17 W (pat) 26/15  - 17. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



17 W (pat) 26/15
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
21. Februar 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2013 015 382.4-53








hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2017 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, der Richterin
Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung und des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann
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beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 17. September 2013 beim Deutschen
Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt die Bezeichnung:

„Verfahren zum Anzeigen einer Information“.

Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06Q in der
Anhörung vom 23. April 2015 zurückgewiesen. Die Prüfungsstelle führt zur Be-
gründung der Zurückweisung aus, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in
naheliegender Weise mit dem aus dem Stand der Technik Vorbekannten erreicht
sei und somit mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin stellte den Antrag,

den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte
Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1–10 vom 12. August 2014,
Beschreibung Seiten 1–11 und
2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1–3, jeweils vom An-
meldetag.
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Der geltende Patentanspruch 1 (hier mit einer denkbaren Gliederung versehen)
lautet:

1. (A) Verfahren zum Anzeigen einer vertraulichen Information, aufweisend
die folgenden Schritte:
(a) postalisches Bereitstellen einer Authentisierungsinformation (10) an
einen Nutzer;
(b) Einlesen der Authentisierungsinformation (10) mit einer Aufnahmeein-
heit (12) einer am Kopf angeordneten Anzeigeeinrichtung (14, 16) oder
einer Aufnahmeeinheit (12) eines Mobilfunkgerätes;
(c) Übermitteln einer der Anzeigeeinrichtung (14, 16) oder dem Mobilfunk-
gerät zugeordneten Identifizierungsinformation und der eingelesenen
Authentisierungsinformation (10) an eine Serviceeinrichtung über eine
Luftschnittstelle,
(d) wobei die Identifizierungsinformation der Serviceeinrichtung vor dem
Bereitstellen der Authentisierungsinformation (10) bekannt ist;
(e) Übermitteln der vertraulichen Information an die an den Kopf des Nut-
zers angeordnete Anzeigeeinrichtung (16) über die Luftschnittstelle,
(f) wenn die Identifizierungsinformation und die Authentisierungsinforma-
tion mit der bei der Serviceeinrichtung gespeicherten Identifizierungsin-
formation und der Authentisierungsinformation übereinstimmen und
(g) Anzeigen der vertraulichen Information auf der an dem Kopf des Nutzers
angeordneten Anzeigeeinrichtung (16), wobei es sich bei der vertrauli-
chen Information um ein Zugangspasswort und/oder eine Geheimzahl
handelt.

Zu den übrigen Ansprüchen wird auf die Akte verwiesen.
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Im Verfahren sind folgende Druckschriften genannt worden:

D1: Markus Mandau: „Die beste Online-Bank“, CHIP Online vom 04.09.2013,
Online: http://www.chip.de/artikeI/Online-Banking-Test_63471557.html;
D2: US 8 511 547 B2;
D3: US 2012 / 218 188 A1.

Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.


II.

Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingelegt und ist auch sonst zuläs-
sig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, da das beanspruchte Verfahren nach Patentan-
spruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 PatG).


1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Verfahren zum Anzeigen einer
vertraulichen Information mit einer an einem Kopf angeordneten Anzeigevorrich-
tung (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0001]).

Gemäß der vorliegenden Anmeldung sei es bekannt, bei Beantragung einer neuen
Kreditkarte oder einer neuen Geldkarte die zugehörige GeheimzahI / PIN in einem
separaten Brief zu übermitteln. Dieses Verfahren weise den Nachteil auf, dass
zusätzlich zu der Kreditkarte ein weiterer Brief verschickt werden müsse. Dadurch
entstünden zusätzlich Kosten und es bestehe das Risiko, dass der Brief mit der
PIN von einem unbefugten Dritten abgefangen werden könnte.
Ferner sei das sogenannte ePIN-Verfahren bekannt, bei welchem einem Karten-
besitzer die PIN per Kurznachricht (SMS) mitgeteilt werde. Dieses Verfahren
weise den Nachteil auf, dass auch der Versand von Kurznachrichten Kosten verur-
sache und zusätzlich die Gefahr bestehe, dass eine auf der Anzeigevorrichtung
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eines Mobilfunkgerätes dargestellte PIN von einem in der Nähe stehenden Dritten
mitgelesen werde, um die PIN anschließend missbräuchlich einzusetzen (Offenle-
gungsschrift, Absätze [0002] und [0003]).

Der Anmeldung soll die Aufgabe zugrundeliegen, die genannten Nachteile bei der
Übertragung von PINs zu lösen und ferner ein Verfahren zum Anzeigen einer ver-
traulichen Information zur Verfügung zu stellen, das es ermöglicht, vertrauliche
Informationen sicher und geschützt vor dem Zugriff durch Dritte zu übertragen und
darzustellen (Offenlegungsschrift, Absatz [0004]).

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt der Patentanspruch 1 ein Verfahren zum
Anzeigen einer vertraulichen Information vor (Merkmal (A)). Bei dem Verfahren
wird einem Nutzer eine Authentisierungsinformation postalisch bereitgestellt
(Merkmal (a)) und mit einer Aufnahmeeinheit, welche sich an einer am Kopf ange-
ordneten Anzeigeeinrichtung oder an einem Mobilfunkgerät befindet, eingelesen
(Merkmal (b)).
Anschließend wird eine der Anzeigeeinrichtung oder dem Mobilfunkgerät zuge-
ordnete Identifizierungsinformation gemeinsam mit der eingelesenen Authentisie-
rungsinformation an eine Serviceeinrichtung über eine Luftschnittstelle übermittelt
(Merkmal (c)), wobei die Identifizierungsinformation der Serviceeinrichtung vor
dem Bereitstellen der Authentisierungsinformation bekannt ist (Merkmal (d)). Bei
der Identifizierungsinformation kann es sich um eine beliebige mit der Serviceein-
richtung ausgehandelte Information handeln (vgl. Offenlegungsschrift, Absätze
[0012], [0026]).
Schließlich wird, wenn die Identifizierungsinformation und die Authentisierungsin-
formation mit der bei der Serviceeinrichtung gespeicherten Identifizierungsinforma-
tion und der Authentisierungsinformation übereinstimmen (Merkmal (f)), eine ver-
trauliche Information an die an den Kopf des Nutzers angeordnete Anzeigeeinrich-
tung über die Luftschnittstelle übermittelt (Merkmal (e)) und auf der an dem Kopf
des Nutzers angeordneten Anzeigeeinrichtung angezeigt, wobei es sich bei der
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vertraulichen Information um ein Zugangspasswort und/oder eine Geheimzahl
handelt (Merkmal (g)).

Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, ein Verfahren zum Anzeigen von
vertraulichen Informationen im Finanzbereich zu entwickeln, ist ein Elektroinge-
nieur oder Programmierer mit Kenntnissen in der Entwicklung von mobilen elektro-
nischen Bankanwendungen anzusehen.


2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit.

Als im Stand der Technik besonders relevant sieht der Senat die Druckschrift D2
an.

Aus der D2 (Titel, Abstract) sind unterschiedliche Authentisierungsverfahren zu
entnehmen, die auf zwei Schritten basieren. Zur Ausführung der Verfahren wird
eine kontaktlose Chip-Karte oder ein kontaktloses Zahlungsgerät und ein kontakt-
loses Lesegerät wie bspw. ein Mobiltelefon verwendet.

Zum Verfahrensablauf ist in der D2 die Eingabe einer ersten Eingabeinformation
an ein mobiles Gerät, z. B. ein Mobiltelefon, durch einen Benutzer beschrieben,
wobei der erste Eingabewert bspw. eine PIN sein kann, die nur dem Benutzer
bekannt ist (Sp. 4 Z. 4–20). Diese Eingabeinformation wird an eine dem Benutzer
vorliegende Chipkarte gesendet (Sp. 4 Z. 22–24).
Die Chipkarte generiert zumindest anhand der Eingabeinformation und eines auf
der Chipkarte gespeicherten geheimen Wertes (Authentisierungsinformation im
Sinne der vorliegenden Anmeldung) einen „dynamischen Wert“. Dieser dynami-
sche Wert kann von dem mobilen Gerät über eine NFC-Verbindung eingelesen
werden (Merkmal (b)) und anschließend generiert das mobile Gerät hieraus soge-
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nannte „authentication data“, die aus dem dynamischen Wert selbst bestehen kön-
nen (Fig. 3, Sp. 6 Z. 8–14, Sp. 4 Z. 60 – Sp. 5 Z. 19).
Ebenso kann das mobile Gerät einen zweiten Eingabewert generieren, der auf im
mobilen Gerät gespeicherten Daten (Identifizierungsinformationen im Sinne der
Anmeldung) basieren kann. Dieser zweite Eingabewert wird entweder in den „dy-
namischen Wert“ integriert oder den „authentication data“ hinzugefügt (Sp. 5
Z. 20–30, Sp. 5 Z. 66–67). Die „authentication data“, welche somit sowohl eine
Authentisierungsinformation als auch eine Identifizierungsinformation enthalten,
werden von dem mobilen Gerät an eine entfernte Serviceeinrichtung („issuer“)
über eine Luftschnittstelle, bspw. in Form von Mobilfunkdaten, übermittelt (Fig. 2,
Sp. 6 Z. 15–23 – Merkmal (c)).

Für die Überprüfung der Echtheit der Daten wird in der Zentrale (Serviceeinrich-
tung / „issuer“) ein weiterer Wert (Fig. 2 „second authentication data 260“) ermit-
telt. Hierfür benutzt die Zentrale Daten aus einer Datenbank, die eine Überprüfung
ermöglichen (Sp. 3 Z. 61–65, Sp. 6 Z. 30–50). Somit liegen der Zentrale die von
dem mobilen Gerät gelieferten Informationen in Klartext oder in verschlüsselter
Form bereits vor (Merkmal (d)).

Bei der Überprüfung werden die übermittelten Informationen mit den gespeicher-
ten Informationen auf Übereinstimmung verglichen (Fig. 2, Sp. 6 Z. 30–50 – teil-
weise Merkmal (f)) und anschließend wird eine von der Zentrale generierte Ant-
wort (eine weitere Information) an das mobile Gerät bzw. das Head-Mounted-Dis-
play zur Anzeige gesendet (Fig. 2, Sp. 6 Z. 30–50, Sp. 6 Z. 1–5 – Merkmal (e),
und restlicher Teil von Merkmal (f)).

Die an den Benutzer gesendete Antwort, welche aus einer positiven bzw. negati-
ven Rückmeldung besteht (Fig. 2, Sp. 6 Z. 42–50), kann auf dem Display des
mobilen Geräts oder auf dem Head-Mounted-Display angezeigt werden (Fig. 2,
Sp. 6 Z. 1–5). Da die Kommunikation und damit auch die Datenübertragung zwi-
schen einem Benutzer und bspw. einem Finanzinstitut erfolgt (Sp. 6 Z. 16–19),
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ergibt es sich von selbst, dass es sich bei den übertragenen Daten um private,
d. h. vertrauliche Daten handelt. Damit ist das Anzeigen einer Information auf
einer am Kopf des Benutzers angeordneten Anzeigeeinrichtung (teilweise Merk-
mal (g)) und somit auch ein Verfahren zum Anzeigen einer vertraulichen Informa-
tion (Merkmal (A)) gezeigt.

Die Art der vertraulichen Information (restlicher Teil von Merkmal (g)), wie bspw.
ein Zugangspasswort oder eine Geheimzahl, trägt nicht zur Lösung eines techni-
schen Problems bei und ist daher bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht
zu berücksichtigen.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin wendet ein, dass aus der D2 keine postali-
sche Übermittlung der Authentisierungsinformation (Merkmal (a)) zu entnehmen
sei.

Aus der D2 ist zu entnehmen, dass der Benutzer im Besitz einer Chipkarte ist
(Fig. 3, Sp. 6 Z. 8–13), die, wie oben erläutert, Authentisierungsinformationen ent-
hält. Dem Fachmann ist das Versenden von Chipkarten bzw. Bank- oder Kredit-
karten als übliche Vorgehensweise bekannt. Die Einbeziehung der postalischen
Übermittlungsart (Merkmal (a)) war somit für den Fachmann naheliegend.

Damit gelangte der Fachmann ausgehend von D2 in naheliegender Weise zum
Gegenstand des Hauptanspruchs.


3. Nachdem der Anspruch 1 nicht gewährbar ist, fallen auch die übrigen
Ansprüche 2–10, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann
(BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).
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Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel
der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist
sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richter-
amtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit
Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die
Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichts-
hof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.


Dr. Morawek Eder Dr. Thum-Rung Hoffmann


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