14 W (pat) 4/13  - 14. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



14 W (pat) 4/13
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
30. Mai 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2005 033 769



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hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 30. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Maksymiw, des Richters Schell sowie der Richterinnen Dr. Münzberg
und Dr. Wagner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. September 2012 hat die Patentabtei-
lung 45 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent 10 2005 033 769 mit
der Bezeichnung

„Verfahren und Vorrichtung zur Mehrkathoden-PVD-Beschichtung
und Substrat mit PVD-Beschichtung“

widerrufen.
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Der Widerruf des Patents wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Ge-
genstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit beruhe. Aus der Druckschrift

E12 W.-D. Münz et al., Surface Engineering, 2001, Vol. 17,
Seiten 15 bis 27

seien dem Fachmann sogenannte Übergitterstrukturen mit hoher Härte und guter
Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit bekannt, deren Herstellung durch das
bekannte „arc bond sputtering“ (ABS)-Verfahren erfolge. Zur Erhöhung der Haft-
festigkeit der Beschichtung werde dabei in einer Vorbehandlungsstufe zuerst mit-
tels kathodischer Bogenentladung in der Substratoberfläche eine Implantations-
schicht erzeugt und das Substrat anschließend mittels UBM oder abwechselnd
mittels UBM und kathodischer Bogenentladung beschichtet. Aus der E12 erfahre
der Fachmann ferner, dass mit der kathodischen Bogenentladung im Vergleich zu
UBM zwar mehrfach geladene Ionen und eine höhere Ionendichte erzeugt wür-
den, so dass durch eine Kombination aus kathodischer Bogenentladung und UBM
Beschichtungen mit feineren Strukturen erhalten würden, die kathodische Bogen-
entladung zugleich aber den Nachteil der droplet-Bildung aufweise. Ergänzend
hierzu würden weitere Druckschriften wie

E1 W.-D. Münz, MRS/BULLETIN/MARCH 2003, 173 bis 179
E4 A.P. Ehiasarian et al., 47th Annual Technical Conference
Proceedings, 24. bis 29. April 2004, Dallas, TX USA, 486
bis 490
E5 EP 1 260 603 A2
E6 L.A. Donohue et al., Surface & Coatings Technology 1997,
93, 69 bis 87
E9 A.P. Ehiasarian et al., Surface & Coatings Technology
2003, 163–164, 267 bis 272
oder
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E11 A.P. Ehiasarian et al., Thin Solid Films 2004, 457, 270 bis
277

jedoch darauf hinweisen, dass im Stand der Technik die neue HIPIMS-Technik,
bei der trotz hoher Ionendichte keine droplet-Bildung stattfinde, in der Vorbehand-
lungsstufe als Ersatz für die kathodische Bogenentladung eingesetzt werde und,
dass HIPIMS-Schichten im Vergleich zu ABS-Schichten eine verbesserte Härte
und Verschleißfestigkeit aufweisen würden. Dem Fachmann sei somit nicht nur die
technische Verwandtschaft von kathodischer Bogenentladung und HIPIMS be-
kannt, sondern auch der Austausch der kathodischen Bogenentladung durch das
HIPIMS-Verfahren in der Vorbehandlungsstufe zur Vermeidung der droplet-Bil-
dung. Damit sei es für den Fachmann naheliegend, in einem ABS-Verfahren die
Bogenentladung nicht nur in der Vorbehandlung durch HIPIMS zu ersetzen, son-
dern auch bei der Beschichtung, zumal der Stand der Technik Hinweise in diese
Richtung enthalte. Nachdem Vorbehandlung und Beschichtung mittels HIPIMS
somit für den Fachmann auf der Hand lägen und ihm Vorrichtungen zur Mehrka-
thoden-PVD-Beschichtung bereits bekannt seien, liege es ferner in seinem Kön-
nen und Wissen – je nach Verfahrensführung, d. h. wenn auch eine Beschichtung
mittels HIPIMS erfolgen solle – weitere HIPIMS-Kathoden in einer solchen Vor-
richtung einzusetzen. Aufgrund dessen lehnte die Patentabteilung die Vorrichtung
des Patentanspruchs 16 gemäß Hauptantrag ebenfalls als nicht erfinderisch ab.
Den auf ein Substrat gerichteten Sachanspruch 21 erachtete die Patentabteilung
mangels Ausführbarkeit der darin beschriebenen Lehre als nicht gewährbar.
Das Patent nach Hilfsantrag wurde von der Patentabteilung widerrufen, da die
Gegenstände der Patentansprüche 1, 16 und 21 aus den bereits zum Hauptantrag
genannten Gründen ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.

Gegen diesen Beschluss hat die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt. Sie ver-
folgt ihr Patentbegehren nach wie vor mit der Anspruchsfassung des Hauptantrags
gemäß Einspruchsverfahren und weiter hilfsweise mit den Anspruchssätzen der
Hilfsanträge 1 und 2, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.
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Die nebengeordneten Patentansprüche 1, 16 und 21 nach Hauptantrag lauten wie
folgt:

„1. Verfahren zur Mehrkathoden-PVD-Beschichtung von Substraten, umfassend
die Schritte:
(a) Vorbehandlung der Substratoberfläche durch Hochleistungs-Impuls-Ma-
gnetron-Kathodenzerstäubung (HIPIMS),
(b) Beschichtung mittels Unbalancierter-Magnetron-Kathodenzerstäubung
(UBM),
(c) Beschichtung mittels HIPIMS, und
(d) ein- bis mehrfache Wiederholung der Schritte (b) und (c).

16. Vorrichtung zur Mehrkathoden-PVD-Beschichtung von Substraten (8) mit
einer oder mehreren Prozesskammern (20), dadurch gekennzeichnet, dass jede
Prozesskammer (20) mit mindestens zwei HIPIMS-Kathoden (9; 16) und mindes-
tens zwei UBM-Kathoden (13; 18) ausgestattet ist und dass die UBM-Katho-
den (13; 18) mit balancierten Permanentmagneten und Solenoid-Elektromagne-
ten (14; 19) ausgestattet sind, wobei der Unbalanced-Effekt des UBM-Plasmas
allein durch das Magnetfeld der Solenoid-Elektromagnete erzeugt wird.

21. Substrat mit Mehrkathoden-PVD-Beschichtung gemäß dem Verfahren nach
Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die PVD-Beschichtung eine durch
HIPIMS in der Substratoberfläche erzeugte Implantationsschicht und mehrere mit-
tels UBM und HIPIMS abgeschiedene Doppelschichten umfasst.“

Im Hilfsantrag 1 wurde der Patentanspruch 1 gegenüber dem Patentanspruch 1
des Hauptantrags dahingehend abgeändert, dass unter Punkt (c) die „und“-Ver-
knüpfung gestrichen und unter Punkt (d) folgendes Merkmal eingefügt wurde:

„….und die Schritte (b) und (c) simultan ausgeführt werden“.

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Zudem wurde in der Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 1 der Patentanspruch 6
gestrichen und die nachfolgenden Patentansprüche in ihrer Nummerierung sowie
ihren Rückbezügen entsprechend angepasst.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 entspricht dem Patentanspruch 1 des
ersten Hilfsantrags mit dem Unterschied, dass unter Punkt (d) folgendes Merkmal
angefügt wurde:

„…und jede der im Schritt (b) und (c) erzeugte Doppelschicht eine Gesamtdicke von 2 bis
20 nm aufweist und überwiegend, d. h. > 95 Atom-% aus Materialien aus der Gruppe
umfassend Metalle, Metallnitride, Metalloxynitride, Metallkarbide, Karbonitride und Koh-
lenstoff besteht.“

Zum Wortlaut der Patentansprüche 2 bis 15, 17 bis 20 und 22 bis 32 nach Haupt-
antrag bzw. den Patentansprüchen 2 bis 14, 16 bis 19 sowie 21 bis 31 nach Hilfs-
antrag 1 und 2 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Patentinhaberin im Wesentlichen vor-
getragen, dass die objektive Aufgabe der Streitpatentschrift nicht in einer droplet-
freien Abscheidung von Mehrlagenbeschichtungen zu sehen sei, sondern wie
durch die nachveröffentlichte Druckschrift

F4 J. Paulitsch et al., Thin Solid Films, 2008, 517, 1239 bis
1244

belegt werde, in der Bereitstellung von Mehrlagenbeschichtungen mit verbesser-
ten tribologischen Eigenschaften. Zur Lösung dieser Aufgabe könne der Fach-
mann sowohl von der Druckschrift E5 als auch E12 ausgehen. Diese Druckschrif-
ten würden aber selbst in Kombination mit einer oder mehreren der Druckschrif-
ten E4, E5, E6, E9 und E11 allenfalls darauf hinweisen, dass
- 7 -
- eine Vorbehandlung des Substrats mittels HIPIMS, gefolgt von einer Mehrla-
genbeschichtung mittels Magnetronsputtern eine hohe Haftung der Beschichtung
ohne störende droplet-Bildung gewährleiste,
- das Bogenentladungsverfahren als Ersatz für das Magnetronsputtern bei der
Abscheidung von Mehrlagenbeschichtungen nur in einem einzigen Spezialfall ein-
gesetzt werde und zwar zur Reduzierung der Targetvergiftung bei Materialien mit
hoher Targetvergiftung wie Ti oder Nb und
- mittels HIPIMS abgeschiedene einlagige Schichten bessere tribologische
Eigenschaften aufweisen würden als ein- oder mehrlagige Beschichtungen, die
mittels Magnetronsputtern, kathodischer Bogenentladung oder einer Kombination
der beiden Verfahren erzeugt würden.
Demzufolge liefere der Stand der Technik dem Fachmann keine Veranlassung, für
die Abscheidung von Mehrlagenbeschichtungen eine Kombination von Magnetron-
sputtern und HIPIMS zu erwägen. Dies gelte auch für die Druckschrift E1. Sie
instruiere den Fachmann lediglich, mittels kathodischer Bogenentladung Metall-
ionen in der Oberfläche des Substrats zu implantieren, um die Mehrlagenbe-
schichtung auf dem Substrat zu verankern. Für die Abscheidung von Mehrlagen-
beschichtungen werde die kathodische Bogenentladung in der E1 dagegen nicht
als geeignet erachtet und daher nur im Fall einer starken Targetvergiftung als Er-
satz für die unbalancierte Magnetronzerstäubung bei der Beschichtung eingesetzt.
In der Schlussfolgerung empfehle somit auch die E1 die kathodische Bogenentla-
dung lediglich bei der Vorbehandlung des Substrates durch die neue HIPIMS-
Technologie zu ersetzen.

Die Patentinhaberin beantragt,

den Beschluss der Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 28. September 2012 aufzuheben und das Streit-
patent mit den erteilten Ansprüchen 1–15, 17–20, 22–32, dem An-
spruch 16 gemäß der Eingabe der Patentinhaberin vom
17. Juni 2010 sowie dem Anspruch 21 gemäß dem in der Anhö-
- 8 -
rung vom 28. September 2012 gestellten Hilfsantrag aufrechtzuer-
halten, hilfsweise im Umfang der Hilfsanträge 1 und 2 vom
30. Mai 2017.

Die Einsprechenden beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie widersprechen den Ausführungen der Patentinhaberin und vertreten die Auf-
fassung, dass die objektive Aufgabe nur in der Vermeidung von droplets gesehen
werden könne. Zudem sei ihrer Ansicht nach die Argumentation der Patentabtei-
lung im Zurückweisungsbeschluss, dass sich die Erfindung in naheliegender
Weise aus der Druckschrift E12 ggf. in Kombination mit E1 oder E5 ergebe, zutref-
fend. Unbeachtlich dessen sei das patentgemäße Verfahren ihrer Ansicht nach
gegenüber der Druckschrift E1/E9 oder E5 nicht neu, zumindest fehle es ihm dem-
gegenüber jedoch an erfinderischer Tätigkeit. Gegen das Vorliegen erfinderischer
Tätigkeit spreche aus ihrer Sicht auch eine Kombination der Druckschrift E1 mit
E5, E9 oder E11 bzw. eine Kombination der Druckschrift E6 mit E5, E9 oder E11.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig (§ 73 PatG), sie konnte jedoch
nicht zum Erfolg führen.

1. Bezüglich der ausreichenden Offenbarung des Gegenstands der geltenden
Patentansprüche 1 bis 32 gemäß Hauptantrag sowie der jeweils geltenden Pa-
tentansprüche 1 bis 31 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 bestehen keine Beden-
ken, da deren Merkmale sowohl aus den Erstunterlagen (vgl. Ansprüche 1 bis 33
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i. V. m. Fig. 4 und Beispiel 3) als auch aus der Patentschrift (vgl. Ansprüche 1 bis
32 i. V. m. Fig. 4 und Beispiel 3) ableitbar sind bzw. diesen im Wortlaut entspre-
chen.

2. Das Streitpatent betrifft im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ein Ver-
fahren zur Mehrkathoden-PVD-Beschichtung von Substraten, bei dem die Vorbe-
handlung der Substratoberfläche mittels Hochleistungs-Impuls-Magnetron-Katho-
denzerstäubung (HIPIMS) durchgeführt wird und für die Beschichtung sowohl eine
Unbalancierte-Magnetron-Kathodenzerstäubung (UBM) als auch HIPIMS in ein-
bis mehrfacher Wiederholung verwendet werden. Ob dieses Verfahren – wie von
den Einsprechenden vorgetragen – vom Inhalt der Druckschrift E1/E9 oder E5
neuheitsschädlich getroffen wird, kann unentschieden bleiben, da die Lehre des
Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag jedenfalls nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit beruht.

3. Vor einer Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist die objektive Aufgabe
des Streitpatents zu bestimmen, da diese von den Verfahrensbeteiligten in unter-
schiedlicher Weise definiert wird.

In der Streitpatentschrift wird einleitend davon berichtet, dass für den Erhalt von
nanoskalierten Mehrlagenschichten und Übergitterschichten mit herausragenden
Schichteigenschaften hinsichtlich Verschleißfestigkeit sowie Oxidations- und Kor-
rosionsbeständigkeit das sog. Arc-Bond-Sputter-Verfahren industriell angewendet
wird. Im Zusammenhang mit diesem Verfahren weist das Streitpatent jedoch
darauf hin, dass während der Metallionen-Vorbehandlung die für die kathodische
Bogenentladung typischen Makropartikel, auch droplets genannt, entstehen. Die
Bildung solcher droplets erachtet die Streitpatentschrift als nachteilig, weil diese zu
unerwünschten Inhomogenitäten führen, welche sich auch auf das nachfolgende,
an sich droplet-freie UBM-Beschichtungsverfahren negativ auswirken. In Bezug
auf das patentgemäße Verfahren, bei dem die Vorbehandlung mit HIPIMS und die
Beschichtung simultan mit HIPIMS und UBM durchgeführt wird, beschreibt es das
- 10 -
Streitpatent daher als vorteilhaft, dass bei diesem Verfahren durch den Einsatz der
HIPIMS-Technologie zum einen ein Plasma mit mehrfach geladenen Metallionen
wie bei der kathodischen Bogenentladung erzeugt wird, zum anderen aber keine
droplets entstehen bzw. deren Entstehung stark reduziert wird. Einen weiteren
Vorteil sieht das Streitpatent in den für die patentgemäßen Schichtsysteme ermit-
telten plastischen Härten und Schichtdicken (vgl. Streitpatent, Abs. [0001 bis
0010], [0025], [0032] und [0061]).

In Anbetracht des Standes der Technik, den das Streitpatent zu verbessern trach-
tet und den Vorteilen, die die patentgemäße Erfindung demgegenüber aufweist, ist
die objektive Aufgabe des Streitpatents demzufolge in einer zweiteiligen Form zu
definieren, bei der ein erster Aspekt die Vermeidung von droplets bei Mehrlagen-
schichtsystemen betrifft und ein weiterer Aspekt die Bereitstellung von Mehrlagen-
schichten mit großer plastischer Härte, guter Haftfestigkeit und den erforderlichen
Schichtdicken (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 1 Rdn. 47 und 49).

Der Einwand der Patentinhaberin, die nachveröffentlichte Druckschrift F4 belege,
dass Mehrlagenschichtsysteme, welche im patentgemäßen Sinn mit einer kombi-
nierten Technik aus HIPIMS und UBM abgeschieden würden, verbesserte tribolo-
gische Eigenschaften besäßen, so dass die Aufgabe des Streitpatents nur darin
gesehen werden könne, Mehrlagenschichtsysteme mit verbesserten tribologi-
schen Eigenschaften bereitzustellen, vermag nicht zu überzeugen. Es ist zwar zu-
treffend, dass das technische Problem eines Patents aus dem zu entwickeln ist,
was die Erfindung tatsächlich leistet (vgl. BGH GRUR 2010, 602, 1. Ls. und
Rdn. 27 – Gelenkanordnung). Vorliegend kann allerdings nicht festgestellt werden,
was die patentgemäße Lehre im Vergleich zu den in der Druckschrift F4 beschrie-
benen Mehrlagenschichtsystemen bezüglich der tribologischen Eigenschaften tat-
sächlich leistet. Denn die tribologischen Eigenschaften der Systeme in F4 sind von
zahlreichen Parametern abhängig, die auf das patentgemäße Schichtsystem
jedoch nicht übertragbar sind, da im Streitpatent weder entsprechende Parameter
genannt, noch die tribologischen Eigenschaften der nach dem patentgemäßen
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Verfahren hergestellten Beschichtungen im Detail beschrieben werden. Im Streit-
patent finden sich lediglich allgemeine Angaben, wie eine plastische Härte von
größer 40 GPa, eine Schichtdicke für Material-Doppelschichten von 3 bis 5 nm
und ein Reibungskoeffizienten µ von kleiner 0,2 für eine einzige Ti/C-Mehrlagen-
schicht (vgl. Streitpatent, Abs. [0049], [0050] und [0061]). Die objektive Aufgaben-
stellung ist daher – wie bereits zuvor festgestellt – in zwei Teilaufgaben zu glie-
dern: Die Vermeidung von droplets und die gleichzeitige Bereitstellung von Mehr-
lagenschichten mit guten Eigenschaften betreffend die plastische Härte, Haftfes-
tigkeit und Schichtdicke.

Mit einer solchen Aufgabenstellung ist in der Praxis regelmäßig ein Ingenieur oder
Physiker mit mehrjähriger beruflicher Erfahrung in der Entwicklung von PVD-Be-
schichtungsanlagen befasst.

4. Das Verfahren zur Mehrkathoden-PVD-Beschichtung von Substraten des
geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit.

Ein möglicher Ausgangspunkt zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe ist für den
zuvor definierten Fachmann die Druckschrift E1. Diese ist mit nanoskaligen Mehr-
lagenschichten bzw. Übergitterschichten befasst, die im industriellen Maßstab
produziert werden und plastische Härten zwischen 25 und 55 GPa sowie Schicht-
dicken von 1,7 bis 3,5 nm aufweisen, welche der Fachmann als qualitativ hoch-
wertige Mehrlagenschichten erkennt (vgl. E1, S. 173, Titel und Abstract i. V. m.
S. 174, Tabelle 1 und Fig. 2) (vgl. Streitpatent, Abs. [0061]). Für deren Herstellung
wird eine Mehrkathodenvorrichtung mit drei UBM-Kathoden und einer ARC-Ka-
thode verwendet, in der die Substrate mitunter einer dreifachen Rotation unterzo-
gen werden (vgl. E1, S. 175, Fig. 4 i. V. m. S. 174, re. Sp., erster Abs., dritter Satz
von unten und zweiter Abs., erster bis vierter Satz). Über die einzelnen, mit dieser
Vorrichtung durchgeführten Verfahrensschritte erfährt der Fachmann, dass für
eine bessere Haftung der Mehrlagenschicht die Substratoberfläche vor der Be-
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schichtung mit Ionen geätzt wird, die durch kathodische Bogenentladung erzeugt
werden. Die Beschichtung selbst erfolgt danach mit der UBM-Technik (vgl. E1,
S. 177, Fig. 9 i. V. m. S. 176/177, seitenübergreifender Abs.), wobei es die unter-
schiedlichen Rotationen der Substrate ermöglichen, dass die UBM-Beschichtungs-
schritte mehrfach wiederholt werden können und abhängig von Position und Ma-
terial des Targets Mehrlagenschichten mit unterschiedlichen Schichtabfolgen
erhalten werden (vgl. E1, S. 174, Fig. 2 und S. 175, Fig. 4). Ergänzend hierzu
beschreibt die E1 eine weitere Beschichtungsvariante für das Schichtsystem
TiAlN/ZrN, bei dem aufgrund einer sog. Targetvergiftung – also einem Bedecken
des Targets mit einer elektrisch isolierenden Schicht – die Vakuumpumpgeschwin-
digkeit nicht ausreicht, um das Zr-Target im UBM-Modus zu betreiben. Die E1
empfiehlt in diesem Fall die ZrN-Schicht mittels kathodischer Bogenentladung
abzuscheiden (vgl. E1, S. 174, letzter Abs. und S. 175, re. Sp., erster vollständiger
Abs., erster bis dritter Satz). Daraus geht für den Fachmann hervor, dass Mehrla-
genbeschichtungen in Abhängigkeit vom Kathodenmaterial teilweise durch kombi-
nierte UBM/ARC-Beschichtungen erzeugt werden müssen – ein Vorgehen, wel-
ches den Fachmann nicht überrascht, da ihm dieses als Variante des sogenann-
ten ABS-Verfahrens geläufig ist (vgl. E1, Ref. 5 = E6, Abstract i. V. m. S. 72, Ta-
belle 1, Sp. 1 und 2, jeweils letzte Zeile). Übereinstimmend damit stuft auch das
Streitpatent das Auftreten von Targetvergiftungen bei bestimmten Kathodenmate-
rialien nicht als Sonderfall ein, da es die Bereitstellung von Doppelschichten wie
TiN/NbN oder CrN/NbN berücksichtigt, ohne jedoch das Phänomen der Targetver-
giftung zu thematisieren (vgl. Streitpatent, S. 6/7, Beispiel 3 i. V. m. Anspruch 32
im Vergleich zu E6, S. 72, Tabelle 1). Eine Targetvergiftung hat der Fachmann bei
PVD-Beschichtungen demzufolge stets im Blickfeld und sieht dieses somit – an-
ders als von der Patentinhaberin angenommen – nicht als Spezialfall, sondern als
Teil des ihm bekannten ABS-Verfahrens an (vgl. E6, S. 71, spaltenübergreifender
Abs.). In ihrem Resümee weist die E1 den Fachmann daher ohne Differenzierung
zwischen UBM- und UBM/ARC-Verfahren darauf hin, dass die darin beschriebe-
nen Beschichtungsmethoden künftig eine weitere Verbesserung durch den Einsatz
der HIPIMS-Technik erfahren werden, da mit dieser Technik die nachteilige Bil-
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dung von droplets in der Vorbehandlungsstufe vermieden werden kann (vgl. E1,
S. 178, re. Sp., vierter Abs.). Diese Anregung aufgreifend gelangt der Fachmann
zu einem Mehrkathoden-PVD-Beschichtungsverfahren, bei dem das Substrat mit
der HIPIMS-Technik vorbehandelt und anschließend mit der UBM- oder UBM/
ARC-Technik beschichtet wird, wobei die Schichtabfolge im patentgemäßen Sinn
durch die Rotation der Substrate und die Position der einzelnen Targets bestimmt
wird.

Von dieser bekannten Vorgehensweise unterscheidet sich das Verfahren des Pa-
tentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag folglich dadurch, dass bei diesem die
HIPIMS-Technologie nicht nur in der Vorbehandlungsstufe eingesetzt wird, son-
dern entsprechenden den patentgemäßen Merkmalen (b) und (c) auch im Be-
schichtungsschritt und zwar in Kombination mit der UBM-Technik.

Eine Beschichtung mit HIPIMS und UBM ist in der E1 nicht vorgesehen. Aus ihr ist
dem Fachmann jedoch bekannt, dass sich nicht alle Beschichtungen mit der UBM-
Technik erzeugen lassen, sondern den Einsatz einer UBM/ARC-Kombination er-
fordern. In diesen Fällen würde der in der E1 angesprochene Austausch der
kathodischen Bogenentladung durch die HIPIMS-Technik ausschließlich in der
Vorbehandlungsstufe jedoch dazu führen, dass drei verschiedene Netzteile betrie-
ben werden müssten, nämlich eines in der Vorbehandlungsstufe für die HIPIMS-
Technologie und zwei in der Beschichtungsstufe, wobei eines für die unbalancierte
Magnetronzerstäubung und eines für die kathodische Bogenentladung eingesetzt
werden müsste. Ein solches Vorgehen erachtet der einschlägig tätige Fachmann
jedoch als nicht praktikabel. Beim Studium der E1 stellt sich ihm daher die Frage,
ob die zentrale Lehre der E1 tatsächlich den Ersatz der kathodischen Bogenentla-
dung durch die HIPIMS-Technologie ausschließlich während der Vorbehandlung
des Substrates vorsieht. Zweifel daran ergeben sich für den Fachmann auch
durch die in der E1 angedeutete Möglichkeit, bei einem Ersatz der kathodischen
Bogenentladung durch die HIPIMS-Technik weniger poröse Beschichtungen mit
extrem glatten Oberflächen herstellen zu können, da damit der zuvor auf die Vor-
- 14 -
behandlungsstufe begrenzte Austausch der kathodischen Bogenentladung durch
die HIPIMS-Methode relativiert wird, indem nunmehr von der Beschichtung als
Gesamtheit die Rede ist und nicht mehr von einzelnen Schritten während deren
Herstellung (vgl. E1, S. 178, re. Sp., vierter Abs., letzter Satz). Dieser Anregung
folgenden wird der Fachmann der am Ende der Ausführungen in E1 unter der
Referenznummer 19 zitierten Literaturstelle, die vorliegend als E9 bezeichnet wird,
Beachtung schenken, um Klarheit darüber zu erhalten, in welchem Umfang die
HIPIMS-Technik bei der Herstellung von Mehrlagenschichtsystemen tatsächlich
einsetzbar ist.

Anders als von der Patentinhaberin angenommen hält ihn davon weder die Tatsa-
che ab, dass es sich bei der E9 um einen wissenschaftlichen Artikel handelt, wäh-
rend die E1 über Erfahrungen aus der industriellen Praxis berichtet. Aus seiner
eigenen beruflichen Tätigkeit ist dem Fachmann nämlich bekannt, dass For-
schungsarbeiten häufig die Grundlagen für industrielle Praktiken schaffen. Die
Entgegenhaltungen E1 und E9 bestätigen dies eindrucksvoll dadurch, dass der
Autor der E1 zugleich Coautor der E9 ist und er in der Druckschrift E1 dem wis-
senschaftlichen Team der E9 für die Unterstützung dankt (vgl. E1, S. 178, re. Sp.,
„Acknowledgments“). Der Fachmann stellt die Vereinbarkeit der Lehren von E1
und E9 auch deshalb nicht in Frage, weil – wie von der Patentinhaberin ebenfalls
eingewendet wird – die E1 mit der Herstellung von ABS-Mehrlagenschichten
befasst ist, während die E9 über einlagige HIPIMS-Schichten berichtet. Darin
erkennt der Fachmann keinen Widerspruch, denn die E1 deutet bereits an, dass
die HIPIMS-Technik über den Schritt der Vorbehandlung hinaus bei der Herstel-
lung harter Beschichtungen von Vorteil sein könnte, was in der E9 am Beispiel von
CrN-Schichten getestet wird, ohne jedoch die darin gezeigten Ergebnisse auf die-
sen Schichttyp zu begrenzen. Dafür, dass die Angaben der E9 auf andere
Schichtsysteme übertragbar sind, spricht im Übrigen auch die Tatsache, dass E9
in der Druckschrift E1 zitiert wird. Den Inhalt der E9 bezieht der Fachmann aber
auch aus einem weiteren Grund in seine Überlegungen mit ein. So ist in der E9
neben der HIPIMS-Technologie die droplet-Problematik ein weiterer Themen-
- 15 -
schwerpunkt (vgl. E9, S. 267, Abstract, erster Satz und re. Sp., letzter Abs.). Auf-
grund ihrer Studien zu diesem Themenkomplex kommen die Autoren in der E9
inhaltlich zu dem Schluss, dass es sich bei HIPIMS um eine sehr vielverspre-
chende PVD-Technik handelt, die sowohl für die Vorbehandlung des Substrats als
auch die Abscheidung der Beschichtung auf dem Substrat geeignet ist. Darüber
hinaus belegen die Autoren der E9 anhand der von ihnen untersuchten CrN-
Schichten, dass die Anwendung der HIPIMS-Technik zu Einzelschichten führt, die
weder droplets noch andere makroskopische Wachstumsdefekte aufweisen und
somit gegenüber konventionellen Einzelschichten, die mittels UBM/ARC erzeugt
werden, verbesserte Eigenschaften besitzen, insbesondere was die Härte der
Schichten anbelangt (vgl. E9, S. 272, Punkt 4). Die E9 regt ergänzend zu E1 somit
an, den Austausch der kathodischen Bogenentladung durch die neue HIPIMS-
Technologie nicht nur in der Vorbehandlungsstufe, sondern auch bei der Be-
schichtung in Betracht zu ziehen.

Dieser Anregung folgend sucht der Fachmann im Stand der Technik nach weite-
ren Informationen, die die in E1/E9 angestellten Überlegungen bestätigen und/
oder hinsichtlich ihrer praktischen Anwendung näher erläutern. Dabei ermittelt er
die Druckschrift E5. Sie geht von einem ABS-Verfahren mit einer kombinierten Be-
schichtung aus kathodischer Bogenentladung und UBM-Technik aus. Das techni-
sche Problem dieses Verfahrens sieht die E5 – wie schon zuvor die E1 – in der
während der Vorbehandlung durch die kathodische Bogenentladung verursachten
droplet-Bildung, die während der nachfolgenden Beschichtung zu wesentlich ver-
größerten Wachstumsdefekten führt (vgl. E5, Abs. [0001 und 0002]). Zur Beseiti-
gung dieses Nachteils wird es in der E5 als erfindungsgemäß beschrieben, den
Anteil der kathodischen Bogenentladung als Element der ABS-Technik durch die
neue HIPIMS-Technologie zu ersetzten (vgl. E5, Sp. 1, Z. 54 bis 57). Nachdem die
E5 von einer kombinierten Beschichtung aus kathodischer Bogenentladung und
UBM ausgeht (vgl. E5, Abs. [0001]), erhält der Fachmann durch diese Aussage
somit die konkrete Anregung, die kathodische Bogenentladung nicht nur in der
Vorbehandlungsstufe sondern auch bei der Beschichtung zu ersetzen und die Be-
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schichtung somit entsprechend den Merkmalen (b) und (c) des Patentanspruchs 1
gemäß Hauptantrag als Kombination aus UBM und HIPIMS durchzuführen.
Hierfür spricht in der E5 auch die in den Ansprüchen 1, 17, 20 und 21 vermittelte
technische Lehre. Demnach werden zur Herstellung diverser Doppelschichten
während der Vorbehandlung und Beschichtung identische Kathoden und identi-
sche Magnetfeldanordnungen benützt (vgl. E5, Anspruch 21). Da nach der zentra-
len Lehre der E5 in der Vorbehandlungsstufe ausschließlich die HIPIMS-Techno-
logie anzuwenden ist (vgl. E5, Anspruch 1) müssen Doppelschichten, die aufgrund
einer Targetvergiftung üblicher Weise eine UBM/ARC-Beschichtung erfordern (vgl.
E5, Anspruch 17), folglich mit einer HIPIMS/UBM-Kombination abgeschieden wer-
den, da die Lehre der E5 an der UBM-Technik festhält (vgl. E5, Anspruch 20
i. V. m. Sp. 2, Z. 8 bis 12), nicht aber am Einsatz der ARC-Technik (vgl. E5, Sp. 1,
Z. 54 bis 57).
In Kenntnis von E1/E9 in Verbindung mit E5 liegt es für den Fachmann daher auf
der Hand, die kathodische Bogenentladung bei einem ABS-Verfahren nicht nur in
der Vorbehandlung durch die HIPIMS-Technologie zu ersetzen, sondern auch im
Beschichtungsschritt und damit auch in Kombination mit der UBM-Technik zu ver-
wenden. Denn wie bereits zuvor ausgeführt, liegt es im Bestreben des Fachmanns
alle Arten von Doppelschichten und damit auch solche mit einer Targetvergiftungs-
Problematik droplet-frei mit guter Härte und Haftfestigkeit herstellen zu können.
Wie die Druckschrift E6 bestätigt ist dem Fachmann zudem bewusst, dass der
Einsatz der kathodischen Bogenentladung aufgrund der Bildung metallischer
droplets grundsätzlich zu einer problematischen Zunahme der Oberflächenrauhig-
keit bei Beschichtungen führt, was die prinzipielle Vermeidung einer kathodischen
Bogenentladung bei der Herstellung harter PVD-Beschichtungen nahelegt (vgl.
E6, S. 71, re. Sp., letzter Abs.).

Zu einer anderen Beurteilung der Sachlage führen auch die weiteren Einwen-
dungen der Patentinhaberin nicht:

- 17 -
So kann z. B. die Auffassung der Patentinhaberin, dass die E5 eine UBM/HIPIMS-
Beschichtung schon aus Kostengründen ablehne und die Entgegenhaltung daher
nicht in der Lage sei, ein PVD-Verfahren mit den patentgemäßen Merkmalen (b)
und (c) nahezulegen, nicht durchgreifen. In der E5 findet sich zwar der Hinweis,
dass die Beschichtung mit einem unbalancierten Magnetron im ungepulsten Be-
trieb beibehalten wird, da dies eine effizientere Energieausbeute bei niedrigeren
Gerätekosten verspricht (vgl. E5, Sp. 2, Z. 8 bis 12). Trotz dieser Überlegung
schließt die E5 den Einsatz der kostenintensiveren HIPIMS-Technik dennoch nicht
aus. Die im Anspruch 21 angedachte Verwendung von identischen Kathoden und
Magnetfeldanordnungen in Vorbehandlung und Beschichtung regt vielmehr eine
intensive Nutzung der im Anspruch 1 für die Vorbehandlung vorgesehenen
HIPIMS-Kathode an, zumal die E5 ergänzend erwähnt, dass die HIPIMS-Technik
ursprünglich ausschließlich zur Beschichtung und nicht zur Vorbehandlung von
Substraten entwickelt worden ist (vgl. E5, Sp. 2, Z. 13 bis 18). Hinzu kommt, dass
mit dem in E5 gelehrten Austausch der kathodischen Bogenentladung durch eine
Hochleistungs-Impuls-Kathodenzerstäubungsquelle (HIPIMS) der darin themati-
sierten droplet-Problematik nur dann vollständig begegnet werden kann, wenn die
kathodische Bogenentladung auch bei der Beschichtung eliminiert wird, da nur so
qualitativ hochwertige droplet-freie Beschichtungen erhalten werden, mit denen es
möglich ist die höheren Gerätekosten der HIPIMS-Technik zu kompensieren.

Das weitere Argument der Patentinhaberin, dass bei der HIPIMS-Technologie die
Beschichtungsrate zu gering sei, so dass der Fachmann diese Technik nur für die
Ionenimplantation während der Vorbehandlung, nicht aber für die Beschichtung
selbst in Betracht ziehe, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Zum einen ist dem
Fachmann – wie bereits zuvor ausgeführt – bekannt, dass die HIPIMS-Technik
ursprünglich für eine bessere Beschichtung von Substraten entwickelt worden ist
(vgl. E5, Sp. 2, Z. 13 bis 18). Zum anderen sind nachweislich der Angaben in E9
mit der HIPIMS-Technik 2 µm dicke CrN-Schichten, die gegenüber konventionel-
len UBM/ARC-Schichten nicht nur droplet-frei sind, sondern auch eine höhere
Härte aufweisen und hinsichtlich ihrer Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit die
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Qualität von nanoskalierten Multilagenschichten oder Übergitterschichten errei-
chen, problemlos erhältlich (vgl. E9, S. 267, re. Sp., letzter Abs. und S. 272, li. Sp.,
Abschnitt 4., dritter Satz von unten bis re. Sp.). Demzufolge kann keine Rede
davon sein, dass das HIPIMS-Verfahren im Stand der Technik aufgrund seiner
Beschichtungsrate als unwirtschaftlich abgelehnt wird. Zudem ist es nicht Ziel des
Streitpatents die Beschichtungsrate der HIPIMS-Technologie zu verbessern, son-
dern die droplet-Bildung bei Mehrlagenschichtsystemen zu vermeiden, was den
Angaben in den Druckschriften E1 und E5 zur Folge mit der HIPIMS-Technik mög-
lich ist. Der mit der patentgemäßen Aufgabe betraute Fachmann nimmt die gerin-
geren Beschichtungsraten der HIPIMS-Technik daher zu Gunsten droplet-freier
Mehrlagenschichten billigend in Kauf.

Die Patentinhaberin wendet ferner ein, dass durch den Einsatz der HIPIMS-Tech-
nik eine Targetvergiftung nicht behoben werden könne, so dass der Fachmann
deren Einsatz bei einer ABS-Beschichtung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht
in Betracht ziehe. Dem kann nicht gefolgt werden, da die Patentinhaberin einen
Beweis für diese Behauptung schuldig geblieben ist. Ein solcher Beweis würde im
Übrigen dazu führen, dass die patentgemäße Lehre nicht im gesamten bean-
spruchten Bereich ausführbar ist, da das Streitpatent Doppelschichten einschließt,
die metallische Targets erfordern, welche für eine Targetvergiftung anfällig sind.
Unbeachtlich dessen finden sich im zitierten Stand der Technik keine Hinweise,
die diese Behauptung stützen würden.

Nach alledem beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag
nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass dieser Anspruch keinen Bestand
hat. Die Patentansprüche 2 bis 32 teilen das Schicksal des Patentanspruchs 1
(vgl. BGH GRUR 1997, 120, Ls. – Elektrisches Speicherheizgerät).

5. Auch die Verfahren zur Mehrkathoden-PVD-Beschichtung von Substraten
nach den jeweiligen Patentansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 und 2 beruhen nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit.
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Der Patentanspruch 1 des 1. Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des
Hauptantrags lediglich dadurch, dass die UBM- und HIPIMS-Beschichtungs-
schritte bei diesem Verfahren simultan ausgeführt werden. Hierfür finden sich im
Stand der Technik jedoch zahlreiche Anregungen, da bereits in bekannten ABS-
Verfahren die ARC- und UBM-Kathoden simultan betrieben und die Schichtabfol-
gen im patentgemäßen Sinn allein durch die Rotation der Substrate in der PVD-
Vorrichtung gesteuert werden (vgl. E1, S. 173, Abstract, erster und zweiter Satz
i. V. m. S. 175, Fig. 4 oder E6, S. 69, Abstract, zweiter Abs. i. V. m. S. 74, Fig. 3).

Der Patentanspruch 1 des 2. Hilfsantrags wurde gegenüber dem Patentan-
spruch 1 des 1. Hilfsantrags dadurch weiter präzisiert, dass die UBM/HIPIMS-Dop-
pelschichten nunmehr eine Gesamtdicke von 2 bis 20 nm aufweisen und zu mehr
als 95 Atom-% aus Metallen, Metallnitriden, Metalloxynitriden, Metallkarbiden, Kar-
bonitriden und Kohlenstoff bestehen. Im Stand der Technik sind diverse UBM/
ARC-Doppelschichten aus verschiedenen Metallnitriden mit einer Gesamtdicke
von 1,7 bis 3,5 nm, 1,9 bis 17,2 nm oder 6 bis 30 nm bekannt (vgl. E1, S. 174,
Fig. 2 i. V. m. S. 176, Tabelle II; E6, S. 69, Abstract; E12, S. 17, Tabelle 1 und
S. 18, Tabelle 2 i V. m. Fig. 1). Schichten dieser Beschaffenheit als UBM/HIPIMS-
Doppelschichten abzuscheiden geht unter Einbeziehung der vorangegangenen
Ausführungen zum Hauptantrag daher ebenfalls nicht über das allgemeine Kön-
nen und Wissen des Fachmanns hinaus.

Die Patentansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 2 haben somit ebenfalls keinen Be-
stand. Die Neben- und Unteransprüche 2 bis 31 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2
teilen das Schicksal des jeweiligen Anspruchs 1.

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III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Verfahrensbeteiligten das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat,
ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder
von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beim Bundesge-
richtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht werden.


Dr. Maksymiw Schell Dr. Münzberg Dr. Wagner


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