14 W (pat) 30/15  - 14. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152 08.05 BUNDESPATENTGERICHT 14 W (pat) 30/15 _______________________ (Aktenzeichen) B E S C H L U S S In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2011 054 364 … - 2 - hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. Dezember 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, des Richters Schell, der Richterin Dr. Münzberg sowie des Richters Dr. Jäger beschlossen: Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen. G r ü n d e I. Gegen das Patent wurde mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12. Dezember 2013 Einspruch erhoben. Auf der ersten Seite des Einspruchsschriftsatzes wurde aus-geführt: „Namens und im Auftrag von S… GmbH in G…, Deutschland, gesetzlich vertreten durch Herrn R…, wird hiermit nach § 59 PatG …. Einspruch eingelegt“. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. Juli 2015 hat die Patentabteilung 44 des DPMA den Einspruch als unzulässig verworfen, da die Person der Einsprechenden nicht eindeutig identifiziert werden könne. Zwar entsprächen die auf Seite 1 des Einspruchsschriftsatzes enthaltenen Angaben den üblichen Angaben inlandsansässiger, im Handelsregister eingetra-gener Firmen, so dass hier die Firma auch ohne Adressangabe eindeutig ermittel-bar sei. Allerdings würden in der Einspruchsbegründung zwei offenkundige Vorbe-nutzungen geltend gemacht, für die verschiedene, als „Dokumente der Einspre-chenden“ bezeichnete Unterlagen eingereicht worden seien. Der überwiegende Teil dieser Dokumente ließe sich jedoch einer anderen Firma, der „S1… GmbH in M…“ bzw. „G1…“ zuordnen und lediglich eines der „S… GmbH“. Darüber hinaus werde im Einspruchs- - 3 - schriftsatz durch den Bezug auf die beigefügten Unterlagen wiederholt auf die Firma „S1… GmbH“ als Einsprechende verwiesen. Damit lasse der Gesamtinhalt des Einspruchsschriftsatzes aus Empfängersicht mehrere Alternativen zu und ermögliche somit keine eindeutige Identifizierung der Einspre-chenden. Hiergegen wendet sich die Einsprechende mit ihrer Beschwerde. Nach Auffassung der Patentabteilung werde die Identität der ausdrücklich als solche benannten Ein-sprechenden durch den Umstand in Zweifel gezogen, dass im Einspruchsschrift-satz bestimmte Handlungen und Unterlagen in Bezug auf die vorgebrachten offen-kundigen Vorbenutzungen als der Einsprechenden zugehörig beschrieben wür-den, während diese tatsächlich einer Tochter der Einsprechenden, der S1… GmbH, zuzuordnen seien. Entgegen dieser Wertung könne diese Unschärfe beim Verweis auf die offenkundigen Vorbenutzungen jedoch keine berechtigten Zweifel an der Identität der ausdrücklich bezeichneten Einsprechen-den begründen. Aus objektiver Empfängersicht, wobei insbesondere ein „objektiv nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der üblichen Gestaltung von Einspruchsschreiben gerechtfertigtes Empfängerverständnis“ angesetzt werden müsse, sei vielmehr die explizit als solche bezeichnete S… GmbH als Einsprechende anzusehen. Bei verständiger Würdigung des Ein-spruchsschriftsatzes könne somit als Einsprechende eindeutig und zweifelsfrei die S… GmbH identifiziert werden. Der Einspruch sei daher zulässig. Die Patentinhaberin hält den Einspruch für unzulässig und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, dass die Angaben zur Person der Einsprechenden im Antrag sowie im übrigen Schriftsatz und den in Bezug genommenen Anlagen nicht als lediglich unscharf angesehen werden könnten. Stattdessen enthalte der Ein-spruchsschriftsatz durch die Nennung der S… GmbH einer- seits und die Referenz auf die S1… GmbH als Einspre- chende und Autorin der Anlagen andererseits widersprüchliche Angaben zur Iden-- 4 - tität der Einsprechenden. Aus objektiver Empfängersicht könne somit nicht zwei-felsfrei erkannt werden, welche der Personen den Einspruch eingelegt habe. Bei Würdigung der innerhalb der Einspruchsfrist eingereichten Unterlagen kämen aus Empfängersicht insoweit mindestens zwei juristische Personen in Betracht. Der Zweifel an der Identität der Einsprechenden lasse sich auch nicht dadurch ausräu-men, dass lediglich der einleitende Teil auf Seite 1 des Einspruchsschriftsatzes berücksichtigt werde, da dies aus der maßgeblichen Empfängersicht eine willkürli-che Auswahl darstellen würde. Darüber hinaus sei in diesem Zusammenhang auch die Angabe der Adresse der Einsprechenden keineswegs entbehrlich. Da diese im Einspruchsschriftsatz nicht genannt werde, müsse der Einspruch auch unter diesem Gesichtspunkt als unzulässig verworfen werden. Die Einsprechende und Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu widerrufen, hilfsweise die Sache zur weiteren Prüfung der Patent-fähigkeit an die Patentabteilung zurückzuverweisen. Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt, 1. die Beschwerde zurückzuweisen, 2. für den Fall, dass der Beschwerde stattgegeben und der Ein-spruch als zulässig erachtet werde, die Sache an die Patentabtei-lung zur weiteren Prüfung der Patentfähigkeit zurückzuverweisen. Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2016 hat die Beschwerdegegnerin ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen. - 5 - II. Auf die zulässige Beschwerde der Einsprechenden war der angefochtene Be-schluss aufzuheben und die Sache an das DPMA zurückzuverweisen, wo über die Begründetheit des Einspruchs erstinstanzlich zu entscheiden sein wird. Die Ent-scheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, nachdem die Patentin-haberin und Beschwerdegegnerin ihren Antrag auf Anberaumung einer mündli-chen Verhandlung zurückgenommen hat, dem Antrag der Beschwerdeführerin stattgegeben wurde und auch der Senat die Durchführung einer mündlichen Ver-handlung nicht für sachdienlich erachtet hat (§ 78 PatG). Die ordnungsgemäße Einlegung eines Einspruchs setzt voraus, dass die Person des Einsprechenden eindeutig benannt wird. Die insoweit erforderlichen Angaben müssen dabei nicht zwingend in der Einspruchsschrift selbst enthalten sein, viel-mehr genügt es, wenn sie sich aus anderen, dem Gericht vorliegenden Unterlagen innerhalb der Einspruchsfrist eindeutig entnehmen lassen (vgl. Benkard/Schwarz PatG, § 59, Rdn. 42 m. w. N.). Der Einspruch ist unzulässig, wenn auch bei ver-ständiger Würdigung aller innerhalb der Einspruchsfrist vorgelegten Unterlagen Zweifel an der Person des Einsprechenden bestehen bleiben (BGH GRUR 1990, 108 – Meßkopf). Im vorliegenden Fall kann die Einsprechende eindeutig identifiziert werden. Die ausdrückliche Benennung der S… GmbH als Einsprechende in dem Schriftsatz vom 12. Dezember 2013 wird den anzulegenden Anforderun-gen gerecht, da sich die Person des Einsprechenden durch diese Benennung in eindeutiger Weise identifizieren lässt. Der Umstand, dass im weiteren Text der Einspruchsschrift verschiedene Dokumente als „Dokumente der Einsprechenden“ bezeichnet werden, die sich dann bei näherer Betrachtung jedoch als Dokumente anderer Unternehmen erweisen, stellt die zuvor erfolgte eindeutige Benennung der Einsprechenden nicht in Frage. Eine solche Interpretation bzw. Auslegung käme allenfalls dann in Betracht, wenn in der Einspruchsschrift hinreichend ein-- 6 - deutige Angaben zur Einsprechenden fehlten, was hier gerade nicht der Fall ist. Durch die ausdrückliche Benennung der „S… GmbH in G…, Deutschland, gesetzlich vertreten durch Herrn R…“, namens und in deren Auftrag der Einspruch eingelegt werde, verbleiben insoweit keine Zweifel. Die von der Patentabteilung und der Patentinhaberin angeführten Unklar-heiten in Bezug auf die von der Einsprechenden zu den geltend gemachten Vor-benutzungen eingereichten Belege sind ersichtlich als „handwerkliche“ Fehler bzw. Ungenauigkeiten beim Abfassen des betreffenden Sachvortrags zu werten. Sie bewirken keine Zweifel an der zuvor explizit als solche benannten Person der Einsprechenden. Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, welcher Sinngehalt diesem Sachvortag bei objektiver Betrachtungsweise und Berücksichtigung des maßgeblichen Empfängerhorizonts der im Patentrecht tätigen Kreise zuzuordnen ist. Danach ist der Sachvortrag zu den geltend gemachten Vorbenutzungen ohne weiteres ersichtlich nicht dazu bestimmt, die zu Beginn des Schriftsatzes und damit an der üblicherweise zu erwartenden Stelle aufgeführten Angaben zur Per-son der Einsprechenden zu ersetzen bzw. zu konkretisieren. Hierin unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von der in dem angefochtenen Beschluss ange-führten Entscheidung 21 W (pat) 20/06, denn der dortige Einspruchsschriftsatz enthielt gerade keine ausdrückliche Aussage darüber, welche Person Einspre-chende sein sollte. Insbesondere war an keiner Stelle erwähnt, in wessen Namen der Einspruch erhoben worden ist. Soweit der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung ausgeführt hat (BGH GRUR 1990, 108 – Meßkopf), dass zu einer ordnungsgemäßen Klageerhebung die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers grundsätzlich auch dann erfor-derlich ist, wenn seine Identität als solche für die Verfahrensbeteiligten zweifelsfrei feststeht, können gegen eine derartige, sich letztlich an rein formalen Gesichts-punkten orientierende Wertung, unter dem Gesichtspunkt der verfassungsrechtli-chen Garantie eines effektiven Rechtschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht unerhebli-che Bedenken vorgebracht werden. Unter dem Aspekt der gebotenen Rechtssi-cherheit spricht insoweit einiges dafür, dass es ausreichend sein kann, wenn - 7 - anhand der Gesamtumstände des konkreten Falles eindeutig feststellbar ist, wer ein Verfahren einleitet. Unter Berücksichtigung der Amtsermittlungspflicht in Ein-spruchsverfahren wird es deshalb im Regelfall genügen können, wenn sich die Identität des Einsprechenden auch ohne vollständige Adressangaben feststellen lässt (i. d. S. auch Benkard/Schwarz, PatG, 11. Aufl., § 59, Rdn. 42). Im vorliegen-den Fall muss diese Frage jedoch nicht abschließend entschieden werden, da hier im Hinblick auf das Erfordernis einer ladungsfähigen Anschrift der Einsprechenden unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Einspruchsschrift auf die Druck-schrift D4-A2 zurückgegriffen werden kann. Deren Seiten 2 und 5 lässt sich die vollständige Adressenangabe der Einsprechenden entnehmen, so dass auch diese Anforderung als erfüllt anzusehen ist. III. Nach alldem war die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deut-sche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 PatG zurückzu-verweisen. IV. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den Verfahrensbeteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass - 8 - 1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-schweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist. Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-schlusses von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beim Bundes-gerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht werden. Maksymiw Schell Münzberg Jäger Fa

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