15 W (pat) 15/17  - 15. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



15 W (pat) 15/17
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
10. August 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 102 03 946.1









hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündlichen Verhandlung vom 10. August 2017 unter Mitwirkung des Vorsit-
zenden Richters Dr. Feuerlein, der Richter Veit und Hermann und der Richterin
Zimmerer

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beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 102 03 946.1 wurde am
1. Februar 2002 unter Inanspruchnahme der japanischen Priorität JP 01-029839
(6. Februar 2001) mit der Bezeichnung

"Clipvorrichtung"

von der O…, beim Deutschen Patent- und
Markenamt eingereicht. Die Veröffentlichung der Patentanmeldung erfolgte am
6. März 2003.

Folgende Druckschriften sind im Prüfungsverfahren berücksichtigt worden:
D1 DE 695 17 153 T2
D2 US 4 681 107 A
D3 DE 24 54 371 C3
D4 DE 197 07 382 A1

Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 B hat die Anmeldung in der Anhörung vom
18. Juli 2013 zurückgewiesen, da der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unzulässig
erweitert sei und die Klemmvorrichtung nach Anspruch 1 in der Fassung nach
Hilfsantrag 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

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Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 2. Oktober 2013, ein-
gegangen per Fax am selben Tag. Sie reicht mit Schriftsatz vom
11. Dezember 2013 einen neuen Hauptantrag und Hilfsanträge 1 und 2 ein.

Der geltende Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags vom
11. Dezember 2013 lautet mit eingefügter Merkmalsgliederung:

M1 Klemmvorrichtung zum Abklemmen von Gewebe im Körper eines
Patienten, umfassend:
M1.1 - eine in den Körper des Patienten einzuführende Wicklungshülle (2),
M1.2 - einen in die Wicklungshülle (2) relativ zu diesem längsbeweglich
aufgenommenen Betätigungsdraht (3),
M1.3 - ein am distalen Ende des Betätigungsdrahts (3) angeordnetes
Kopplungsglied (10) sowie
M1.4 - eine Clipeinheit (7) mit einem Clip (8), welche zur lösbaren
Kopplung mit dem Kopplungsglied (10) ausgebildet ist,
M1.3.1 wobei das Kopplungsglied (10) eine verformbare Hakensektion (12)
aufweist und
M1.3.2 wobei beim Abklemmen von Gewebe mittels des Clips (8) die
verformbare Hakensektion (12) des Kopplungsglieds (10) sich
verformt und der Clip (8) sich löst, womit nach der Verwendung des
Clip (8) kein anderer Clip (8) wieder an dem Kopplungsglied (10)
angebracht werden kann,
dadurch gekennzeichnet, dass
M1.3.3 das Kopplungsglied (10) nicht-lösbar und direkt an dem
Betätigungsdraht (3) befestigt ist.

Wegen der abhängigen Ansprüche 2 bis 9 wird auf die Akte verwiesen.

Im Patentanspruch 1 in der Fassung des 1. Hilfsantrags vom 11. Dezember 2013
wurde gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag in den Merkmalen M1.3.1
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und M1.3.2 der Begriff „verformbar“ durch „dehnbar“ ersetzt:
M1.3.1‘ wobei das Kopplungsglied (10) eine dehnbareverformbare
Hakensektion (12) aufweist und
M1.3.2‘ wobei beim Abklemmen von Gewebe mittels des Clips (8) die
dehnbareverformbare Hakensektion (12) des Kopplungsglieds (10)
sich dehntverformt und der Clip (8) sich löst, womit nach der
Verwendung des Clip (8) kein anderer Clip (8) wieder an dem
Kopplungsglied (10) angebracht werden kann,

Wegen der abhängigen Ansprüche 2 bis 9 wird auf die Akte verwiesen.

Im Patentanspruch 1 in der Fassung des 2. Hilfsantrags vom 11. Dezember 2013
wurde in den Merkmalen M1.3, M1.4, M1.3.1‘, M1.3.2‘ und M1.3.3 der Begriff
„Kopplungsglied“ durch den Begriff „Kopplungsplatte“ präzisiert und die Merkmale
M1.3.4 und M1.3.5 hinzugefügt:
M1.3‘ - eine am distalen Ende des Betätigungsdrahts (3) angeordnetes
KopplungsplatteKopplungsglied (10) sowie
M1.4 - eine Clipeinheit (7) mit einem Clip (8), welche zur lösbaren
Kopplung mit derdem KopplungsplatteKopplungsglied (10)
ausgebildet ist,
M1.3.1‘‘ wobei diedas KopplungsplatteKopplungsglied (10) eine dehnbare
Hakensektion (12) aufweist und
M1.3.2‘‘ wobei beim Abklemmen von Gewebe mittels des Clips (8) die
dehnbare Hakensektion (12) derdes KopplungsplatteKopplungsglied
(10) sich dehnt und der Clip (8) sich löst, womit nach der
Verwendung des Clip (8) kein anderer Clip (8) wieder an derdem
KopplungsplatteKopplungsglied (10) angebracht werden kann,
M1.3.3‘ diedas KopplungsplatteKopplungsglied (10) nicht-lösbar und direkt
an dem Betätigungsdraht (3) befestigt ist,
M1.3.4 wobei zur Verbindung der Kopplungsplatte (10) mit dem
Betätigungsdraht (3) dieser durch ein Loch (11) in der
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Kopplungsplatte (10) hindurchgefädelt und schlaufenförmig
umgebogen ist, und
M1.3.5 wobei umgebogene Abschnitte des Betätigungsdrahts (3) die
Kopplungsplatte (10) durch eine durch das Umbiegen
hervorgerufene Druckkraft festklemmen.

Wegen der abhängigen Ansprüche 2 bis 6 wird auf die Akte verwiesen.

Die Beschwerdeführerin beantragt in der mündlichen Verhandlung,

den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle des Deutschen
Patent- und Markenamtes vom 18. Juli 2013 aufzuheben und das
Patent auf Basis der nachfolgenden Unterlagen zu erteilen:

• Ansprüche 1 bis 9 gemäß Hauptantrag vom
11. Dezember 2013;
• Neue Beschreibungsseiten 1a, 5, 12 und 13 vom
11. Dezember 2013 und Seiten 1 bis 4, 6 bis 11 und 14
bis 17 vom 30. April 2002; und
• Figuren 1 bis 15 vom 30. April 2002;

hilfsweise auf Basis der Unterlagen
• Ansprüche 1 bis 9 gemäß 1. Hilfsantrag vom
11. Dezember 2013;
• Neue Beschreibungsseiten 1a, 5, 12 und 13 gemäß
1. Hilfsantrag vom 11. Dezember 2013 und Seiten 1 bis
4, 6 bis 11 und 14 bis 17 vom 30. April 2002; und
• Figuren 1 bis 15 vom 30. April 2002;

weiter hilfsweise auf Basis der Unterlagen
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• Ansprüche 1 bis 6 gemäß 2. Hilfsantrag vom
11. Dezember 2013; und
• Beschreibungsseiten 1a, 5, 12 und 13 gemäß
2. Hilfsantrag vom 11. Dezember 2013 und Seiten 1 bis
4, 6 bis 11 und 14 bis 17 vom 30. April 2002; und
• Figuren 1 bis 15 vom 30. April 2002;

weiter hilfsweise als Hilfsantrag 3 auf Basis der Unterlagen des
Hilfsantrages 1, wobei Klemmvorrichtung durch Clipvorrichtung
ersetzt ist;

weiter hilfsweise als Hilfsantrag 4 auf Basis der Unterlagen des
Hilfsantrages 2, wobei Klemmvorrichtung durch Clipvorrichtung
ersetzt ist.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (§ 73
PatG). Sie hat jedoch keinen Erfolg, denn die beanspruchte Vorrichtung nach
Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 4 beruht nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit.

1. Die Erfindung betrifft eine Clip-Vorrichtung zum Durchführen einer Opera-
tion wie zum Beispiel das Stoppen einer Blutung in lebendem Gewebe unter Ver-
wendung eines Clips (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0001]).

Nach der Beschreibungseinleitung ist in der japanischen Patentanmeldung
JP H08 280701 eine Clipvorrichtung offenbart, die ein in einem Einsetzrohr ver-
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schiebbar angeordnetes Operationsrohr und einen Kopplungsring aufweist, der
um das Distalende des Operationsrohres fest montiert ist, um eine Clipeinheit an
Ort und Stelle zu halten. Dabei ist ein Hakenglied mit dem Distalende eines in das
Operationsrohr eingesetzten Operationsdrahtes verbunden, und die Clipeinheit ist
am Hakenglied lösbar eingehakt. Da in dieser Clipvorrichtung die Clipeinheit auf
einem Vorrichtungskörper abnehmbar montiert wurde, war es notwendig, einen
Arbeitsvorgang zum Montieren der Clipeinheit am Hakenglied des Vorrichtungs-
körpers jedes Mal durchzuführen, wenn der Clip verwendet wurde. Dabei war es
umständlich, eine Kopplungsplatte der Clipeinheit an dem am Distalende des Ope-
rationsdrahtes befestigten Hakenglied einzuhaken.
Nach dem Klemmen wurde ferner manchmal das vom Clip getrennte Kopplungs-
glied in den Körperhohlraum fallengelassen. Wenn das Kopplungsglied in den
Körperhohlraum fallengelassen wurde, war es notwendig, eine Operation durch-
zuführen, um es nach außen zu befördern. Aufgrund des sehr kleinen Kopplungs-
glieds war dessen Auffinden erschwert und der Entnahmevorgang war umständ-
lich, was folglich dem Patienten eine größere Belastung auferlegte (siehe Offenle-
gungsschrift Abs. [0002] und [0003]).
Weiter nahm es dann viel Zeit in Anspruch, eine neue Clipeinheit auf dem Rest
der Vorrichtung zu montieren, und es ist als schwierig angesehen worden, die
Clipvorrichtung in Kombination mit Seitensicht- und Schrägsicht-Endoskopen zu
verwenden (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0004] bis [0008]).

Vor diesem Hintergrund sind in der Patentanmeldung als Aufgaben genannt, eine
Clipvorrichtung zu schaffen,
- die nach Entnahme aus einer Verpackung sofort genutzt werden kann,
- die ein Herunterfallen eines Kopplungsglieds zum Einhaken eines Clips verhin-
dert,
- die eine bessere Einsetzbarkeit in ein Endoskop sicherstellt,
- die in Kombination mit einem Seitensicht- oder Schrägsicht-Endoskop einfach
genutzt werden kann (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0010] bis [0013]).

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Als Lösung dieser Aufgaben wird erfindungsgemäß nach Hauptantrag eine
Klemmvorrichtung gemäß Anspruch 1 beansprucht, bei der das Kopplungsglied
nicht- lösbar und direkt am Betätigungsdraht befestigt ist.

Die Figur 1A der Offenlegungsschrift zeigt, teilweise im Querschnitt, eine Sektion
des Distalendes einer Clipvorrichtung gemäß einer ersten Ausführungsform der
vorliegenden Erfindung zur Verwendung in einem Endoskop in einer vergrößerten
Form mit der Kopplungsplatte (10) mit Loch (11), in dem der Operations-
draht/Betätigungsdraht (3) befestigt ist.

Die Fig. 8A zeigt eine perspektivische Ansicht einer
Kopplungsplatte einer Clipvorrichtung gemäß der dritten
Ausführungsform der vorliegenden Erfindung mit einer
Fixiersektion (54), in der der Operationsdrahtes 3 durch
Presssitz, mittels Laserschweißen, Löten etc. befestigt
werden kann.

2. Einige Merkmale bedürfen näherer Erörterung.
Der Fokus des Streitpatents und Kern des Erfindungsgegenstands liegt nach An-
spruch 1 in der Verbindungsstelle zwischen Kopplungsglied (10) und Betätigungs-
draht (3).
siehe Fig. 1A



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Grundsätzlich ist eine Clipvorrichtung so gestaltet, dass sie über ein Arbeitslumen
eines Endoskops in den Körper eingeführt werden kann, wodurch die Abmessun-
gen der Klemmvorrichtung durch die Abmessungen der Arbeitskanäle von Endo-
skopen begrenzt sind. Bei Seitensicht- und Schrägsicht-Endoskopen lässt man die
Clipvorrichtung in einer seitlichen oder schrägen Richtung aus einem solchen En-
doskoptyp hervortreten (vgl. Streitpatent Abs. [0007]).

Durch Ziehen des Gleitstücks 6 mit einer geringen Kraft
in Richtung auf die Proximalseite wird der α-Abschnitt 18
des Clips 8 in das Anpreßrohr 9 gezogen, und die
Armabschnitte 19 des Clips 8 werden weiter gespreizt
bzw. auseinandergebogen. In diesem Zustand wird das
Einsetzrohr 1, welches man in Richtung auf die
Proximalseite des Endoskops hervortreten ließ, vorwärts
geschoben, und die Distalenden der gespreizten Klauen werden auf eine
betreffende blutende Stelle etc. im Körperhohlraum eines Patienten geschoben.
Wenn von einem in Fig. 3 gezeigten Zustand aus das Gleitstück 6 stark in
Richtung auf die Proximalseite gezogen wird, dann werden die
Basisendabschnitte der Armabschnitte 19 des Clips 8 in das Anpreßrohr 9
zurückgezogen, und, wie in Fig. 4 gezeigt ist, werden die Armabschnitte 19 an
einer zu greifenden blutenden Stehe zum Gewebe geschlossen.

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Wenn das Gleitstück 6 stärker gezogen wird, wird die Hakensektion 12 der
Kopplungsplatte 10 gedehnt, und der Clip 8 wird gelöst. Das Gewebe wird nur
durch das Anpreßrohr 9 und den Clip 8 in der Clipeinheit 7 gegriffen. Wird das
Gewebe vom Clip 8 gegriffen, wird der Clip 8 vom Vorrichtungskörper gelöst
(Fig. 4) (vgl. Streitpatentanmeldung Abs. [0051] bis [0053]).

Unter dem Dehnen der Hakensektion (12) der Kopplungsplatte (10) versteht der
Fachmann dabei – wie auch aus Fig. 4 ersichtlich - eine Verformung dieser
Hakensektion (12) [= Merkmale M1.3.1 und M1.3.2 bzw. M1.3.1‘ und M1.3.2‘].

Gegenüber der Hakensektion (12) ist direkt der
Befestigungsdraht (3) nicht lösbar an der
Kopplungsplatte (10) befestigt [= Merkmal 1.3.3].
Daher besteht keine Möglichkeit, daß selbst
nach dem Abklemmen der blutenden Stelle
durch den Clip 8 das Kopplungsglied in den
Körperhohlraum fallen wird (vgl. Streitpatent
Abs. [0055]). Die nicht-lösbare Befestigung wird
nach den Ausführungsbeispielen beispielsweise durch ein Loch (11) in der
Kopplungsplatte (10) erreicht, durch das der umgebogene Betätigungsdraht sicher
befestigt wird (vgl. Streitpatentanmeldung Fig. 4, Abs. [0056]), oder durch eine im
wesentlichen röhrenartige Fixiersektion (54), an der der Betätigungsdraht (3)
durch Preßsitz, Laserschweißen, Löten etc. befestigt ist (vgl.
Streitpatentanmeldung Abs. [0068], [0069], Fig. 8A, 8B).

Auf diese Ausführungsformen ist die nicht-lösbare Befestigung nach Haupt- und
den Hilfsanträgen 1 und 3 jedoch nicht eingeschränkt. In Hilfsanträgen 2 und 4
wird das Kopplungselement auf eine Kopplungsplatte eingeschränkt, die durch
schlaufenförmiges Umbiegen und Hindurchfädeln des Betätigungsdrahtes durch
ein Loch an diesem befestigt ist.

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3. Die Klemmvorrichtung nach Anspruch 1 in der Fassung nach Haupt- und
den Hilfsanträgen ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik
zwar neu, sie beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da sie sich in
nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift D1 in
Verbindung mit dem Wissen und Können des Fachmanns ergibt. Auf die Zulässig-
keit der jeweiligen Anspruchsfassung kam es bei dieser Sachlage nicht an.

3.1 Als Fachmann ist hier ein Ingenieur der Medizintechnik (FH) anzusehen,
der sich ausreichende Erfahrungen bei der Entwicklung in der Chirurgie genutzter
Ligaturclipvorrichtungen angeeignet hat. Dieser wird im Rahmen seiner Entwick-
lungstätigkeit auf Anforderungen eines diese Instrumente einsetzenden Arztes
eingehen und dessen Forderungen und Erkenntnisse einbeziehen, insbesondere
wenn es darum geht, die Probleme während des Einsatzes bekannter Ligatur-
clipvorrichtungen (wie z. B. Clipvorrichtungen aus dem Dokument D1) zu verbes-
sern, bei denen im ungünstigen Fall ein unbeabsichtigtes Lösen der Kupplungs-
platte vom Betätigungsdraht erfolgen kann.

3.2. Die Vorrichtung nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ergibt sich für den
Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift D1 und dem fachmänni-
schen Handeln.

Unstrittig ist aus der Druckschrift D1 eine Klemmvorrichtung zum Abklemmen von
Gewebe im Körper eines Patienten bekannt, die in den Körper einbringbar ist (vgl.
D1 S. 1 Z. 15-22: „Ein herkömmliches, wie oben beschriebenes endoskopisches
Behandlungswerkzeug umfaßt an seinem vorderen Ende einen Behandlungsab-
schnitt zum Behandeln oder Durchführen einer Biopsie an einem lebenden Ge-
webe oder zum Halten des Gewebes, welcher Behandlungsabschnitt so aufgebaut
ist, daß er sich unter Zuhilfenahme der Federeigenschaften oder eines Verbin-
dungsmechanismus öffnet oder auf andere ähnliche Weise funktioniert.“)
[= Merkmal M1].
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Die Klemmvorrichtung umfasst
- eine in den Körper des Patienten einzuführende Wicklungshülle (Betätigungsrohr
28) (vgl. D1 S. 7 Z. 24-27: „Wie in Fig. 1 aufgezeigt, ist ein flexibles Betätigungs-
rohr 28 mit einem Kopplungsring 29 aus einem Edelstahl-Kurzrohr, das am vorde-
ren Ende davon fest montiert ist, rückziehbar in dem Führungsrohr 3 eingeführt).
[= Merkmal M1.1],
- einen in die Wicklungshülle (28) relativ zu dieser längsbeweglich aufgenomme-
nen Betätigungsdraht (33) (vgl. D1 S. 8 Z. 1-3: „Ein Betätigungsdraht 33 mit einem
Drehmomentübertragungsvermögen ist zurückziehbar in das Betätigungsrohr 28
eingeführt.“) [= Merkmal M1.2],
- ein am distalen Ende des Betätigungsdrahts (33) über den darauf montierten
Haken (30) angeordnetes Kopplungsglied (Kopplungsplatte 37) (vgl. D1 S. 8
Z. 9-13: „Wie in Fig. 1 aufgezeigt, besitzt das vordere Ende des Betätigungsdrah-
tes 33 einen darauf montierten Haken 30, der so ausgelegt ist, daß er ersetzbar in
eine Kopplungsplatte 37 der Klammereinheit 2 vom Kassettentyp eingreift.“)
[= Merkmal M1.3], und
- eine Clipeinheit (Klammereinheit 2) mit einem
Clip (Klammer 45), welche zur lösbaren Kopp-
lung mit dem Kopplungsglied (37) ausgebildet ist
(vgl. D1 S. 10 Z. 1-5: „Wie in den Figuren 5A und
5B aufgezeigt, schließt die Klammereinheit 2
eine Klammer 45, eine Kopplungsplatte 37, die
ein Kopplungsbauteil bildet, das entfernbar mit
der Klammer 45 gekoppelt ist, ...“)
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[= Merkmal M1.4]

Das Kopplungsglied (37) weist weiter
eine verformbare Hakensektion (51) auf,
wobei sich die verformbare
Hakensektion (51) des Kopplungsglieds
(37) beim Abklemmen von Gewebe
mittels des Clips (45) verformt und der
Clip (45) sich löst, womit nach der
Verwendung des Clip (45) kein anderer
Clip wieder an dem Kopplungsglied (37)
angebracht werden kann (vgl. D1 S. 28
Z. 13-19: „Durch ein Ziehen des
Betätigungsdrahts 33 weiter in Richtung
des Bedieners wird die Klammer 45 tief in das lebende Gewebe 108 geschlagen,
wie in Fig. 15A aufgezeigt. Zur gleichen Zeit weitet sich der Haken 51 der
Kopplungsplatte 37, wie in den Figuren 15B und 15C aufgezeigt, und die Klammer
45 löst sich von der Kopplungsplatte 37.“) [= Merkmale M1.3.1 und M1.3.2]

Das Kopplungsglied (37) ist über den
Haken (30) an dem Betätigungsdraht
befestigt (vgl. D1 S. 8 Z. 9ff, Fig. 1A, 1B,
3A). Dieser Haken ist am
Betätigungsdraht mittels eines
Fixiermaterials o. ä. fixiert (vgl. D1 S. 8
Z. 25-28: „In dem Basisende des
Hakens 30 ist ein mit der
Längsmittelachse des Hakens 30 koaxiales Loch 40 ausgebildet. In das Loch 40
ist ein Betätigungsdraht 33 eingesetzt und mittels eines Fixiermaterials oder
dergleichen fixiert.“). An dem Haken (30) ist das Kopplungsglied (37) über den Stift
(42) lösbar befestigt (vgl. D1 S. 8 Z. 9-13: „Wie in Fig. 1 aufgezeigt, besitzt das
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vordere Ende des Betätigungsdrahtes 33 einen darauf montierten Haken 30, der
so ausgelegt ist, daß er ersetzbar in eine Kopplungsplatte 37 der Klammereinheit
2 vom Kassettentyp eingreift.“, Fig. 1A, 1B).

Damit ist das Merkmal M1.3.3, wonach
das Kopplungsglied nicht-lösbar und direkt an dem Betätigungsdraht (3)
befestigt ist,
in der D1 nicht offenbart:

Der Fachmann kennt jedoch aufgrund der Zusammenarbeit mit dem Chirurgen
das auch in der Patentanmeldung angesprochene Problem, dass manchmal das
vom Clip getrennte Kopplungsglied in den Körperhohlraum fallengelassen wird.
Wenn das Kopplungsglied in den Körperhohlraum fallengelassen wurde, ist es
notwendig, eine Operation durchzuführen, um es nach außen zu befördern. Das
Kopplungsglied selbst ist jedoch sehr klein, was folglich dessen Auffinden
erschwert. Außerdem ist auch der Entnahmevorgang umständlich. Die
Durchführung dieser Arbeitsvorgänge nimmt viel Zeit in Anspruch, was folglich
dem Patienten eine größere Belastung auferlegt (vgl. Streitpatentanmeldung
Abs. [0003]).

In der D1 ist erwähnt, dass das Kopplungsglied so ausgelegt ist, dass es lösbar
am Haken 30 und damit am Betätigungsdraht (33) befestigt ist (vgl. D1 S. 8
Z. 9-13). Entgegen der Auffassung der Patentanmelderin ist dies jedoch nicht als
Kern der technischen Lehre der D1 anzusehen. Diese ist darauf gerichtet, die
Positionierung einer Vielzahl an Behandlungsabschnitten durch ein Endoskop zu
ermöglichen (vgl. D1 S. 3 Z. 23-29: „Die vorliegende Erfindung wurde im Hinblick
auf die oben erwähnten Situationen entwickelt, und die Aufgabe davon ist es, ein
endoskopisches Behandlungswerkzeug zur Verfügung zu stellen, welches das
Positionieren einer Vielfalt an Behandlungsabschnitten, auch einschließlich einer
Klammer mit einer inhärenten Öffnungstendenz zum weiten Öffnen, durch ein
Endoskop ermöglicht.“). Die Lösung hierfür ist ein endoskopischen
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Behandlungswerkzeug, bei dem durch ein Betätigen des drehbaren
Betätigungsmittels mit dem Drehen des Betätigungsdrahtes der vordere
Behandlungsabschnitt gedreht wird, wodurch es möglich gemacht wird, den
Behandlungsabschnitt in eine gegebene Richtung zu orientieren (vgl. D1 S. 3
Z. 35-S. 4 Z. 3).

Aufgrund der gravierenden medizinischen Folgen durch das Entfernen eines im
Körper verbleibenden Kopplungsglieds hatte der Fachmann ausreichend
Veranlassung, eine Lösung zu suchen. Im Übrigen führen auch Probleme bei der
Handhabung im Austausch der Kleinteile in der D1 und die Schwierigkeiten bei der
Reinigung und Sterilisierung den Fachmann dazu, das Konzept der
Austauschbarkeit zu überdenken. Als Standardlösung zur Verbesserung der
Handhabung und Hygiene im medizinischen Bereich kennt der Fachmann bereits
die Verwendung von Einmalartikeln.

Zur Lösung des Problems des Ablösen des Kopplungsgliedes wird der Fachmann
daher auch den Aspekt der ersetzbaren bzw. neu anzuordnenden Klemme in
Frage stellen. Ein nicht-lösbares Kopplungselement ist für den Fachmann auch
keineswegs abwegig, wie beispielsweise die D2 oder D3 zeigen (vgl. D2 Fig. 6, 7,
D3 Fig. 4). Als Lösungsprinzip liegt es für den Fachmann auf der Hand, den
Betätigungsdraht gegen das Ablösen vom Kopplungselement zu sichern und/oder
nicht lösbar vorzusehen.

Zum Schutz vor einem Fallenlassen könnte der Fachmann die von der
Patentinhaberin genannten Sicherungsmechanismen einsetzen und ein
Federelement an der Öse des Kopplungselements (37) oder weiteren Ring über
den Stift (42) vorsehen.

Jedoch liefert bereits die D1 eine einfachere konstruktive Lösung. So zeigt die D1
einen Haken (30), der fest am Betätigungsdraht (33) fixiert ist (vgl. D1 S. 8
Z. 25-28: „In dem Basisende des Hakens 30 ist ein mit der Längsmittelachse des
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Hakens 30 koaxiales Loch 40 ausgebildet. In das Loch 40 ist ein
Betätigungsdraht 33 eingesetzt und mittels eines Fixiermaterials oder dergleichen
fixiert.“). Setzt der Fachmann nun dieses Prinzip für das Kopplungsglied ein, so
wird er aufgrund fachmännischen Handelns die Kopplungsplatte (37) am
Betätigungsdraht fixieren und den Haken (30) weglassen, da dieser nicht mehr
benötigt wird. Dies entspricht Merkmal M1.3.3. Weiter vereinfacht eine derartige
Konstruktion die Handhabung und verringert aufgrund der geringeren Anzahl der
Einzelteile die Produktionskosten.

Entgegen der Ausführungen der Patentanmelderin wird der Fachmann auch das
Prinzip der Verformung der Hakensektion beibehalten und keine feste
Hakensektion analog zur D3 einführen, da er die bessere Handhabung einer
verformbaren Hakensektion erkannt hat.

Damit ist der Fachmann jedoch bereits in nahe liegender Weise beim Gegenstand
des Anspruchs 1 in der Fassung des Hauptantrags angelangt.

3.3 In Anspruch 1 gemäß der Fassung nach Hilfsantrag 1 wurde gegenüber
dem Hauptantrag der Begriff „verformbar“ durch „dehnbar“ ersetzt.

Dies kann jedoch eine erfinderische
Tätigkeit nicht begründen, da auch die
D1 eine im Sinne der Patentanmeldung
dehnbare Hakensektion lehrt (vgl. D1
S. 28 Z. 13-19: „Durch ein Ziehen des
Betätigungsdrahts 33 weiter in Richtung
des Bedieners wird die Klammer 45 tief
in das lebende Gewebe 108
geschlagen, wie in Fig. 15A aufgezeigt.
Zur gleichen Zeit weitet sich der Haken
51 der Kopplungsplatte 37, wie in den
- 17 -
Figuren 15B und 15C aufgezeigt, und die Klammer 45 löst sich von der
Kopplungsplatte 37.“).

3.4 Im Patentanspruch 1 in der Fassung des 2. Hilfsantrags vom
11. Dezember 2013 wurde der Begriff „Kopplungsglied“ durch den Begriff
„Kopplungsplatte“ präzisiert und die Merkmale M1.3.4 und M1.3.5 hinzugefügt,
wonach
zur Verbindung der Kopplungsplatte (10) mit dem Betätigungsdraht (3)
dieser durch ein Loch (11) in der Kopplungsplatte (10) hindurchgefädelt und
schlaufenförmig umgebogen ist, und
wobei umgebogene Abschnitte des Betätigungsdrahtes (3) die
Kopplungsplatte (10) durch eine durch das Umbiegen hervorgerufene
Druckkraft festklemmen.

Eine Kopplungsplatte (37) wird auch in der D1 verwendet (vgl. D1 Fig.1B). Diese
Kopplungsplatte (37) weist auch ein Loch auf, durch die der Stift (42) geführt wird.
Wird nun im Rahmen fachmännischen Handelns die Kopplungsplatte (37) ohne
den Haken an dem Betätigungsdraht (33) befestigt, so kann der Fachmann dies
durch die Öse in der Kopplungsplatte (37) realisieren, durch die der
Betätigungsdraht geführt und fixiert wird.

Dabei ist es als Standardrepertoire
anzusehen, den Betätigungsdraht
(33) durch die Öse in der
Kopplungsplatte (37) zu fädeln,
schlaufenförmig umzubiegen und
festzuklemmen [= Merkmale M1.3.4
und M1.3.5]. Rein exemplarisch wird
zum schlaufenförmigen Umbiegen auf die D2 verwiesen, die ein mittels Schlaufe
des Betätigungsdrahts befestigtes Kopplungsglied aus Draht offenbart (vgl. D2
Fig. 6, Fig. 7).
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Um bei Einführen der Klemmvorrichtung das Handling bei Bedarf zu verbessern,
wird der Fachmann dabei auch die Kopplungsplatte (37) an dem Betätigungsdraht
fixieren, wobei es als einfachste Lösung aufgrund fachmännischen Handeln auf
der Hand liegt, die Kopplungsplatte (37) am Betätigungsdraht festzuklemmen.

Damit gelangt der Fachmann in nahe liegender Weise zur Vorrichtung nach
Anspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2.

3.5 Im Patentanspruch 1 in der Fassung des 3. und 4. Hilfsantrags wurde der
Begriff „Klemmvorrichtung“ durch den Begriff „Clipvorrichtung“ ausgetauscht.
Dies führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung der Patentfähigkeit, da die als
Stand der Technik herangezogenen Druckschriften ebenfalls Clipvorrichtungen
offenbaren.


3.6 Mit dem nicht gewährbaren Anspruch 1 fallen aufgrund der Antragsbindung
auch die jeweiligen Unteransprüche (vgl. BGH, GRUR 1983, 171 - Schneidhas-
pel). Weitere Anhaltspunkte für ein stillschweigendes Begehren einer weiter be-
schränkten Fassung haben sich nicht ergeben. Auf die übrigen Patentansprüche
brauchte bei dieser Sachlage nicht gesondert eingegangen zu werden (BGH v.
27. Juni 2007 –X ZB 6/05, Informationsübermittlungsverfahren II, Fortführung von
BGH GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät). Für deren ausgestal-
tende weitere Merkmale wurde im Übrigen ein gegebenenfalls die erfinderische
Tätigkeit begründender überraschender technischer Effekt nicht vorgetragen und
auch vom Senat nicht gesehen.

- 19 -
III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Dr. Feuerlein Veit Hermann Zimmerer

prö


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