15 W (pat) 55/16  - 15. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:310717B15Wpat55.16.0


BUNDESPATENTGERICHT



15 W (pat) 55/16
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
31. Juli 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 11 2005 001 143



- 2 -











hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der mündlichen Verhandlung am 31. Juli 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Feuerlein sowie der Richter Dr. Egerer, Hermann und
Dr. Freudenreich

beschlossen.

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der
Patentabteilung 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
16. Juni 2016 abgeändert und das Patent DE 11 2005 001 143 in
vollem Umfang widerrufen.


G r ü n d e

I.

Auf den am 20. November 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt einge-
reichten Antrag auf Einleitung der nationalen Phase der internationalen Patentan-
meldung PCT/US2005/017743, Anmeldetag 20. Mai 2005, Veröffentlichungs-
- 3 -
nummer WO 2005/113830 A2, der W…Corp., M…, M….
(V.….), ist das Patent 11 2005 001 143 B4 mit der Bezeichnung

„System und Verfahren zum Gruppieren von Vorläufer- und Fragmentionen unter
Verwendung von Chromatogrammen ausgewählter Ionen“

erteilt worden. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 30. Oktober 2014.
Das Patent nimmt die Priorität US 60/572,503 vom 20. Mai 2004 in Anspruch.

Die erteilte Fassung weist insgesamt 20 Patentansprüche auf von denen die Pa-
tentansprüche 1 und 11 folgenden Wortlaut haben:



- 4 -


Gegen das Patent hat die A…, Inc., S…, C…, U… – Ein-
sprechende 1 – mit Schriftsatz vom 30. Juli 2015 Einspruch erhoben und bean-
tragt, das Patent vollumfänglich zu widerrufen.
Mit Schriftsatz vom 17. September 2015 hat die A…
… GmbH & Co. KG, B…, aus Gründen einer mit Schriftsatz
vom 27. Mai 2015 vor dem LG Düsseldorf gegen sie erhobenen und unter ande-
rem auf das Streitpatent gestützten Verletzungsklage den Beitritt zum Einspruchs-
verfahren gemäß § 59 (2) PatG erklärt – Einsprechende 2.

Auf die Einsprüche der Einsprechenden, die das Patent wegen mangelnder Aus-
führbarkeit, mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit angrei-
fen, wurde das Patent mit Beschluss der Patentabteilung 44 im Anschluss an die
Anhörung am 16. Juni 2016 in vollem Umfang aufrechterhalten. Entgegen dem
Vorbringen der Einsprechenden sei die Priorität wirksam in Anspruch genommen.
Der Gegenstand des Streitpatents sei neu, erfinderisch und auch ausführbar.

Gegen den Beschluss der Patentabteilung über die Aufrechterhaltung des Patents
haben die Einsprechenden jeweils mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2016 Be-
schwerde eingelegt.

- 5 -
Die Einsprechenden gründen ihre Beschwerden vom 17. Oktober 2016, wie be-
reits im Verlauf des Einspruchsverfahrens vorgetragen, auf unzureichende Offen-
barung im Sinne fehlender Ausführbarkeit sowie mangelnde Patentfähigkeit we-
gen fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit, wobei die Priorität
des Streitpatents unwirksam in Anspruch genommen sei. Auch die hilfsweise ver-
teidigten Anspruchsfassungen des Streitpatents hätten keinen Bestand. Sie stüt-
zen sich dabei insbesondere auf folgende Dokumente:

(1) DE 10 2004 015 018 A1 (HLB3),
(2) EP 1 225 618 A2 (HLO14),
(3) WO 2005/079261 A2 (HLO8),
(4) WO 2005/079263 A2 (HLO9),
(5) US 6 329 652 B1 (HLO10),
(6) US 5 969 228 A (HLB5),
(7) WO 2002/086491 A1 (HLB4),
(11) Prüfungsbescheid des EPA in Sachen EP 1 766 394 (HLO16),
(12) EP 1 385 194 A2 (HLO17),
(13) EP 1 403 904 A2 (HLO18),
(14) J. Throck Watson: Introduction to Mass Spectrometry,
3 rd ed., Lippincott-Raven Philadelphia 1997, auszugs-
weise S. 341 bis 360, 432 bis 496 (HLO19),
(15) A. Hoffman et al. Spectroscopy 13 (1998) 22 bis 32 (HLO20),
(16) W.G. Mallard, J. Reed Automated Mass Spectral
Deconvolution & Identification System, U.S. Department
of Commerce, NIST, 1997, S. 1 bis 58 (HLO21),
(17) R.G. Dromey et al. Anal.Chem. 48 (1976) 1368 bis 1375 (HLO22),
(18) R.E. Ardrey, Liquid Chromatography – Mass
Spectrometry: An Introduction, 2003 John Wiley & Sons
Ltd. (HLO23),
(19) I. Belic, L. Gyergyek Vacuum 48 (1997) 633 bis 637 (HLO24),
(20) T. Baczek et al. Anal.Chem. 76 (2004) 1726 bis 1732 (HLO25).

- 6 -
Die Einsprechenden und Beschwerdeführerinnen stellen den Antrag aus dem
Schriftsatz vom 17. Oktober 2016,

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 44 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 16. Juni 2016 dahin
abzuändern, dass das Patent DE 11 2005 001 143 in vollem
Umfang widerrufen wird.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen und hilfsweise, das Patent
gemäß der Hilfsanträge 1 bis 5 (in dieser Reihenfolge), zu 1 und 3
bis 5 eingereicht mit Schriftsatz vom 29. Mai 2017 und zu 2
eingereicht mit Schriftsatz vom 26. Juli 2017, beschränkt aufrecht
zu erhalten.

Die jeweils das System und das Verfahren betreffenden nebengeordneten Pa-
tentansprüche 1 und 6 der Hilfsanträge lauten:

Hilfsantrag 1

1. System zum Gruppieren von Ionen unter Verwendung von Da-
ten, die während eines LC/MS-Experiments erhalten werden, um-
fassend:
einen Flüssigchromatograph, in den ein Probengemisch zum Auf-
trennen des Probengemisches in zwei oder mehrere Komponen-
ten eingebracht wird, ein Massenspektrometer, in das ein Auslass
des Flüssigchromatographs eingebracht wird, zum Erzeugen ei-
nes oder mehrerer Massenchromatogramme, einen Computer, der
darauf eine Computersoftware ausführt, um zu bewirken, dass der
Computer:
- 7 -
massenchromatographische Peaks identifiziert, die einem oder
mehreren Ionen in den Massenchromatogrammen entsprechen,
die Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen auf der Basis einer
Referenzretentionszeit gruppiert, die mit den identifizierten Peaks
assoziiert ist, wobei die Referenzretentionszeit derart ausgewählt
wird, dass sie der Retentionszeit eines Referenzions entspricht,
wobei ein derartiges Referenzion eine bekannte Masse besitzt,
wobei jede der Ionengruppen jeweils einem derartigen Referenz-
ion zugeordnet wird, wobei die Referenzretentionszeit dazu ver-
wendet wird, ein Retentionszeitfenster zu definieren, um die Ionen
zu gruppieren, und jede der Ionengruppen getrennt voneinander
analysiert, um diejenigen Ionen aus den Ionengruppen auszu-
schließen, deren chromatographische Peaks nicht mit einem
chromatographischen Peakreferenzprofil des jeweils zugeordne-
ten Referenzions übereinstimmen.

6. Verfahren zum Gruppieren von Ionen unter Verwendung von
Daten, die während eines LC/MS-Experiments erhalten werden,
umfassend:
Auftrennen eines Probengemisches in zwei oder mehrere Kompo-
nenten, Erzeugen eines oder mehrerer Massenchromatogramme,
Identifizieren von massenchromatographischen Peaks, die einem
oder mehreren Ionen in den Massenchromatogrammen entspre-
chen, Gruppieren der Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen
auf der Basis einer Referenzretentionszeit, die mit den identifi-
zierten Peaks assoziiert ist, wobei die Referenzretentionszeit der-
art ausgewählt wird, dass sie einer Retentionszeit eines Referenz-
ions von Interesse entspricht, wobei ein derartiges Referenzion
eine bekannte Masse besitzt, wobei jede der Ionengruppen jeweils
einem derartigen Referenzion zugeordnet wird, wobei die Refe-
renzretentionszeit dazu verwendet wird, ein Retentionszeitfenster
- 8 -
zu definieren, um die Ionen zu gruppieren, und Analysieren einer
jeglichen der Ionengruppen getrennt voneinander, um diejenigen
Ionen aus den Ionengruppen auszuschließen, deren chromato-
graphische Peaks nicht mit einem chromatographischen Peakrefe-
renzprofil des jeweils zugeordneten Referenzions übereinstimmen.

Hilfsantrag 2

1. System zum Gruppieren von Vorläufer- und Fragmentionen un-
ter Verwendung von Daten, die während eines LC/MS-Experi-
ments erhalten werden, umfassend:
einen Flüssigchromatograph, in den ein Probengemisch zum Auf-
trennen des Probengemisches in zwei oder mehrere Komponen-
ten eingebracht wird, ein Massenspektrometer, in das ein Auslass
des Flüssigchromatographs eingebracht wird, zum Erzeugen ei-
nes oder mehrerer Massenchromatogramme, einen Computer, der
darauf eine Computersoftware ausführt, um zu bewirken, dass der
Computer:
massenchromatographische Peaks identifiziert, die einem oder
mehreren Ionen in den Massenchromatogrammen entsprechen,
die Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen auf der Basis einer
Referenzretentionszeit gruppiert, die mit den identifizierten Peaks
assoziiert ist, wobei die Referenzretentionszeit derart ausgewählt
wird, dass sie der Retentionszeit eines Referenzions entspricht,
wobei ein derartiges Referenzion ein Vorläuferion ist, das eine be-
kannte Masse besitzt, wobei jede der Ionengruppen jeweils einem
derartigen Vorläufer-Referenzion zugeordnet wird, wobei die Refe-
renzretentionszeit dazu verwendet wird, ein Retentionszeitfenster
zu definieren, um die Ionen zu gruppieren, und jede der Ionen-
gruppen getrennt voneinander analysiert, um diejenigen Ionen aus
den Ionengruppen auszuschließen, deren chromatographische
- 9 -
Peaks nicht mit einem chromatographischen Peakreferenzprofil
des jeweils zugeordneten Vorläufer-Referenzions übereinstimmen.

6. Verfahren zum Gruppieren von Vorläufer- und Fragmentionen
unter Verwendung von Daten, die während eines LC/MS-Experi-
ments erhalten werden, umfassend:
Auftrennen eines Probengemisches in zwei oder mehrere Kompo-
nenten, Erzeugen eines oder mehrerer Massenchromatogramme,
Identifizieren von massenchromatographischen Peaks, die einem
oder mehreren Ionen in den Massenchromatogrammen entspre-
chen, Gruppieren der Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen
auf der Basis einer Referenzretentionszeit, die mit den identifi-
zierten Peaks assoziiert ist, wobei die Referenzretentionszeit der-
art ausgewählt wird, dass sie einer Retentionszeit eines Referenz-
ions von Interesse entspricht, wobei ein derartiges Referenzion ein
Vorläuferion ist, das eine bekannte Masse besitzt, wobei jede der
Ionengruppen jeweils einem derartigen Vorläufer-Referenzion
zugeordnet wird, wobei die Referenzretentionszeit dazu verwendet
wird, ein Retentionszeitfenster zu definieren, um die Ionen zu
gruppieren, und Analysieren einer jeglichen der Ionengruppen ge-
trennt voneinander, um diejenigen Ionen aus den Ionengruppen
auszuschließen, deren chromatographische Peaks nicht mit einem
chromatographischen Peakreferenzprofil des jeweils zugeordne-
ten Vorläufer-Referenzions übereinstimmen.


Hilfsantrag 3

1. System zum Gruppieren von Ionen unter Verwendung von Da-
ten, die während eines LC/MS-Experiments erhalten werden, um-
fassend:
- 10 -
einen Flüssigchromatograph, in den ein Probengemisch zum Auf-
trennen des Probengemisches in zwei oder mehrere Komponen-
ten eingebracht wird, ein Massenspektrometer, in das ein Auslass
des Flüssigchromatographs eingebracht wird, zum Erzeugen ei-
nes oder mehrerer Massenchromatogramme, einen Computer, der
darauf eine Computersoftware ausführt, um zu bewirken, dass der
Computer:
massenchromatographische Peaks identifiziert, die einem oder
mehreren Ionen in den Massenchromatogrammen entsprechen,
die Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen auf der Basis einer
Referenzretentionszeit gruppiert, die mit den identifizierten Peaks
assoziiert ist, wobei die Referenzretentionszeit derart ausgewählt
wird, dass sie der Retentionszeit eines Referenzions entspricht,
wobei ein derartiges Referenzion eine bekannte Masse besitzt,
wobei jede der Ionengruppen jeweils einem derartigen Referenz-
ion zugeordnet wird, wobei die Referenzretentionszeit dazu ver-
wendet wird, ein Retentionszeitfenster zu definieren, um die Ionen
zu gruppieren und wobei eine oder mehrere zusätzliche Regeln
angewandt werden, um Ionen auszuschließen, die nicht dem je-
weiligen Referenzion zugeordnet sein können, und jede der Io-
nengruppen getrennt voneinander analysiert, um diejenigen Ionen
aus den Ionengruppen auszuschließen, deren chromatographi-
sche Peaks nicht mit einem chromatographischen Peakreferenz-
profil des jeweils zugeordneten Referenzions übereinstimmen.

6. Verfahren zum Gruppieren von Ionen unter Verwendung von
Daten, die während eines LC/MS-Experiments erhalten werden,
umfassend:
Auftrennen eines Probengemisches in zwei oder mehrere Kompo-
nenten, Erzeugen eines oder mehrerer Massenchromatogramme,
Identifizieren von massenchromatographischen Peaks, die einem
- 11 -
oder mehreren Ionen in den Massenchromatogrammen entspre-
chen, Gruppieren der Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen
auf der Basis einer Referenzretentionszeit, die mit den identifi-
zierten Peaks assoziiert ist, wobei die Referenzretentionszeit der-
art ausgewählt wird, dass sie der Retentionszeit eines Referenz-
ions entspricht, wobei ein derartiges Referenzion eine bekannte
Masse besitzt, wobei jede der Ionengruppen jeweils einem derar-
tigen Referenzion zugeordnet wird, wobei die Referenzretentions-
zeit dazu verwendet wird, ein Retentionszeitfenster zu definieren,
um die Ionen zu gruppieren, und wobei eine oder mehrere zusätz-
liche Regeln angewandt werden, um Ionen auszuschließen, die
nicht dem jeweiligen Referenzion zugeordnet werden können, und
Analysieren einer jeglichen der Ionengruppen getrennt voneinan-
der, um diejenigen Ionen aus den Ionengruppen auszuschließen,
deren chromatographische Peaks nicht mit einem chromatogra-
phischen Peakreferenzprofil des jeweils zugeordneten Referenz-
ions übereinstimmen.

Hilfsantrag 4

1. System zum Gruppieren von Ionen unter Verwendung von Da-
ten, die während eines LC/MS-Experiments erhalten werden, um-
fassend:
einen Flüssigchromatograph, in den ein Probengemisch zum Auf-
trennen des Probengemisches in zwei oder mehrere Komponen-
ten eingebracht wird, ein Massenspektrometer, in das ein Auslass
des Flüssigchromatographs eingebracht wird, zum Erzeugen ei-
nes oder mehrerer Massenchromatogramme, einen Computer, der
darauf eine Computersoftware ausführt, um zu bewirken, dass der
Computer:

- 12 -
massenchromatographische Peaks identifiziert, die einem oder
mehreren Ionen in den Massenchromatogrammen entsprechen,
die Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen auf der Basis einer
Referenzretentionszeit gruppiert, die mit den identifizierten Peaks
assoziiert ist, wobei die Referenzretentionszeit derart ausgewählt
wird, dass sie der Retentionszeit eines Referenzions entspricht,
wobei ein derartiges Referenzion eine bekannte Masse besitzt,
wobei jede der Ionengruppen jeweils einem derartigen Referenz-
ion zugeordnet wird, wobei die Referenzretentionszeit dazu ver-
wendet wird, ein Referenzretentionszeitfenster zu definieren, um
die Ionen zu gruppieren, und wobei die Ionen in jeder Ionengruppe
auf solche Ionen beschränkt werden, die Massenwerte aufweisen,
die konsistenterweise Fragmente des jeweiligen zugeordneten
Referenzion sind, und jede der Ionengruppen getrennt voneinan-
der analysiert, um diejenigen Ionen aus den Ionengruppen auszu-
schließen, deren chromatographische Peaks nicht mit einem
chromatographischen Peakreferenzprofil des jeweils zugeordne-
ten Referenzions übereinstimmen.

6. Verfahren zum Gruppieren von Ionen unter Verwendung von
Daten, die während eines LC/MS-Experiments erhalten werden,
umfassend:
Auftrennen eines Probengemisches in zwei oder mehrere Kompo-
nenten, Erzeugen eines oder mehrerer Massenchromatogramme,
Identifizieren von massenchromatographischen Peaks, die einem
oder mehreren Ionen in den Massenchromatogrammen entspre-
chen, Gruppieren der Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen
auf der Basis einer Referenzretentionszeit, die mit den identifi-
zierten Peaks assoziiert ist, wobei die Referenzretentionszeit der-
art ausgewählt wird, dass sie einer Retentionszeit eines Referenz-
ions entspricht, wobei ein derartiges Referenzion eine bekannte
- 13 -
Masse besitzt, wobei jede der Ionengruppen jeweils einem derar-
tigen Referenzion zugeordnet wird, wobei die Referenzretentions-
zeit dazu verwendet wird, ein Retentionszeitfenster zu definieren,
um die Ionen zu gruppieren, und wobei die Ionen in jeder Ionen-
gruppe auf solche Ionen beschränkt werden, die Massenwerte
aufweisen, die konsistenterweise Fragmente des jeweiligen zuge-
ordneten Referenzions sind, und Analysieren einer jeglichen der
Ionengruppen getrennt voneinander, um diejenigen Ionen aus den
Ionengruppen auszuschließen, deren chromatographische Peaks
nicht mit einem chromatographischen Peakreferenzprofil des je-
weils zugeordneten Referenzions übereinstimmen.

Hilfsantrag 5

1. System zum Gruppieren von Ionen unter Verwendung von Da-
ten, die während eines LC/MS-Experiments erhalten werden, um-
fassend:
einen Flüssigchromatograph, in den ein Probengemisch zum Auf-
trennen des Probengemisches in zwei oder mehrere Komponen-
ten eingebracht wird, ein Massenspektrometer, in das ein Auslass
des Flüssigchromatographs eingebracht wird, zum Erzeugen ei-
nes oder mehrerer Massenchromatogramme, einen Computer, der
darauf eine Computersoftware ausführt, um zu bewirken, dass der
Computer:
massenchromatographische Peaks identifiziert, die einem oder
mehreren Ionen in den Massenchromatogrammen entsprechen,
die Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen auf der Basis einer
Referenzretentionszeit gruppiert, die mit den identifizierten Peaks
assoziiert ist, wobei die Referenzretentionszeit derart ausgewählt
wird, dass sie der Retentionszeit eines Referenzions entspricht,
wobei ein derartiges Referenzion eine bekannte Masse besitzt,
- 14 -
wobei jede der Ionengruppen jeweils einem derartigen Referenz-
ion zugeordnet wird, wobei die Referenzretentionszeit dazu ver-
wendet wird, ein Retentionszeitfenster zu definieren, um die Ionen
zu gruppieren, und wobei die Ionen in jeder Ionengruppe auf sol-
che Ionen beschränkt werden, die Massenwerte und Intensitäten
aufweisen, die konsistenterweise Fragmente des jeweiligen zuge-
ordneten Referenzions sind, und jede der beschränkten Ionen-
gruppen getrennt voneinander analysiert, um diejenigen Ionen aus
den Ionengruppen auszuschließen, deren chromatographische
Peaks nicht mit einem chromatographischen Peakreferenzprofil
des jeweils zugeordneten Referenzions übereinstimmen.

6. Verfahren zum Gruppieren von Ionen unter Verwendung von
Daten, die während eines LC/MS-Experiments erhalten werden,
umfassend:
Auftrennen eines Probengemisches in zwei oder mehrere Kompo-
nenten, Erzeugen eines oder mehrerer Massenchromatogramme,
Identifizieren von massenchromatographischen Peaks, die einem
oder mehreren Ionen in den Massenchromatogrammen entspre-
chen, Gruppieren der Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen
auf der Basis einer Referenzretentionszeit, die mit den identifi-
zierten Peaks assoziiert ist, wobei die Referenzretentionszeit der-
art ausgewählt wird, dass sie einer Retentionszeit eines Referenz-
ions entspricht, wobei ein derartiges Referenzion eine bekannte
Masse besitzt, wobei jede der Ionengruppen jeweils einem derar-
tigen Referenzion zugeordnet wird, wobei die Referenzretentions-
zeit dazu verwendet wird, ein Retentionszeitfenster zu definieren,
um die Ionen zu gruppieren, und wobei die Ionen in jeder Ionen-
gruppe auf solche Ionen beschränkt werden, die Massenwerte und
Intensitäten aufweisen, die konsistenterweise Fragmente des je-
weiligen zugeordneten Referenzions sind, und Analysieren einer
- 15 -
jeglichen der beschränkten Ionengruppen getrennt voneinander,
um diejenigen Ionen aus den Ionengruppen auszuschließen, de-
ren chromatographische Peaks nicht mit einem chromatographi-
schen Peakreferenzprofil des jeweils zugeordneten Referenzions
übereinstimmen.


Wegen Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten
verwiesen.

Zur Ausführbarkeit und erfinderischen Tätigkeit hat der Senat mit Zwischenverfü-
gung vom 5. Juli 2017 den Verfahrensbeteiligten vorveröffentlichten Stand der
Technik betreffend die Anwendung von selbstorganisierenden Karten (self-organi-
zing maps – SOMs) zur genomischen und proteomischen Datenanalyse mitgeteilt:

(G1) J. Herrero, J. Dopazo, J. Proteome Res. 1 (2002) 467 bis 470,
(G2) P. Tamayo et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA 96 (1999) 2907 bis 2912,
(G3) P. Törönen et al., FEBS Lett. 451 (1999) 142 bis 146,
(G4) K. Ohm, Broad Institute, Cambridge, MA, USA, 28. Oktober 2003:
„GenePattern: SOMClustering Documentation, Self-Organizing Maps
algorithm“, Release 1.0,

wobei auf die Anwendung des SOM Algorithmus zur Clusteranalyse von Genen
oder anderen Proben bzw. Daten, u. a. auf spektrale Peaks in der letztgenannten
Druckschrift hingewiesen wurde.

- 16 -
II.

Die Beschwerde der Einsprechenden ist frist- und formgerecht eingelegt worden
und zulässig (§ 73 PatG). Sie hat auch Erfolg. Der Gegenstand des Streitpatents
gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 5 beruht, sofern noch
neu, jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1. Die Patentansprüche 1 bis 10 des Streitpatents betreffen ein System zum
Gruppieren von Ionen unter Verwendung von LC/MS-Daten. Die dazu in Neben-
ordnung stehenden Patentansprüche 11 bis 20 betreffen Verfahren zum Gruppie-
ren von Ionen, wobei in diesen Verfahrensansprüchen nicht alle Bestandteile des
Systems gemäß den Patentansprüchen 1 bis 10 zum Einsatz gelangen.

a) Patentanspruch 1 nach Hauptantrag betrifft ein

1) System zum Gruppieren von Ionen,
1.1) unter Verwendung von Daten, die während eines LC/MS-Experiments erhal-
ten werden,

das System umfasst

2) einen Flüssigchromatograph,
2.1) in den ein Probengemisch zu dessen Auftrennung in zwei oder mehrere
Komponenten eingebracht wird,

3) ein Massenspektrometer,
3.1) in das ein Auslass des Flüssigchromatographen eingebracht wird,
3.2) zum Erzeugen eines oder mehrerer Massenchromatogramme,

4) einen Computer, der darauf eine Computersoftware ausführt,
4.1) zur Identifizierung von massenchromatographischen Peaks, die einem oder
mehreren Ionen in den Massenchromatogrammen entsprechen,

- 17 -
4.2) zur Gruppierung der Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen auf der Basis
einer Retentionszeit, die mit den identifizierten Peaks assoziiert ist,
4.3) zur Analyse jeder der Ionengruppen, um diejenigen Ionen auszuschließen,
deren chromatographische Peaks nicht mit einem chromatographischen Peakrefe-
renzprofil übereinstimmen.

Patentanspruch 11 nach Hauptantrag betrifft ein

A) Verfahren zum Gruppieren von Ionen,
A.1) unter Verwendung von Daten, die während eines LC/MS-Experiments erhal-
ten werden,

das Verfahren umfasst

B) Auftrennen eines Probengemisches in zwei oder mehrere Komponenten,

C) Erzeugen eines oder mehrerer Massenchromatogramme,

D) Identifizieren von massenchromatographischen Peaks, die einem oder mehre-
ren Ionen in den Massenchromatogrammen entsprechen,

E) Gruppieren der Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen auf der Basis einer
Retentionszeit, die mit den identifizierten Peaks assoziiert ist,

F) Analysieren einer jeglichen der Ionengruppen, um diejenigen Ionen auszu-
schließen, deren chromatographische Peaks nicht mit einem chromatographi-
schen Referenzprofil übereinstimmen.

b) In den zueinander in Nebenordnung stehenden Patentansprüchen 1 und 6
der Hilfsanträge 1 bis 5 kommen nachfolgende Merkmale hinzu bzw. wurden ge-
ändert:

- 18 -
b.1) Hilfsantrag 1

4.2.1) die Retentionszeit ist eine Referenzretentionszeit, die der Referenzzeit ei-
nes Referenzions bekannter Masse entspricht,

4.2.2) jede der Ionengruppen wird jeweils einem derartigen Referenzion zugeord-
net,

4.2.3) die Referenzretentionszeit wird zwecks Gruppierung der Ionen zur Definition
eines Retentionszeitfensters verwendet,

4.3.1) das Peakreferenzprofil des der jeweiligen Ionengruppe zugeordneten Refe-
renzions (bekannter Masse),

4.3.2) jede der Ionengruppen wird getrennt voneinander analysiert.

E.1) die Retentionszeit ist eine Referenzretentionszeit,

E.2) die Referenzretentionszeit wird zwecks Gruppierung der Ionen zur Definition
eines Retentionszeitfensters derart ausgewählt, dass sie einer Retentionszeit ei-
nes Referenzions bekannter Masse von Interesse entspricht,

E.3) jede der Ionengruppen ist jeweils einem derartigen Referenzion zugeordnet,

F.1) das Peakreferenzprofil des der jeweiligen Ionengruppe zugeordneten Refe-
renzions bekannter Masse,

F.2) jede der Ionengruppen wird getrennt voneinander analysiert.

b.2) Hilfsantrag 2

4.2.4) das Referenzion ist ein Vorläuferion bekannter Masse

4.2.2’) jede der Ionengruppen wird jeweils einem derartigen Vorläufer-Referenzion
zugeordnet
- 19 -
4.3.1’) das Peakreferenzprofil des der jeweiligen Ionengruppe zugeordneten Vor-
läufer-Referenzions (bekannter Masse),

E.2.1) das Referenzion ist ein Vorläuferion bekannter Masse

E.3.1) jede der Ionengruppen wird jeweils einem derartigen Vorläufer-Referenzion
zugeordnet

F.1.1) das Peakreferenzprofil des der jeweiligen Ionengruppe zugeordneten Vor-
läufer-Referenzions (bekannter Masse),


b.3) Hilfsantrag 3

4.4) es werden eine oder mehrere Regeln zusätzlich angewandt, um Ionen auszu-
schließen, die nicht dem jeweiligen Referenzion zugeordnet sein können,

F.3) es werden eine oder mehrere Regeln zusätzlich angewandt, um Ionen auszu-
schließen, die nicht dem jeweiligen Referenzion zugeordnet sein können.

b.4) Hilfsantrag 4

4.5) die Ionen in jeder Ionengruppe werden auf solche Ionen beschränkt, die Mas-
senwerte aufweisen, die konsistenterweise Fragmente des jeweiligen zugeordne-
ten Referenzions sind,

F.4) die Ionen in jeder Ionengruppe werden auf solche Ionen beschränkt, die Mas-
senwerte aufweisen, die konsistenterweise Fragmente des jeweiligen zugeordne-
ten Referenzions sind.

- 20 -
b.5) Hilfsantrag 5

4.6) die Ionen in jeder Ionengruppe werden auf solche Ionen beschränkt, die Mas-
senwerte und Intensitäten aufweisen, die konsistenterweise Fragmente des jewei-
ligen zugeordneten Referenzions sind,

F.2’) jede der beschränkten Ionengruppen wird getrennt voneinander analysiert,

F.5) die Ionen in jeder Ionengruppe werden auf solche Ionen beschränkt, die Mas-
senwerte und Intensitäten aufweisen, die konsistenterweise Fragmente des jewei-
ligen zugeordneten Referenzions sind.

c) Als Fachmann ist ein promovierter Chemiker, Biochemiker oder
Molekularbiologe anzusehen, die jeweils besondere Kenntnisse der analytischen
Chemie besitzen, und die mit einem erfahrenen Entwicklungsingenieur für Analy-
sesoftware zusammenarbeiten.

2. Die in den Patentansprüchen des Streitpatents und in den Hilfsanträgen
verwendeten Begriffe Retentionszeit, Retentionszeitfenster, chromatographische
Peaks, Peakbreite, Peak(referenz)profil, Liftoff- und Touchdown- Zeitspanne, Spit-
zenretentionszeit chromatographisches Standardprofil, massenchromato-graphi-
sche Peaks, Referenzion und Vorläuferion (Vorläufer-Referenzion) sind fachüblich
(vgl. z. B. (7) S. 2 Z. 22 bis 33 i. V. m. Anspr. 6 bis 9; (12) Anspr. 5 i. V. m. An-
spr. 17 bis 19 und S. 10 Z. 32 bis 57; (18) z. B. S. 2 bis 3 Abschn. 1.1 i. V. m.
S. 53 bis 74 Abschn. 3.5 und 3.6, insbes. S. 55 Abs. 2 bis S. 56 Abs. 3, S. 60 bis
68 Abschn. 3.6.2) und – unter Berücksichtigung der Patentbeschreibung (vgl.
DE 11 2005 001 143 B4 z. B. S. 4 [0020], S. 5 [0027], [0030] S. 7 [0053], [0054],
[0058]) – eindeutig. Diese Begriffe werden unabhängig von der Art der chromato-
graphischen Trennung verwendet (vgl. z. B. (6) Sp. 1 Z. 25 bis 35; (16) Fig. auf
S. 12; (17) Figs. 2 und 4 i. V. m. S. 1369 re. Sp. Experimental Abs. 2 und le. Abs.
bis S. 1370 li. Sp. Abs. 1), so auch die auf den Fall der massenspektrometrischen
Detektion beschränkten Begriffe „Massenchromatogramm“ und „massenchroma-
- 21 -
tographischer Peak“. Gleichermaßen bezieht sich der Ausdruck „chromatographi-
scher Peak“ nach [0012] des Streitpatents auf die zeitliche Kombination von Mas-
senspektren. Insoweit können auch Druckschriften, die sich mit einem gekoppel-
ten System aus einem Gaschromatographen anstelle eines Flüssigchromatogra-
phen als Trennvorrichtung und einem Massenspektrometer als Detektor befassen,
in die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit einbezogen werden (vgl. z.B. (16),
(17)).

3. Die Patentansprüche der erteilten Fassung (Hauptantrag) entsprechen den
ins Deutsche übersetzten ursprünglichen Ansprüchen (vgl. WO 2005/113830 A2
Anspr. 1 bis 20), so dass hinsichtlich der Offenbarung keine Bedenken bestehen.

Offenbart sind auch die Patentansprüche in der Fassung des Hilfsantrags 1. Die
geänderten bzw. hinzugenommenen Merkmale der Merkmalsgruppen 4.2, 4.3, E
und F lassen sich aus den ursprünglichen Unterlagen und aus der erteilten Fas-
sung des Streitpatents herleiten (vgl. WO 2005/113830 A2 und
DE 11 2005 001 143 B4, jeweils Anspr. 1 und 6 i. V. m. [0027] bis [0030] sowie
[0114] bis [0116] i. V. m. Fig. 16).

Was die jeweiligen Patentansprüche 1 der Hilfsanträge 2 bis 5 anbelangt, so er-
geben sich die gegenüber Hauptantrag und Hilfsantrag 1 geänderten bzw. hinzu-
genommenen Merkmale sowohl aus den ursprünglichen Unterlagen als auch aus
dem Streitpatent (vgl. WO 2005/113830 A2 und DE 11 2005 001 143 B4: jeweils
[0027], Hilfsantrag 2, Teilmerkmal „Vorläufer-Referenzion“; jeweils [0114], Hilfs-
antrag 3, Teilmerkmal „eine oder mehrere Regeln“; jeweils [0114] und [0115],
Hilfsanträge 4 und 5, Teilmerkmale „...Massenwerte, die konsistenterweise Frag-
mente...“ sowie „...Massenwerte und Intensitäten, die konsistenterweise Frag-
mente...“).

Dem Vorbringen der Einsprechenden und Beschwerdeführerinnen in der mündli-
chen Verhandlung, die in Hilfsantrag 1 hinzugenommenen Merkmale seien nicht
- 22 -
im Zusammenhang offenbart, kann der Senat unter Bezugnahme auf die Patent-
beschreibung nicht beitreten. Gemäß der Beschreibung des Streitpatents handelt
es sich bei der Retentionszeit, auf deren Basis die Ionen in eine oder mehrere Io-
nengruppen gruppiert werden, um die mit identifizierten Peaks assoziierte Refe-
renzretentionszeit eines Referenzions bekannter Masse, dem jeweils eine der Io-
nengruppen zugeordnet wird, wobei die Referenzretentionszeit wiederum der De-
finition eines Retentionszeitfensters zwecks Gruppieren der Ionen dient (vgl.
DE 11 2005 001 143 B4 [0114] i. V. m. Fig. 16).

Was den auf mangelnde Klarheit des Teilmerkmals „eine oder mehrere Regeln
zusätzlich angewandt“ gestützten Zulässigkeitseinwand gegen den Hilfsantrag 3
anbelangt, ist den Beschwerdeführerinnen zwar insoweit beizutreten, als dieses
Teilmerkmal seinem Umfang nach sehr breit gehalten ist. Die Erläuterungen die-
ses Teilmerkmals in der Patentbeschreibung (vgl. DE 11 2005 001 143 B4 S. 15
[0114]) bewegen sich jedoch im Rahmen fachüblicher Kriterien bzw. Auswahlre-
geln zur Analyse von aus LC/MS-Experimenten erhaltenen Datensätzen, so dass
nicht die Klarheit dieses Teilmerkmals, sondern die Abgrenzung gegenüber dem
Stand der Technik in Frage steht. Dies ist bei der Beurteilung von Neuheit und
erfinderischer Tätigkeit zu berücksichtigen.

4. Der sowohl gegen das beanspruchte System als auch gegen das bean-
spruchte Verfahren zum Gruppieren von Ionen vorgebrachte Einspruchsgrund der
mangelnden Ausführbarkeit greift nach Ansicht des Senats und insoweit im Er-
gebnis übereinstimmend mit dem angefochtenen Beschluss (vgl. a. a. O. S. 6 Ab-
schn. 2.4 bis S. 9 Abs. 1) nicht. Denn das Streitpatent vermittelt dem fachkundigen
Leser so viel an technischer Information, dass er mit seinem Wissen und Können
in der Lage ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen (BGH GRUR 2010,
916 - Klammernahtgerät). Die Beschreibung des Streitpatents gibt darüber hinaus
bezüglich der insbesondere in Frage gestellten Computersoftware mehr als einen
Weg zum Ausführen der Merkmale der Merkmalsgruppen 4, E und F an (vgl. BGH
GRUR 2001, 813 – Taxol).
- 23 -
a) Ein Flüssigchromatograph beliebiger Art und Ausgestaltung (Merkmal 2) mit
der üblichen Funktion gemäß Merkmal 2.1, ein Massenspektrometer beliebiger Art
und Ausgestaltung (Merkmal 3), das auf übliche Weise an den Flüssigchromato-
graphen gekoppelt ist und ein oder mehrere Massenchromatogramme erzeugt
(Merkmale 3.1, 3.2), sowie ein Computer zum Ausführen einer Computersoftware
bzw. eines Computerprogramms (Merkmal 4) zur Analyse und Weiterverarbeitung
der Messdatensätze als gegenständliche Komponenten eines Systems zum
Gruppieren von Ionen gemäß Patentanspruch 1 waren bereits geraume Zeit vor
dem Zeitrang des Streitpatents einzeln und/oder im Konvolut im Handel erhältlich
(vgl. z. B. (18) insbes Chapter 1 i. V. m. (16)). Darüber hinausgehende Einschrän-
kungen und/oder gegenständliche Besonderheiten sind dem Sachanspruch 1 nicht
zu entnehmen, so dass die Bereitstellung eines gattungsgemäßen Systems mit
den anspruchsgemäßen Vorrichtungsteilen und Einrichtungen am Anmeldetag des
Streitpatents ohne weiteres möglich war. Dies gilt auch für den Fall, dass die
Funktions- bzw. Zweckbestimmungen der Merkmale der Merkmalsgruppe 4 als
Bestandteil des gegenständlichen Systems und damit eines Erzeugnisses gemäß
Patentanspruch 1 einzuordnen sind. Denn auch die Bereitstellung einer Compu-
tersoftware zur Ausführung der Funktionen der Merkmalsgruppe 4 auf Basis der
systemimmanenten Parameter Retentionszeit, Masse, Signalintensität und chro-
matographisches Peakprofil sowie entsprechender Referenzdaten (Peakreferenz-
profil, Referenzmassen-chromatogramm, Massenchromatogramm mit mindestens
einem Referenzion) umfasst – mangels Einschränkung der Software in den Pa-
tentansprüchen – auch herkömmliche und damit dem Wissen und Können des
Fachmanns zuzurechnende Arbeitsweisen (vgl. z. B. (2) Sp. 13 Z. 8 bis 12; (7)
S. 12 Z. 23 bis S. 15 Z. 18; (12) S. 15 Z. 57 bis 58; (16); (20)), so dass die Aus-
führbarkeit auch insoweit anzuerkennen ist.

Entsprechendes gilt für ein Verfahren zum Gruppieren von Ionen gemäß Pa-
tentanspruch 11, das die Arbeitsweisen der Merkmalsgruppen E und F einschließ-
lich des Einsatzes einer anspruchsgemäß nicht explizit genannten geeigneten
Computersoftware zur Auswertung der aus LC/MS-Experimenten erhaltenen Da-
- 24 -
tensätze umfasst. Denn nach der chromatographischen Trennung in einzelne
Stoffe bzw. Stoffgruppen erfolgt die anspruchsgemäße Gruppierung von Ionen –
wie dem Fachmann geläufig – auf Basis einer jeweils gemeinsamen Retentions-
zeit bzw. innerhalb eines – in Abhängigkeit von der Qualität der chromatographi-
schen Trennung und damit der Peakbreite festgelegten – Elutions- bzw. Retenti-
onszeitfensters, im Falle eines massenspektrometrischen Detektors selbstver-
ständlich anhand der Messdaten mindestens eines Referenzions des Massen-
spektrums und des Massenchromatogramms.

Die massenspektrometrischen Datensätze der LC/MS-Experimente, die aus übli-
cherweise in möglichst enger zeitlicher Abfolge durchgeführten Messungen und
damit hoher massenspektrometrischer Scanzahl pro Zeiteinheit erhalten und in
Massenchromatogrammen dargestellt werden, können mittels geeigneter fach-
und oftmals handelsüblicher Computersoftware (vgl. z. B. (16)) ausgewertet und
auf diese Weise Bestandteile des Probengemisches gegebenenfalls anhand eines
Vergleichs mit internen oder externen Referenzdaten von Referenzsubstanzen
bzw. deren Referenzionen identifiziert werden.

Das für die Ausführbarkeit notwendige und gegebenenfalls in der Beschreibung
des Streitpatents ergänzend mitzulesende Fachwissen ist konsequenterweise
auch in die Bewertung des vorgebrachten druckschriftlichen Standes der Technik
zur Beurteilung der Patentfähigkeit einzubeziehen.

Mit ihren Ausführungen, wonach der Vergleich von Massenchromatogrammen
nicht nur anhand der jeweiligen Peak-Retentionszeit der Ionenmassen und deren
Intensität, sondern auch anhand des Peakprofils und der Peakform bereits lange
vor dem Zeitrang des Streitpatents etabliert war (vgl. Schrifts. v. 17. Juli 2017, S. 7
bis 16 Abschn. 3 und dort zitierte Literatur), stützen letztlich auch die Be-
schwerdeführerinnen die Ausführbarkeit des Streitgegenstands in der Fassung der
erteilten Patentansprüche.

- 25 -
b) Der auf die fehlende Offenbarung geeigneter Computersoftware, insbeson-
dere auf die Verfügbarkeit von Software betreffend selbstorganisierende Karten
(SOMs) gestützte Einwand mangelnder Ausführbarkeit greift nicht. Denn die Fas-
sungen der Patentansprüche sowohl nach Hauptantrag als auch nach sämtlichen
Hilfsanträgen sind nicht auf den Einsatz einer bestimmten Computersoftware be-
schränkt und ausweislich der Patentbeschreibung auch nicht auf eine bestimmte
Ausführungsform bzw. Ausgestaltung einer Software zu lesen, sondern diesbe-
züglich breit auszulegen (vgl. DE 11 2005 001 143 B4 [0087], [0097], [0099]), so
dass die Verfügbarkeit einer SOM-Software (vgl. den angefochtenen Beschluss
S. 6 Abschn. 2.4.1) zur Ausführung des anspruchsgemäßen Verfahrens bzw. zur
Bereitstellung des anspruchsgemäßen Systems nicht, jedenfalls nicht zwingend
erforderlich ist.

Im Übrigen wurden Methoden der neuronalen Netzwerkanalyse sowie SOMs be-
reits vor dem Zeitrang des Streitpatents zur Datensatzauswertung in der Genom-
und Proteomanalytik und damit zur Analyse komplexer Probengemische biologi-
scher Herkunft im Sinne des Streitpatents (vgl. DE 11 2005 001 143 B4 Anspr. 9
und 10 i. V. m. [0003]) nicht nur in Betracht gezogen, sondern auch tatsächlich
eingesetzt (vgl. z. B. G1 bis G4, (20)), so dass auch die spezielle Ausgestaltung
durch SOMs dem Wissen und Können des Fachmanns am Prioritätstag des
Streitpatents zuzurechnen und die Ausführbarkeit der Erfindung des Streitpatents
damit auch in einer auf die Anwendung von SOMs eingeschränkten Fassung an-
zuerkennen ist.

Diesbezügliche Ausführungen der Beschwerdeführerinnen sind insoweit sogar
widersprüchlich, als einerseits zwar die Beschreibung des Streitpatents keine
nacharbeitbare Lehre zur Verfügung stelle, um ein Kriterium für das Ausschließen
von Peaks auf Grundlage eines Vergleichs mit einem Peakreferenzprofil durchzu-
führen (vgl. Schrifts. v. 17. Juli 2017 S. 17 Abschn. 1), jedoch bereits in den Prio-
ritätsunterlagen (lediglich) ein Vergleich der Peakprofile mit Hilfe von SOMs er-
wähnt sei (vgl. Schrifts. v. 17. Juli 2017 S. 19 Abschn. 4), und andererseits der
- 26 -
Einsatz eines SOM Algorithmus für die Analyse von Massenspektralprofilen, wie in
der G3 vorgeschlagen, nicht nur theoretisch möglich, sondern in (19) und (20)
auch bereits praktisch angewandt worden sei (vgl. Schrifts. v. 17. Juli 2017 S. 26
Abschn. g).

5. Sowohl ein System als auch ein Verfahren zur Gruppierung von Ionen ge-
mäß Patentansprüchen 1 bzw. 11 der erteilten Fassung (Hauptantrag) beruhen,
sofern noch neu, gegenüber dem vorgebrachten Stand der Technik jedenfalls
nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Über die seitens der Einsprechenden und
Beschwerdeführerinnen in Abrede gestellte Wirksamkeit der Inanspruchnahme der
Priorität des Streitpatents brauchte im Hinblick auf den Zeitrang der im Verfahren
befindlichen und für die Beurteilung der Patentfähigkeit relevanten Druckschriften
nicht entschieden zu werden (vgl. Schulte PatG, 10. Aufl., § 41 Rdn. 93).

a) Der Gegenstand des Streitpatents nach Hauptantrag ist nicht mehr neu ge-
genüber jeder einzelnen der vorveröffentlichten Druckschriften (12) oder (13), die
jeweils gattungsgemäße LC/MS-Systeme mit den Merkmalen 1 bis 4 einschließ-
lich eines Computers nebst einer geeigneten Computersoftware zur Auswertung
der erhaltenen Datensätze umfassen, die den Ziel- und Funktionsvorgaben der
Merkmale 4.1 bis 4.3 genügen. Diese Dokumente mit speziellen massenspektro-
metrischen Arbeitsweisen ((12) und (13), jeweils S. 6 Z. 12 bis 42) sind zu berück-
sichtigen, da die Merkmale 3 bis 3.2 bzw. C und D nicht auf eine bestimmte mas-
senspektrometrische Methode eingeschränkt sind und damit die Patentfähigkeit
des streitpatentgemäßen Systems und Verfahrens unabhängig von der Art der zur
Anwendung gelangenden Massenspektrometrie zu bewerten ist.
Die inhaltlich nahezu identisch abgefassten Druckschriften (12) und (13) betreffen
jeweils den üblichen Einsatz von computergesteuerten, mit einer geeigneten Soft-
ware zur Datenanalyse ausgestatteten LC/MS-Systemen zur Auftrennung und
Analyse komplexer Probengemische biologischer Herkunft (vgl. (12) Anspr. 56
i. V. m. Anspr. 74 sowie S. 4 Z. 57 bis S. 5 Z. 6 und S. 16 Z. 45 bis 48; (13) An-
- 27 -
spr. 51 i. V. m. Anspr. 69 sowie S. 4 Z. 57 bis S. 5 Z. 6 und S. 16 Z. 45 bis 48 –
Merkmale 1 bis 4).

Gemäß jeder dieser beiden Druckschriften werden die durch Kopplung von Flüs-
sigchromatographie und Massenspektrometrie aus einem oder zumindest zwei
LC/MS-Experimenten (vgl. (12) und (13) z. B. jeweils S. 5 Z. 7 bis 17) im abwech-
selnden Hoch- und Niedrigenergiemodus der Massenscans des Säuleneluats (vgl.
(12) und (13) jeweils Anspr. 1) entsprechend der vom Streitpatent umfassten Me-
thode nach Bateman (vgl. DE 11 2005 001 143 B4 S. 3 [0011] i. V. m. S. 13
[0100]) erhaltenen Datensätze in Form von Massenchromatogrammen dargestellt
und die darin enthaltenen Ionen identifiziert (vgl. (12) und (13) jeweils Figs. 4 bis 6
i. V. m. z. B. Anspr. 20 in (12) und Anspr. 14 und 17 in (13) – Merkmal 4.1). Die
identifizierten Ionen bzw. Massenpeaks werden auf Basis ihrer chromatographi-
schen Retentionszeit gruppiert (vgl. (12) und (13) z. B. jeweils S. 4 Z. 7 bis 17
i. V. m. z. B. jeweils S. 6 Z. 12 bis 16 und 40 bis 42, S. 9 Z. 8 bis 11 i. V. m. S. 10
Z. 32 bis 42 – Merkmal 4.2), um Ionen anhand ihrer chromatographischen Peaks
im Vergleich zu chromatographischen (Peak)Referenzprofilen auszuschließen
bzw. zu selektieren (vgl. (12) und (13) z. B. jeweils S. 5 Z. 17 bis 22 „parent ions of
interest“ i. V. m. S. 9 Z. 8 bis 11, S. 10 Z. 34 bis 37, S. 10 Z. 46 bis 50, S. 11 Z. 57
bis S. 12 Z. 4, S. 12 Z. 45 bis 46, S. 13 Z. 4 bis 18). Das Merkmal 4.3 wird dabei
explizit genannt (vgl. (12) Anspr. 19; (13) Anspr. 22).

Dies bedeutet nichts anderes als die Identifizierung massenchromatographischer
Peaks, die einem oder mehreren Ionen (m/z) in den Massenchromatogrammen
entsprechen (Merkmal 4.1), und die Gruppierung der Ionen in eine oder mehrere
Ionengruppen auf Basis einer Retentionszeit, die mit den identifizierten Peaks as-
soziiert ist (Merkmal 4.2). Die auf diese Weise vorgenommene Gruppierung der
Ionen ist eine ohnehin übliche Grundoperation der LC- und/oder MS-Analytik, um
die erhaltenen Ionengruppen mit entsprechenden Datensätzen anderer, auch be-
reits bekannter Verbindungen bzw. deren Ionen (Standards aus Datenbanken,
interne chromatographische Peakreferenzprofile) zu vergleichen und nicht mit ei-
- 28 -
nem Referenzprofil übereinstimmende Ionen auszuschließen bzw. übereinstim-
mende Ionen zu selektieren (Merkmal 4.3).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch der Gegenstand des Streitpatents im Hin-
blick auf dessen Beschreibung (vgl. DE 11 2005 001 143 B4 z. B. S. 13 [0099]
und die dort zitierte vorveröffentlichte Druckschrift (6) sowie S. 14 [0109] „Vor-
zugsweise sind die LC/MS-Daten in der Form von spektralen Scans aus einer ein-
zigen Injektion einer Probe.“) nicht auf lediglich ein LC/MS-Experiment in der Ein-
zahl (vgl. Merkmal 1.1) eingeschränkt ist, sondern – wie im Fall von (12) und (13)
– auch die vergleichende Analyse von Datensätzen aus mehr als einer Injektion
eines Aliquots des Probengemisches auf die Chromatographiesäule und die zeit-
lich dichte Abfolge massenspektrometrischer Messungen bzw. Scans des Säu-
leneluats umfasst.

b) Neuheitsschädlich vorweggenommen bzw. vorbeschrieben durch den Inhalt
der Druckschriften (12) oder (13) ist auch das Verfahren gemäß Patentan-
spruch 11 der erteilten Fassung, da seine Merkmale A bis F sowohl in funktioneller
als auch gegenständlicher Ausgestaltung nicht über diejenigen des Erzeugnisan-
spruchs 1 hinausgehen, wobei ohnehin zu berücksichtigen ist, dass eine Compu-
tersoftware nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 11 nicht, jedenfalls nicht
zwingend vorgesehen ist. Im Einzelnen wird deshalb auf die Ausführungen im Ab-
schnitt 5.a) verwiesen.

c) Selbst wenn man die Neuheit anerkennen wollte, weil nicht alle Funktions-
und Zweckangaben wortidentisch aus den vorstehend abgehandelten Druck-
schriften (12) oder (13) hervorgehen, so beruht der Gegenstand des Streitpatents
in der Fassung nach Hauptantrag gegenüber dem vorveröffentlichten Stand der
Technik jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das Streitpatent, das eine expressis verbis formulierte Aufgabe nicht benennt,
geht davon aus, dass in komplexen Probengemischen mehrere Ursprungsmole-
- 29 -
küle und damit Bestandteile des Probengemisches bei im Wesentlichen der glei-
chen Retentionszeit eluieren und bei einer Gruppierung lediglich auf Basis der
Retentionszeit irrtümlicherweise Ionen in eine Ionengruppe eingeordnet werden,
obwohl sie tatsächlich von zwei oder mehreren geringfügig unterschiedlich eluie-
renden Ursprungsmolekülen (Substanzen, Bestandteilen) des Probengemisches
herrühren (vgl. DE 11 2005 001 143 B4 S. 3 [0016]).

Die daraus herzuleitende, dem Fachmann geläufige Problemstellung liegt der
Analyse komplexer Probengemische mittels LC/MS-Experimenten regelmäßig zu-
grunde (vgl. z. B. (18) S. 4 Abschn. 1.3 Abs. 1 i. V. m. S. 30 Abschn. 2.6), so auch
den vorveröffentlichten Druckschriften (2), (12), (13), (15) und (20) (vgl. (2) Sp. 1
Z. 15 bis 19 i. V. m. Sp. 11 bis 13 Beisp. 1; (12), (13) jeweils S. 4 Z. 57 bis S. 5
Z. 6 i. V. m. S. 10 Z. 5 bis 55, insbes. Z. 32 bis 42, i. V. m. S. 17 Z. 52 bis S. 18
Z. 9; (15) S. 26 re. Sp. vorle. Abs. i. V. m. S. 28 mi. Sp. bis S. 29 Abs. 2 Satz 1;
(20) S. 1726 re. Sp. Abs. 2 bis 3 Z. 6).

Um zu Lösungsansätzen bzw. Lösungen nach den Maßgaben der Merkmale 4.1
bis 4.3 zu gelangen, bedarf es indessen keines erfinderischen Zutuns, da sich
diese Lösungen bzw. Lösungsansätze dem Fachmann aus dem vorveröffentlich-
ten Stand der Technik (12) oder (13) in nahe liegender Weise erschließen.

Vergleiche der aus LC-Experimenten mit üblichen Detektoren erhaltenen Datens-
ätze chromatographischer Elutionsprofile, insbesondere der mittels eines MS-De-
tektors erhaltenen Massenchromatogramme, werden üblicherweise auf Basis von
Retentionszeit, Masse, Intensität (Peakhöhe, Peakfläche), Peakform bzw. –profil
durchgeführt (vgl. z. B. (7) Anspr. 9 i. V. m. Anspr. 1 sowie S. 1 Z. 14 bis 22,
i. V. m. (18) S. 17 bis 18 Abschn. 2.2.5.3). Die nach chromatographischer Tren-
nung eines komplexen Probengemisches erhaltenen Datensätze werden selbst-
verständlich auf Basis der Retentions- bzw. Elutionszeit und, im Fall einer mas-
senspektrometrischen Detektion, aufgrund der Massensignale der Ionen und der
Intensität dieser Massensignale analysiert (siehe z. B. (12) oder (13)). Zur Aus-
- 30 -
wertung der Datensätze chromatographischer Trennungen zwecks Identifizierung
der Substanzen eines Probengemisches kommen Clustermethoden unter Anwen-
dung geeigneter Computersoftware zum Einsatz, wobei die Identifizierung in der
Regel anhand eines Vergleichs mit internen und/oder externen Referenzsubstan-
zen bzw. Standards erfolgt (vgl. z. B. (7) S. 1 Z. 32 bis S. 2 Z. 33 i. V. m. S. 8 Z. 6
bis 15 und S. 12 Z. 20 bis S. 14 Z. 3) und zwar unabhängig von der Art der Detek-
tion der Substanzen im Säuleneluat. Auch wenn in (7) die Art des Detektors nicht,
jedenfalls nicht explizit angegeben bzw. festgelegt ist (vgl. (7) z. B. S. 3 Z. 23 bis
S. 4 Z. 12) und die in (7) dargestellten Chromatogramme im Hinblick auf das
chromatographische Elutions(peak)profil eher auf einen UV-Detektor schließen
lassen (vgl. (7) Fig. 1 i. V. m. Fig. 9 rechte obere Legende „Channel 1 = UV...“), ist
dem Fachmann die Anwendung von auf Clustermethoden beruhender Computer-
software auch zur Analyse speziell mittels MS-Detektoren erhaltener LC/MS-Da-
tensätze geläufig. Denn das Prinzip der in (7) beschriebenen Clustermethodik ist
grundsätzlich auf die Analyse von sowohl mittels UV-Detektion als auch mittels
massenspektrometrischer Detektion erhaltenen Datensätzen und damit sowohl auf
UV-Chromatogramme als auch Massenchromatogramme ebenso anwendbar wie
auf Datensätze aus GC-MS-Experimenten (vgl. (7) S. 12 Z. 20 bis S. 14 Z. 3 z. B.
mit (18) S. 8 bis S. 9 Z. 2 i. V. m. S. 21 bis 23 Abschn. 2.4). Abgesehen von unter-
schiedlicher chromatographischer Trennschärfe sowie von Unterschieden in der
Überführung bzw. Kopplung und Aufbereitung des zu injizierenden Flüssigeluats
besteht für den Fachmann deshalb kein Grund, um bei der Anwendung von Com-
putersoftware entsprechend den Vorgaben der Merkmale 4.1 bis 4.3 zwischen
GC/MS- und LC/MS-Experimenten zu differenzieren.

Die Datensätze aus LC/MS-Experimenten umfassen die Retentionszeiten bzw.
Elutionszeiten und damit die Elutions(peak)profile von der Flüssigchromatogra-
phiesäule sowie der im Massendetektor bestimmten (Ionen)Massen und Intensi-
täten der (Ionen)Massensignale bzw. massenchromatographischen Peaks in Ab-
hängigkeit von der jeweiligen Retentionszeit (Massenchromatogramm). Zur Identi-
fizierung dieser massenchromatographischen Peaks, die einem oder mangels
- 31 -
chromatographischer Trennleistung i. d. R. mehreren Ionen (des Massenchroma-
togramms) entsprechen, werden die Ionen in eine oder mehrere Ionengruppen
gruppiert auf Basis einer mit den identifizierten Peaks assoziierten Retentionszeit,
um Ionen auszuschließen, deren chromatographische Peaks nicht mit einem
chromatographischen Peakreferenzprofil übereinstimmen. Der Vorgehensweise
entsprechend den Merkmalen 4.1 bis 4.3 liegt das dem Fachmann geläufige
Grundprinzip zugrunde, dass massenspektrometrisch erzeugte Ionen nur dann
einem Referenzion, beispielsweise einem Vorläuferion zuzuordnen und damit in
dessen Ionengruppe einzuordnen sind (Gruppierung), wenn sie die gleiche Re-
tentionszeit oder in einem relativ engen Zeitfenster liegende Retentionszeiten ein-
schließlich eines übereinstimmenden Peakprofils aufweisen (vgl. z. B. (12)
Abs. [0017], [0021], [0022], [0052] i. V. m. Anspr. 18 und 19; (13) Abs. [0017],
[0021], [0022], [0052] i. V. m. Anspr. 21 und 22; (18) S. 2 bis 3 Abschn. 1.1 i. V. m.
S. 8 le. Abs. bis S. 9 Z. 2 sowie S. 58 bis 74, insbes. S. 66 le Abs. bis S. 71
Abs. 1).

Dementsprechend werden Ionen, die nicht in ein vordefiniertes (Re-
tentions)Zeitfenster eines Referenzions fallen, nicht diesem Referenzion zugeord-
net und damit aus der betreffenden Ionengruppe ausgeschlossen. Denn Ionen
unterschiedlicher Retentionszeit – unter Berücksichtigung eines bestimmten Re-
tentionszeitfensters bzw. einer bestimmten Breite des Elutionspeaks - können
nicht von der gleichen chemischen Substanz herrühren und damit nicht der
Gruppe eines Referenzions, beispielsweise eines Vorläuferions dieser Substanz
zugeordnet werden (vgl. z. B. (2) Sp. 6 Z. 16 bis 51 i. V. m. z. B. (12) S. 4 Z. 7 bis
17).

Die Anwendung von Clustermethoden und entsprechenden Algorithmen, insbe-
sondere die Methode selbstorganisierender Karten (SOMs) oder anderer lernen-
der künstlich neuronaler Netzwerke, zur Datenanalyse von LC/MS-Experimenten
an komplexen Probengemischen erschließt sich dem Fachmann in nahe liegender
Weise aus dem vorveröffentlichten Stand der Technik (vgl. z. B. (7) S. 1 Z. 14 bis
- 32 -
31 i. V. m. S. 12 Z. 23 bis S. 15 Z. 18; (20) Abstract i. V. m. S. 1729 li, Sp. Abs. 2
bis re. Sp. Abs. 3).

Das Streitpatent in der erteilten Fassung hat deshalb, ungeachtet der Neuheits-
bewertung, jedenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

6. Das Streitpatent hat auch in den nach Hilfsanträgen 1 bis 5 verteidigten
Fassungen keinen Bestand. Die in diesen Hilfsanträgen gegenüber der erteilten
Fassung hinzugenommenen bzw. geänderten Merkmale vermögen die Patentfä-
higkeit des streitpatentgemäßen Systems und Verfahrens nicht zu begründen.

a) In Hilfsantrag 1 ist die Retentionszeit in der Merkmalsgruppe 4 des bean-
spruchten Systems sowie in den Merkmalsgruppen E und F des beanspruchten
Verfahrens eingeschränkt auf eine Referenzretentionszeit eines Referenzions be-
kannter Masse, in Hilfsantrag 2 darüber hinaus näher spezifiziert als ein Vorläufer-
Referenzion bekannter Masse, wobei die Referenzretentionszeit zur Definition ei-
nes Retentionszeitfensters verwendet wird zwecks Gruppierung der Ionen und
jede der Ionengruppen jeweils einem derartigen Referenzion zugeordnet wird. Als
zusätzliche Maßnahme wird sowohl in Hilfsantrag 1 als auch in Hilfsantrag 2 jede
der Ionengruppen getrennt voneinander analysiert. Sämtliche dieser Ausgestal-
tungen sind bereits unmittelbar aus jeder der Druckschriften (12) oder (13) zu ent-
nehmen.

Vorläuferionen werden in der einschlägigen englischsprachigen Fachliteratur übli-
cherweise als „parent ions“ oder „precursor ions“ bezeichnet (vgl. z. B. (2) Sp. 1
Z. 15; (12) [0004]; (13) [0004]). Bei den „fragment ions“ oder „daughter ions“ bzw.
Fragmentionen oder Tochterionen handelt es sich um von Vorläuferionen ab-
stammende Ionen, die sich hinsichtlich ihrer Anzahl, ihres Molekulargewichts und
des Ausmaßes bzw. der Intensität in Abhängigkeit vom Energiemodus im Zuge
der massenspektrometrischen Analyse bilden.

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In Druckschrift (12) sind die Identifizierung und Gruppierung von massenspektro-
metrisch erzeugten Ionen anhand von Vorläuferionen („parent ions“) als Referen-
zionen zusammen mit den nach massenspektrometrischer Fragmentierung im
hochenergetischen Modus erhaltenen Ionen von Fragmenten („fragment ions“) der
Vorläuferionen beschrieben (vgl. (12) [0014] bis [0017] sowie Anspr. 13 bis 19).
Die (Tochter)Ionen werden jeweils einem Vorläuferion als Referenzion, dessen
Masse aus dem Massenspektrum unmittelbar zu entnehmen und damit bekannt ist
(vgl. (12) z. B. [0014]), anhand der Elutionszeit (Retentionszeit) dieses Vorläuferi-
ons zugeordnet und damit gruppiert (vgl. (12) S. 4 Z. 7 bis 12 sowie Anspr. 18 –
Merkmale 4.2.1, 4.2.4), wobei zum Zweck der Gruppierung die Retentionszeit des
Vorläuferions in seiner Funktion als Referenzion zur Definition eines Retentions-
zeitfensters verwendet wird (vgl. (12) S. 4 Z. 9 bis 17 – Merkmale 4.2.3, 4.3.1,
4.3.1‘). Diese Vorgehensweise beruht auf dem bekannten Grundprinzip, dass Io-
nen und Vorläuferionen mit voneinander verschiedenen Retentionszeiten nicht von
der gleichen Substanz des Probengemisches herrühren können. Denn von der
Chromatographiesäule eluiert eine Substanz i. d. R. nur als Ganzes mit einer be-
stimmten Retentionszeit, und dem aus dieser Substanz massenspektrometrisch
gebildeten Vorläuferion und dessen Fragmentionen wird damit zwangsläufig die
Retentionszeit der Substanz zugeordnet.

Jede der jeweils einem Vorläuferion als Referenzion über die Retentionszeit auf
diese Weise zugeordneten Ionengruppen (der Tochterionen) wird getrennt vonei-
nander analysiert, erforderlichenfalls anhand von Datenbanken (vgl. (12) [0014],
[0017] – Merkmale 4.2.2, 4.2.2‘, 4.3.2).

Die Arbeitsweise des Streitpatents in der Fassung des Hilfsantrags 1 sieht letztlich
nichts anderes vor als die Auswahl eines Referenzions, das wahrscheinlich ein
Vorläuferion ist (vgl. DE 11 2005 001 143 B4 S. 5 li. Sp. [0027]). Demnach um-
fasst Hilfsantrag 1 auch die nähere Ausgestaltung gemäß Hilfsantrag 2 und damit
die Spezifizierung des Referenzions als Vorläuferion, so dass Druckschrift (12)
nicht nur der Ausführungsform des Hilfsantrags 2, sondern auch der demgegen-
- 34 -
über breiter gefassten Ausgestaltung des Hilfsantrags 1 neuheitsschädlich entge-
gensteht.

Entsprechendes gilt für die inhaltlich nahezu übereinstimmende Druckschrift (13),
in der das Referenzion, dem die Ionengruppen zugeordnet werden, ebenfalls als
ein Vorläuferion näher spezifiziert wird (vgl. (13) S. 4 Z. 7 bis 17 und Z. 37 bis 51
i. V. m. S. 10 Z. 32 bis 42, S. 13 Z. 11 bis 18 sowie Anspr. 1, 5, 14 bis 22).

Wenngleich in diesen Druckschriften ausdrücklich vorbeschrieben (vgl. (12), (13)
jeweils S. 15 Z. 57 bis 58 i. V. m. S. 16 Z. 45 bis 48), versteht es sich ohnehin von
selbst, die gemäß den jeweiligen Merkmalen der Merkmalsgruppen 4 bzw. D, E
und F durchzuführende Analyse der aus den jeweiligen LC/MS-Experimenten er-
haltenen Datensätze mittels einer geeigneten, oftmals handelsüblichen Computer-
software vorzunehmen (Merkmal 4). Ein näheres Eingehen auf die Art des dabei
verwendeten Algorithmus erübrigt sich wegen einer diesbezüglich fehlenden
Festlegung in sämtlichen Patentansprüchen.

Die Hilfsanträge 1 und 2 sind deshalb bereits gegenüber (12) oder (13) mangels
Neuheit sowohl eines Systems gemäß des jeweiligen Patentanspruchs 1 als auch
eines Verfahrens gemäß des jeweiligen Patentanspruchs 6 nicht gewährbar.

Darüber hinaus beruht der Gegenstand des Streitpatents in den Fassungen der
Hilfsanträge 1 und 2 ausgehend von der Lehre der Druckschriften (12) oder (13)
jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Unter Berücksichtigung der vor-
stehend in Abschnitt 5.c) erläuterten Problemstellung des Streitpatents (vgl.
DE 11 2005 001 143 B4 S. 3 re. Sp. Abs. 4) hatte der Fachmann ausreichend
Anlass und Anregung, die im Wesentlichen inhaltsgleichen Druckschriften (12)
oder (13) als Ausgangspunkt zu wählen (vgl. BGH GRUR 2009, 1039 – Fischbiss-
anzeiger). Denn diese Druckschriften befassen sich, wie auch das Streitpatent
(vgl. DE 11 2005 001 143 B4 Anspr. 9 und 10 i. V. m. S. 2 [0003]), vor allem mit
der Analyse komplexer Probengemische biologischer Herkunft durch LC/MS-Ex-
- 35 -
perimente, in denen mehrere Ursprungsmoleküle bzw. Analyten in einem relativ
engen Zeitfenster von der Chromatographiesäule eluieren und damit unter einem
breiten Peak- bzw. Elutionsprofil eines (Massen)Chromatogramms verborgen sind
((12), (13) jeweils z. B. S. 4 Z. 57 bis S. 5 Z. 22 i. V. m. Fig. 4A bis 4E, Fig. 5 und
6). Obwohl Einzelheiten zu Ausgestaltungen von Software aus diesen Druck-
schriften nicht hervorgehen, bedarf es für den Fachmann keines erfinderischen
Zutuns, um ausgehend von den allgemeinen Hinweisen zur elektronischen Daten-
verarbeitung per Computersoftware in diesen Druckschriften (vgl. (12), (13) jeweils
S. 15 Z. 57 bis 58 i. V. m. S. 16 Z. 45 bis 48) die mittels LC/MS-Experimenten er-
haltenen Datensätze im Rahmen der qualitativen Vorgaben in diesen Druck-
schriften zur Merkmalsgruppe 4 mittels einer geeigneten Computersoftware zu
analysieren und zu bewerten. Bezüglich der Zuordnung einzelner Merkmale der
Merkmalsgruppe 4 zu den Textpassagen in den Druckschriften (12) oder (13) wird
auf die vorstehenden Ausführungen zur Neuheit im Abschnitt 5.a) verwiesen.

Selbst wenn man die Merkmale der Merkmalsgruppe 4 nach den Hilfsanträgen 1
bis 2 – im Gegensatz zu sämtlichen diesbezüglich offen formulierten Patentan-
sprüchen – als auf die spezielle Methode der selbstorganisierenden Karten
(SOMs) oder anderer lernender künstlich neuronaler Netzwerke reduziert be-
trachten bzw. auslegen würde, ergibt sich die Anwendung dieser speziellen Me-
thode auf LC/MS-Experimente komplexer Probengemische für den Fachmann in
nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (vgl. z. B. (20)). Denn wie die
Beschwerdeführer zutreffend ausgeführt haben, handelt es sich bei der Methode
der SOMs um eine Ausführungsform selbstlernender künstlicher neuronaler Netz-
werke (vgl. (20) i. V. m. Schrifts. v. 17. Juli 2017 S . 27 Abschn. i).

b) Was die gemäß Hilfsantrag 3 nähere Ausgestaltung eines streitpatentgemä-
ßen Systems und Verfahrens durch die Anwendung einer oder mehrerer zusätzli-
cher Regeln anbelangt, um diejenigen Ionen auszuschließen, die nicht dem jewei-
ligen Referenzion (oder Vorläufer-Referenzion) zugeordnet sein können, so be-
deutet diese Maßgabe nichts anderes als den Einsatz üblicher Kriterien im Zuge
- 36 -
der Analyse komplexer Probengemische insbesondere biologischer Herkunft.
Diese Auslegung steht im Einklang mit der Beschreibung des Streitpatents, wo-
nach die Referenzretentionszeit unter Anwendung von Regeln ausgewählt wird,
die durch Massenwert, Retentionszeit oder Scanzahl, Intensität und damit durch
übliche Parameter bzw. Messdaten aus LC/MS-Experimenten gesteuert werden
(vgl. DE 11 2005 001 143 B4 S. 15 [0114]).

Beispielsweise geht bereits aus den Druckschriften (12) oder (13) hervor, dass die
Analyse von Ionengruppen und die Identifizierung von Ionen auf Basis der relati-
ven Intensität eines Peaks im Massenspektrum, der relativen Elutions- bzw. Re-
tentionszeiten unter Berücksichtigung einer Referenzretentionszeit nebst Refe-
renzretentionszeitfenster und damit unter Anwendung von Regeln im Sinn des
Streitpatents erfolgt (vgl. (12), (13) jeweils S. 4 Z. 7 bis 17, insbes. Z. 13 bis 17,
i. V. m. S. 10 Z. 20 bis 23, Z. 32 bis 35 und 56 bis 57). Die Ausgestaltung des
streitpatentgemäßen Systems und Verfahrens durch die Merkmale 4.4 bzw. F.3
betreffend die Anwendung einer oder mehrerer zusätzlicher Regeln hat deshalb
für den Fachmann nahegelegen.

Das Streitpatent hat deshalb jedenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit auch in
der Fassung des Hilfsantrags 3 keinen Bestand.

c) In den Hilfsanträgen 4 und 5 sind jeweils die betreffenden und selbstverständ-
lich getrennt voneinander zu analysierenden Ionengruppen (Merkmal F.2’) auf Io-
nen solcher Massenwerte (Merkmale 4.5 bzw. F.4) eingeschränkt, die Fragmente
des jeder Ionengruppe zugeordneten Referenzions sind, wobei in Hilfsantrag 5 die
Gruppierung der Ionen zusätzlich nach Maßgabe der Intensitäten der Ionen erfolgt
(vgl. Merkmale 4.6 bzw. F.5).

Die Gruppierung der Ionen in Ionengruppen unter Anwendung dieser zusätzlichen
Kriterien der Hilfsanträge 4 und 5 bedeutet nichts anderes als die Beschränkung
der Ionengruppen auf Ionen mit Massenwerten und Intensitäten, die Fragmente
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eines der jeweiligen Ionengruppe zuzuordnenden (Vorläufer)Referenzions sind,
wie sich bereits aus (12) und (13) ergibt.

Bei den Ausgestaltungen der Hilfsanträge 4 und 5 – ebenso wie im Fall des Hilfs-
antrags 2 – handelt es sich um nichts anderes als die ohnehin übliche Datenana-
lyse anhand von Vorläuferionen und Tochter- bzw. Fragmentionen im Zuge von
LC/MS-Experimenten, wie sie den Druckschriften (12) oder (13) zugrunde liegen,
wobei die Zuordnung von Ionen zu Ionengruppen selbstverständlich auf Fragmen-
tionen mit zu dem jeweiligen Referenzion bzw. Vorläuferion als Referenzion pas-
senden bzw. konsistenten Massenwerten oder Massenwerten und Intensitäten
beschränkt ist (vgl. z. B. (12) Anspr. 1 i. V. m. z. B. Anspr. 14, 18, 20 sowie S. 3
Z. 7 bis 18, S. 4 Z. 7 bis 17, 37 bis 51, S. 10 Z. 15 bis 57, insbes. Z. 20 bis 23, 32
bis 44 und 56 bis 57).

Deshalb ist Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 und Hilfsantrag 5 – seinem tech-
nischen Sinngehalt nach – bereits nicht mehr neu gegenüber jeder einzelnen der
Druckschriften (12) oder (13).

Selbst wenn man die Neuheit demgegenüber anerkennen wollte, weil die Bewer-
tung der vorstehend zitierten Textstelle der Druckschrift (12) zu viel Fachwissen
erfordere, beruht die Einhaltung der Vorgaben der Merkmale 4.5 und 4.6 bzw. F.4,
F.5 und F.2’ im Zuge einer herkömmlichen Datenanalyse von LC/MS-Experimen-
ten nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Denn die Lehre der Druckschriften (12)
oder (13) geht aus von dem Fachmann geläufigen Grundlagen der Massenspek-
trometrie (vgl. z. B. (18) S. 46 bis 53 Abschn. 3.4 i. V. m. S. 54 bis 58 Ab-
schn. 3.5.2), wonach die Bildung von Fragmentionen aus dem jeweiligen bekann-
ten Vorläuferion des Analyten als Referenzion, in Abhängigkeit von dem Ener-
giemodus, regelmäßig einem bestimmten Fragmentierungsmuster mit einer be-
stimmten Intensitätsverteilung folgt, und demnach nur Fragmentionen mit Masse-
werten und Intensitäten entsprechend dem zu erwartenden Fragmentierungs-
muster der Ionengruppe ihres Vorläuferions zugeordnet werden.
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Obwohl diesen Druckschriften keine konkreten Ausgestaltungen einer Computer-
software zu entnehmen sind, bedarf es zur Auswahl einer zum Ausführen der
Merkmale der Merkmalsgruppe 4 nach den Hilfsanträgen 4 bis 5 geeigneten, ggf.
im Handel verfügbaren Software ausgehend von (12) oder (13) keines erfinderi-
schen Zutuns (vgl. (12), (13) jeweils S. 15 Z. 57 bis 58 i. V. m. S. 16 Z. 45 bis 48;
G1 bis G4 sowie (20)).

7. Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung
der Sach- und Rechtslage abschließend einen Hauptantrag und fünf Hilfsanträge
gestellt. Weitere Anhaltspunkte für ein stillschweigendes Begehren einer weiter
beschränkten Fassung des Streitpatents haben sich nicht ergeben. Infolgedessen
hat sie das Patent erkennbar nur im Umfang der Anspruchssätze dieser Anträge
verteidigt, die jeweils zumindest einen nicht gewährbaren Patentanspruch enthal-
ten. Auf die übrigen Patentansprüche brauchte bei dieser Sachlage nicht geson-
dert eingegangen zu werden (BGH GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungs-
verfahren II, Fortführung von BGH GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheiz-
gerät).


III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
- 39 -
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Feuerlein Egerer Hermann Freudenreich

prö


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