17 W (pat) 7/17  - 17. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



17 W (pat) 7/17
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
20. Juli 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2012 001 520.8








hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters
Dipl.-Phys. Dr. Müller und des Richters Dipl.-Phys. Dr. Forkel

- 2 -
beschlossen:

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse G 10 D des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 26. August 2013 aufgehoben und das Patent mit folgen-
den Unterlagen erteilt:

Patentansprüche 1–9 und
Beschreibung Seiten 1–24, jeweils überreicht in der mündlichen
Verhandlung,
3 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1–6 vom Anmeldetag.


G r ü n d e

I.

Die am 27. Januar 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte
Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Stütze für ein Streichinstrument“ ist durch
Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G10D vom 26. August 2013 zurückgewie-
sen worden.

Im Prüfungsbescheid sind die Druckschriften

D1: US 2,486,646
D2: DE 93 03 031 U1
D3: US 996,652
D4: US 5,780,756 A
D5: WO 2004/077398 A1
D6: US 3,298,269
D7: US 3,683,098
- 3 -
D8: EP 0 540 978 A1
D9: DD 65 352 B und
D10: DE 837 348 B

entgegengehalten worden.

In der Beschreibungseinleitung vorliegender Anmeldung sind außerdem noch die
Druckschriften

D11: DE 691 02 908 T2
D12: DE 297 07 438 U1 und
D13: DE 36 43 225 A1

genannt worden.

Im Zurückweisungsbeschluss hat die Prüfungsstelle ausgeführt, dass der Gegen-
stand des Patentanspruchs 1 in der Fassung vom 17. Juli 2013 im Hinblick auf
den Stand der Technik nach der Druckschrift D1 nicht die zu fordernde Neuheit
aufweist.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders.

Der Anmelder verfolgt seine Patentanmeldung mit den in der mündlichen Ver-
handlung eingereichten geltenden Patentansprüchen 1 bis 9 eingeschränkt weiter.

Der mit Gliederungspunkten versehene geltende Patentanspruch 1 lautet:

M1 Stütze für ein Streichinstrument (1), mit

M1.1 einem Kinnauflageelement (10), welches mit einem Deckenteil (6) ver-
bunden ist,
- 4 -
M1.2 einem Schulterauflageelement (12), welches mit einem Bodenteil (7) ver-
bunden ist, wobei

M1.3 Deckenteil (6) und Bodenteil (7) lösbar miteinander verbindbar sind, und
wobei

M1.4 das Streichinstrument (1) bei verbundenem Deckenteil (6) und Boden-
teil (7) klemmend zwischen diesen gehalten ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

M1.5 die Verbindung von Bodenteil (7) und Deckenteil (6) wenigstens ein
Schnellspannelement (9) zum Verspannen des Bodenteils (7) mit dem
Deckenteil (6) aufweist,

M1.6 das wenigstens eine Schnellspannelement (9) als Spannbügelverschluss
ausgebildet ist, mit

M1.6.1 einem Hebel (15), welcher über einen ersten Drehpunkt (18) mit dem
Deckenteil (6) oder dem Bodenteil (7) verbunden ist;

M1.6.2 einem Bügel (16), welcher über einem zweiten Drehpunkt (19) mit dem
Hebel (15) verbunden ist; und

M1.6.3 einem mit dem Bodenteil (7) oder dem Deckenteil (6) verbundenen
Hakenelement (17), wobei

M1.6.4. der Bügel (16) in einer ersten Position des Hebels (15) über das Haken-
element (17) legbar ist, und in einer zweiten Position des Hebels (15) das
Hakenelement (17) in Richtung des Bodenteils (7) oder Deckenteils (6),
an welchem der Hebel (15) befestigt ist, spannt;
- 5 -
M1.7 Deckenteil (6) und Bodenteil (7) in dem im verbundenen Zustand parallel
zum Zargen (4) des Streichinstruments (1) verlaufenden Bereich Füh-
rungselemente (22, 7a) zur relativen Führung von Deckenteil (6) und Bo-
denteil (7) gegeneinander aufweisen; welche

M1.7.1 in der Art ausgebildet sind, dass eines der Teile (6, 7) Führungsnu-
ten (22) und das andere der Teile (7, 6) Führungskanten (7a) oder Füh-
rungsschienen aufweist, welche in die Führungsnuten (22) eingesteckt
sind, so dass die Führungsnuten (22) die Führungskanten (7a) oder Füh-
rungsschienen umgreifen.

Hinsichtlich des Wortlauts der geltenden Unteransprüche 2 bis 9 wird auf den Ak-
teninhalt verwiesen.

Der Anmelder beantragt,

den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte
Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1–9 und
Beschreibung Seiten 1–24,
jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung,
3 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1–6 vom Anmeldetag.

Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

- 6 -
II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch Erfolg und führt mit den geltenden Pa-
tentansprüchen 1 bis 9 zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur
Patenterteilung.


1. Wie aus der Beschreibungseinleitung vorliegender Anmeldung hervorgeht,
betrifft die Erfindung eine Stütze für ein Streichinstrument nach der im Oberbegriff
von Anspruch 1 näher definierten Art (vgl. den Absatz [0001] der Offenlegungs-
schrift).

Stützen für Streichinstrumente, insbesondere für Violinen, Bratschen und ähnliche
Instrumente, sind aus dem allgemeinen Stand der Technik bekannt. Derartige
Stützen umfassen zumindest eine Kinnstütze, welche typischerweise auf der
Oberseite des Instruments angeordnet ist, und welche dazu dient, das Instrument
zwischen dem Kinn der musizierenden Person und ihrem Schulter- und/oder
Brustbereich einzuklemmen, um so beide Hände zum Spielen des Instruments zur
Verfügung zu haben. Aus dem allgemeinen Stand der Technik ist es weiterhin
bekannt, dass zusätzlich zu einer solchen Kinnstütze auch eine Schulterstütze mit
vorgesehen sein kann, welche typischerweise auf der Unterseite des Instruments
angeordnet ist, und welche die Abstützung des Streichinstruments im Schulter-
und/oder Brustbereich erleichtern soll (vgl. den Absatz [0002]).

Beispielhaft soll für einen solchen Aufbau auf die Übersetzung der europäischen
Patentschrift DE 691 02 908 T2 hingewiesen werden. Der Aufbau zeigt den typi-
schen und sehr verbreiteten Aufbau einer Kinnstütze, welche über entsprechende
Zuganker verfügt, durch welche mit zwei Klemmelementen auf der Oberseite (De-
cke) und der Unterseite (Boden) des Instruments die Kinnstütze befestigt wird. Die
Klemmkräfte werden dabei typischerweise von den Zargen, also der Seite des
Instruments, von der Decke auf den Boden übertragen. Die Schulterstütze ist in
- 7 -
dem hier dargestellten Beispiel dabei lösbar an den Befestigungselementen der
Kinnstütze angebracht, sodass die Schulterstütze zum Transport des Instruments
von diesem entfernt werden kann, da sie vergleichsweise sperrig ist (vgl. den Ab-
satz [0003]).

Ein erster Nachteil resultiert aus dem Aufbau der Kinnstütze selbst. Wie es in der
oben genannten DE 691 02 908 T2 zu erkennen ist, wird die Kinnstütze zwischen
Boden und Decke des Streichinstruments verspannt. Ein Verstellen der Kinnstütze
kann lediglich durch ein Lösen der hierfür verwendeten Zuganker erfolgen. Die
Verstellung folgt dabei jedoch immer der Form des Instruments, sodass der effek-
tiv zu erzielende Verstellbereich durch die Formgebung des Instruments entspre-
chend eingeschränkt ist und lediglich durch das Instrument vorgegebenen Spiel-
winkel der Kinnstütze eingestellt werden kann. Die Instrumentenrandkrümmung
gibt also die möglichen Winkel bei der Einstellung der Kinnstütze vor (vgl. den Ab-
satz [0004]).

Eine weitere Problematik der beschriebenen Kinnstütze, welche so auch in vielen
anderen Schriften beschrieben ist, hat dabei den gravierenden Nachteil, dass
diese zwar vom Instrument lösbar ausgebildet ist, dass dies jedoch ein ver-
gleichsweise aufwändiger Vorgang ist, welcher den Einsatz von entsprechendem
Werkzeug erforderlich macht und welcher aufgrund des damit verbundenen Jus-
tieraufwands typischerweise so nicht vorgenommen wird. In der Praxis wird die
Kinnstütze vielmehr einmal an dem Instrument angespannt und verbleibt dann
über einen sehr langen Zeitraum, beispielsweise die gesamte Lebensdauer des
Instruments, an diesem. Durch diese Klemmkraft der Kinnstütze wird ein immer-
währender erheblicher Druck auf das Material des Streichinstruments, und hier
insbesondere auf die Zargen desselben, ausgeübt. Insbesondere bei ungünstigen
Witterungsbedingungen kann der Korpus des Instruments diesem Druck nachge-
ben. Dies kann zu einer nachhaltigen Verformung der Zargen und/oder einer Zer-
störung mit bleibenden Schäden an Boden und Decke des Instruments führen.
Außerdem verursacht eine häufig auftretende Anbringung der Zuganker in sehr
- 8 -
geringem Abstand zum Rand der Decke und des Bodens oft Schäden an Decke
und Boden in Form von Einkerbungen oder Vertiefungen. Auch hierdurch wird das
Instrument nachhaltig geschädigt (vgl. den Absatz [0005]).

Um dieser Problematik zu begegnen und das Instrument hier nicht zu belasten,
sind aus dem Stand der Technik Aufbauten bekannt, welche sich an dem soge-
nannten Endknopf des Instruments abstützen So ist in dem deutschen Gebrauchs-
muster DE 297 07 438 U1 ein Aufbau beschrieben, welcher eine sehr komplexe
Struktur aus einem Halterahmen zeigt, an welche deckenseitig des Instruments
eine Kinnstütze und bodenseitig des Instruments eine Schulterstütze angebracht
werden kann. Der Aufbau lässt sich über eine Art Schnellspannschraube im Be-
reich des sogenannten Endknopfs befestigen und schädigt damit Decke, Boden
und Zargen durch eventuell auftretende Klemmkräfte nicht. Der Aufbau weist aller-
dings neben der sehr komplexen und aufwändigen Konstruktion und dem damit
verbundenen hohen Gewicht den gravierenden Nachteil auf, dass eine Befesti-
gung im Bereich des Endknopfs das Streichinstrument typischerweise sehr stark
belastet. Der Endknopf trägt im Allgemeinen den Saitenhalter, sodass Kräfte, die
auf den Endknopf einwirken, typischerweise auch immer Einfluss auf die Saiten-
spannung des Instruments und damit auf die Stimmung haben. Darüber hinaus ist
der Endknopf bei den meisten Streichinstrumenten lediglich in einer konischen
Bohrung im Bereich eines als Endblock bezeichneten Weichholzklotzes (Unter-
klotz) zwischen dem Boden und der Decke des Streichinstruments eingesetzt, in
einem Bereich, in welchem die Zargen an diesem Weichholzklotz anliegt. Die Ver-
wendung eines Endknopfs typischerweise aus einem Hartklotz in dem beispiels-
weise aus Lindenholz gefertigten Endblock (Unterklotz) des Streichinstruments
führt zu einer vergleichsweise weichen Anbindung des Endknopfs an dem Streich-
instrument. der Aufbau, wie er in dem oben genannten deutschen Gebrauchsmus-
ter DE 297 07 438 U1 beschrieben ist, belastet damit diese vergleichsweise emp-
findliche Stelle des Instruments sehr stark und kann darüber hinaus, wie oben
beschrieben, Einfluss auf die Saitenspannung und damit die Stimmung bezie-
hungsweise Tonlage des Instruments haben (vgl. den Absatz [0006]).
- 9 -
Wie auch bei vielen anderen Schulterstützen aus dem allgemeinen Stand der
Technik wird auch bei der Schulterstütze der DE 691 02 908 T2 eine Übertragung
der Stützkräfte über flache Anlageelemente auf den muskulären Brust-Schulterbe-
reich erzielt. Dadurch wird unerwünschter Druck auf die verschiedenen Muskeln
dieses Bereichs ausgeübt. Dies kann einerseits den Blutfluss in den Muskeln
behindern und kann außerdem in diesem Bereich angeordnete Nervenbahnen
beeinträchtigen, sodass die Reizweiterleitung erschwert oder behindert wird. Ins-
besondere wird bei einer solchen Auflage der sehr wichtige flächenförmige Atem-
hilfsmuskel, der sogenannte Musculus pectoralis, entsprechend belastet. Dadurch
kommt es einerseits zu einer Beeinträchtigung der Atmung und andererseits zu
einer Beeinträchtigung seiner Funktionalität für die Bewegung des Greifarms im
Bereich der Schulter. Im weiteren Verlauf der Fläche beeinträchtigt die Abstützung
außerdem die Funktion des hier angeordneten Musculus trapezius, welcher eben-
falls unterstützenden Einfluss auf die Atmung, insbesondere aber einen Einfluss
auf das Überstrecken des Kopfes der musizierenden Person sowie das Heben
und Senken der Schulter und des Greifarms sowie ein Bewegen oder Drehen der
Schulter beeinflusst. All dies führt zu einer entsprechenden Einschränkung der
Freiheit im Spiel des Streichinstruments, da die Muskulatur im Brust-Schulterbe-
reich sowie die hier verlaufenden Blutgefäße und Nervenbahnen auch den sich
anschließenden Arm entsprechend beeinträchtigt, welcher als Greifarm jedoch
zum Spielen des Streichinstruments benötigt wird (vgl. den Absatz [0007]).

Eine weitere Problematik liegt darin, dass die über die Kinnstütze aufgebrachten
Kräfte dabei abfallend auf die schiefe Ebene des Brust-Schulterbereichs übertra-
gen werden. Aufgrund der schiefen Auflage im Brust-Schulterbereich gleiten die
Elemente ausgehend von den Kräften, welche vom Kinn der musizierenden Per-
son ausgeübt werden, entsprechend der Schwerkraft nach schräg vorne ab und
können ihre Funktionalität so nur vergleichsweise unvollkommen erfüllen. Ein gro-
ßer Teil der Haltekraft wird damit in eine unerwünschte Richtung gelenkt und kann
nicht zum Halten des Instruments eingesetzt werden. Um dies auszugleichen, sind
entsprechend hohe Haltekräfte zum Halten des Streichinstruments notwendig,
- 10 -
welche typischerweise durch das Kinn aufgebracht werden müssen und mit einer
erheblichen Belastung der Halswirbel sowie der diese Wirbel stützenden Musku-
latur einhergehen. Rutschhemmende Auflagen, beispielsweise aus Moosgummi
oder Ähnlichem, sind am Markt bekannt und üblich. Diese versprechen zwar eine
gewisse Linderung, da sie die Reibungskräfte erhöhen, sie können das oben be-
schriebene Problem jedoch nicht lösen (vgl. den Absatz [0008]).

Die Schulter- und Brustmuskulatur des unter dem Instrument liegenden Schulter-
bereichs des Greifarms werden aufgrund der hohen notwendigen Haltekräfte
unwillkürlich nach oben angehoben, um genügend Haltekraft gegen das Kinn zu
erzielen. Die Muskelpartien bleiben dabei ständig angespannt. Muskelbewegun-
gen, welche zum Bewegen des Greifarms beim Saiten- oder Lagenwechsel erfor-
derlich sind, erzeugen für eine ruhige Instrumentenlage ungewollte Bewegungen,
welche sich unmittelbar auf das Instrument übertragen. Diese wirken sich dabei
negativ auf das Spiel aus und müssen ausgeglichen werden, was die Muskelan-
spannung und die unerwünschten Bewegungen weiter verstärkt. Die oben schon
beschriebene Beeinträchtigung der Blutgefäße und Nervenbahnen nimmt damit
weiter zu (vgl. den Absatz [0009]).

Aus der deutschen Offenlegungsschrift DE 36 43 225 A1 ist aus diesem Grund
eine Schulterstütze für eine Geige oder dergleichen bekannt, welche mit einem
hakenförmigen Endteil versucht, ein Teil der nach unten gerichteten Kräfte durch
eine Abstützung im Bereich der Schulter aufzunehmen. Das hakenförmige Endteil
umschließt dabei den Schulterbereich und soll so eine verbesserte Abstützwirkung
erzielen, was vordergründig auch gelingt. Die Spielbewegungen des Greifarms
und der Spielhand rufen jedoch ständig ein Senken und Heben durch Kontraktion
und Relaxation der Muskeln hervor. Dies erfolgt dabei nicht nur im Greifarm
selbst, sondern auch im Bereich der Schulter sowie der umliegenden Muskelpar-
tien. Das im Schulterbereich anliegende Hakenteil der DE 36 43 225 A1 hat daher
den Nachteil, dass es diese Bewegungen der Muskulatur aufnimmt und sie auf
das Streichinstrument und damit auf das Spiel des Instruments überträgt. Auch
- 11 -
diese Bewegungen resultieren unweigerlich in einer sich ständig verändernden
Spielebene und müssen von der musizierenden Person wieder ausgeglichen wer-
den. Dabei führt eine ständige Belastung der Muskulatur in diesem Bereich sehr
schnell zu einer Unterversorgung der Muskulatur mit notwendigem Sauerstoff, da
die Blutzirkulation entsprechend eingeschränkt wird. Dies kann zusammen mit
einer mechanischen Druckbelastung auf die in diesem Bereich zahlreich verlau-
fenden Nervenbahnen zu Einschränkungen in der Funktionalität der Muskulatur
führen, beispielsweise zu einem Kribbeln, einem Lahmen oder einer Gefühllosig-
keit in der Muskulatur. Dies hat gravierenden Einfluss auf das Spiel der musizie-
renden Person (vgl. den Absatz [0010]).

Es ist nun eine Aufgabe der hier vorliegenden Erfindung, eine Stütze für Streichin-
strument anzugeben, welche die Belastung des Streichinstruments minimiert und
welche einen Aufbau bereitstellt, welcher einfach, leicht, sicher und schnell zu
handhaben ist (vgl. den Absatz [0011]).

Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die im kennzeichnenden Teil von An-
spruch 1 genannten Merkmale gelöst (vgl. den Absatz [0012]).

Als Fachmann ist ein Musikinstrumentenbauer anzusehen, der über eine mehrjäh-
rige Berufserfahrung im Bau von Streichinstrumenten und deren Zubehör verfügt.


2. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 9 sind durch die ursprüngliche Offen-
barung gedeckt und somit zulässig.

So geht der geltende Patentanspruch 1

hinsichtlich der Merkmale M1 bis M1.5 auf den ursprünglichen Patentanspruch 1
und hinsichtlich der Zweckangabe „zum Verspannen des Bodenteils (7) mit dem
- 12 -
Deckenteil (6)“ im Merkmal M1.5 auf die ursprüngliche Beschreibung Seite 14,
Zeilen 28 bis 32,

hinsichtlich des Merkmals M1.6 auf den ursprünglichen Unteranspruch 3,

hinsichtlich der Merkmale M1.6.1 bis M1.6.4 auf die ursprüngliche Beschreibung
Seite 8, zweiter Absatz, und Seite 17,

hinsichtlich des Merkmals M1.7 auf den ursprünglichen Unteranspruch 4 und

hinsichtlich des Merkmals M1.7.1 auf die ursprüngliche Beschreibung Seite 9,
erster Absatz, zurück.

Die geltenden Unteransprüche 2 bis 9 gehen auf die ursprünglichen Unteransprü-
che 2 und 5 bis 11 zurück.


3. Das geltende Patentbegehren ist durch den bekannten Stand der Technik
weder vorbekannt noch nahegelegt.

Als nächstkommender Stand der Technik ist die Druckschrift D2 anzusehen.

So ist aus der Druckschrift D2, wie bereits aus der Bezeichnung „Schulterstützvor-
richtung für ein Saiteninstrument“ hervorgeht, eine Stütze für ein Streichinstrument
[= Merkmal M1] bekannt, mit

einem Kinnauflageelement (vgl. die Figuren 1 bis 3 mit Beschreibung: Kinn-
stütze 3), welches mit einem Deckenteil (Korklamelle 23) verbunden ist [= Merk-
mal M1.1],

- 13 -
einem Schulterauflageelement (Schulterstütze 4), welches mit einem Bodenteil
(Steg 9, Lamelle 10) verbunden ist [= Merkmal M1.2], wobei

Deckenteil (Korklamelle 23) und Bodenteil (Steg 9, Lamelle 10) mit Hilfe von
Schrauben (19b, 21a) und Muttern (20) lösbar miteinander verbindbar sind
[= Merkmal M1.3]

und wobei das Streichinstrument (Violine) bei verbundenem Deckenteil (Korkla-
melle 23) und Bodenteil (Steg 9, Korklamelle 10) klemmend zwischen diesen
gehalten ist, wie aus Seite 6, fünfter Absatz der Beschreibung hervorgeht: „Man
erkennt ohne weiteres, dass das Gestell 2 mit der Violine fest verbunden werden
kann durch Anziehen der Muttern 20 auf einerseits dem Gewindeende 19a der
Krallen 19 und andererseits der Gewindepartie 21a der Stangen 21. Wenn dies
geschehen ist, ist die hintere Partie der Violine zwischen der Kinnstütze 3 und der
Platte 9 eingespannt, was demgemäß die Violine fest mit der Vorrichtung gemäß
der Erfindung verbindet.“ [= Merkmal M1.4].

Die Verbindung von Bodenteil (9, 10) und Deckenteil (23) erfolgt dabei mit Hilfe
einer Mutter (20), durch die die beiden Teile (Bodenteil und Deckenteil) miteinan-
der verspannt werden. Da durch die Schraube (20) die Verbindung von Boden-
teil (9, 10) und Deckenteil (23) und deren Verspannen relativ schnell erfolgen
kann, und auch im Anspruch 1 nichts Näheres über die Geschwindigkeit der Ver-
spannung ausgesagt ist, stellt auch die Schraube (20) ein Schnellspannelement
im Sinne des Merkmals M1.5 dar.

Das Schnellspannelement ist jedoch, wie ausgeführt, als Schraube ausgebildet,
und nicht, wie im Merkmal M1.6 beansprucht, als Spannbügelverschluss.
Auch die weiteren Merkmale M1.6.1 bis M1.7.1, die den Spannbügelverschluss
näher konkretisieren und außerdem noch auf Führungselemente gerichtet sind,
sind aus der Druckschrift D2 weder bekannt noch dem Fachmann durch diese
nahegelegt.
- 14 -
Druckschrift D3:

Ein Schnellspannelement in Form eines Spannbügelverschluss zeigt dagegen die
aus der Druckschrift D3 bekannte Kinnstütze (chin rest 3) für Streichinstrumente.

Wie aus den Figuren III und IV mit Beschreibung hervorgeht, ist ein Schnellspann-
element in Form eines Spannbügelverschlusses (cam 16) vorgesehen [= Merkmal
M1.6], mit

einem Hebel (cam 16), welcher über eine ersten Drehpunkt (pivot 17) mit dem De-
ckenteil (engaging foot 6) oder dem Bodenteil (body engaging foot 8) verbunden
ist [= Merkmal M1.6.1].

Einen Bügel, welcher über einen zweiten Drehpunkt mit dem Hebel verbunden ist,
oder ein Hakenelement, wie in den Merkmalen M1.6.2 bis M1.6.4 beim Gegen-
stand des Patentanspruchs 1 in konkreter Form beansprucht ist, zeigt die Druck-
schrift D3 dagegen nicht.
Auch zeigt die D3 keinen speziellen Führungsmechanismus, wie im Patentan-
spruch 1 in den Merkmalen M1.7 und M1.7.1 beansprucht ist.
Da die Druckschrift D3 offensichtlich einen gut funktionierenden in sich abge-
schlossenen Mechanismus offenbart, gibt es für den Fachmann auch keinerlei
Hinweise oder Anregungen diesen in Richtung der oben genannten Merkmale wei-
terzuentwickeln.

Die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften liegen weiter ab und stehen
dem Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 auch nicht patenthindernd
entgegen, wie der Senat im Einzelnen überprüft hat.

- 15 -
4. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist somit patentfähig.
Gleiches gilt auch für die auf diesen rückbezogenen geltenden Unteransprüche 2
bis 9.
Auch die übrigen Unterlagen erfüllen die an sie zu stellenden Anforderungen


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramts kraft Gesetz ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt wor-
den sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

- 16 -
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundespatentgerichtshof zuge-
lassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenem
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einge-
reicht werden.


Dr. Morawek Eder Dr. Müller Dr. Forkel


Fa


Full & Egal Universal Law Academy