14 W (pat) 6/16  - 14. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




14 W (pat) 6/16
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung DE 10 2008 046 537.2









hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 6. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dipl.-Phys. Dr. Maksymiw, des Richters Schell, der Richterin
Dipl.-Chem. Dr. Münzberg sowie des Richters Dipl.-Chem. Dr. Jäger

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beschlossen:

1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A21C des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 17. November 2015 wird
aufgehoben.

2. Das Patent wird mit folgenden Unterlagen erteilt:
Patentanspruch 1 vom 21. Februar 2017 sowie Patentansprü-
che 2 bis 8 gemäß Offenlegungsschrift,
Beschreibung Seiten 2 bis 4 gemäß Offenlegungsschrift sowie
Figuren 1 und 2 gemäß Offenlegungsschrift.


G r ü n d e

I.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17. November 2015 hat die Prüfungsstelle
für Klasse A21C des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung
mit der Bezeichnung

„Verfahren zur Kennzeichnung von Teiglingen ohne Verkleben
derselben an einem Prägestempel“

zurückgewiesen.

Die Zurückweisung der Patentanmeldung ist im Wesentlichen damit begründet,
dass der Anmeldungsgegenstand gegenüber der Druckschrift

D1 EP 1 477 066 B1
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unter Einbeziehung des allgemeinen Fachwissens nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelder, die ihr Patent-
begehren mit dem Patentanspruch 1, eingereicht mit Schriftsatz vom 21. Feb-
ruar 2017 sowie den Patentansprüchen 2 bis 8 gemäß Offenlegungsschrift weiter-
verfolgen. Der geltende Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

„1. Verfahren zur Kennzeichnung von Teiglingen
a) mit einem Brandzeichen, insbesondere einem Buchstaben, einer Zahl
und/oder einer Grafik, unter Verwendung eines Prägestempels,
b) von dessen Stempelfläche mindestens eine Type mit dem spiegelbild-
lich geformten Brandzeichen vorsteht,
dadurch gekennzeichnet, dass
c) die Type des Prägestempels (1) auf eine Temperatur von 300° bis
450°C erhitzt wird,
d) die Type (2) in den Teigling (4) vor seinem Gären unter Ausbildung
einer Einschnittstelle (6) eindringt und
e) die von der Type (2) als Brandzeichen geprägte Einschnittstelle (6)
des Teiglings (4) angebacken wird.“

Zur Begründung ihrer Beschwerde tragen die Anmelder im Wesentlichen vor, dass
in der Entgegenhaltung D1 sowohl die Beschreibung als auch die Anspruchsfas-
sung den im Stand der Technik üblichen und von der Fachwelt bisher eingeschla-
genen Weg beschreibe, wonach Teiglinge zu deren Kennzeichnung nach dem
Gären mit einem erwärmten Stempel beaufschlagt würden. Bei der Entgegenhal-
tung D2 handle es sich um allgemeinen Stand der Technik, deren weit zurücklie-
gender Zeitrang bereits ein Beweisanzeichen dafür sei, dass die Bereitstellung
des anmeldungsgemäßen Verfahrens auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Demzufolge liefere keine der zitierten Entgegenhaltungen Anregungen, die ein
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Verfahren mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1 nahelegen wür-
den.

Die Anmelder stellen sinngemäß den Antrag,

den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und ein Patent auf der
Grundlage des Patentanspruchs 1 vom 21. Februar 2017 sowie
der Patentansprüche 2 bis 8 gemäß Offenlegungsschrift zu ertei-
len.

Im Rahmen des Prüfungsverfahrens wurde neben der im Zurückweisungsbe-
schluss genannten Druckschrift D1 noch die Druckschrift DE 1 252 603 B (= D2)
berücksichtigt.

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der Patentansprüche 2
bis 8, wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die Beschwerde ist zulässig und führt zu dem im Tenor angegebenen Ergebnis.


1. Die geltenden Ansprüche sind zulässig. Die geltenden Patentansprüche 1
bis 8 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 8 im Wortlaut, mit der
Ausnahme, dass im geltenden Patentanspruch 1 eine sprachliche Korrektur vorge-
nommen wurde. So wurde der im ursprünglichen Anspruch 1 verwendete Halbsatz
„...die Type (2) in den Teigling (4) vor seinem Gären die Type (2) des Prägestempels (1)
unter Ausbildung einer Einschnittstelle (6) eindringt…“, in sprachlicher Hinsicht dadurch
verdeutlicht, dass der Ausdruck „die Type (2) des Prägestempels (1)“ darin gestrichen
wurde.
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2. Das Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 mit den Merkmalen,

1. Verfahren zur Kennzeichnung von Teiglingen mit einem Brandzeichen,
insbesondere einem Buchstaben, einer Zahl und/oder einer Grafik,
unter Verwendung eines Prägestempels,
2. von dessen Stempelfläche mindestens eine Type mit dem spiegelbild-
lich geformten Brandzeichen vorsteht,
3. wobei die Type des Prägestempels (1) auf eine Temperatur von 300°C
bis 450°C erhitzt wird,
4. die Type (2) in den Teigling (4) vor seinem Gären unter Ausbildung
einer Einschnittstelle (6) eindringt und
5. die von der Type (2) als Brandzeichen geprägte Einschnittstelle (6) des
Teiglings (4) angebacken wird,

ist neu.

Zur sicheren und leicht erkennbaren Markierung von Backwaren offenbart die D1
ein Verfahren, bei dem der Außenfläche des Teiglings vor dem Backen ein Stem-
pel aufgedrückt wird (vgl. D1, Anspruch 1). In der Ausführungsform der D1 wird
die Markierung des Teiges ausdrücklich nach der Gärung und damit entsprechend
der Lehre der D1 noch vor dem Backvorgang durchgeführt (vgl. D1, Abs. [0008]
und Anspruch 2). Ein anderer, ebenfalls vor dem Backvorgang möglicher Zeit-
punkt für die Markierung der Teiglinge wird in der D1 dagegen weder angespro-
chen, noch ist ein solcher der D1 unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, da die
in der D1 expressis verbis beschriebene Markierung nach der Gärung der fachüb-
lichen Vorgehensweise entspricht, so dass der Fachmann keinen anderen Zeit-
punkt für die Markierung von Backwaren in der D1 mitliest (vgl. BGH GRUR 2009,
382, 1. und 2. Ls – Olanzapin). Hinzu kommt, dass in der D1 für die Prägung der
Teiglinge die das Kennzeichen bildende Stempelfläche verwendet wird, wohinge-
gen im anmeldungsgemäßen Verfahren hierfür eine oder mehrere von der Stem-
pelfläche vorstehende Type(n) mit dem spiegelbildlich geformten Brandzeichen
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verwendet wird (vgl. D1, Anspruch 1 i. V. m. Abs. [0004]). Demzufolge offenbart
die D1 kein Verfahren mit den anmeldungsgemäßen Merkmalen 2 und 4.

Die Druckschrift D2 ist mit einer Stempelvorrichtung, insbesondere für Brotteig-
formlinge befasst, die sich durch ihre teigabweisende Eigenschaft auszeichnet
(vgl. D2, Anspruch). Eine Erhitzung des Prägestempels wird in der D2 als nachtei-
lig erachtet, weshalb in der D2 keine Temperatur offenbart wird, auf die die darin
beschriebene Stempelvorrichtung erwärmt oder erhitzt werden soll bzw. muss (vgl.
D2, Sp. 1, Z. 32 bis 36). Eine Erwärmung des Prägestempels entsprechend dem
anmeldungsgemäßen Merkmal 3 wird in der D2 daher nicht beschrieben.


3. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 beruht zudem auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit.

Die Anmeldung führt einleitend aus, dass bei den im Stand der Technik bekannten
Verfahren zum Markieren von Backwaren durch die Beaufschlagung der Teiglinge
mit einer erhitzten Stempelfläche Teiglingsreste an der Stempelfläche oder den
von der Stempelfläche vorstehenden Typen verbleiben. Als nachteilig wird an den
herkömmlichen Verfahren ferner erachtet, dass die durch das vollflächige Aufdrü-
cken der Stempelfläche auf die Außenfläche des Teiges erzeugten Zeichen nach
dem Backschritt keine Konturenschärfe aufweisen (vgl. DE 10 2008 046 537 A1,
Abs. [0002 bis 0007]).

Ausgehend davon, liegt der Anmeldung die Aufgabe zugrunde ein Verfahren zum
Kennzeichnen von Backwaren bereitzustellen, welches das Verkleben von Teig-
lingsresten auf der Stempelfläche des Prägestempels vermeidet, die Verweilzeit
des Prägestempels auf der Außenfläche des Teiglings verringert und die ganzflä-
chige Berührung der Außenfläche des Teiglings mit der erhitzten Stempelfläche
vermeidet, um so ein Brand- oder Backzeichen mit hoher Formtreue und Kontu-
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renschärfe zu erhalten (vgl. DE 10 2008 046 537 A1, Abs. [0001] i. V. m. [0008 bis
0010]).

Die Aufgabe wird durch das Verfahren des Patentanspruchs 1 mit den anmel-
dungsgemäßen Merkmalen 1 bis 5 gelöst. Die anmeldungsgemäße Lösung der
Aufgabe wird durch den zitierten Stand der Technik nicht nahegelegt.

Aus der Druckschrift D1 erfährt der Fachmann, dass es für die Konturenschärfe
bei der Kennzeichnungen von Backwaren darauf ankommt, die Stempelfläche
soweit zu erwärmen, dass die Teigoberfläche an den Berührungsstellen verändert,
insbesondere angebacken wird. Die D1 empfiehlt hierfür die Stempelfläche auf
150 bis 300°C zu erwärmen (vgl. D1, Ansprüche 1 und 3 i. V. m. Abs. [0006]).
Eine Erhitzung des Prägestempels auf mehr als 300°C, entsprechend dem anmel-
dungsgemäßen Merkmal 3, regt die D1 damit nicht an. Anders als beim anmel-
dungsgemäßen Verfahren wird in der D1 ferner der Zeitpunkt der Kennzeichnung
als unkritisch angesehen und dieser daher nur mit der allgemeinen Formulierung
„vor dem Backen“ angegeben. Damit mag die D1 dem Fachmann zwar die Mög-
lichkeit eröffnen, die Kennzeichnung der Backwaren vor oder nach dem Gären
durchzuführen. Die einzige Ausführungsform der D1 weist den Fachmann jedoch
darauf hin, dass eine Markierung der Backwaren nach der Gärung besonders vor-
teilhaft ist. Anregungen, die in Richtung des anmeldungsgemäßen Merkmals 4
weisen, findet der Fachmann in der D1 somit ebenfalls nicht (vgl. D1, Anspruch 2
i. V. m. Abs. [0006 bis 0008]).

Ausgehend von der D1 wird der Fachmann weiteren Stand der Technik zu Rate
ziehen, um die Kennzeichnung von Backwaren weiter zu verbessern. Dabei wird
der auf die Druckschrift D2 stoßen, die er trotz ihres lange zurückliegenden Zeit-
ranges berücksichtigt, da sie aus dem ihm bekannten Fachgebiet stammt. Durch
den darin enthaltenen Hinweis, dass das Prägen oder Stüpfeln vor dem Gär- und
Backprozess oft zum Verschwimmen der Markierung führt, wird er der in D1 als
vorteilhaft beschriebenen Markierung von Backwaren nach der Gärung weiterhin
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den Vorzug geben und eine Markierung vor der Gärung daher nicht in Betracht
ziehen (vgl. D2, Sp. 1, Z. 19 bis 24). Eine Zusammenschau der Druckschriften D1
und D2 liefert dem Fachmann darüber hinaus keine Anregung, den Prägestempel
auf mehr als 300°C zu erhitzen, da der Einsatz von Hitze in der D2 aufgrund des
dafür erforderlichen finanziellen und technischen Aufwands als nachteilig erachtet
wird.

Das Verfahren zur Kennzeichnung von Teiglingen nach Patentanspruch 1 weist
folglich alle Kriterien der Patentfähigkeit auf. Der Anspruch ist daher gewährbar.


4. Mit dem Patentanspruch 1 sind auch die besondere Ausführungsformen
des anmeldungsgemäßen Verfahrens betreffenden Patentansprüche 2 bis 8
gewährbar.

Da folglich im antragsgemäßen Sinn entschieden werden konnte, hat der Senat
die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als nicht erforderlich erachtet.
Die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses der Prüfungsstelle für Klas-
se A21C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. November 2015 war
daher im schriftlichen Verfahren zu beschließen.


5. Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Verfahrensbeteiligten das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat,
ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

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1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin
oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beim Bun-
desgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht werden.


Dr. Maksymiw Schell Dr. Münzberg Dr. Jäger


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