15 W (pat) 1/17  - 15. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



15 W (pat) 1/17
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
27. April 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2007 006 905




- 2 -
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 27. April 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Feuerlein, des Richters Hermann, der Richterin Zimmerer und des
Richters Dr. Freudenreich

beschlossen:

Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Oktober 2011 aufge-
hoben und das Patent 10 2007 006 905 in vollem Umfang wider-
rufen.


G r ü n d e

I.

Auf die am 13. Februar 2007 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche
Patent- und Markenamt das Patent 10 2007 006 905 mit der Bezeichnung „Verfah-
ren zum Benetzen eines hydrophilen Urinal-Katheters sowie zugehöriges Kathe-
tersystem" erteilt. Die Patenterteilung ist am 18. Dezember 2008 veröffentlicht
worden. Das Streitpatent nimmt keine Priorität in Anspruch. Gegen dieses Patent
hat die Einsprechende, zu diesem Zeitpunkt als A… firmierend, Ein-
spruch eingelegt und beantragt, das Patent wegen fehlender Patentfähigkeit zu
widerrufen. Der erteilte Patentanspruch 1 sei zudem gemäß § 2a (1) 2. PatG auf
einen vom Patentschutz ausgeschlossenen Gegenstand gerichtet.

Die Patentabteilung 1.44 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Patent
mit der - geänderten - Bezeichnung
- 3 -
„Verfahren zum Benetzen eines hydrophilen Urinal-Katheters sowie
Verwendung eines zugehöriges Kathetersystems in diesem Verfahren"

beschränkt aufrechterhalten.

Die beschränkt aufrechterhaltenen nebengeordneten Patentansprüche 1 und 5
gemäß Hilfsantrag III vom 14. Oktober 2010 lauten wie folgt:




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Die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents wurde im Wesentlichen damit be-
gründet, dass ein geltend gemachter Patentierungsausschluss nach § 2a PatG
nicht gegeben sei, denn die im Patentanspruch 2 angegebene Zeitdauer sei als
Definition der Aktivierungsdauer zu verstehen, und das beanspruchte Verfahren
- 5 -
sei nicht chirurgisch, sondern diene im Übrigen der Selbstkatheterisierung. Aus
der belegten Vorbenutzung seien alle Merkmale der erteilten Patentansprüche 1
und 6 bekannt oder zumindest nahe gelegt. Gleichermaßen auf keiner erfinderi-
schen Tätigkeit beruhten Verfahren und Verwendung nach den Hilfsanträgen I und
II gegenüber der Vorbenutzung in Verbindung mit dem durch die Druckschrift
US 2004/0074794 A1 benannten Stand der Technik. Soweit das Abdichten des
Übergangsbereiches nach Hilfsantrag III durch ein Abknicken mit Fixierung des
abgeknickten Teils erfolgt, würde keine der Entgegenhaltungen den Fachmann in
diese erfindungsgemäße Richtung führen, sofern er sie überhaupt in Betracht
zieht.

Gegen diesen Beschluss richten sich die wechselseitig eingelegten Beschwerden
der Patentinhaberin und der Einsprechenden.

Die Einsprechende macht als Patenthinderungsgründe mangelnde Ausführbarkeit,
Ausschluss von der Patentierbarkeit (§ 2a PatG) bzw. fehlende gewerbliche An-
wendbarkeit sowie fehlende Neuheit und fehlende erfinderische Tätigkeit geltend.
Zudem seien die Gegenstände, welche mit den Hilfsanträgen II bis V beansprucht
würden, unzulässig erweitert.

Die Einsprechende beantragt,

das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Einsprechende ist, wie mit Schriftsatz vom 21. April 2017 angekündigt, zur
mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

Die Patentinhaberin beantragt,

das Patent, wie ursprünglich erteilt oder zumindest im Rahmen ei-
ner der gestellten Hilfsanträge I bis V aufrechtzuerhalten.
- 6 -
Sie ist der Auffassung, dass es sich bei dem erfindungsgemäßen Verfahren um
kein chirurgisches Verfahren handelt und es damit dem Kriterium der gewerbli-
chen Anwendbarkeit genügt. Das ausführbare Verfahren und das Kathetersystem
seien zudem gegenüber der Vorbenutzung der Beschwerdeführerin neu, da die-
ses nicht für die gewünschte Abdichtung konzipiert sei. Im Lichte der Kombination
der Vorbenutzung mit dem durch die Druckschrift D10 benannten Stand der Tech-
nik sei auch eine erfinderische Tätigkeit anzuerkennen. Den Gegenstand des
Streitpatents könnten die übrigen Druckschriften gleichermaßen nicht nahelegen.
Für die Gegenstände nach den Hilfsanträgen I bis V gelte nichts anderes.

Auch die Patentinhaberin ist, wie mit Schriftsatz vom 26. April 2017 angekündigt,
nicht zur Verhandlung erschienen.

Die Anspruchsfassung des erteilten Patents weist 19 Patentansprüche auf, von
denen die drei nebengeordneten Patentansprüche 1, 6 und 19 auf ein Verfahren,
ein Kathetersystem und dessen Verwendung gerichtet sind. Sie haben den fol-
genden Wortlaut:

- 7 -





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In der Anspruchsfassung nach Hilfsantrag I bleiben die erteilten Patentansprü-
che 1 bis 5, von einer redaktionellen Korrektur abgesehen (Einfügen eines Kom-
mas in Z. 2 des Patentanspruchs 1), unverändert, während die in der erteilten
Fassung das Kathetersystem betreffenden Patentansprüche 6 bis 18 nunmehr
gemäß den Angaben im erteilten Patentanspruch 19 der Verwendungskategorie
zugehörig sind („Verwendung eines Kathetersystems in einem Verfahren nach
einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei das Kathetersystem umfasst …“) und der
Patentanspruch 6 eine redaktionelle Korrektur („nach dem Öffnen“ statt „nach dem
öffnen“) aufweist. Die Unteransprüche 7 bis 18 sind in der Nummerierung unver-
ändert und hinsichtlich der Kategorie angepasst, der erteilte Patentanspruch 19 ist
gestrichen.

Die Anspruchsfassung nach Hilfsantrag II ergänzt die Verfahrens- und Verwen-
dungsansprüche aufweisende Anspruchsfassung nach Hilfsantrag I durch das zu-
sätzliche Merkmal des nach Abgabe der Benetzungsflüssigkeit erfolgenden Ab-
dichtens (der Verpackung) durch Umknicken. Dazu ist der Verfahrensschritt c) im
Patentanspruch 1 in der folgenden Weise umformuliert: „… c) anschließend wird
der Übergangsbereich (8) umgeknickt und dadurch abgedichtet, so dass …“. So-
weit der Übergangsbereich (8) im Verwendungsanspruch 6 nach Hilfsantrag I ab-
dichtbar ausgebildet ist, wird dies im geltenden Patentanspruch 5 nach Hilfsantrag
II in der folgenden Weise ergänzt: „… wobei die Abdichtung durch ein Abknicken
im Übergangsbereich (8) zwischen Vorratsbereich 9 und Benetzungsbereich (3)
erfolgt, …“. Die erteilten Patentansprüche 4, 7, 10-11 und 19 sind gestrichen, die
verbleibenden Patentansprüche sind in der Nummerierung und in den Rückbezü-
gen angepasst.

Die Anspruchsfassung nach Hilfsantrag III, in dessen Umfang das Streitpatent von
der Patentabteilung aufrechterhalten wurde, unterscheidet sich im Patentan-
- 9 -
spruch 1 vom Hilfsantrag II durch Einfügen eines der Fixierung des abgeknickten
Teils dienenden Fixierungsmittels. Dieses ist nun Bestandteil der Verpackung so-
wie eines Verfahrensschrittes, nach dem „… die Verpackung (2) in diesem abge-
knickten Zustand mittels des Fixierungsmittels fixiert wird; …“. Es findet sich auch
im entsprechenden Verwendungsanspruch 5 („… dass ein Fixierungsmittel vorge-
sehen ist, und …“). Die erteilten Patentansprüche 4, 7, 10-11 und 19 sind gestri-
chen, die verbleibenden Patentansprüche sind in der Nummerierung und in den
Rückbezügen angepasst. Zudem ist im erteilten Patentanspruch 9 die sich dem
Ausdruck „dass“ anschließende Passage „… ein Fixierungsmittel, mit dem die
Verpackung (2) im abgeknickten Zustand fixiert werden kann, vorgesehen ist, ins-
besondere wobei …“ gestrichen.

Die Anspruchsfassung nach Hilfsantrag IV führt das im Patentanspruch 1 ge-
nannte Fixierungsmittel konkret aus („… als Fixierungsmittel einen oder mehrere
Klebepunkte oder Klebestreifen (12), …) und definiert den umgeknickten Teil der
Verpackung als den Vorratsbereich („… und der Vorratsbereich (9) auf das Fi-
xiermittel gefaltet und in dieser gefalteten Lage mittels des Fixiermittels fixiert
wird; …). Die konkreten Fixierungsmittel finden sich auch im Patentanspruch 5
(„ …, dass als Fixierungsmittel ein oder mehrere Klebepunkte oder Klebestreifen
(12) vorgesehen sind, und …“). Die erteilten Patentansprüche 4, 7, 9-11 und 19
sind gestrichen, die verbleibenden Patentansprüche sind in der Nummerierung
und in den Rückbezügen angepasst.

Die Anspruchsfassung nach Hilfsantrag V baut nicht auf Hilfsantrag IV, sondern
wieder auf Hilfsantrag III auf und gestaltet diesen weiter aus. Diese Fassung defi-
niert im Patentanspruch 1 den Übergangsbereich hinsichtlich seiner Lage in der
Verpackung näher und charakterisiert ihn weiter durch eine Sollschwachstelle
(„ …, wobei der Übergangsbereich (8) an einem Endbereich (4, 5) des länglichen
Benetzungsbereiches (3) mündet, in dem Endbereich (4), an dem der Übergangs-
bereich mündet, die Einführspitze (6) des Katheters (1) angeordnet ist, die Verpa-
ckung (2) im Übergangsbereich (8) eine Sollschwachstelle (11; 73) für das Öffnen
- 10 -
der Verpackung (2) aufweist, …“). Der Sollschwachstelle wird auch ein Verfah-
rensschritt zugewiesen („… e) die Verpackung wird anschließend an der Soll-
schwachstelle (11; 73) im Übergangsbereich geöffnet.“). Gleichermaßen weist der
Verwendungsanspruch 5 das den Übergangsbereich hinsichtlich seiner Lage cha-
rakterisierende Merkmal wortgleich auf, nicht aber den Verfahrensschritt des Öff-
nens. Die erteilten Patentansprüche 4, 7, 10-11, 15-17 und 19 sind gestrichen, die
verbleibenden Patentansprüche sind in der Nummerierung und in den Rückbezü-
gen angepasst. Zudem ist im erteilten Patentanspruch 9 die sich dem Ausdruck
„dass“ anschließende Passage „… ein Fixierungsmittel, mit dem die Verpackung
(2) im abgeknickten Zustand fixiert werden kann, vorgesehen ist, insbesondere
wobei …“ gestrichen.

Der gemäß Einspruchsverfahren in Betracht gezogene Stand der Technik liegt
auch dem Beschwerdeverfahren zugrunde. Es handelt sich um Druckschriften und
ein Exponat bzw. eine Benutzungshandlung D19 mit der zugehörigen Dokumenta-
tion (A01-A03):

(D01) US 2006/0196783 A1
(D02) US 2005/0109648 A1
(D03) US 3 967 728
(D04) WO 03/092779 A1
(D05) US 2001/0001443 A1
(D06) WO 99/30761 A1
(D07) WO 97/26937 A1
(D08) EP 1 237 615 B1
(D09) WO 2006/009509 A1
(D10) US 2004/0074794 A1
(D11) WO 01/52763 A1
(D12) EP 1 641 510 B1
(D13) DE 102 13 411 B4 (als P2 im Prüfungsverfahren)
(D14) WO 2005/014055 A2
- 11 -
(D15) JP 2001130634 A
(D16) JP 2000281144 A
(D17) DE 10 2004 043 434 B3
(D18) Gebrauchsinformation „Liquick“ vom 15. Juni 2004 (Art.
Nr. 610012; PZN 2368514)
(D19) Exponat: Katheter der Marke „Liquick“ mit Art. Nr. REF 610012,
Kathergröße/-länge Ch12/40cm, Haltbarkeitsdatum: 2009/03
(wohl im DPMA)
(A01) Fotografie eines Kathetersystems „Liquick“
(A02) Fotografie eines Kathetersystems „Liquick“ mit geöffnetem Vor-
ratsbereich
(A03) Rechnung vom 30. Juli 2004 über den Kauf von „Liquick“ 40 cm
Ch12.

Hinsichtlich des Wortlauts der Patentansprüche und des weiteren Vorbringens der
Beteiligten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die Beschwerden der Einsprechenden und der Patentinhaberin sind frist- und
formgerecht eingelegt worden und zulässig (§ 73 PatG).

Zudem ist auch die Voraussetzung für die Überprüfung des Patents im vorliegen-
den Einspruchsbeschwerdeverfahren erfüllt, denn der vorangegangene Einspruch
der Einsprechenden ist frist- und formgerecht eingelegt und mit Gründen verse-
hen, wobei die Einsprechende in ihren Schriftsätzen auch die für die Beurteilung
der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen tatsächlichen Umstände im Ein-
zelnen so dargelegt hat, dass ohne eigene Ermittlungen daraus abschließende
Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes gezo-
gen werden können.
- 12 -
Die Beschwerde der Einsprechenden hat Erfolg, denn sie führt zum Widerruf des
Streitpatents.

1. Zuständiger Fachmann ist ein mehrjährig im Bereich der Medizintechnik täti-
ger Diplom-Ingenieur mit speziellen Kenntnissen von Verpackungen für derartige
Artikel.

2. Das Streitpatent DE 10 2007 006 905 B4 (im Folgenden: B4-Schrift) betrifft ein
Verfahren zur Benetzung eines hydrophilen Urinal-Katheters innerhalb einer ge-
schlossenen Verpackung des Katheters. Die Erfindung betrifft weiterhin ein Ka-
thetersystem, umfassend
- einen Urinal-Katheter mit einer hydrophilen Beschichtung und
- eine Verpackung, in der der Katheter angeordnet ist, wobei die Verpackung auf-
weist
- einen länglichen Benetzungsbereich, der zumindest einen zu benetzenden Teil
des Katheters enthält, und
- einen Vorratsbereich mit einem Depot für eine Benetzungsflüssigkeit, wobei das
Depot geöffnet werden kann, so dass die Benetzungsflüssigkeit vom Vorratsbe-
reich durch einen Übergangsbereich in den Benetzungsbereich fließen kann
(B4-Schrift: [0001]).

Nachteilig bei den aus dem Stand der Technik bekannten Systemen ist die relativ
große Menge an Benetzungsflüssigkeit, die zum Aktivieren des Katheters benötigt
wird. Die längliche Tasche muss soweit aufgefüllt werden, wie die zum Einführen
in die Harnröhre benötigte Katheterlänge reicht. Die große Menge der sterilen Be-
netzungsflüssigkeit erhöht die Herstellungskosten und das Gewicht des Katheter-
systems, wodurch unter anderem das Mitführen des Kathetersystems für den Pa-
tienten unterwegs beschwerlicher wird (B4-Schrift: [0012]).

Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren zur Benetzung eines hydrophi-
len Katheters innerhalb einer geschlossenen Verpackung des Katheters vorzu-
- 13 -
stellen, welches mit einer geringeren Menge an Benetzungsflüssigkeit auskom-
men kann. Ebenso soll ein Kathetersystem vorgestellt werden, bei welchem die
notwendige Menge an mitgeführter Benetzungsflüssigkeit reduziert ist, ohne die
Benetzungsfähigkeit zu beeinträchtigen (B4-Schrift: [0013]).

3. Die Lösung der Aufgabe erfolgt durch die Gegenstände der zueinander in Ne-
benordnung stehenden Patentansprüche nach erteiltem Patent gemäß Hauptan-
trag sowie nach den Hilfsanträgen I bis V, welche nachfolgend mit Merkmalen ver-
sehen sind.

Hauptantrag:

- Patentanspruch 1:

V1 Verfahren zur Benetzung eines hydrophilen Urinalkatheters (1)
innerhalb einer geschlossenen Verpackung (2) des Katheters
(1),
V2 wobei die Verpackung (2) aufweist
V2.1 einen länglichen Benetzungsbereich (3), der zumindest einen
zu benetzenden Teil des hydrophilen Urinalkatheters (1) ent-
hält, und
V2.2 einen Vorratsbereich (9) mit einem Depot (10) für eine Benet-
zungsflüssigkeit (23),
V2.2.1 wobei das Depot (10) geöffnet werden kann, so dass die
Benetzungsflüssigkeit (23) vom Vorratsbereich (9) durch einen
Übergangsbereich (8) in den Benetzungsbereich (3) fließen
kann,
wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:
V3 a) das Depot (10) wird geöffnet, insbesondere durch Ausüben
eines äußeren Drucks auf das Depot (10) durch die Verpa-
ckung (2);
- 14 -
V4 b) die Benetzungsflüssigkeit (23) fließt aus dem Vorratsbereich
(9) in ein freies Volumen Vfrei des länglichen Benetzungsbe-
reichs (3) und füllt dieses zu maximal 2/3 mit Benetzungsflüs-
sigkeit (23), insbesondere fließt die Benetzungsflüssigkeit (23)
durch Schwerkraft zu einem Ende (5) des länglichen Benet-
zungsbereichs (3), das vom Übergangsbereich (8) abgewandt
ist;
V4.1 wobei das freie Volumen Vfrei das Volumen Vbb des Benet-
zungsbereichs (3) abzüglich des Volumens Vkat des im Benet-
zungsbereich (3) angeordneten Teils des Katheters (1) ist;
V5 c) der Übergangsbereich (8) wird abgedichtet, so dass ein
Rückfluss von Benetzungsflüssigkeit (23) aus dem Benet-
zungsbereich (3) in den Vorratsbereich (9) zumindest weitge-
hend blockiert ist;
V6 d) die Verpackung wird geschwenkt, insbesondere so dass die
Benetzungsflüssigkeit (23) durch Schwerkraft zu einem Ende
(4) des länglichen Benetzungsbereichs fließt, welches dem
Übergangsbereich nahegelegen ist.

- Patentanspruch 6:

K1 Kathetersystem, umfassend
K2 einen Urinalkatheter (1) mit einer hydrophilen Beschichtung
und
K3 eine Verpackung (2), in der der Katheter (1) angeordnet ist, wo-
bei die Verpackung (2) aufweist:
K3.1 einen länglichen Benetzungsbereich (3), der zumindest einen
zu benetzenden Teil des Katheters (1) enthält, und
K3.2 einen Vorratsbereich (9) mit einem Depot (10) für eine Benet-
zungsflüssigkeit (23),
- 15 -
K3.2.1 wobei das Depot (10) geöffnet werden kann, so dass die
Benetzungsflüssigkeit (23) vom Vorratsbereich (9) durch einen
Übergangsbereich (8) in den Benetzungsbereich (3) fließen
kann, und
K4 dass der Übergangsbereich (8) abdichtbar ausgebildet ist, so
dass nach dem Öffnen des Depots (10) ein Rückfluss von Be-
netzungsflüssigkeit (23) aus dem Benetzungsbereich (3) in den
Vorratsbereich (9) weitgehend verhindert werden kann,
dadurch gekennzeichnet, dass
K5 das für das Volumen Vfl der Benetzungsflüssigkeit (23) des De-
pots (10), das Volumen Vbb des Benetzungsbereichs (3) und
das Volumen Vkat des Teils des Katheters (1), welcher im Be-
netzungsbereich (3) angeordnet ist, gilt: Vfl ≤ 2/3 x (Vbb - Vkat),
und bevorzugt Vfl ≤ 1/2 x (Vbb-Vkat).

Für den Verwendungsanspruch 19, der auf die Verwendung des Katheter-
systems nach einem der Ansprüche 6 bis 18 in einem Verfahren nach einem
Ansprüche 1 bis 5 abzielt, ist eine Gliederung in Merkmale nicht erforderlich.

Hilfsantrag I: K1 bis K5 als Verwendung im Verfahren nach V1 bis V6.

Hilfsantrag II: wie Hilfsantrag I mit V5' statt V5 und ergänzend K4.1.

V5' c) anschließend wird der Übergangsbereich (8) umgeknickt und
dadurch abgedichtet, so dass ein Rückfluss von Benetzungs-
flüssigkeit (23) aus dem Benetzungsbereich (3) in den Vorrats-
bereich (9) zumindest weitgehend blockiert ist;
K4.1 wobei die Abdichtung durch ein Abknicken im Übergangsbe-
reich (8) zwischen Vorratsbereich 9 und Benetzungsbereich (3)
erfolgt,

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Hilfsantrag III: wie Hilfsantrag II mit folgenden Ergänzungen:

V2.3 ein Fixierungsmittel,
V5.1 wobei die Verpackung (2) in diesem abgeknickten Zustand mit-
tels des Fixierungsmittels fixiert wird;
K4a dass ein Fixierungsmittel vorgesehen ist,

Hilfsantrag IV: wie Hilfsantrag III mit V2.3' statt V2.3, V5.1' statt V5.1 und ergän-
zend K4.1'.

V2.3' als Fixierungsmittel einen oder mehrere Klebepunkte oder
Klebestreifen (12),
V5.1' und der Vorratsbereich (9) auf das Fixierungsmittels gefaltet
und in dieser gefalteten Lage mittels des Fixierungsmittels fi-
xiert wird;
K4.1' ,dass als Fixierungsmittel ein oder mehrere Klebepunkte oder
Klebestreifen (12) vorgesehen sind, und

Hilfsantrag V: wie Hilfsantrag III und ergänzend V2.4, V7 und K4a.

V2.4 , wobei der Übergangsbereich (8) an einem Endbereich (4, 5)
des länglichen Benetzungsbereiches (3) mündet, in dem End-
bereich (4), an dem der Übergangsbereich (8) mündet, die
Einführspitze (6) des Katheters angeordnet ist, die Verpackung
(2) im Übergangsbereich (8) eine Sollschwachstelle (11; 73) für
das Öffnen der Verpackung (2) aufweist, und
V7 die Verpackung wird anschließend an der Sollschwachstelle
(11; 73) im Übergangsbereich geöffnet
K4a , wobei der Übergangsbereich (8) an einem Endbereich (4, 5)
des länglichen Benetzungsbereiches (3) mündet, in dem End-
bereich (4), an dem der Übergangsbereich (8) mündet, die
- 17 -
Einführspitze (6) des Katheters angeordnet ist, die Verpackung
(2) im Übergangsbereich (8) eine Sollschwachstelle (11; 73) für
das Öffnen der Verpackung (2) aufweist, und

4. Die erteilte Anspruchsfassung geht – in der Sache unstreitig – zulässig auf die
Anmeldeunterlagen zurück, denn der Patentanspruch 1 findet seine Offenbarung
in den Patentansprüchen 1 und 5 vom Anmeldetag und der Patentanspruch 6
fasst bei im Vergleich unverändertem Wortlaut den kennzeichnenden Teil enger.
Die Unteransprüche 2 bis 4 und 7 bis 19 entsprechen den ursprünglich einge-
reichten Patentansprüchen, während der Unteranspruch 5 die verbliebenen, nicht
in den Patentanspruch 1 aufgenommenen Merkmale aufweist.

Der mit Hilfsantrag I verbundene Kategoriewechsel des Patentanspruchs 6 ist zu-
lässig in Patentanspruch 19 vom Anmeldetag und vom erteilten Patent offenbart.

Soweit der Hilfsantrag II die Patentansprüche 1 und 5 mit den Merkmalen V5' und
K4.1 den Hilfsantrag I dahingehend abändert, dass die Abdichtung durch ein Um-
oder Abknicken der Verpackung im Übergangsbereich erfolgt, sind diese Merk-
male in den Unterlagen vom Anmeldetag und im erteilten Patent offenbart (Erst-
unterlagen: Patentanspruch 4 und S. 7 Z. 28-29, S. 9 Z. 4-10; B4-Schrift: Pa-
tentanspruch 4 und [0029] und [0031]).

Zwar ist nach Auffassung der Einsprechenden das Merkmal V5' ab Hilfsantrag II
unzulässig erweitert, weil aus dem erteilten Patentanspruch 4 nicht hervorgehe,
dass Schritt c) nach Schritt b) erfolge, die beanspruchte Reihenfolge ergibt sich
jedoch unmissverständlich aus den Abs. [0066] - [0068] der B4-Schrift bzw. aus
den wortgleichen ursprünglichen Unterlagen (vgl. a. a. O.: S. 15 Z. 20 – S. 16
Z. 9).

Eine mit den Hilfsanträgen III und IV beanspruchte weitere Ausgestaltung des
Hilfsantrags II in Form des Fixierungsmittels als Klebepunkte oder Klebestreifen
- 18 -
sowie das Falten des Vorratsbereiches auf das Fixierungsmittel nach Hilfsan-
trag IV (Merkmale V2.3, V5.1, K4a, V2.3', V5.1', K4.1') ist im ursprünglichen wie
im erteilten Patentanspruch 9 in Zusammenschau mit den zugehörigen Passagen
in der Beschreibung offenbart (vgl. Erstunterlagen: S. 9 Z. 28-31, S. 16 Z. 11-12;
B4-Schrift: [0033] Z. 3-6, [0069] Z. 1-2).

Die Einsprechende sieht das Aufreißen an der Sollschwachstelle (Merkmale V2.4,
V7, K4a) nach Hilfsantrag V unter Verweis auf den ursprünglichen und den erteil-
ten Patentanspruch 17 nur zusammen mit der Entnahme des Katheters offenbart.
Allerdings koppeln die ursprüngliche ebenso wie die erteilte Fassung des Streit-
patents diese beiden Vorgänge nicht zwingend aneinander (vgl. Erstunterlagen:
S. 14 Z. 31 – S. 15 Z. 2, S. 18 Z. 15-16; B4-Schrift: [0062] Z. 2-6, [0078] Z. 7-10).

Die Gegenstände der Hilfsanträge I bis V gehen somit nicht über das erteilte Pa-
tent (B4-Schrift) hinaus.

5. Die Erfindung ist ausführbar offenbart.

Soweit die Einsprechende deren Ausführbarkeit in Frage stellt, weil nach Merkmal
V4 für den Füllstand der Benetzungsflüssigkeit nur ein oberer Grenzwert gegeben
ist und nach unten hin keine Grenze vorliegt, so dass beliebig wenig Benet-
zungsflüssigkeit verwendet werden kann, stellt sie selbst fest, dass ein Mindest-
füllstand an Benetzungsflüssigkeit vorhanden sein muss, um die Benetzung des
Katheters zu gewährleisten. Da aber eine untere Grenze nicht angegeben ist,
mangele es allen beantragten Verfahren mit den Merkmalen V1 und V4 an Aus-
führbarkeit über den gesamten beanspruchten Schutzbereich. Sie seien auf Grund
mangelnder Ausführbarkeit gemäß § 21, Abs. 1, 2. Alternative PatG, nicht zuläs-
sig.

Eine Erfindung ist ausführbar offenbart, wenn der Fachmann ohne erfinderisches
Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Pa-
- 19 -
tentanspruchs auf Grund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung
mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu
verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (BGH, Urteil vom
4. Oktober 1979 – X ZR 3/76, GRUR 1980, 166, 168 – Doppelachsaggregat; Urteil
vom 11. Mai 2010 – X ZR 51/06, GRUR 2010, 901 Rn. 31 – Polymerisierbare Ze-
mentmischung). Eine Erfindung ist daher grundsätzlich bereits dann hinreichend
offenbart, wenn sie dem Fachmann mindestens einen Weg zur Ausführung auf-
zeigt (BGH, Beschluss vom 11. September 2013 – X ZB 8/12, GRUR 2013, 1210
Rn. 15 - Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren).

Mit der Angabe der maximalen Füllstandshöhe ist dem Fachmann damit ausrei-
chend Information über das benötigte Volumen an Benetzungsflüssigkeit gegeben,
um die Erfindung im überwiegenden Teil verwirklichen zu können. Weiter ist zu
berücksichtigen, dass sich aus dem beanspruchten Verfahren bereits inhärent
eine Minimalfüllmenge von größer null ergibt. Schließlich führt die B4-Schrift aus,
dass bereits eine besonders kleine Menge an Benetzungsflüssigkeit ausreicht,
wenn die Verpackung hin- und hergeschwenkt wird (B4-Schrift: [0028]). Ein
Fachmann wird mit den dargelegten Angaben in die Lage versetzt, zu bestimmen,
welche Mengen an Benetzungsflüssigkeit notwendig sind, um eine auseichende
Aktivierung der hydrophilen Beschichtung zu gewährleisten.

6. Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschli-
chen oder tierischen Körpers sind von der Patentierung ausgeschlossen (§ 21,
Abs. 1, 1. Alternative i. V. m. § 2a, Abs. 1, 2. Fall, 1. Alternative und § 1, Absatz 1,
PatG).

Ein solches Verfahren ist in Patentanspruch 1 mithin nicht beansprucht. Soweit
das Einführen eines Katheters als chirurgischer Verfahrensschritt aufzufassen ist,
beansprucht der Unteranspruch 2 lediglich die Zeitdauer, bevor der Katheter aus-
gepackt und in die Harnröhre eingeführt wird, weshalb er die einleitenden Maß-
nahmen, nicht aber die Behandlung selbst, insbesondere das Einführen des Ka-
- 20 -
theters in die Harnblase, unter Schutz stellt. Wenn die Einsprechende im Pa-
tentanspruch 1 nur ein Verfahren mit Katheterisierung erkennen möchte, das jeder
Fachmann inhärent mitlese, geht dieses Mitlesen über den Wortlaut und -sinn des
Patentanspruchs 1 i. V. m. Patentanspruch 2 hinaus.

Auch die gewerbliche Anwendbarkeit der erfindungsgemäßen Gegenstände nach
§ 1 Abs. 1 PatG ist anzuerkennen.

7. Einige Merkmale der geltenden Anspruchsfassungen bedürfen der Auslegung.

a. Soweit mit den Merkmalen V2.1, V2.2.1 und K3.2.1 die Benetzungsflüssigkeit
von dem Vorratsbereich unter Zwischenschaltung des Übergangsbereichs in den
Benetzungsbereich fließt, handelt es sich um flüssigkeitsgängig aufeinander fol-
gende Bereiche. Weder der Übergangsbereich noch der „längliche“ Benetzungs-
bereich sind raumkörperlich weiter definiert. Ebenso ist nicht festgelegt, ob über
das gesamte Volumen des Übergangsbereichs abgedichtet wird (vgl. V5, K4).
Beide Bereiche sind daher nicht voneinander abgegrenzt.

b. Da die Volumina des Benetzungsbereiches und des Übergangsbereiches
überlappen und die Bereiche von der „länglichen“ Ausbildung des Benetzungsbe-
reichs abgesehen, beliebig ausgestaltet sind, handelt es sich bei der Bemes-
sungsregel nach den Merkmalen V4/V4.1/K5 um keine starre Regel, die eine ab-
solute Obergrenze oder ein Minimalvolumen für die Benetzungsflüssigkeit festlegt.
Sie gibt lediglich an, dass das aus Benetzungs- und Übergangsbereich gebildete
Volumen zu maximal 2/3 mit Benetzungsflüssigkeit gefüllt werden soll. Eine Un-
tergrenze für das Volumen der Benetzungsflüssigkeit ist ohnehin nicht angegeben.
Da gerade die Untergrenze erst durch Ausprobieren festzustellen ist, erschließt
sich die Bemessungsregel dem Fachmann allenfalls in der Weise, dass er die
Flüssigkeitsmenge soweit minimieren soll, dass eine vollständige Benetzung des
einzuführenden Katheterschaft(teils) noch möglich ist. Dies stellt jedoch nichts an-
deres dar als die in [0013] der B4-Schrift definierte Aufgabe der Erfindung. Die
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Füllhöhe ist dabei so ausgelegt, dass genug flüssigkeitsfreier Raum für ein Ver-
schwenken verbleibt.

c. Das Verfahren umfasst nach V2.2.1 die Schritte a) bis d). Die Schritte a) und
b) müssen denklogisch aufeinander folgen, während die Reihenfolge der sich an-
schließenden Schritte c) und d) nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 belie-
big ist.

d. Bei den Merkmalen V5, K4 ist zwischen einem Verfahren, bei dem der Über-
gangsbereich (gezielt) abgedichtet wird (V5), und einer Vorrichtung, bei der eine
solche Abdichtung möglich ist („abdichtbar“; K4), zu unterscheiden. Soweit mit K4
das Abdichten funktional formuliert ist und in Absatz [0019] der B4-Schrift von ei-
ner manuellen Abdichtung etwa durch Abklemmen gesprochen wird, fällt auch ein
Abpressen von Hand darunter.

8. Die Gegenstände der zueinander in Nebenordnung stehenden Patentansprü-
che 1, 6 und 19 des erteilten Patents beruhen zumindest nicht auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit.

a. Vor die erfindungsgemäße Aufgabe gestellt, ein Verfahren zur Benetzung ei-
nes hydrophilen Katheters innerhalb einer geschlossenen Verpackung des Ka-
theters vorzustellen, welches mit einer geringeren Menge an Benetzungsflüssig-
keit auskommen kann, wird sich der Fachmann solchen gattungsgemäßen Druck-
schriften zuwenden, die diese Flüssigkeitsminimierung thematisieren. Im Blick des
Fachmanns liegt damit die Lösung der US 2001/0001443 A1 (D05), die vor der-
selben Aufgabe wie das Streitpatent steht (vgl. D05: [0024] Z. 1-2) und sich mit
einer Harnkatheteranordnung befasst, wobei der Katheter mit hydrophiler Oberflä-
che in einer Verpackung 7 mit einem länglichen Benetzungsbereich 11 für den
Katheter 1 angeordnet ist (vgl. D05: Abstract). Die Packung ist flexibel ausgebildet
(vgl. D05: S. 5 [0067] le. 3 Z.). Gemäß Fig. 20 ist eine Abdichtung (Klemme 75) im
Übergangsbereich zwischen dem länglichen Benetzungsbereich und dem Vor-
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ratsbereich mit Depot vorgesehen. Dabei bewirkt die Klemme durch Aneinander-
drücken der Behälterwände eine Abdichtung zwischen dem Flüssigkeitscompart-
ment und dem länglichen Benetzungsbereich (D05: [0072]). Nach Entfernen der
Klemme 75 wird das Benetzen der hydrophilen Oberfläche des Katheters 77 er-
möglicht, was durch Druck auf den Benetzungsmittelbehälter geschieht (Merkmale
V1-V3; K1-K3.2.1).

Will der Fachmann die Wassermenge und damit das Gewicht und die Kosten für
das Kathetersystem weiter reduzieren, wird er zunächst die im Stand der Technik
bekannten Lösungsmöglichkeiten in Betracht ziehen, nämlich die Menge an Flüs-
sigkeit im Reservoir und damit dessen Größe und Gewicht möglichst gering zu
halten, was eine nur unvollständige Benetzung erlaubt, die sich in geläufiger und
bekannter Weise durch Schwenken der Packung kompensieren lässt (vgl. gut-
achtlich D2: [0039], D10: [0024], D14: S. 3 Z. 25-32; Merkmal V6). Dabei ist ihm
aufgrund seines Fachwissens bewusst, dass die Benetzung mit einer geringen
Menge an Benetzungsflüssigkeit dann besonders erfolgreich verläuft, wenn das
Benetzungsvolumen möglichst gering ist. Er wird bereits deshalb Maßnahmen
treffen, die den Depotbereich vom Übergangs-/Benetzungsbereich trennen. Selbst
wenn dem Fachmann diese selbstverständlichen Kenntnisse nicht gewahr sind,
leitet ihn die Abb. 14 der D05 bezüglich des Einsatzes eines kleinen Flüssigkeits-
depots im Sinne der Merkmale V4/V4.1/K5 in die erfindungsgemäße Richtung.
Ebenso explizit ist nach den Fig. 27-28 der D05 der Flüssigkeitscontainer 105
drehbar zwischen ersten und zweiten Positionen ausgebildet, wodurch die Flüs-
sigkeitszufuhr vom Container in den Benetzungsbereich wahlweise freigegeben
oder blockiert wird (vgl. D05: auch [0077] und Anspruch 37; vgl. Merkmale K5,
V5). Das Abdichten des Übergangsbereichs nach Ausgabe der Flüssigkeit in den
Benetzungsbereich durch Drehung zwischen der „end wall 104“ und dem Reser-
voir 105 nach Fig. 27-28 der D05 wird ihm dabei unmittelbar nahegelegt, da sonst
die Flüssigkeit in das eher steif ausgebildete Reservoir zurückläuft und nicht dem
gewünschten Zweck dient. Somit ergeben sich die Merkmale V4 bis V6 und K4 bis
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K5 der Patentansprüche 1, 6 und damit auch des Patentanspruchs 19 ohne erfin-
derisches Zutun.

Soweit die Patentinhaberin den mit der Druckschrift D05 im Verfahren befindlichen
Stand der Technik diskutiert, sieht auch sie einen Urinalkatheter mit hydrophiler
Beschichtung verwirklicht, der mittels einer Benetzungsflüssigkeit aktiviert werden
kann. Wie die Einsprechende nimmt sie hauptsächlich Bezug auf die Ausfüh-
rungsformen gemäß den Fig. 19 und 20, wonach zwischen Behälter 71 (Depot)
und Katheter 77 eine Klammer 75 sitzt, die die Wände der Katheterpackung 76
zusammendrückt und eine Abdichtung zwischen dem oberen und unteren Bereich
der Verpackung bewirkt. Die Aktivierung erfolge durch Entfernen der Klammer 75,
so dass die Benetzungsflüssigkeit in den Katheterhohlraum 74 hineinfließen kann
(vgl. D05: [0072]). Hinsichtlich der Flüssigkeitsmenge im Behälter 71 und des
freien Volumens des Katheterhohlraums 74 sei nichts ausgesagt und die Figuren
ließen vermuten, dass das Volumen ausreicht, um eine Flüssigkeitssäule zu er-
zielen, die den gesamten Katheter benetzt. Die als Originalitätsverschluss die-
nende Klammer erlaube zudem keine Wiederverwendbarkeit. Damit seien die
Merkmale V4, V4.1, V6, K4 und K5 nicht erfüllt. Nach den obigen Ausführungen
können die Einwände der Patentinhaberin, welche die D05 nicht in ihrer Gesamt-
heit berücksichtigen insoweit nicht überzeugen.

9. Die auf ein Verfahren und eine Verwendung gerichteten nebengeordneten
Patentansprüche nach den Hilfsanträgen I bis V sind gleichermaßen nicht be-
standsfähig.

a. Aus den vorstehend angegebenen Gründen zur fehlenden erfinderischen
Tätigkeit des erteilten Verfahrensanspruchs 1 beruht auch der die Schritte des
Verfahrensanspruchs inkludierende Verwendungsanspruch 5 nach Hilfsantrag I
nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

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b. Gleiches gilt für die nebengeordneten Patentansprüche nach Hilfsantrag II, die
nun die Abdichtung des Vorratsbereichs durch Abknicken beanspruchen (Merk-
male V5‘, K4.1). Ausgehend von der komplexen Absperrvorrichtung nach den
Fig. 27 bis 28 der D05 wird sich der Fachmann um eine einfache und billig her-
stellbare Lösung zur Trennung von Depot- und Übergangs- bzw. Benetzungsvo-
lumen bemühen. Eine alternative Art der Sicherung ist in der D05, mit den Fig. 19-
20 bereits durch Abklemmen verwirklicht, was den Drehmechanismus erübrigt. Mit
dieser Anregung ergeben sich für den Fachmann bereits aufgrund seines Fach-
könnens weitere und gängige alternative Möglichkeiten der Trennung von länglich
bzw. schlauchartig gebildeten Volumina wie z.B. das Knicken, um den Wasserfluß
zu unterbrechen. Dieses Knicken wird zudem in den gattungsgemäßen Druck-
schriften D09 und D17 gelehrt. Dabei zeigt die D09 in Fig. 1 eine Ausgestaltung,
bei welcher der Depotbereich nach Befestigung der Verpackung mittels Klebe-
punkt 24 automatisch und gravitätsgetrieben umknickt und damit vom Benet-
zungsbereich getrennt wird (D09: Fig. 1 i. V. m. S. 5 Z. 16 bis S. 6 Z. 34), während
die Druckschrift D17, die nur in beispielhafter Ausgestaltung den Benetzungsraum
total flutet (D17: S. 3 li. Sp. Z. 6), allgemeine Maßnahmen wie das Falten unter-
breitet, um länglich ausgebildete Volumina voneinander zu trennen. Ein mit dem
Umknicken verbundener zusätzlicher oder besonderer Effekt ist weder ersichtlich
noch wurde er geltend gemacht.

c. Dass das Abknicken eines schlauchartigen Gebildes abhängig von dessen
Elastizität eine Fixierung (Merkmale V2.3, V5.1, K4a) erfordern kann, wie es die
nebengeordneten Patentansprüche nach Hilfsantrag III fordern, ist dem Fachwis-
sen des Fachmanns zuzurechnen. Auch die Fixierung wird in der D17 gelehrt (vgl.
D17: [0036] Z. 7-8 „Aufschiebeklammer und andere Schließmittel“) und sie ist in
der D09 bereits Gegenstand der Ausbildungsform vor dem Gebrauch des Kathe-
ters (D09: Fig. 1).

d. Ebenfalls dem Grundwissen des Fachmanns zuzurechnen ist die Verwendung
von Klebepunkten oder –streifen als Fixiermittel (Merkmale V2.3‘, K4.1‘), wie sie
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die nebengeordneten Patentansprüche nach Hilfsantrag IV beanspruchen. Solche
bereits dem Standardrepertoir des Fachmanns zuzurechnenden Mittel der Befes-
tigung werden zudem in gattungsgemäßen Verpackungseinheiten bereits zum
Einsatz gebracht (vgl. D09: Fig. 2).

e. Die nebengeordneten Patentansprüche nach Hilfsantrag V sind neben dem
Fixieren der Verpackung im abgeknickten Zustand zusätzlich dadurch beschränkt,
dass die Einführspitze des Katheters nahe des Übergangsbereichs angeordnet ist
und ferner, dass die Verpackung in diesem Übergangsbereich eine Sollschwach-
stelle aufweist. Beide Ausbildungen finden sich in gattungsmäßen Kathertverpa-
ckungen verwirklicht. So zeigt die D09 in den Fig. 4-5 diese Ausbildungen, und
auch die D06 lehrt Sollschwachstellen 8, 9, 14, 15 sowohl am unteren wie am obe-
ren Ende der länglichen Verpackung, dabei unterhalb des Depots 20 anordnet.
Damit erschöpfen sich diese über die Fixierung des Vorratsbereichs hinausgehen-
den Merkmale V2.4, V7 und K4a nach Hilfsantrag V in Ausbildungen, die nach
dem Stand der Technik im Belieben des Fachmanns stehen.

10. Die Gegenstände der erteilten Unteransprüche sind von den Parteien, soweit
sie keinen Eingang in die nebengeordneten Patentansprüche nach den Hilfsanträ-
gen I bis V gefunden haben, nicht weiter diskutiert worden. Sie vermögen jedoch
nicht zur Patentfähigkeit beizutragen.

So ist die mit Unteranspruch 2 beanspruchte Einwirkzeit für die Benetzungsflüs-
sigkeit auf den hydrophilen Katheter bereits aus D10 bekannt (vgl. D10: [0017])
und eine markierte Biegelinie nach Unteranspruch 7 für das Umknicken in D09
beschrieben (D09: S. 9 Z. 8; „folding line“). Wenn mit Unteranspruch 8 zusätzliche
Abdichtungsmaßnahmen, die die Dichtigkeit des umgeknickten Teils unterstützen,
beansprucht sind, handelt es sich um aus dem Verpackungsbereich für den Ver-
schluss bekannte Techniken, die dem Fachmann ohne erfinderisches Zutun ge-
läufig sind. Ein Stopfen nach Unteranspruch 10 zum Verschließen des Reservoirs
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ist in D05 gezeigt (vgl. D05: Fig. 24). Auch das Versehen des Übergangsbereichs
mit einem (Rückschlag)Ventil nach Unteranspruch 11 findet sich im Stand der
Technik angeregt (vgl. D17: [0020]). Gleichermaßen ist die vollständige Anord-
nung des Katheters im Benetzungsbereich nach Unteranspruch 12 im Stand der
Technik bekannt (vgl. D17: Fig. 4). Integrale und separate Depots für die Benet-
zungsflüssigkeit nach den Unteransprüchen 13-14 werden bereits in D05 gezeigt
(vgl. D05: Fig. 1, 20, 27-28), ebenso wie das Münden des Übergangsbereichs an
einem Endbereich des länglichen Benetzungsbereichs nach Unteranspruch 15
(vgl. D05: Fig. 1). Eine Einführhilfe nach Unteranspruch 18 ist u.a. in D07 be-
schrieben (vgl. D07: S. 12 Z. 1-9).

Nach alledem ergeben sich die Gegenstände nach Hauptantrag, nach den Hilfs-
anträgen I bis V und nach den Unteransprüchen für den Fachmann in naheliegen-
der Weise aus dem Stand der Technik (§ 4 PatG). Das Streitpatent war danach zu
widerrufen.


III.

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten – vorbe-
haltlich des Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere
einer Beschwer – das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die
Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird,
dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
- 27 -
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a,
76133 Karlsruhe, einzureichen.


Feuerlein Hermann Zimmerer Freudenreich

prö


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