15 W (pat) 30/16  - 15. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:150318B15Wpat30.16.0


BUNDESPATENTGERICHT



15 W (pat) 30/16
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
15. März 2018





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache









betreffend die Patentanmeldung 10 2011 122 896.2


hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 15. März 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Feuerlein und der Richter Dr. Egerer, Hermann und Dr. Freudenreich

- 2 -
beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen


G r ü n d e

I.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 18. Dezember 2015 hat die Prüfungsstelle
für Klasse A 47 G des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) die am
14. Juni 2012 zur Patentanmeldung 10 2011 051 143.1 eingegangene Teilanmel-
dung 10 2011 122 896.2 mit Anmeldetag 17. Juni 2011 und der Bezeichnung

„Rührstab“

zurückgewiesen, nachdem die Anmelderin ihren Antrag auf Anhörung im Prü-
fungsverfahren zurückgezogen und Entscheidung nach Aktenlage beantragt hatte.

Der Zurückweisung zugrunde liegt die ursprünglich eingereichte, acht Patentan-
sprüche umfassende Anspruchsfassung.

Die Zurückweisung ist mit Verweis der Prüfungsstelle auf den Prüfungsbescheid
vom 11. Oktober 2013 im Wesentlichen damit begründet, dass dem Gegenstand
des Patentanspruchs 1 gegenüber dem mit den Druckschriften

D1 DE 10 2008 010 015 A1,
D2 Trinkgenuss auf höchstem Niveau. In: Moravan®-Inspiration,
Ausgabe 12, Dezember 2007, S. 18, 19.
URL: http://www.moravan.de/documents/Inspiration_12-
07_000.pdf [abgerufen am 10. Oktober 2013],
- 3 -
D3 Wasser in seiner edelsten Form. In: Golden SPA, 2010,
Heft 1, - URL: http://www.vitajuwel.com/images/Info/Vita-Ju-
wel_golden _spa.pdf [abgerufen am 10. Oktober 2013]

aufgezeigten Stand der Technik jeweils die Neuheit fehle. In der D1 seien zudem
auch Merkmale der Unteransprüche 2 bis 8 beschrieben.

Von Seiten des Senats wurden die Druckschriften

D4 DE 20 2009 008 612 U1 und
D5 DE 20 2006 008 016 U1

in das Verfahren eingeführt.

Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen den Beschluss der Prüfungs-
stelle. Sie verfolgt die Patenterteilung zuletzt mit einem geänderten Hauptantrag
und hilfsweise auf Basis der Hilfsanträge 1 bis 7 weiter. Die Anmelderin ist der
Auffassung, dass der erfindungsgemäße Gegenstand gegenüber den wesentli-
chen Druckschriften D1 und D2 neu sei, denn die D1 und die der D1 vergleichbare
D2 schwiegen bereits zur Vermeidung von chemischen Reaktionen der in die Phi-
ole eingebrachten und als oxidationsanfällig beschriebenen Festkörper, gerade
weil diese Druckschriften Wasser als Fluid angeben. Hinsichtlich der D2, nach der
sich das Problem der Belagsbildung durch den Einsatz reinsten Wassers und
Morgensonnen-Exposition lösen lasse, belegten die in der Broschüre D2 gezeig-
ten Abbildungen eine milchig, neblige Flüssigkeit als Fluid und somit, dass eine
chemische Reaktion stattgefunden habe. Zudem ließen weder die D1 noch die D2
einen toroidförmigen Ring an einer Verbindung von Stabrohr und bauchigem Teil
erkennen, denn die D1 und D2 beschrieben insoweit nur oberhalb dieser Verbin-
dung angelegte Ausbuchtungen, ohne eine Angabe für deren Zweck zu machen.
Der Rührstab beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Denn keiner der im
Verfahren befindlichen Druckschriften seien Hinweise auf die erfindungsgemäß
- 4 -
verwirklichte Stabilisierung der Vorrichtung durch Blockierung chemischer Reakti-
onen und auf die mechanische Stabilisierung des Rührstabs an der zerbrechlichen
Übergangsstelle von Stabrohr und bauchigem Teil zu entnehmen. Weiter werde
nach den Ausgestaltungen der Hilfsanträge die Stabilisierung des Rührstabs in
erfinderischer Weise durch die Wahl der Materialien für den Rührstab, die Wahl
des Fluids sowie durch dessen Füllungsgrad vorteilhaft optimiert, wozu sich im
Stand der Technik ebenfalls kein Hinweis finde.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle vom
18. Dezember 2015 aufzuheben und das Patent gemäß Hauptan-
trag, eingereicht mit Schriftsatz vom 14. März 2018, zu erteilen,

hilfsweise das Patent gemäß eines der Hilfsanträge 1 bis 6, je-
weils eingereicht mit Schriftsatz vom 14. März 2018, zu erteilen
und

weiter hilfsweise das Patent gemäß Hilfsantrag 7, überreicht in der
mündlichen Verhandlung, zu erteilen.


Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

1. Rührstab (125) in Form einer geschlossenen und mit einem Fluid
(40) und zumindest einem Festkörper (50) gefüllten Phiole, umfas-
send einen einseitig, an einem im Gebrauch unteren Ende bauchi-
gen Teil (U) und einen, im Gebrauch oberen Ende, stabförmigen
Teil (O) mit einem Stabrohr (2),
- wobei zumindest an einer Verbindung zwischen dem
Stabrohr (2) und dem bauchigen Teil (U) zumindest ein
toroidförmiger Ring (22) am Stabrohr (2) ausgeformt ist,
- 5 -
- wobei das Fluid (40) ausgewählt ist, sodass keine chemi-
sche Reaktion zwischen den eingebrachten Festkörpern
(50) untereinander oder mit dem Fluid (40) oder darin
gelösten Substanzen erfolgt.

Der ursprüngliche Patentanspruch 2 ist gestrichen und die ursprünglichen, mittel-
bar oder unmittelbar rückbezogenen Unteransprüche 3 bis 8 sind hinsichtlich
Nummerierung und Rückbezug angepasst.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von Patentanspruch 1
nach Hauptantrag durch das Einfügen des nachfolgenden, als Teilstrich formu-
lierten Merkmals zwischen die Merkmale der Teilstriche 1 und 2:

- der Rührstab (125) aus Mineralglas gefertigt ist, und

Die Unteransprüche entsprechen den Unteransprüchen nach Hauptantrag.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von Patentanspruch 1
nach Hauptantrag durch das Einfügen des nachfolgenden, als Teilstrich formu-
lierten Merkmals zwischen die Merkmale der Teilstriche 1 und 2:

- der Rührstab (125) aus Quarzglas oder Borosilikatglas gefertigt ist, und

Die Unteransprüche entsprechen den Unteransprüchen nach Hauptantrag.

Nach Hilfsantrag 3 wird der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 durch das fol-
gende, sich dem zweiten Teilstrich anschließende, als Teilstrich formulierte Merk-
mal ergänzt:

- wobei eine innere und eine äußere Oberfläche des Rührstabs (125) derart
glatt und porenfrei und so ausgewählt ist, dass eine mit der Oberfläche in
Kontakt tretende Flüssigkeit schlierenfrei abläuft, und
- 6 -
Die Unteransprüche sind wortgleich mit den Unteransprüchen nach Hauptantrag.

Nach Hilfsantrag 4 wird der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 durch das fol-
gende, sich dem zweiten Teilstrich anschließende, als Teilstrich formulierte Merk-
mal ergänzt:

- nahezu vollständig mit dem Fluid (40) gefüllt ist, und

Die Unteransprüche sind wortgleich mit den Unteransprüchen nach Hauptantrag.

Nach Hilfsantrag 5 wird das Merkmal des vierten Teilstrichs nach Hilfsantrag 3 wie
folgt geändert:

- wobei das Fluid (40) eine organische Flüssigkeit ist und derart ausgewählt
ist, sodass keine chemische Reaktion zwischen den eingebrachten Fest-
körpern (50) untereinander oder mit dem Fluid (40) oder darin gelösten
Substanzen erfolgt.

Die ursprünglichen Patentansprüche 2 und 7 sind gestrichen und die ursprüngli-
chen, mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen Unteransprüche 3 bis 6 und 8
hinsichtlich Nummerierung und Rückbezug angepasst.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 vereinigt die Merkmale der Patentan-
sprüche 1 nach den Hilfsanträgen 4 und 5. Die Unteransprüche entsprechen Hilfs-
antrag 5.

Nach Hilfsantrag 7 wird in Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 das erste Teil-
strich-Merkmal in der folgenden Weise geändert:

- wobei zumindest eine Verbindung zwischen dem Stabrohr (2) und dem
bauchigen Teil (U) als toroidförmiger Ring (22) am Stabrohr (2) ausge-
- 7 -
formt ist, und die Verbindung eine Verjüngung des bauchigen Teils (U)
umfasst,

Die Unteransprüche entsprechen Hilfsantrag 5.

Wegen des weiteren Vorbringens und des Wortlauts der Unteransprüche wird auf
den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist frist- und formgerecht eingelegt worden und
zulässig (§ 73 PatG).

1. Den Anmeldungsunterlagen zufolge bezieht sich die Erfindung auf einen mit
einem Fluid gefüllten geschlossenen Glasbehälter in Form eines Rührstabes, der
zumindest einen Festkörper enthält und ein voluminöses Basalteil und ein daran
angesetztes röhrenförmiges Segment geringeren Durchmessers aufweist. Dabei
stehen das Basalteil und das röhrenförmige Segment miteinander in fluidischer
Kommunikation (vgl. a. a. O.: Abs. [0001]). Wegen der im Basalteil frei beweglich
angeordneten Festkörper und einer angestrebten vollständigen Befüllung des
Glasbehälters mit einem Fluid könnten sich Probleme für die Stabilität der Verbin-
dung zwischen dem voluminösen Basalteil und dem daran angesetzten röhren-
förmigen Segment geringen Durchmessers ergeben (vgl. a. a. O.: Abs. [0002])
und bei sachgerechter Auswahl des Fluids werde eine chemische Reaktion zwi-
schen den eingebrachten Festkörpern untereinander oder mit dem Fluid oder da-
rin ggf. zusätzlich gelösten Substanzen vermieden, weswegen das im Glasbehäl-
ter eingebrachte Fluid transparent bleibe und sich auch bei längerer Belichtung
nicht verfärbe. Zudem würden am Festkörper ausgebildete Feinstrukturen, bei-
spielsweise Schliffflächen oder polierte Flächen und Facetten nicht verändert (vgl.
a. a. O.: Abs. [0002]).
- 8 -
Anmeldungsgemäß liegt der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, einen Glasbehälter
zur Verwendung als Rührstab bereitzustellen (a. a. O.: Abs. [0004]). In Überein-
stimmung mit der Sichtweise der Anmelderin ist die objektive Aufgabe darin zu
sehen, den Rührstab als ein „style product“ hinsichtlich mechanischer und chemi-
scher Stabilisierung weiterzubilden (vgl. dazu a. a. O. auch Abs. [0003], [0012],
[0019]-[0021], [0025]).

2. Als Lösung für die angesprochene Problematik gibt die Erfindung nach
Hauptantrag eine, nachfolgend mit Merkmalen versehene, Vorrichtung an:

M1 Rührstab in Form einer geschlossenen Phiole umfassend
M1.1 einen einseitig (an einen im Gebrauch unteren Ende)
bauchigen Teil, und
M1.2 einen (im Gebrauch [am] oberen Ende) stabförmigen Teil
mit einem Stabrohr,
M1.3 wobei zumindest an einer Verbindung zwischen dem
Stabrohr und dem bauchigen Teil zumindest ein
toroidförmiger Ring am Stabrohr ausgeformt ist.
M1.4 Die geschlossene Phiole ist mit einem Fluid und zumin-
dest mit einem Festkörper gefüllt, wobei
M1.5 das Fluid so ausgewählt ist, dass keine chemische Reak-
tion zwischen den eingebrachten Festkörpern unterei-
nander oder mit dem Fluid oder darin gelösten Substan-
zen erfolgt.

3. Bei dem mit der Lösung der Aufgabe betrauten Fachmann handelt es sich,
was den Aufbau und die mechanische Stabilisierung des Rührstabs anbelangt, um
einen Fachhochschul-Ingenieur, der mit der Bereitstellung geformter transparenter
Hohlkörper aus beliebigen Materialien befasst ist und auch über Fachwissen zu
Gläsern und Glasverarbeitung verfügt. Wegen der zu vermeidenden „chemischen
Reaktionen“ der in den Hohlkörper eingebrachten Stoffe ist ein zweiter Fachmann
- 9 -
zu Rate zu ziehen, so dass es sich um ein Team mit einem Chemie-Ingenieur,
Master des Studiengangs Chemie oder Diplomchemiker handelt. In den letztge-
nannten Studiengängen wird nicht nur ein Überblick über tatsächliche „chemische
Reaktionen“ vermittelt, sondern auch Kenntnisse physikalischer Grundprinzipien
und das Wissen über die Reinhaltung von Flüssigkeiten. Dazu kommen Kennt-
nisse über die Zusammensetzung und Eigenschaften von Gläsern und, wegen der
Arbeit im Labor, praktische Erfahrungen in der Glasverarbeitung (vgl. dazu auch
D2. S. 19, Abb. oben links).

4. Einige Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag bedürfen der
Erörterung.

4a. Die Verwendung zum Rühren schränkt die Gestalt der Phiole (Merkmal M1)
als nach allgemeinem Sprachgebrauch und auch in der Anmeldung nicht abwei-
chend definiertem birnenförmigen (Glas)Gefäß mit langem, engem Hals nicht
weiter ein. Soweit die Phiole geschlossen sein soll, bleiben die Art des Verschlus-
ses und damit die Möglichkeit eines reversiblen Öffnens und Verschließens offen.

4b. Mit dem Wort „einseitig“ (Merkmal M1.1) ist die eine Seite des stabförmigen
Teils gemeint. Dabei ist es unbeachtlich, dass der bauchige Teil das im Gebrauch
untere Ende bildet.

4c. Dies gilt sinngemäß auch für den Gebrauch des „im Gebrauch oberen
Ende, stabförmigen Teils“ mit einem – als redundant zu wertenden – „Stabrohr“
(Merkmal M1.2). Der Rührstab besteht somit im Wesentlichen aus zwei unter-
schiedlich geformten Teilen, nämlich einem bauchigen und einem stabförmigen
Teil.

4d. Ein Torus ist ein schlauchringförmiger mathematischer Körper, der durch
Drehung eines Kreises um eine in seiner Ebene liegende, ihn nicht schneidende
Achse entsteht und in der Mitte ein „Loch“ aufweist. Zur Auslegung des Merkmals
- 10 -
„toroidförmig“ (Merkmal 1.3) lassen die Fig. 1-2 der Anmeldung nicht den Schluss
zu, dass die Aufweitung exakt wie ein Torus geformt sein muss, sondern sie zei-
gen einen Wulst. Somit wird dieses Teilmerkmal durch jegliche ringförmige Aus-
formung am Stabrohr erfüllt.

Weiter ist nach Merkmal 1.3 der Ring am Stabrohr an einer Verbindung zwischen
dem Stabrohr und dem bauchigen Teil ausgeformt. Zwar verjüngt sich der bau-
chige Teil des Rührstabs nach den beispielhaften Zeichnungen der Patentanmel-
dung auf denselben Durchmesser wie das Stabrohr, wobei der Ring an der Stelle
der Verbindung beider Teile ausgeformt ist. Allerdings ist anspruchsgemäß der
bauchige Teil bis auf einen Bauch räumlich-körperlich nicht weiter festgelegt und
kann sich folglich in beliebiger Weise, also auch zu einer stabförmigen Strecke als
Teil des bauchigen Teils verjüngen. Am Übergang zwischen beiden Bauteilen ist
der Ring angeformt.

4e. Nach Merkmal M1.4 ist die Phiole mit zumindest einem Festkörper und ei-
nem Fluid gefüllt, wonach beliebige Festkörper in der Phiole vorliegen dürfen. Der
Ausdruck Fluid ist die gemeinsame Bezeichnung für Gase und Flüssigkeiten, was
im Einklang mit den beispielhaften Angaben der Patentanmeldung zu dem Fluid
steht (vgl. a. a. O.: Patentanspruch 7 und Abs. [0019]).

4f. Das Fluid ist nach Merkmal M1.5 so ausgewählt, dass keine chemische
Reaktion zwischen den eingebrachten Festkörpern untereinander oder mit dem
Fluid oder darin gelösten Substanzen erfolgt (vgl. Anmeldeunterlagen:
Abs. [0019]-[0020]). Danach ist das Fluid „im Wesentlichen transparent“ und rea-
giert nicht chemisch mit den Festkörpern. Auch die Festkörper reagieren nicht
chemisch untereinander oder mit im Fluid zusätzlich gelösten Substanzen.

Durch geeignete Wahl des Fluids soll bezweckt werden, dass das im Glasbehälter
eingebrachte Fluid transparent bleibt und sich auch bei längerer Belichtung nicht
- 11 -
verfärbt, sowie, dass sich am Festkörper ausgebildete Feinstrukturen nicht verän-
dern.

5. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 ist nicht neu gegenüber jeweils
den Druckschriften D1 und D2.

5a. Die DE 10 2008 010 015 A1 (D1) beschreibt einen Rührstab in Form einer
geschlossenen Phiole (vgl. D1: Fig. 1 Bz. 1, Abs. [0001]; M1) mit einem einseitig
im Gebrauch unteren bauchigen Teil und einem im Gebrauch oberen stabförmigen
Teil (vgl. D1: Fig. 3 Bz. 4, 3; M1.1, M1.2) und zumindest einem an einer Verbin-
dung zwischen dem Stabrohr und dem bauchigen Teil am Stabrohr ausgeformten
toroidförmigen Ring (E1: Fig. 1-3, Bz. 17, 18 i. V. m. Abs. [0022]; M1.3). Der Rühr-
stab ist mit beliebigen (Halb-)Edelsteinen und einer Flüssigkeit oder einem Gas
gefüllt (vgl. D1: Patentanspruch 1 und Abs. [0013]; M1.4), wobei es sich bei dem
Fluid, um eine Oxidation (vgl. D1: Abs. [0003]), also eine chemische Reaktion zu
vermeiden, um chemisch inerte Edelgase oder Vakuum, also ein gegenüber Nor-
malbedingungen weniger Gaspartikel aufweisendes und damit in der Reaktionsfä-
higkeit eingeschränktes Gas, handelt (vgl. D1: Patentansprüche 3, 4; M1.5).

In der D1 ist mit Verweis auf die D5 beschrieben, dass es beim Einsatz fester Kör-
per, die anfällig gegen Oxidation, also eine chemische Reaktion, sind, selbst wenn
sie gänzlich in eine Fluidfüllung eingebettet sind, zu Oxidationen kommen kann,
die sich auf die optischen Eigenschaften des Stabs auswirken (vgl. D1:
Abs. [0003]). Für die sachgerechte Auswahl des Fluids beachtet der Fachmann,
um Fluid und Festkörper ansehnlich zu erhalten, nicht nur klassische chemische
Reaktionen wie Oxidationsreaktionen, sondern auch ihm geläufige, weitere und im
eigentlichen Sinne nicht zu chemischen Reaktionen zählende Effekte, die zu einer
Trübung des Fluids oder einem unschönen Aussehen der Festkörper führen kön-
nen (vgl. auch D2: Schleimbildung, die der Autor der D2 auf im Rührstab vorhan-
dene lebende Inhaltsstoffe zurückführt). Dem Fachmann ist bekannt, das unter-
schiedliche Effekte zur Trübung und/oder Schleimbildung führen, nämlich u. a. das
- 12 -
(oxidative) Anlösen der (Halb-)Edelsteine, deren gegenseitige Abrasion sowie die
bekannten Effekte, die beim Stehenlassen gewöhnlichen Leitungswassers oder
ungereinigten Wassers auftreten, nämlich die Aufnahme von CO2, von Bakterien,
Keimen und Mikroben/Algen aus der Umgebung, sowie von Staub und Schmutz-
partikeln.

Nach der Offenbarung der D1 wird genau wie nach der Patentanmeldung der Ab-
rasion der Edelsteine durch die Tropfenform des erweiterten Bereichs 4 entge-
gengewirkt. Zudem ist der Rührstab wegen des Vakuums oder der Edelgase von
der Umgebungsluft abgesperrt. Damit können aus dieser Quelle keine Stoffe,
Bakterien etc. in das Innere eindringen, wonach eine chemische Reaktion im all-
gemeinsten Sinn unterbunden ist. Im Übrigen erkennt die D1 bereits das Problem
oxidationsanfälliger Festkörper (vgl. D1: Abs. [0003]) und bietet die Lösung an,
diese mit einem speziellen, die Oxidation vermeidenden Fluid zu umgeben (vgl.
D1: Abs. [0008], [0028]).

Soweit die Anmelderin mit Verweis auf Abs. [0003] der D1 anführt, dass dort nur
Wasser als Fluid offenbart werde, was anmeldungsgemäß nicht geeignet sei,
übersieht sie, dass die D1 explizit nicht oxidierende Gase als Fluid nennt (vgl. D1:
[0008]), sowie, dass nach Hauptantrag Wasser explizit als geeignetes Fluid bean-
sprucht ist (vgl. Patentansprüche 1 und 6).

Auch ihr Einwand, dass mit den in der D1 mit den in Fig. 1 gezeigten Ausbuchtun-
gen 17, 18 kein toroidförmiger, also einem Torus ähnlich geformter Ring verwirk-
licht sei (vgl. D1: Abs. [0022] und Fig. 1), vermag nicht durchzugreifen, denn über-
einstimmend mit der gebotenen Auslegung spricht auch die Patentanmeldung in-
soweit von „ringförmigen Erweiterungen“ (vgl. a. a. O.: Abs. [0012]) bzw.
„toroidförmigen ringförmigen Aufweitungen“ (vgl. a. a. O.: Abs. [0025]).

Was die Anbringung des toroidförmigen Rings am Stabrohr an einer Verbindung
zwischen dem Stabrohr und dem bauchigen Teil anbelangt, meint die Anmelderin
- 13 -
bei den Figuren bzw. Abbildungen der D1 im Gegensatz zur Fig. 1 der Patentan-
meldung potentielle Bruchstellen auszumachen. Wegen des anspruchsgemäß in
der Form offenen bauchigen Teils, erlauben diese Betrachtungen keine einge-
schränkte Auslegung des Patentanspruchs.

Damit ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber der D1 nicht neu.

5b. Moravan®-Inspiration (D2): Wie aus den Abbildungen in der Druckschrift D2
ersichtlich ist (vgl. D2: S. 18 li. unten, S. 19 re. unten), zeigt der mit Osmose-Was-
ser und Edelsteinen gefüllte, luftdicht geschlossene Edelsteinstab (vgl. D2: S. 18
mi. Sp. le. 2 Z. – re. Sp. Z. 3, S. 19 li. Sp. le. Abs. – mi. Sp. Z. 2-3) nach der ge-
botenen Auslegung alle Merkmale M1 bis M1.5, denn durch den luftdichten Ab-
schluss wird der Kontakt der Steine zu Umgebungsluft verhindert und entionisier-
tes Wasser enthält im Gegensatz zu normalem Leitungswasser keine reaktionsfä-
higen Stoffe und Sauerstoff allenfalls in Spuren, so dass alle eine allgemeine
chemische Reaktion ermöglichenden Partner entfernt sind bzw. keinen Zugang
haben. Zur Abrasion gelten die zu D1 getroffenen Ausführungen.

Wie die Anmelderin aus der Passage der D2 (vgl. D2: S. 19 mi. Sp. 2. Abs.), wo-
nach der Stab hin und wieder in die Morgensonne zu legen sei, einen starken
Hinweis darauf herauslesen möchte, dass eine Wechselwirkung zwischen den
Edelsteinen untereinander und dem Wasser bestehe, erschließt sich nicht, denn
die Behandlung betrifft die Außenoberfläche des Rührstabs. Auch wenn sie gel-
tend macht, dass die Abbildungen der D2 ein trübes oder nebliges Fluid zeigten,
was eine chemische Reaktion belege, ist eher von einer Trübung im Glas oder
einer bei Erstellung der Photographie durch Reflexion verursachten scheinbaren
Trübung auszugehen. Denn es widerspricht der Lebenserfahrung, wenn gerade in
einem Werbeprospekt ein verunreinigtes Produkt abgebildet würde.

Die D2 beschreibt somit ebenfalls alle Merkmale des Patentanspruchs 1.

- 14 -
6. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 beruht, selbst wenn man sich der
Sichtweise der Anmelderin anschlösse, dass die D1 oder die D2 nicht eindeutig
und unmittelbar ein erfindungsgemäßes Fluid offenbarten, gegenüber der Kombi-
nation der Druckschriften D1 oder D2 mit der einen gattungsgemäßen Rührstab
betreffenden und bereits in der D1 zitierten Druckschrift DE 20 2006 008 016 U1
(D5) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Wie sich aus dem direkten Vergleich der Figur der D5 mit Fig. 1 der Patentanmel-
dung erschließt, beschreibt die Druckschrift D5 bereits die wesentliche Gestalt des
beanspruchten Rührstabs, denn sie zeigt die Merkmale M1 bis M1.2 und M1.4
(vgl. D5: Figur und Abs. [0018], [0019]), allerdings nicht die toroidförmigen Ringe
nach Merkmal M1.3. Als Fluide werden nach der gebotenen Auslegung und ent-
sprechend Unteranspruch 5 nach Hauptantrag chemische Reaktionen verhin-
dernde Flüssigkeiten wie Gase, Alkohole und destilliertes und keimfreies Wasser
und Wasser/Alkohol-Gemische genannt (vgl. D5: Abs. [0012] und Patentan-
spruch 1; Merkmal M1.5) und mit Methanol, Äthanol, Propanol und Butanol gleich
vier ausgesuchte organische Flüssigkeiten, die unter die anmeldungsgemäß ge-
nannten Fluide fallen.

Der Auffassung der Anmelderin, der Fachmann werde bei der Kombination der D1
bzw. D2 mit der D5 davon abgehalten, toroidförmige Ringe am Rührstab vorzuse-
hen, kann nicht beigetreten werden. Denn die D1 wertet die Ausgestaltung nach
dort gezeigten Fig. 1 mit toroidförmigem Ring bereits als „zweckmäßig“ (vgl. D1:
[0016]) und die D2 stellt ein offensichtlich seinen Zweck erfüllendes Verkaufspro-
dukt vor.

7. Auch die Ausgestaltungen der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen
führen zu keinem patentfähigen Gegenstand.

7a. Soweit der Rührstab nach Hilfsantrag 1 aus Mineralglas oder nach Hilfsan-
trag 2 aus Quarzglas oder Borosilikatglas gefertigt ist, lehrt die D5 als geeignete,
- 15 -
womöglich nicht vollständig klare Materialien neben Kunststoff bereits Glas oder
Kristallglas, wobei Glas den Vorteil durch Aufprall erzeugter akustischer Signale
und den Nachteil der Zerbrechlichkeit zeige, während dies bei Kunststoff umge-
kehrt liege (vgl. D5: Abs. [0011]). Nimmt der Fachmann den Nachteil der Zer-
brechlichkeit wegen der sonstigen Vorteile, insbesondere der ästhetischen Gefäl-
ligkeit, der leichten Reinigung oder der geringen Neigung, verkratzt zu werden, in
Kauf, wählt er nach Belieben und Anforderung aus den verschiedenen kommerzi-
ell erhältlichen Glassorten aus.

Folglich wird er geläufiges preiswertes (Mineral)Glas zur Anwendung bringen,
wenn teurere Gläser wegen ihres Preises ausscheiden und auf Quarz- oder Boro-
silikatgläser zurückgreifen, wenn chemische oder thermische Widerstandsfähig-
keit, insbesondere im Lebensmittelbereich gefordert sind. Diese Auswahl vermag
keine erfinderische Tätigkeit zu begründen. Auch hat die Anmelderin zu den be-
reits in D5 angesprochenen Vor- und Nachteilen transparenter Werkstoffe keine
besonderen Effekte vorgetragen oder nachgewiesen. Sie sieht zwar mit der Wahl
dieser Werkstoffe die mechanische Stabilität des Rührstabs zusätzlich vorteilhaft
verwirklicht. Allerdings leitet das bekannte Eigenschaftsprofil hochwertiger Gläser
den Fachmann ohne erfinderisches Zutun in die beanspruchte Richtung.

7b. Neben dem Merkmal, den Rührstab aus Quarzglas oder Borosilikatglas zu
fertigen, erfordern auch die weiteren, in den Hilfsanträgen 3 bis 5 genannten und
schließlich in Hilfsantrag 6 aggregierten Merkmale, den Rührstab nahezu vollstän-
dig mit einer organischen Flüssigkeit zu befüllen und eine innere und eine äußere
Oberfläche des Rührstabs derart glatt und porenfrei auszugestalten, dass eine mit
der Oberfläche in Kontakt tretende Flüssigkeit schlierenfrei abläuft, kein erfinderi-
sches Zutun.

Eine auf das Volumen des Rührstabs bezogene, nahezu vollständige Befüllung
des Rührstabs ist bereits bei den Rührstäben nach D1 oder D2 vorgesehen (vgl.
D1: Fig. 3 Fluidgrenze 7; D2: S. 18 Photo unten links, S. 19 Photo Mitte rechts).
- 16 -
Dass die nahezu vollständige Befüllung sich insbesondere auf den stabförmigen
Teil des Rührstabs beziehen soll, wie die Anmelderin meint, ist indes nicht einmal
der Patentanmeldung zu entnehmen. Sofern der Befüllungsgrad nach dem Vortrag
der Anmelderin zu einer Stabilisierung des Rührstabs beiträgt, wird dieser Beitrag
auch im Stand der Technik geleistet.

Wenn die Anmelderin in der glatten und porenfreien Ausgestaltung einer inneren
und einer äußeren Oberfläche des Rührstabs, sodass eine mit der Oberfläche in
Kontakt tretende Flüssigkeit schlierenfrei abläuft, eine weitere durch den Stand der
Technik nicht nahegelegte stabilitätserhöhende Maßnahme sieht, weil dadurch die
Rissbildung vermieden würde, kann auch dieses Argument nicht überzeugen.
Denn gerade ein „style product“ wird fachmännisch in ansprechender Weise und
damit mit glatter porenfreier Oberfläche, die sich leicht reinigen lässt, bereitgestellt
(vgl. Abb. in D2). Dazu verwendet der Fachmann die geläufigen Glassorten. Be-
sondere Maßnahmen der Glasbehandlung gehen aus der Anmeldung gerade nicht
hervor.

Zum Einsatz einer organischen Flüssigkeit als Fluid wird auf die Ausführungen
oben, insbesondere zur erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands nach Patentan-
spruch 1 gemäß Hauptantrag, verwiesen.

7c. Nach Hilfsantrag 7 ist eine Verbindung zwischen dem Stabrohr und dem
bauchigen Teil als toroidförmiger Ring am Stabrohr ausgeformt, und die Verbin-
dung umfasst eine Verjüngung des bauchigen Teils. Es kann nach der gebotenen
Auslegung dahingestellt bleiben, ob sich dieser Wortlaut aus Abs. [0021] i. V. m.
Fig. 1 der Anmeldeunterlagen herleiten lässt, wie die Anmelderin vorträgt, und ob
damit das Merkmal 1.3 weiter ausgestaltet wird. Denn nach der Lehre der D1 be-
findet sich die Ausbuchtung am Ende des lang gestreckten Halsbereiches 3 (vgl.
D1: Abs. [0022]), ebenso wie anmeldungsgemäß, wonach sich die Ausformung an
der Stelle der Verbindung von Glasrohr mit dem unteren Behälterteil befindet
(a. a. O.: Abs. [0012]).
- 17 -
8. Mit den nicht gewährbaren Patentansprüchen 1 nach Hauptantrag und nach
den Hilfsanträgen 1 bis 7 fallen aufgrund der Antragsbindung auch die jeweiligen
Unteransprüche (vgl. BGH, GRUR 1983, 171 – Schneidhaspel). Weitere Anhalts-
punkte für ein stillschweigendes Begehren einer weiter beschränkten Fassung
haben sich nicht ergeben. Somit brauchte bei dieser Sachlage auf die weiteren
Unteransprüche nicht gesondert eingegangen werden (BGH v.
27. Juni 2007 X ZB 6/05 – Informationsübermittlungsverfahren; BGH GRUR 11,
1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät). Für deren ausgestaltende weitere
Merkmale wurde im Übrigen ein ggf. die erfinderische Tätigkeit begründender
überraschender technischer Effekt nicht vorgetragen.


III.

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten – vorbe-
haltlich des Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere
einer Beschwer – das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die
Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird,
dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,

- 18 -
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt
als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe,
einzureichen.


Feuerlein Egerer Hermann Freudenreich

prö


Full & Egal Universal Law Academy