ist keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften ein System zum Herstellen eines Informationsverarbeitungssystems zu entneh-men, das entsprechend Merkmal Ma in Verbindung mit Merkmal Md gemäß An-spruch 1 einen Image-Analysator am Kundenort aufweist, welcher aus einem Image eine Image-Merkmalsdefinition erzeugt, und das einen Image-Rebuilder am Herstellungsort aufweist, welcher die Image-Merkmalsdefinition auf eine Kompo-nentenbibliothek zum Wiederherstellen des Images anwendet (Merkmal Mb). Auch die hierzu im nebengeordneten Anspruch 4 beanspruchten Verfahrensschritte (Merkmale Nb, Nc, Nd) werden im genannten Stand der Technik nicht beschrie-ben. Druckschrift D1, die als nächstliegender Stand der Technik anzusehen ist, befasst sich – ebenso wie die vorliegende Anmeldung – mit einem System bzw. Verfahren zur Herstellung von Informationsverarbeitungssystemen. Ausgehend von dieser - 12 - Schrift ergibt sich für den Fachmann keine Veranlassung, das Übertragungsver-fahren des Images entsprechend zu ändern oder zu ergänzen. So erhält er aus dieser Schrift keinen Hinweis, dass die Datenmenge des Images vor dem Versand zum Hersteller verringert werden sollte. Selbst wenn der Fachmann aus Druck-schrift D2 das prinzipielle Konzept des Aufteilens eines Festplatten-Images in eine Image-Merkmalsdefinition und weitere Komponenten entnehmen und auf das aus Druckschrift D1 bekannte System anwenden würde, so käme er dennoch nicht zum vorliegenden Anmeldungsgegenstand. Denn das System gemäß Druckschrift D2 nutzt lediglich die Gemeinsamkeiten mehrerer vorgegebener Images aus, um Mehrfach-Übertragungen zu verhindern. Jedoch müssen alle Teile der jeweiligen Images zumindest einmal über das Netzwerk zum jeweiligen Zielort übertragen werden, wobei eine Verringerung des zu übertragenden Datenvolumens nur dann auftritt, wenn mehrere Images zur gleichen Zeit übermittelt werden müssen. Eine Wiederherstellung des Images mit Hilfe einer bereits bestehenden Komponenten-bibliothek wird nicht durchgeführt. Damit führt weder eine gemeinsame Betrachtung der Lehren der Druckschriften D1 und D2 noch eine Ergänzung der Lehren dieser Druckschriften mit dem Wis-sen des Fachmanns in naheliegender Weise zu den Gegenständen der geltenden Ansprüche 1 und 4. Es ist daher anzuerkennen, dass die Gegenstände der Ansprüche 1 und 4 auf ei-ner erfinderischen Tätigkeit beruhen und patentfähig sind. 6. Die abhängigen Ansprüche 2, 3 und 5 bis 8 betreffen über das Selbst-verständliche hinausgehende Ausgestaltungen der Gegenstände der Ansprüche 1 und 4 und sind daher ebenfalls patentfähig. - 13 - 7. Da die vorgelegten geltenden Unterlagen auch den weiteren Voraussetzun-gen zur Patenterteilung (§§ 1, 2, 5, 34 PatG) genügen, war auf die Beschwerde der Anmelderin der Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und ein Patent zu erteilen. 8. Der Beschluss konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da dem Antrag des Anmelders vollumfänglich stattgegeben wurde. III. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 80 Abs. 3 PatG war anzuordnen. Nach dieser Vorschrift kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies kommt insbesondere bei Verfah-rensfehlern oder unsachgemäßer Sachbehandlung in Betracht (vgl. Schulte/Pü-schel, PatG, 9. Aufl., § 80 Rdn. 111 - 113 und § 73 Rdn. 131 ff.; Busse/Engels, PatG, 8. Aufl., § 80 Rdn. 92 ff.). In zwei Prüfungsbescheiden, in denen die Druckschriften D1 und D2 eingeführt worden waren, führte die Prüfungsstelle aus, dass es den Gegenständen der un-abhängigen Ansprüche an der für die Patentfähigkeit erforderlichen erfinderischen Tätigkeit mangele. Die Anmelderin hatte zuletzt mit Schriftsatz vom 19. April 2010 ausführlich Stellung genommen und einen geänderten Anspruchssatz vorgelegt. Hilfsweise wurde die Durchführung einer Anhörung beantragt. Darauf erfolgte am 14. Dezember 2011 die Zurückweisung der Patentanmeldung wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 7 gegenüber den Druckschriften D1 und D2. Die Prüfungsstelle argumentierte, dass der Patentan-spruch 7 im Vergleich zum ursprünglichen Patentanspruch 9 keine wesentlichen - 14 - Änderungen aufweise (vgl. Abschnitt II., vorletzter Abs.). Die Durchführung einer Anhörung wäre damit nicht sachdienlich gewesen und hätte nur „zu einer unnöti-gen Verzögerung eines einfach gelagerten Verfahrens“ geführt (vgl. Abschnitt V.). Im Beschluss liegt ein Verfahrensfehler vor, weil die Verweigerung einer Anhörung im vorliegenden Fall den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt hat. Entgegen der Sichtweise der Prüfungsstelle hat die Anmelderin in Erwiderung des zweiten Prüfungsbescheids den damals geltenden, nebengeordneten Anspruch 7 enger gefasst. Das Merkmal, dass das Analysieren des Images zum Erzeugen der Image-Merkmalsdefinition (ausschließlich) am Kundenort stattfindet, geht aus dem ursprünglichen Verfahrensanspruch 9 nicht hervor und ergibt sich auch nicht aus einer Auslegung der früheren Merkmalsfassung anhand der Beschreibung (vgl. Beschluss der Prüfungsstelle, S. 3, 1. Abs.). Auch wenn der ursprüngliche An-spruch ein Erzeugen der Merkmalsdefinition beim Kunden mit umfasst, wird im Unterschied dazu mit der Einschränkung auf die Durchführung am Kundenort nunmehr ausgeschlossen, dass die vollständigen Imagedaten über ein Netzwerk übertragen werden müssen. Aus der konträren Bewertung der Druckschrift D2 durch die Prüfungsstelle und die Anmelderin geht zudem hervor, dass entscheidungserhebliche Sachfragen noch nicht abschließend geklärt waren. Insbesondere bei der Frage, was unter einer Wiederherstellung des Images zu verstehen ist, gab es offenbar noch Diskussi-onsbedarf. Aufgrund der offensichtlich erheblichen Differenzen beim Verständnis des Offenbarungsgehalts von Druckschrift D2 wäre die Durchführung einer Anhö-rung auf jeden Fall sachdienlich gewesen. Demnach hätte die Prüfungsstelle bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung die von der Anmelderin beantragte Anhörung durchführen müssen, um die unterschiedlichen Ansichten im gegenseitigen direkten Austausch von Argumenten zu diskutieren. Über den dies-bezüglichen Antrag der Anmelderin hat sich die Prüfungsstelle hinweggesetzt. Im Zurückweisungsbeschluss vertritt die Prüfungsstelle die Auffassung, dass die Durchführung einer Anhörung nicht sachgerecht war, da dies „zu einer unnötigen Verzögerung eines einfach gelagerten Verfahrens“ geführt hätte. Diese Ansicht - 15 - der Prüfungsstelle reicht für die Ablehnung einer Anhörung aber im vorliegenden Fall nicht aus. Denn durch die Änderung des nebengeordneten Anspruchs 7 hat sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt geändert (vgl. Schulte a. a. O. § 46, Rdn. 14 d), § 73 Rdn. 142, 154, Busse/Keukenschrijver, § 80 Rdn. 100, 104). So-nach hätte der beantragten Anhörung stattgegeben werden müssen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Prüfungsstelle nur mosaikartig mit der Lehre der Druckschriften D1 und D2 auseinandergesetzt hat (Schulte a. a. O. § 13 Rdn. 143). Weder in einem der beiden Prüfungsbescheiden noch im Zurückwei-sungsbeschluss wurde ausgeführt, warum für den Fachmann eine Veranlassung bestand, die beiden Quellen gemeinsam zu betrachten. Denn gibt es für den Fachmann hierfür keine Veranlassung, ist die beanspruchte Lehre nicht nahelie-gend und für die Anmeldung kann ein Patent erteilt werden, wenn auch die übri-gen Voraussetzungen für eine Patenterteilung erfüllt sind. - 16 - IV. Rechtsbehelfsbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass 1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-schweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen. Wickborn Kruppa Altvater Dr. Flaschke Hu

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