15 W (pat) 48/16  - 15. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:100418B15Wpat48.16.0


BUNDESPATENTGERICHT



15 W (pat) 48/16
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
10. April 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2005 012 924




- 2 -
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Dr. Feuerlein sowie der Richter Dr. Egerer, Hermann und
Dr. Freudenreich

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

G r ü n d e

I.

Auf die am 21. März 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte
und am 28. September 2006 in Form der DE 10 2005 012 924 A1 offengelegte
Patentanmeldung des Herrn Dr. P… in O…, ist das Patent
10 2005 012 924 B4 mit der Bezeichnung

„Verfahren zur Herstellung von Polyvinylacetalen“

erteilt worden.

Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 12. Juni 2014.

Die insgesamt 16 Patentansprüche haben gemäß der in der Anspruchsfassung
mit der B4-Schrift bis auf die Anpassung der Rückbezüge in den Patentansprü-
chen 15 und 16 übereinstimmenden berichtigten Patentschrift B9 folgenden Wort-
lauts:

- 3 -
- 4 -


Auf den Einspruch der K… GmbH, die das Patent wegen fehlender
Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit, darüber hinaus wegen wider-
rechtlicher Entnahme angegriffen hat, wurde das Patent mit Beschluss der Pa-
tentabteilung 44 vom 5. Juli 2016 widerrufen.

Der Einspruch stützt sich auf folgende Druckschriften:

- 5 -
(1) WO 2004/005358 A1 (E1)
(2) DE 28 38 025 A1 (E2)
(3) EP 1 384 731 A1 (E3)
(4) US 5 187 217 A (E4)
(5) DE 24 53 780 A1 (E5)
(6) Research Disclosure 25348, May 1985 (E6)
(7) Römpp Lexikon Chemie, 10. Auflage 1999, S 3437 bis 3438 „Polydispersi-
tät“
(8) D.J. Nagy „Size Exclusion Chromatography of Polyvinyl Alcohol and Polyvi-
nyl Acetate“, in „Handbook of Size Exclusion Chromatography and Related
Techniques“, C. Wu (2004) Marcel Dekker Inc., New York, Chapter 10, S
267, 276, 277
(9) F. L. Marten „Encyclopedia of Polymer Science and Technology“, Vol. 8
(online), 15. März 2002, John Wiley & Sons, S 399, 421, 422
(10) Erfindungsmeldung vom 9. Juni 2004 von Herrn Dr. P…
(E10)
(11) Anmeldeunterlagen zum Streitpatent und zur WO 2006/119720, Dr.
P… vom 10. März 2006 (E11)
(12) Inanspruchnahmeerklärung vom 23. März 2006, mit
Eingangsbestätigung Dr. P… vom 2. Juni 2006 (E12)
(13) Beschluss der Schiedsstelle vom 28. Januar 2009 (E13)
(14) Labornotiz Dr. F… vom 22. Juni 1999 (E14)
(15) Erfindungsmeldung (kommentiert) (E15)
(16) Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry; Polyvinyl
Compound, Others, DOI: 10.1002/14356007.a21_743 (E16)
(17) DE 891745 B (E17)
(18) DE 904592 B (E18)
(19) Vergleichstabelle Verfahrenszeiten, überreicht in der mündlichen
Verhandlung vom 10. April 2017

- 6 -
Die Patentabteilung führt in dem angefochtenen Beschluss aus, das Verfahren
gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents sei gegenüber der WO 2004/005358
A1 (1), unter Berücksichtigung dessen Bewertung im Lichte der DE 24 53 780 (5)
und der RD 25348 (6), nicht mehr neu. Darüber hinaus beruhe das Verfahren ge-
mäß Patentanspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wobei die Patent-
abteilung in den Gründen ausgehend von der WO 2004/005358 A1 (1) unter ande-
rem die in Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry (16) Als Referenz 90
zitierten DE 891 745 B (17) und DE 904 592 B (18) heranzieht. Die Zusammen-
hänge einzelner Parameter des beanspruchten Verfahrens seien aus den Doku-
menten (17) und (18) bekannt: Die Zeiten für die Vor- und Nach-Reaktionsphase
ergäben sich für den Fachmann zwanglos aus dem gewünschten Acetalisierungs-
grad und der gewünschten Teilchengröße. Eine weitere Optimierung, wie sie das
Streitpatent lehre, gehe auf Kosten der Teilchengröße und könne nur so lange
betrieben werden, bis der Niederschlag aufgrund zu geringer Teilchengröße nicht
mehr aufzuarbeiten sei.

Auf die Frage der hilfsweise geltend gemachten widerrechtlichen Entnahme
komme es deshalb nicht an. Gleichwohl hat die Patentabteilung darauf hingewie-
sen, dass die Ausführungen der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts in deren Beschluss von 28. Januar 2009 (Aktenzeichen: Arb.Erf. 34/06 –
vgl. E13) der Annahme einer widerrechtlichen Entnahme entgegen stünden, da
die Diensterfindung der Patentinhaberin frei geworden sei.

Gegen den Beschluss der Patentabteilung über den Widerruf des Patents hat der
Patentinhaber mit Schriftsatz vom 5. August 2016 Beschwerde eingelegt und be-
antragt, den Beschluss aufzuheben und das Patent in vollem Umfang (Hauptan-
trag) oder in einer der geänderten Fassungen gemäß Hilfsanträgen I bis III auf-
rechtzuerhalten. Weiter hat er hilfsweise mündliche Verhandlung beantragt, weiter
hilfsweise die Sache nach Aufhebung des Beschlusses zur Entscheidung an das
DPMA zurückzuverweisen.

- 7 -
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I lautet:

- 8 -


- 9 -
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II lautet:

- 10 -


- 11 -
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III lautet:


- 12 -


Des Weiteren hat der Patentinhaber einen Antrag auf Rückzahlung der Beschwer-
degebühr angekündigt.

Der Patentinhaber stützt seine Beschwerde auf Verletzung des rechtlichen Ge-
hörs. Er habe eine Anhörung vor der Patentabteilung beantragt für den Fall, dass
das Patent nicht in vollem Umfang aufrechterhalten werde. Darüber hinaus habe
die Einsprechende in ihrer Verzichtserklärung, aufgrund der beide Parteien ein-
vernehmlich auf die Anhörung verzichtet hätten, lediglich einen bedingten Verzicht
auf die Durchführung einer Anhörung erklärt, worauf der Patentinhaber vor dem
Zurückweisungsbeschluss der Patentabteilung bzw. der Unterschrift der Berichter-
statterin ausweislich des amtlichen Fax-Eingangsstempels und der Zugangsbe-
stätigung seinen Anhörungsantrag habe wiederaufleben lassen bzw. hilfsweise
erneut eine Anhörung beantragt habe.

Dieser Anhörungsantrag, der dem DPMA am 15. Juli 2016 zugegangen sei, hätte
deshalb berücksichtigt werden müssen, da der angefochtene Beschluss erst am
19. Juli 2016 erlassen worden sei. Das rechtliche Gehör sei damit verletzt und
dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr sei deshalb stattzugeben.
- 13 -

Zur Patentfähigkeit des streitgegenständlichen Verfahrens führt der Patentinhaber
im Wesentlichen aus, das Verfahren in der erteilten Fassung (Hauptantrag) sei
neu und erfinderisch, da aus keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften
sämtliche Merkmale des beanspruchten Verfahrens hervorgingen und die Verlän-
gerung der Tieftemperaturphase, die die erfindungsgemäße (Gesamt-
lauf)Zeitverkürzung der Polyvinylacetal-Herstellung ermöglicht habe, sei ausge-
hend vom Stand der Technik nicht zu erwarten gewesen. Aus sämtlichen entge-
gengehaltenen Druckschriften ergebe sich kein Indiz dafür, dass während der
Tieftemperatur- bzw. Vor-Reaktionsphase eine besondere Polyvinylacetal-Modifi-
zierung erfolge, welche sich in einer Abnahme des bei 100 Grad Celsius be-
stimmten Schmelzindex bzw. in einer Zunahme der Lösungsviskosität zeige, die
sowohl für die streitpatentgemäße Heiß-Modifizierung als auch Kalt-Modifizierung
charakteristisch seien.
Insofern könne die Erfindung des Streitpatents auch nicht durch die von der Pa-
tentabteilung eingeführten Druckschriften nahegelegt werden.
Schließlich zeige auch die Labornotiz (14), dass die Beobachtung einer Polymer-
Modifizierung während der Tieftemperatur- bzw. Vor-Reaktionsphase für Herrn
Dr. F…, dem langjährigen Vorgänger des Patentinhabers, noch keinen Anlass
geboten habe, das (Produktions)Verfahren erfindungs- bzw. streitpatentgemäß
abzuändern.
Der Einsatz von speziell zubereiteten Polyvinylalkohol-Abmischungen gemäß (1)
habe den Zweck, die thermische Vernetzung COOH-funktionalisierter Polyvi-
nylacetale einzustellen bzw. abzuschwächen, gemäß Vergleichsbeispiel 5 von (1)
sei keine Mischung von Polyvinylalkoholen, sondern ein einzelner Polyvinylalkohol
verwendet worden. Eine Extrusion zu Folien sei mit den Polyvinylacetalen gemäß
Beispielen 1 bis 4 der Druckschrift (1) nicht möglich, nicht einmal bei Abmischung
mit nicht-funktionalisiertem Polyvinylalkohol. Erst durch eine weitere Abmischung
mit dem gemäß Vergleichsbeispiel 5 erhältlichen COOH-gruppen freien Polyvi-
nylacetal werde eine Folien-Extrusion möglich.

- 14 -
Die Druckschrift (5) zeige – im Gegensatz zu den Ausführungen der Patentabtei-
lung in dem angefochtenen Beschluss – dass ein bestimmtes Verhältnis von ge-
wichtsmittlerem (Mw) zu zahlenmittlerem (Mn) Molekulargewicht beider Polyvi-
nylalkoholkomponenten zur Erzielung eines verbesserten Schmelzbruchverhaltens
und einer verbesserten Fließfähigkeit von Polyvinylbutyral erforderlich sei. Daran
könne auch eine bimodale Molekulargewichtsverteilung, wie sie infolge der Ver-
wendung einer Polyvinylalkohol-Mischung bei Vergleichsversuch 2 in (5) verwirk-
licht sei, nichts ändern.
Es treffe im Lichte von BGH „Olanzapin“ nicht zu, dass der Fachmann im Zuge der
Herstellung von Folien für Sicherheitsverbundglas eine bimodale Molekularge-
wichtsverteilung einfach mitlesen würde. Bei der Verwendung einer Polyvinylalko-
hol-Mischung mit einer bi- oder multi-modalen Molekulargewichtsverteilung han-
dele es sich vielmehr nicht um eine selbstverständliche Vorgehensweise, was sich
auch aus Druckschrift (9) ergebe.

Für den Fall, dass der Senat die Hilfsanträge I bis III als unzulässig ansehe oder,
bei deren Zulässigkeit, das Streitpatent für nicht rechtsbeständig hält, bitte der
Patentinhaber und Beschwerdeführer um einen gerichtlichen Hinweis.

Mit Schriftsatz vom 24. März 2017 beantragt der Beschwerdeführer gemäß § 99
Abs. 1 PatG i. V. m. § 256 ZPO die Feststellung, dass eine widerrechtliche Ent-
nahme der Erfindung des Patents DE 10 2005 012 924 nicht vorliege.

In der mündlichen Verhandlung überreicht der Beschwerdeführer ein Schreiben,
auf dessen Basis er geänderte Hilfsanträge IV und V mit Anspruchsfassungen
nachfolgenden Wortlauts formuliert.

Hilfsantrag IV
- 15 -

- 16 -





Hilfsantrag V

- 17 -

- 18 -


Den angekündigten Feststellungsantrag aus dem Schriftsatz vom 24. März 2017
betreffend die widerrechtliche Entnahme sowie den Antrag auf Rückzahlung der
Beschwerdegebühr nimmt der Beschwerdeführer zurück.

Der Beschwerdeführer stellt die Anträge aus dem Schriftsatz vom 5. August 2016,
nämlich
- 19 -
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 44 des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 5. Juli 2016 aufzuheben und
das Patent gemäß Hauptantrag in vollem Umfang,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag I vom 5. August 2016,
weiter hilfsweise gemäß Hilfsantrag II vom 5. August 2016,
weiter hilfsweise gemäß Hilfsantrag III vom 5. August 2016,
weiter hilfsweise gemäß dem in der mündlichen Verhandlung ein-
gereichten Hilfsantrag IV,
schließlich weiter hilfsweise gemäß Hilfsantrag V vom
10. April 2017,
Beschreibung wie jeweils erteilt,
aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten
verwiesen.


II.

Die Beschwerde des Patentinhabers ist form- und fristgerecht eingelegt worden
und zulässig (§ 73 PatG). Sie führt jedoch nicht zum Erfolg.

Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag) ist
gegenüber der Lehre der WO 2004/005358 A1 (1) nicht mehr neu. In den Fassun-
gen der Hilfsanträge II bis V beruht es – unter Berücksichtigung des Fachwissens
– demgegenüber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Hilfsantrag I ist
unzulässig.
- 20 -
1. Die Aufgabe der Erfindung des Streitpatents besteht ausweislich der Be-
schreibungseinleitung in der Bereitstellung eines weniger energie- und zeitintensi-
ven Verfahrens zur Herstellung von Polyvinylacetalen, das diese Polymere hin-
sichtlich ihrer thermoplastischen Verarbeitbarkeit und anwendungstechnischen
Eignung in einer mindestens mit dem Stand der Technik vergleichbaren Qualität
zugänglich macht (vgl. DE 10 2005 012 924 B4 S. 2 [0009] i. V. m. [0001] bis
[0008]).

Gelöst wird diese Aufgabe gemäß Patentanspruch 1 der erteilten Fassung
(Hauptantrag) durch ein

1) Verfahren zur Herstellung von Polyvinylacetalen

durch Umsetzung/Reaktion

2) eines Polymers A enthaltend, jeweils bezogen auf sein Gesamtgewicht,

2.1) 1,0 bis 100 Mol-% Struktureinheiten der Formel



worin R1 Wasserstoff oder Methyl,

2.2) 0 bis 99,0 Mol-% Struktureinheiten der Formel


- 21 -
worin R2 Wasserstoff oder C1-C6-Alkyl,

2.3) 0 Mol-% Struktureinheiten der Formel



worin R3, R4, R5 und R6, jeweils unabhängig voneinander, Reste mit einem Mole-
kulargewicht im Bereich von 1 bis 500 g/Mol sind,

2.4) enthaltend eine Mischung mindestens zweier hoch-hydrolysierter PVAs
(Gehalt an 0 Mol-% Merkmal 2.3 bzw. 0 bis 5,0 Mol-% des Merkmals 2.2) mit
unterschiedlicher Viskosität mit einer Gesamtviskosität zwischen 25,0 und 35,0
mPas (gemessen als 4,0%-ige wässerige Lösung gemäß Din 53015),

3) mit n-Butyraldehyd (n-Butanal)

4) in Gegenwart eines Säurekatalysators

5) ohne Zusatz von Tensiden,

wobei

6) der Quotient aus der zeitlichen Dauer X der bei mindestens 50 Grad Cel-
sius erfolgenden Nach-Reaktionsphase bzw. Heiß-Modifizierung und der zeitlichen
Dauer Y der bei maximal 30 Grad Celsius erfolgenden Vor-Reaktionsphase bzw.
Kalt-Modifizierung, also der Quotient X : Y einen Zahlenwert zwischen 0,1 und 1,0
ergibt,

7) und die Acetalisierungs-Gesamtlaufzeit (Summe aus Dauer der Vor-, Nach-
und Zwischen-Reaktionsphase bzw. Aufheizphase) maximal 250 Minuten beträgt.

- 22 -
In dem jeweiligen Patentanspruch 1 der Hilfsanträge kommen nachfolgende
Merkmale hinzu bzw. werden wie nachfolgend abgeändert,

in Hilfsantrag I
2.4.1) wobei Polymer A nicht ein einzelner Polyvinylalkohol mit monomodaler
Molekulargewichtsverteilung ist (Disclaimer),

in Hilfsantrag II
2.4.2) die Mischung der mindestens zwei hoch-hydrolysierten Polyvinylalkohole
wird zur Einstellung der Viskosität verwendet,

in Hilfsantrag III
2.4.3) die Mischung der mindestens zwei hoch-hydrolysierten Polyvinylalkohole ist
zubereitet zur Viskositätseinstellung aus verschiedenen Polyvinylalkoholen,

in Hilfsantrag IV
6.1) einen Zahlenwert zwischen 0,45 und 0,75,

in Hilfsantrag V
8) die Zugabe der Verbindung B (n-Butyraldehyd) erfolgt nach Vorlage von
zumindest Teilmengen an Polymer A und Säurekatalysator.

2. Die Herstellung der als Edukte des Streitpatents eingesetzten Polyvinylalko-
hole erfolgt i. d. R. durch Verseifung bzw. Umesterung von Polyvinylacetat(en) mit
Wasser bzw. Methanol. Vinylalkohol selbst ist als Enol des Acetaldehyds nicht
greifbar.

a) Im Handel sind eine Vielzahl stofflich unterschiedlichster Produkte der
Polyvinylalkohole erhältlich, die – unabhängig von ihrem jeweils mittleren Moleku-
largewicht und damit einhergehender Viskosität – einen unterschiedlich niedrigen
Gehalt an verbleibenden Vinylacetat-Resten und einen dementsprechend hohen
- 23 -
Gehalt an Vinylalkohol-Resten aufweisen. Solche handelsüblichen Polyvinylalko-
hole weisen Hydrolysegrade von etwa 80 % bis über 99 % hinaus auf. Der Zah-
lenwert des Hydrolysegrads ist bezogen auf das Ausgangsprodukt Polyvinylacetat
– vgl. z. B. Encyclopedia of Polymer Science and Technology, Vol. 8, S. 399, 421,
422 (9).
Diese stoffliche Variabilität bestimmt entscheidend die Eigenschaften der Polyvi-
nylalkohole, insbesondere auch ihre Reaktivität sowie die Eigenschaften der dar-
aus herstellbaren Folgeprodukte, beispielsweise der Polyvinylacetale, im Fall des
Streitpatents der Polyvinylbutyrale als Verfahrensprodukte gemäß Patentan-
spruch 1.

b) Polyvinylacetale lassen sich strukturell wie folgt darstellen:

– B – A – B – C – B –

Strukturteil A
aus dem Polyvinylacetat stammender und im
Polyvinylalkohol nach der Hydrolyse verbleibender Vinylacetat-Baustein A,
Sturkturteil B
nach Hydrolyse entstandener Vinylalkohol-Rest B,


Strukturteile C

- 24 -
nach der Umsetzung mit einem Aldehyd entstandenes 6-Ring-Acetal (1. Formel)
sowie die i. d. R. in geringerem bzw. gezielt steuerbar entstehenden intermoleku-
laren Acetale (3. Formel).

Im Fall der Umsetzung mit n-Butyraldehyd (n-Butanal) bedeutet in obigen Formeln
R = n-C3H7.

5-Ring-Acetale (2. Formel) entstehen nur beim Vorhandensein vicinaler OH-Grup-
pen, beispielsweise bei der hydrolytischen Herstellung von Polyvinylalkohol-copo-
lyolen aus Polyvinylacetat-Copolyestern.

3. Zur Offenbarung und Zulässigkeit der Anspruchsfassungen der Hilfsan-
träge I bis V ist Folgendes festzustellen.

a) Hinsichtlich der Offenbarung der erteilten Anspruchsfassung (Hauptantrag)
bestehen keine Bedenken. Patentanspruch 1 ergibt sich aus dem ursprünglichen
Anspruch 1 i. V. m. den ursprünglichen Ansprüchen 8 (vgl. Merkmal 5), 9 (Merk-
mal 3), 11 und 12 (Merkmal 2.4), 13 (Merkmal 2.3 entfällt bzw. ist gleich null) und
19 (Merkmal 7). Die Patentansprüche 2 bis 16 entsprechen den ursprünglichen
Ansprüchen 2 bis 7, 10, 14 bis 18 und 25 oder lassen sich aus den ursprünglichen
Ansprüchen 20 und 21 unmittelbar herleiten (vgl. die Anspruchsfassung der
DE 10 2005 012 924 A1).

b) Hilfsantrag I ist unzulässig.
Der in Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I hinzugenommene Disclaimer (Merkmal
2.4.1) ist zwar insoweit eigenoffenbart, als die Umsetzung lediglich eines (einzel-
nen) Polyvinylalkohols als Polymer A mit n-Butyraldehyd sowohl in den ursprüngli-
chen Unterlagen als auch im Streitpatent als konkrete Ausführungsform der Erfin-
dung beschrieben ist, die nunmehr ausgenommen sein soll (vgl. A1-Schrift [0047]
i. V. m. Beispielen 1 und 2; B9-Schrift [0048] i. V. m. Beispielen 1 und 2). Der
Passus „mit monomodaler Molekulargewichtverteilung“ in dem Merkmal 2.4.1 ist
- 25 -
jedoch weder in den ursprünglichen Unterlagen noch in dem Streitpatent offenbart
und damit der Antrag insgesamt unzulässig.

c) Die Hilfsanträge II bis V sind zulässig.

Das in Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II hinzugenommene Merkmal 2.4.2
ergibt sich unmittelbar sowohl aus den ursprünglichen Unterlagen (vgl. A1-Schrift
[0025]) als auch aus dem Streitpatent (vgl. B9-Schrift [0025] i. V. m. S. 10 [0076]),
so dass hinsichtlich der Zulässigkeit des Hilfsantrags II keine Bedenken bestehen.

Auch hinsichtlich des in Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III hinzugenommenen
Merkmals 2.4.3, das sich ebenfalls aus den zu Hilfsantrag II angeführten Textstel-
len ergibt, bestehen keine Bedenken.

Offenbart und zulässig sind auch die Anspruchsfassungen der Hilfsanträge IV und
V. Der auf den Bereich zwischen 0,45 und 0,75 eingeschränkte Zahlenwert des
Quotienten aus der zeitlichen Dauer X der Nach-Reaktionsphase bzw. Heiß-Modi-
fizierung und der zeitlichen Dauer Y der Vor-Reaktionsphase bzw. Kaltmodifizie-
rung (Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IV – Merkmal 6.1) ergibt sich aus Pa-
tentanspruch 3 sowohl der erteilten als auch der ursprünglichen Anspruchsfas-
sung.

Dass die Zugabe des n-Butyraldehyds erst nach Vorlage von zumindest Teilmen-
gen an Polymer A und Säurekatalysator erfolgt (Patentanspruch 1 nach Hilfsan-
trag V – Merkmal 8), ergibt sich unmittelbar aus Patentanspruch 12 erteilter Fas-
sung sowie Patentanspruch 17 der ursprünglichen Anspruchsfassung.

d) Die erteilte Fassung weist offensichtliche Formulierungsmängel auf.

Die Struktureinheit der Formel (3) ist in Patentanspruch 1 mit 0 Mol -% angegeben
(vgl. Merkmal 2.3) und ist damit nicht Bestandteil des Polymers A. Merkmal 2.3
- 26 -
sowie das betreffende Teilmerkmal des Merkmals 2.4 erschweren die Lesbarkeit
des Patentanspruchs unnötig, insbesondere da Strukturen nach Merkmal 2.3 die
Strukturen der Merkmale 2.1 und 2.2 inkludieren.

Entsprechendes trifft auf die Zahlenbereiche der Struktureinheiten der Formel (1)
und (2) in Patentanspruch 1 zu (vgl. Merkmale 2.1 und 2.2), die ausweislich der in
Klammern gesetzten Angaben des Merkmals 2.4 auf 95 bis 100 % (Zahlenbereich
des Merkmals 2.1) und 0 bis 5 % (Zahlenbereich des Merkmals 2.2) eingeschränkt
sind, in der Mischung aber nur enthalten sein müssen.

4. Soweit die Einsprechende und Beschwerdegegnerin hilfsweise mangelnde
Ausführbarkeit geltend macht (vgl. Schrifts v 17. Febr. 2017 S. 8 Abs. 1 le Satz),
greift dieser Einwand unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesge-
richtshofs nicht. Demnach genügt jedenfalls ein zum Ziel führender Weg (vgl. ins-
bes. BGH GRUR 2001, 813 – Taxol), der im Hinblick auf die Ausführungsbeispiele
des Streitpatents nebst angegebener Charakteristika der eingesetzten Polyvinylal-
kohole in nacharbeitbarer Weise beschrieben ist.

5. Einem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung
(Hauptantrag) mangelt es gegenüber der Lehre der WO 2004/005358 A1 (1) be-
reits an der erforderlichen Neuheit.

Aus der vorveröffentlichten Druckschrift (1), die ausweislich ihrer Bezeichnung
„Vernetzte Polyvinylacetale“ und damit zwangsläufig auch Verfahren zu deren
Herstellung betrifft (Merkmal 1), geht unter anderem hervor, dass ein Polyvinylal-
kohol als Polymer A mit einem auf sein Gesamtgewicht bezogenen Gehalt an
Acetyl-Resten von 0,8 Mol-% (Merkmale 2, 2.1, 2.2, 2.3) mit n-Butyraldehyd
(Merkmal 3) in Gegenwart von Salzsäure (Merkmal 4) ohne Zusatz eines Tensids
(Merkmal 5) umgesetzt wird (vgl. (1) S. 20 bis 21 Vergleichsbeispiel 5). Die Visko-
sität nach Höppler des in Vergleichsbeispiel 5 eingesetzten Polyvinylalkohols be-
trägt 26,5 mPas, gemessen als 4 Gew.-%-ige wässrige Lösung nach DIN 53015
- 27 -
(vgl. (1) S S. 20 Z. 26 bis 27 – Teilmerkmal des Merkmals 2.4). Aus den zeitlichen
Angaben zum Reaktionsverlauf des Vergleichsbeispiels 5 errechnet sich aus der
Dauer X der bei mindestens 50 Grad Celsius erfolgenden Nach-Reaktionsphase
(vgl. (1) S. 21 Z. 7 bis 9) und der Dauer Y der bei maximal 30 Grad Celsius erfol-
genden Vor-Reaktionsphase (vgl. (1) S. 21 Z. 1 bis 7) ein Quotient X:Y von etwa
0,8 und damit ein Zahlenwert, der zwischen 0,1 und 1,0 liegt und damit das Merk-
mal 6 erfüllt, sowie eine Gesamtlaufzeit der Acetalisierungsreaktion von etwa 225
Minuten (vgl. (1) S. 21 Z. 1 bis 9) gemäß Merkmal 7.

Die nicht aus (1) expressis verbis entnehmbaren Parameter bzw. Teilmerkmale
des Merkmals 2.4.1 nach Hilfsantrag 1 vermögen das Verfahren gemäß Patentan-
spruch 1 nach Hauptantrag nicht von dem Verfahren gemäß Vergleichsbeispiel 5
von (1) abzugrenzen und damit dessen Neuheit nicht zu begründen. Denn der in
Vergleichsbeispiel 5 verwendete Polyvinylalkohol, der einen Acetylgehalt von 0,8
Mol-% aufweist und damit als hoch hydrolysiert einzustufen ist, stellt zwangsläufig
ein Gemisch aus Polyvinylalkohol-Molekülen unterschiedlichen Polymerisations-
grads und damit unterschiedlicher Viskosität dar, dessen Gesamtviskosität er-
sichtlich in dem Zahlenbereich des Merkmals 2.4 liegt.

6. Was Patentanspruch 1 in den jeweiligen Fassungen der Hilfsanträge II bis
V anbelangt, so kann dahinstehen, ob die gegenüber der erteilten Fassung hinzu-
genommenen Merkmale 2.4.2 und 2.4.3, die den Einsatz einer Mischung aus min-
destens zwei hoch-hydroylsierten Polyvinylalkoholen zum Zweck der Einstellung
der Viskosität angeben, und die hinzugenommenen Merkmale 6.1 und 8, die sich
nicht, jedenfalls nicht unmittelbar aus dem Vergleichsbeispiel 5 der Druckschrift (1)
ergeben, die Neuheit des streitpatentgemäßen Verfahrens begründen können.
Denn die Arbeitsweisen dieser Merkmale erschließen sich – wie nachfolgend aus-
geführt – dem Fachmann, einem ggf. promovierten Diplom-Chemiker, der mit der
Produktion von Polyvinylacetalen, insbesondere von Polyvinylbutyral, befasst und
vertraut ist, ausgehend von Vergleichsbeispiel 5 in (1) jedenfalls in naheliegender
Weise.
- 28 -
a) Es ist dem Grundwissen eines Chemikers zuzurechnen und versteht sich
deshalb von selbst, dass die Viskosität polymerer Substanzgemische insbeson-
dere auch von dem Molekulargewicht bzw. von der Molekulargewichtsverteilung
abhängig ist. Die Viskosität stellt damit einen intrinsischen Parameter von Poly-
mergemischen dar. Die Zweckangabe, dass der Einsatz von Polymeren bzw. Po-
lymerkomponenten eines bestimmten Molekulargewichts bzw. einer bestimmten
Molekulargewichtsverteilung der Einstellung der Viskosität dient, ist damit nicht mit
erfinderischem Zutun verbunden. Im Übrigen wird diesbezüglich auf den gattungs-
gemäßen Stand der Technik verwiesen (vgl. z. B. (1) S. 7 Z. 4 bis 11 und S. 14
Z. 23 bis S. 15 Z. 5 i. V. m. S. 16 Z. 3 bis 9 sowie S. 18 Z. 5 bis 8, 24 bis 27, S. 19
Z. 15 bis 17, S. 20 Z. 6 bis 9, 25 bis 28), wobei die Viskositätsangaben zu den in
den Ausführungsbeispielen eingesetzten Polyvinylalkoholen ausnahmslos in dem
Zahlenbereich der Merkmale 2.4, 2.4.2 und 2.4.3 liegen.

Das streitpatentgemäße Verfahren hat deshalb in der Ausgestaltung der Hilfsan-
träge II und III jedenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

b) Was ein durch die Einschränkung des Quotienten X:Y des Merkmals 6 auf
einen Zahlenwert zwischen 0,45 und 0,75 gemäß Merkmal 6.1 ausgebildetes
Verfahren anbelangt (Hilfsantrag IV), so liegt der sich für das Vergleichsbeispiel 5
aus (1) errechnete Zahlenwert von etwa 0,8, wenngleich nur knapp, so doch au-
ßerhalb dieses Bereichs. Allerdings errechnen sich aus den (erfindungsgemäßen)
Ausführungsbeispielen 1 bis 4 der Druckschrift (1) Zahlenwerte von etwa 0,72 für
den Quotienten X:Y mit der Folge, dass der Fachmann bereits vor dem Zeitrang
des Streitpatents sowohl eine Vor-Reaktionsphase als auch eine Nach-Reaktions-
phase und damit Temperatur- und Zeitregime in Betracht gezogen hat, in denen
dieser Quotient im Bereich gemäß Merkmal 6.1 liegt. Wenngleich die Reaktions-
zeit in der allgemeinen Beschreibung der von (1) offenbar keine Bedeutung bei-
gemessen wird (vgl. (1) S. 8 Z. 10 bis S. 9 Z. 6, insbes S. 8 Z. 24 bis S. 9 Z. 6), so
ist dem Fachmann schon aus seinem chemischen Grundwissen geläufig, dass
Reaktionszeit und Reaktionstemperatur in unmittelbarem Zusammenhang den
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Reaktionsverlauf beeinflussen und deshalb routinemäßig wiederkehrendem Opti-
mieren unterliegen, wozu es keines erfinderischen Zutuns bedarf.

Das Streitpatent hat deswegen auch in der Fassung des Patentanspruchs 1 nach
Hilfsantrag IV mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

c) Die Abfolge der Zugabe der Edukte und des Katalysators gemäß Merkmal
8, die aus dem Unteranspruch 12 der erteilten Fassung herrührt, stellt eine von
zwei denkbaren Vorgehensweisen dar, die der Fachmann ohne Weiteres in seine
Versuchsplanung einbeziehen wird. Diese beiden Möglichkeiten werden auch in
den Ausführungsbeispielen 1 bis 3 des Streitpatents realisiert.
Im Übrigen wird gerade gemäß Ausführungsbeispiel 3 des Streitpatents, das – in
Übereinstimmung mit den Ausführungen des Patentinhabers und Beschwerdefüh-
rers – die bevorzugte Ausführungsform des Einsatzes einer Mischung zweier han-
delsüblicher Polyvinylalkohole unterschiedlicher Molekulargewichtsverteilung dar-
stellt, nicht gemäß Merkmal 8 verfahren, sondern die Gesamtmenge an n-Butyral-
dehyd zugegeben, bevor die Zugabe einer Teilmenge des Katalysators Salzsäure
oder der gesamten Menge der Salzsäure erfolgt. Die Erfindungswesentlichkeit der
Zugabeabfolge gemäß Merkmal 8 bzw. Unteranspruch 12 des Streitpatents ist
jedenfalls in Verbindung mit dem offenbar bevorzugten Ausführungsbeispiel 3
nicht erkennbar und vermag deshalb die Patentfähigkeit nicht zu begründen.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag V ist deshalb mangels erfinderischer Tätig-
keit nicht gewährbar.

7. Sofern der Patentinhaber das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 sämtli-
cher Antragsfassungen bezüglich des Edukts „Polymer A“ durch die Merkmale 2.4,
2.4.1, 2.4.2 oder 2.4.3 auf ein Gemisch von zwei oder mehreren ggf. handelsübli-
chen Polyvinylalkohol-Chargen, beispielsweise auf ein Gemisch aus zwei Han-
delsprodukten der Serie Mowiol (vgl. z. B. Schrifts Bf v. 24. März 2017, S. 9
Abs. 4) oder auf das Gemisch gemäß Ausführungsbeispiel 3 des Streitpatents
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eingeschränkt erachtet, vermag der Senat dieser Leseart des Patentanspruchs 1
nicht beizutreten. Denn der Anspruchswortlaut ist wegen der Passi „...bei dem
man mindestens ein Polymer A, welches...enthält“ (vgl. Merkmale 2 bis 2.3) sowie
„dass Polymer A eine Mischung mindestens zweier hoch-hydrolysierter Polyvi-
nylalkohole.... enthält“ (vgl. Merkmale 2.4 bis 2.4.3) sowohl hinsichtlich der stoffli-
chen Zusammensetzung als auch hinsichtlich der Molekulargewichtsverteilung der
zwei oder mehr hoch-hydrolysierten Polyvinylalkohole stofflich gehalten und damit
breit auszulegen. Diese breite Leseart bedingt die neuheitschädliche Bewertung
der Druckschrift (1), auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundes-
gerichtshofs „Olanzapin“ (vgl. BGH GRUR 2009, 382 – Olanzapin).
Eine ausschließlich bimodale oder multimodale Molekulargewichtsverteilung ist mit
den verteidigten und zulässigen Fassungen des Streitpatents jedenfalls nicht ver-
bunden (vgl. z. B. B9-Schrift Ausführungsbeispiele 1 und 2 gegenüber Ausfüh-
rungsbeispiel 3).

Über die Frage der Patent- und Bestandsfähigkeit des Streitpatents in einer auf
ein Verfahren mit tatsächlich lediglich zwei oder mehreren ggf. handelsüblichen
Polyvinylalkohol-Chargen, beispielsweise zwei Mowiol-Handelsprodukten (vgl.
z. B. Schrifts Bf v 24. März 2017, S. 9 Abs. 4), oder mit dem Gemisch zweier Po-
lyvinylakohole gemäß Ausführungsbeispiel 3 eingeschränkten Fassung war auf-
grund der Antragslage nicht zu entscheiden.

Des Weiteren kann dahinstehen, ob durch einen Reaktionsverlauf gemäß den
Merkmalen der Merkmalsgruppe 2.4 i. V. m. den Merkmalen 6 bis 8 – wie vom
Beschwerdeführer vorgebracht – eine besondere Polyvinylacetal-Modifizierung
erzielt werden kann. Denn das streitpatentgemäße Verfahren in den beanspruch-
ten Fassungen, soweit diese zulässig sind, weist keine, jedenfalls keine mit erfin-
derischer Tätigkeit verbundenen Unterschiede gegenüber dem Vergleichsbeispiel
5 von (1) auf, das offensichtlich auf üblichen Arbeits- und Vorgehensweisen zur
Herstellung von Polyvinylacetalen vor dem Zeitrang des Streitpatents beruht.

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8. Der Patentinhaber hat in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung der
Sach- und Rechtslage abschließend einen Hauptantrag und fünf Hilfsanträge ge-
stellt. Weitere Anhaltspunkte für ein stillschweigendes Begehren einer weiter be-
schränkten Fassung des Streitpatents haben sich nicht ergeben. Infolgedessen
hat der Patentinhaber das Patent erkennbar nur im Umfang der Anspruchssätze
dieser Anträge verteidigt, die jeweils zumindest einen nicht gewährbaren Pa-
tentanspruch enthalten. Auf die übrigen Patentansprüche brauchte bei dieser
Sachlage nicht gesondert eingegangen zu werden (BGH, Beschl. V. 27. Juni 2007
– X ZB 6/05, Informationsübermittlungsverfahren II, Fortführung von BGH GRUR
1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).

9. Bei dieser Antragslage brauchte über den geltend gemachten Widerrufs-
grund der widerrechtlichen Entnahme nicht entschieden werden. Den Feststel-
lungsantrag, dass eine widerrechtliche Entnahme nicht vorliege, hat die Be-
schwerdeführerin im Übrigen zurückgenommen.


III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

- 32 -
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Feuerlein Egerer Hermann Freudenreich

prö


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