14 W (pat) 22/14  - 14. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



14 W (pat) 22/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
18. Juli 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 101 27 554



- 2 -



hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündlichen Verhandlungen vom 20. Dezember 2016 und 18. Juli 2017 unter
Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, der Richter Schell und
Dr. Jäger sowie der Richterin Dr. Wagner

beschlossen:

1. Der Beschluss der Patentabteilung 44 des Deutschen Patent-
und Markenamts vom 14. November 2013 wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

3. Der Kostenantrag der Beschwerdeführerin wird zurückgewie-
sen.


G r ü n d e

I.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. November 2013 hat die Patentabtei-
lung 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent 101 27 554 mit der
Bezeichnung

"Verfahren zur biologischen Reinigung von Abwässern"

in vollem Umfang aufrechterhalten.

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Dem Beschluss liegen die Patentansprüche 1 bis 4 gemäß der Patentschrift
DE 101 27 554 B4 zugrunde, von denen Patentanspruch 1 wie folgt lautet:



Die Aufrechterhaltung in vollem Umfang wurde im Wesentlichen damit begründet,
dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 ausführbar, neu und erfinderisch sei.

"
"
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Für die Beurteilung des Streitgegenstands sei das Merkmal "Verwirbelung der Trä-
germaterialkörper in der Belüftungsphase mit einer Geschwindigkeit von 20 cm/s
bis 80 cm/s" so auszulegen, dass die Obergrenze während der gesamten Belüf-
tungsperiode im Wesentlichen strikt einzuhalten sei, wobei lediglich in sehr gerin-
gem Umfang Ausreißer als möglich angesehen würden. Dahingegen sei die Unter-
grenze unter Berücksichtigung der Beschreibung zum Streitpatent so auszulegen,
dass sie für jeden Trägermaterialkörper wenigstens für die überwiegende Zeit
innerhalb jeder Belüftungsperiode erfüllt sein müsse, wobei dies aber nicht für alle
Trägermaterialkörper gleichzeitig der Fall sein müsse.

Davon ausgehend sei dieses Merkmal sowohl aus physikalischer Sichtweise aus-
führbar als auch so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann den
Streitgegenstand nacharbeiten könne. Denn dem Fachmann seien die erforderli-
chen technischen Maßnahmen bekannt, den Verdichter so einzustellen, dass bei
gleichzeitig strikter Einhaltung der Obergrenze die Untergrenze zu jedem Zeit-
punkt von der deutlich überwiegenden Mehrzahl der Trägermaterialkörper einge-
halten werde.

Die Neuheit gegenüber der Druckschrift

D7 DE 298 19 446 U1

stehe nicht in Frage, weil sich die Lehre der D7 vom Streitgegenstand dadurch
unterscheide, dass dieser Druckschrift keinerlei Angaben zur Flächenbelastung
des Biofilms, zur Verwirbelungsgeschwindigkeit der Kaldnes-Körper oder zur
Sauerstoffkonzentration im Abwasser zu entnehmen seien.

Der Streitgegenstand sei auch gegenüber den geltend gemachten Vorbenutzun-
gen

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V1 Kleinkläranlage des Herrn G…,
…straße in L…-S… und
V2 Kleinkläranlage des Herrn P…, …straße in
C…

neu. Zwar sei die öffentliche Zugänglichkeit der Informationen aus den Dokumen-
ten, die vor dem zur Geheimhaltung verpflichtenden Lizenzvertrag

A05 Lizenzvertrag zwischen B… Umwelttechnik und
K… GmbH, unterzeichnet am
01.07.2000 und 21.07.2000

den Vorbenutzern übergeben worden seien, nicht anzuzweifeln. Allerdings unter-
schieden sich die Vorbenutzungen zumindest im Merkmal der Verwirbelungsge-
schwindigkeit und ein Sachverständigengutachten sei trotz Hinweises durch die
Patentabteilung nicht vorgelegt worden.

Die Lehre des Streitpatents beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ausge-
hend von der Kleinkläranlage gemäß V1 stelle sich die objektive Aufgabe, in
einem biologischen Abwasserreinigungsverfahren die anfallende Schlammmenge
zu reduzieren. Um die Kläranlage gemäß V1 dementsprechend zu verbessern,
werde sich der Fachmann im Stand der Technik umschauen und dabei auf die

D9 US 2 071 591

stoßen, die ebenfalls das Ziel der Schlammverringerung habe. D9 lehre desglei-
chen ein biochemisches Abwasserreinigungsverfahren, bei dem eine Vorklärung,
ein darauffolgender feinblasig belüfteter Bioreaktor mit Trägerkörpern aus Kaut-
schuk und eine Nachklärung vorgesehen seien. Für die Trägerkörper werde eine
Geschwindigkeit von mehr als 30,48 cm/s offenbart, die zwar als Ausgangswert für
eine Optimierung innerhalb des streitpatentgemäßen Geschwindigkeitsintervalls
- 6 -
liege, aber nicht als isoliertes Merkmal aufgezeigt sei, das für die Vermeidung des
Klärschlamms der erfolgsbestimmende Parameter wäre. Vielmehr seien der D9
mehrere Verfahrensparameter zu entnehmen, unter anderem auch ein Füllgrad
von 20 %. Daher habe der Fachmann keine Veranlassung, unter Beibehaltung des
Füllgrads gemäß V1 im Sinne des streitpatentgemäßen Merkmals ausschließlich
die Umwälzgeschwindigkeit im Sinne der D9 einzustellen. Da der streitpatentge-
mäße Geschwindigkeitsbereich auch dem sonstigen Stand der Technik nicht zu
entnehmen sei und die Einsprechende nicht habe widerlegen können, dass dieser
für den Erfindungserfolg ausschlaggebend sei, habe der Streitgegenstand nicht
nahe gelegen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.

Das angegriffene Patent sei insbesondere wegen offenkundiger Vorbenutzung
nicht bestandsfähig. Der angegriffene Beschluss lege dar, dass aus der Vorbenut-
zung gemäß V1 sämtliche Merkmale des Streitgegenstands bis auf das Merkmal
"Verwirbelung der Trägermaterialkörper in der Belüftungsphase mit einer Ge-
schwindigkeit von 20 cm/s bis 80 cm/s" herleitbar seien. Dies bestätige – im Übri-
gen ebenfalls für die Vorbenutzung gemäß V2 – auch das Gutachten A10. In die-
sem Gutachten werde weiterhin belegt, dass die Aufwuchskörper während der
Belüftungsphase eine durchschnittliche Strömungsgeschwindigkeit von 14 bis
44 cm/s aufweisen würden. Da damit die gemessenen Geschwindigkeiten der Trä-
germaterialkörper jedenfalls im Bereich des Merkmals "Verwirbelung der Träger-
materialkörper in der Belüftungsphase mit einer Geschwindigkeit von 20 cm/s bis
80 cm/s" lägen, offenbarten sowohl die Vorbenutzung V1 als auch die Vorbenut-
zung V2, auch dieses Merkmal. Dasselbe gelte für die in den Unteransprüchen
beanspruchten weiteren Verfahrensmaßnahmen.

Die Einsprechende bietet des Weiteren als Ergänzung zu den die Vorbenutzungen
V1 und V2 betreffenden eidesstattlichen Versicherungen gemäß

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A09 G…, Eidesstattliche Versicherung, 29.10.2013 mit
64 Seiten Anlagen und
A15 P…, Eidesstattliche Versicherung, 14.12.2016 mit 48 Seiten
Anlagen

Zeugenbeweis durch die Zeugen G… und P… sowie durch den Gut-
achter L1… an.

Weiterhin bestreitet die Einsprechende die Ausführbarkeit hinsichtlich des Merk-
mals "Verwirbelung der Trägermaterialkörper in der Belüftungsphase mit einer Ge-
schwindigkeit von 20 cm/s bis 80 cm/s".

Die Einsprechende stellt den Antrag,

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 44 des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 14. November 2013 aufzuhe-
ben und das Patent zu widerrufen,

sowie die Kosten des Termins für die Verhandlung am
18. Juli 2017 den Beschwerdegegnern aufzuerlegen.

Die Patentinhaber stellen den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen,

hilfsweise das Patent im Umfang des Hilfsantrags vom 20. De-
zember 2016 aufrechtzuerhalten,

sowie den Kostenantrag zurückzuweisen.

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Die Patentinhaber treten den Angriffen der mangelnden Ausführbarkeit und der
mangelnden Neuheit entgegen und halten den Streitgegenstand in der erteilten
Fassung weiterhin für bestandsfähig.

Sie bestreiten, dass eine offenkundige Vorbenutzung des Streitgegenstands durch
die Kleinkläranlagen gemäß V1 und V2 mit dem Gutachten

A10 Gutachten von Prof. L1… zu Aufbau, Funktion
und Betrieb einer Kleinkläranlage, 31.10.2014

und den diesbezüglichen Ausführungen der Einsprechenden belegt werden
könne. Die Kleinkläranlagen seien zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutach-
tens A10 15 Jahre im Betrieb gewesen, weshalb es weder glaubhaft noch druck-
schriftlich belegt sei, dass in diesem Zeitraum keine Veränderungen an den Anla-
gen erfolgt seien, die sich auf Betriebsparameter und insbesondere auf das Merk-
mal "Verwirbelung der Trägermaterialkörper in der Belüftungsphase mit einer Ge-
schwindigkeit von 20 cm/s bis 80 cm/s" auswirkten. Daher könne eine Vorbenut-
zung auch nicht durch das Gutachten A10 hergeleitet werden. Zudem gehe der
Gutachter in A10 von Annahmen aus und benutze Methoden, die für eine Bestim-
mung der beanspruchten Parameter nicht geeignet seien. Hinsichtlich der Vorbe-
nutzung V2 legen die Patentinhaber ergänzend dar, dass weder durch die

A04 Anlagenkonvolut zur Vorbenutzung V2 / P…, 12 Seiten, 1999

noch durch A10 die Vorbeschreibung der Merkmale "Befüllung des Bioreaktors mit
annähernd 50 % seines Wassernutzvolumens mit Trägermaterialkörpern", "Dichte
der Trägermaterialkörper von höchstens der Schichtstärke der schwebenden anoxisch wirkenden Filterschicht
entspricht" belegt sei. Der Streitgegenstand sei daher gegenüber der vorgetrage-
nen offenkundigen Vorbenutzungen gemäß V1 und V2 neu und beruhe auch auf
einer erfinderischen Tätigkeit.
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Hinsichtlich der Ausführbarkeit habe die Einsprechende keinerlei neue Gesichts-
punkte gegenüber dem Einspruchsverfahren vor dem DPMA vorgetragen, wes-
halb die Begründung der Patentabteilung nicht wirksam angezweifelt worden sei.
Zudem sei die untere Geschwindigkeitsschranke im Merkmal "Verwirbelung der
Trägermaterialkörper in der Belüftungsphase mit einer Geschwindigkeit von
20 cm/s bis 80 cm/s" durch die Beschreibung des Streitpatents für die Ausführbar-
keit hinreichend gestützt. Die Einhaltung der Grenzen sei dabei soweit aufzufas-
sen, wie die exakte Einhaltung sowohl physikalisch möglich als auch vor dem Hin-
tergrund der gesamten Patentschrift geboten erscheine. Mithin sei der Ausle-
gungsrahmen keineswegs unsachgemäß oder beliebig weit und das umstrittene
Merkmal ausführbar.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 20. Dezember 2016 in der mündli-
chen Verhandlung vom 18. Juli 2017 Beweis durch die uneidliche Vernehmung
des Zeugen G… erhoben. Der Zeuge hat während der Ver-
nehmung zur Stützung seiner Aussagen folgende Dokumente vorgelegt:

Anlage 1 3 Fotoaufnahmen der Kleinkläranlage am Tag des Neu-
baus und der Inbetriebnahme im Juni 1999
Anlage 2 Frachtbrief und Lieferscheine der Firma Sand- und
Betonwerke B1… GmbH in
L2…, an Umwelttechnik B… in
P1…, für Bestimmungsort G… in L…-
S…, Juni 1999 und Informationsblatt "Hinweise zum
Versetzen der Betonbehälter für eine B1…-Beton
Kleinkläranlage ohne Abwasserbelüftung nach DIN 4261
Teil 1"
Anlage 3 Handschriftliche, auf Nachfrage des Vertreters der Pa-
tentinhaber im Beweistermin angefertigte Zeichnung der
in der Kleinkläranlage verwendeten Aufwuchskörper

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Zu den Einzelheiten der Zeugeneinvernahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom
18. Juli 2017 verwiesen sowie wegen der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der
Gerichtsakten Bezug genommen.


II.

Die Beschwerde der Einsprechenden ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der gemäß Haupt- und Hilfsan-
trag verteidigten Fassung des Streitpatents erweist sich als nicht patentfähig.
Dabei kann es dahinstehen, ob die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach
Haupt- und Hilfsantrag ausführbar offenbart sind. Denn der Gegenstand des Pa-
tentanspruchs 1 in den verteidigten Fassungen ist jedenfalls nicht neu.

2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag betrifft ein Ver-
fahren zur biologischen Reinigung von Abwässern mit folgenden Merkmalen:

M1 Verfahren zur biologischen Reinigung von Abwässern
M2 bei dem aus einem Vorklärbecken vorgeklärtes Abwasser
M3 kontinuierlich durch den Bioreaktor
M3.1 mit einem intermittierend und feinblasig betriebenen Belüfter
M3.2 und einem Schlitzrohr als Fangvorrichtung
M3.3 für mit Mikroorganismen besiedel- und verwirbelbare Trägermate-
rialkörper fließt,
M3.4 die Trägermaterialkörper eine Dichte von M4 und bei dem das Abwasser anschließend in eine Nachklärkammer
gefördert wird
M4.1 und dann in den Ablauf gelangt,
M5 wobei der Bioreaktor annähernd zu 50% seines Wassernutzvolu-
mens mit den Trägermaterialkörpern gefüllt ist,
- 11 -
M5.1 die maximale Flächenbelastung des Biofilms im Bioreaktor
≤ 2 g BSB5 /m
2 d beträgt,
M6 die Trägermaterialkörper in der Belüftungsphase mit einer Ge-
schwindigkeit von 20 cm/s bis 80 cm/s verwirbelt werden,
M7 die Sauerstoffkonzentration im Abwasser in der Belüftungsphase
auf 5 mg O2/l bis 8 mg O2/l eingestellt wird,
M8 die Trägermaterialkörper in den Belüftungspausen unterhalb der
Oberfläche des Abwassers eine anoxisch wirkende Filterschicht bil-
den
M9 und die Belüftungsphase erst wieder einsetzt, wenn die Sauerstoff-
konzentration im Abwasser in den Pausen der Belüftung einen Wert
von nahezu 0 mg O2/l erreicht,
M10 das Schlitzrohr eine Eintauchtiefe aufweist, die höchstens der
Schichtstärke der schwebenden anoxisch wirkenden Filterschicht
entspricht
M11 und die sich im Bioreaktor bildende geringe Schlammmenge in die
Nachklärkammer gefördert wird,
M11.1 dort sedimentiert
M11.2 und aus dieser in das Vorklärbecken gefördert
M11.3 oder im Nachklärbecken gespeichert und aus diesem zur Entsor-
gung abgezogen wird.

3. Das Verfahren zur biologischen Reinigung von Abwässern gemäß Hauptan-
trag ist wegen mangelnder Neuheit gegenüber der geltend gemachten Vorbenut-
zung V1 nicht patentfähig.

3.1. Die Einsprechende hat eine offenkundige Vorbenutzung des erfindungsge-
mäßen Gegenstands durch die im Jahr 1999 neu gebaute und in Betrieb genom-
mene Kleinkläranlage G… V1 geltend gemacht und hierzu neben einer
eidesstattlichen Versicherung des Betreibers G… (A09) diverse Unterla-
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gen eingereicht, betreffend die Auftragsbestätigung zum Bau dieser Anlage und
den behördlichen Zulassungsantrag in

A02 Anlagenkonvolut betreffend Auftragsbestätigung L…-S…/
Anlage G…, 20.05.1999 mit Anlagen:
A02a Eheleute G1…, "Antrag/Anzeige zur Benutzung eines Ge-
wässers" beim Landkreis C1…, 15.05.1999, 2 Seiten
A02b K… GmbH, "DN 2500 – Drei-
kammerbehälter", technische Zeichnung, Maßstab 1:20, 1 Seite,
11.02.1999
A02c Vermessungsverwaltung Kreis W… Gemarkung S…,
"Abzeichnung der Flurkarte", 3 Seiten
A02d K… GmbH, "Klärtechnische
Berechnung für eine Wirbelbettanlage (Modell: K…CLEAN),
Bauvorhaben G…", ohne Datum, 2 Seiten
A02e K… GmbH, "Wartungsver-
trag" mit G…, 30. Juni 1999, 2 Seiten
A02f G…, "Fertigstellungserklärung" an Landkreis
C1…, 14.07.2000.

Des Weiteren hat sie Firmenunterlagen zu der Kleinkläranlage im Anlagenkonvolut

A03 B… Umwelttechnik, Vollbiologische Kleinkläranlage
für 4 bis 50 EW, Wirbel-/ Schwebebett-/ Biofilmtechnologie, Typ
Sachsenklo – Anleitung für Wartung und Betrieb, Stand
11.05.1999, 7 Seiten, mit Anlagen:
A03a B… Umwelttechnik, "B…-clean Wirbelbett –
Beschreibung des Verfahrens", Stand 4/99, Verfahren WB4-30,
1 Seite
A03b B… Umwelttechnik, "DN 2500 – Dreikammerbehäl-
ter", technische Zeichnung, Maßstab 1:20, 1 Seite, 15.07.1998
- 13 -
A03c B… Umwelttechnik, "Hinweise zur Einstellung der
SPS", Stand: 11.05.1999, 1 Seite
A03d B… Umwelttechnik, Schaltbild, 02.08.1998, 1 Seite
A03e B… Umwelttechnik, "Grundeinstellungen Verdichter
Wirbelbettanlagen", Stand: 11.05.1999, 1 Seite
A03f B… Umwelttechnik, "Übergabe-/Inbetriebnahmepro-
tokoll" in L…-S…, 23.06.1999, 1 Seite

sowie das Gutachten A10 von Prof. L1… zu Aufbau, Funktion
und Betrieb einer Kleinkläranlage vom Oktober 2014 vorgelegt.

3.2. Voraussetzung für die offenkundige Vorbenutzung einer technischen Lehre
ist es, dass diese der Öffentlichkeit durch die Benutzungshandlung zugänglich
gemacht worden ist. Dies setzt sowohl die Zugänglichkeit der Informationsquelle
als auch die Zugänglichkeit der technischen Informationen voraus, die sich aus
dieser Quelle gewinnen lassen (vgl. BGH GRUR 1997, 892 – Leiterplattennutzen),
d. h. die maßgebliche technische Lehre muss anhand der Benutzung objektiv
erkennbar sein, ohne dass es für den Fachmann insoweit weiterer Erläuterungen
bedarf (vgl. BGH GRUR 1996, 747 – Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem;
sowie Benkard/Melullis, PatG, 11. Aufl., § 3 Rdn. 125; Schulte/Moufang, PatG,
10. Aufl., § 3 Rdn. 32 und 51). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann bereits
eine einzige, ohne Geheimhaltungsvereinbarung erfolgte Lieferung eines entspre-
chenden Gegenstandes ausreichen, um den Tatbestand der offenkundigen Vor-
benutzung zu erfüllen (vgl. BGH GRUR 1999, 976 – Anschraubscharnier; sowie
Benkard/Melullis, PatG, 11. Aufl., § 3 Rdn. 133).

Die Kleinkläranlage V1 und die dazugehörigen Informationen sind jedenfalls für
den Zeitraum vor dem Anmeldetag des Streitpatents öffentlich zugänglich gewe-
sen, der vor dem Unterzeichnungsdatum des Lizenzvertrages A05 liegt, da vor
dem Lizenzvertrag keine Geheimhaltungspflicht bestand und ein späterer Wegfall
der Zugänglichkeit ohne Einfluss ist (vgl. Schulte/Moufang PatG, 10. Aufl., § 3
- 14 -
Rdn. 34). Durch den Einbau und die Inbetriebnahme von V1 bei dem Betreiber der
Anlage im Jahr 1999 hat die Kleinkläranlage die Einflusssphäre der Patentinhaber
verlassen, so dass ein nicht begrenzter Personenkreis nach den gegebenen Um-
ständen in der Lage war, Kenntnis von der konkreten technischen Information zu
erlangen (vgl. Benkard/Mellulis, a. a. O., § 3 Rn. 76).

Die Beschwerdegegner haben dies zwar bestritten, der Senat sieht die geltend
gemachte Vorbenutzung aber nach der Aussage des Zeugen G… in der
mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2017 als erwiesen an. Der glaubwürdige
Zeuge hat sich in seiner Vernehmung auf alle Fragen detailliert und widerspruchs-
frei eingelassen. Etwa als der Vertreter der Beschwerdeführer im Laufe der Ver-
nehmung angedeutet hat, dass die mit der Wartung der Kläranlage beauftragte
Firma möglicherweise auch ohne das Wissen des Zeugen an der Anlage Verände-
rungen hätte vornehmen können. Hierzu wurde der Zeuge mit einem Schreiben
der Firma K… vom 25. Juli 2001 konfrontiert, in dem sich die Passage
findet: "am 24. Juli 2001 haben wir Ihre neue Wirbelbettanlage beprobt und einge-
stellt. Dieser Termin wurde Ihnen bewusst nicht vorher bekannt gegeben, um eine
echte Stichprobe zu Analysieren" (vgl. Schreiben vom 25. Juli 2001 in der Anlage
zu A09). Der Zeuge hat daraufhin überzeugend klargestellt, dass er es ausschlie-
ßen könne, dass die Wartungsfirma zu irgendeinem Zeitpunkt ohne sein Wissen
auf sein Grundstück bzw. an die dort installierte Kläranlage hätte gelangen kön-
nen. Dem steht für den Senat auch die zitierte Passage nicht entgegen, da Kon-
trolltermine zwar durchaus unangekündigt erfolgen, vor Ort aber dennoch nicht
ohne Mitwirkung des Betroffenen durchgeführt werden können, insbesondere
beim Ermöglichen des Zugangs des Wartungspersonals zur Anlage durch den
Eigentümer.

Dass der Zeuge auf Vorhalt des Passus "Ihre Anlage ist nunmehr betriebsbereit"
in dem genannten Schreiben der Firma K… freimütig eingeräumt hat,
hierzu nichts sagen zu können, vermag den Termin der Inbetriebnahme im
Juni 1999 ebenfalls nicht in Zweifel zu ziehen. Vielmehr wertet der Senat die
- 15 -
zitierte Passage als formelhaften Hinweis auf das positive Ergebnis des betreffen-
den Wartungstermins. Dies vor allem vor dem Hintergrund der eindeutigen, mit pri-
vatem Bildmaterial unterlegten Aussage des Zeugen, sich an die Inbetriebnahme
im Juni 1999 unzweifelhaft erinnern zu können (vgl. Fotoaufnahmen mit Angabe
des Datums auf der Rückseite in Anlage 1). Zum anderen handelt es sich bei dem
genannten Schreiben um ein "Wartungsergebnis Ihrer Kläranlage", was ebenfalls
dafür spricht, dass die Anlage zu diesem Zeitpunkt bereits in Betrieb gewesen sein
muss.

Nach umfassender Würdigung der glaubhaften, in sich schlüssigen Aussage des
Zeugen, der vorgelegten Dokumente und der hierzu vorgetragenen Argumente der
Parteien steht für den Senat fest, dass die von dem Zeugen betriebene Kleinklär-
anlage zum Zeitpunkt der für die Erstellung des Gutachtens A10 erforderlichen
Messungen vom 1. Juli 2014 und 28. Oktober 2014 in baulicher Hinsicht bzw. von
ihrer Betriebsweise her noch technisch identisch mit ihrem Zustand zum Zeitpunkt
ihrer Inbetriebnahme im Juni 1999 war (vgl. A10, S. 3, Kap. 4.2.1).

Nach Aussage des Zeugen hatte er die Anlage im Rahmen eines Tages der offe-
nen Tür bei der Einsprechenden ausgesucht. An derartigen Aktionstagen sind
technische Anlagen oder sonstige in der Regel nicht öffentlich zugänglichen Be-
reiche für Besucher geöffnet, die dort üblicherweise keinen Zutritt haben. Nach der
allgemeinen Lebenserfahrung belegt eine Zurschaustellung im Rahmen eines Ta-
ges der offenen Tür die öffentliche Zugänglichkeit einer Lehre (vgl. BGH GRUR
1996, 747 – Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem).

3.3. Mit den Angaben, die der Zeuge in seiner Vernehmung ausgesagt hat, steht
auch das zur geltend gemachten Vorbenutzung des Streitgegenstands gemäß V1
von der Beschwerdeführerin vorgelegte Gutachten A10 vollumfänglich in Einklang.
Das Gutachten entspricht zudem nach der Wertung des Senats hinsichtlich Auf-
bau und angewandter Messmethode allen fachüblichen Standards, ist in sich
schlüssig und im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen und Schlussfolgerun-
- 16 -
gen methodisch folgerichtig, plausibel und lückenlos nachvollziehbar. Darüber
hinaus wird es allen Anforderungen an Klarheit und Unparteilichkeit gerecht.

3.4. Die fragliche Kleinkläranlage V1 besteht aus einer üblichen und gemäß
DIN 4261, Teil 2 genormten Kleinkläranlage zur Reinigung von häuslichem Ab-
wasser. Sie besteht im Wesentlichen aus der Vorklärung, dem Bioreaktor mit
einem Trägermaterial für den Biofilm, dem Belüftungssystem sowie der Nachklä-
rung (vgl. A03 S. 4 von 7 Abs. 1; vgl. A03b re. Fig.). Das Abwasser wird dabei in
der ersten Kammer (= Vorklärung) von eingebrachten Grobstoffen gereinigt. Diese
erste Kammer dient zugleich auch als Schlammspeicher. Danach strömt das Ab-
wasser in die zweite Kammer (= Bioreaktor), in der die biologische Reinigung
durch suspendierte und auf Trägermaterialkörpern in einem Biofilm anhaftende
Mikroorganismen und damit basierend auf dem Prinzip der Biofilmtechnologie
erfolgt. Als Trägermaterial wird ein Kunststoffmaterial auf PE-Basis verwendet,
wobei dem Fachmann bekannt ist, dass PE-Kunststoffe eine Dichte von
Wirbel-/ Schwebebett-Biofilmtechnologie", Abs. 2). Dies wird im Gutachten A10
bestätigt, in dem die Dichte der in V1 verwendeten Aufwuchskörper mit 0,9 kg/l
(= 0,9 g/cm3) bestimmt worden ist (vgl. A10 S. 6 Kap. 4.4.2). Die Mikroorganismen
nehmen organischen Schmutz als Nahrung auf und wandeln diesen in ökologisch
unbedenkliche Stoffwechselprodukte um. Der dazu benötigte Sauerstoff wird der
Luft entnommen, wobei mit Hilfe eines Verdichters Druckluft zeittaktgesteuert über
Membranbelüfter in die biologische Reinigungsstufe eingetragen wird. Überschüs-
sige und abgestorbene Mikroorganismen werden abgestoßen und zusammen mit
dem in der biologischen Reinigung gereinigten Abwasser über eine mit Schlitzen
versehene Ablaufvorrichtung in die dritte Kammer (= Nachklärung) geleitet, die
wiederum als Absetzkammer der Abtrennung der zugewachsenen Biomasse
dient. Der angesammelte Schlamm wird zeittaktgesteuert aus dem Nachklärbe-
cken in die erste Kammer zurückgepumpt und das gereinigte Schmutzwasser
verlässt die Kläranlage über eine Ablaufvorrichtung (vgl. A03 S. 4 von 7 Kap. 2.
Abs. 2 bis 4; vgl. A03a Abs. "Grobentschlammung" bis "Nachklärung" und A10
- 17 -
S. 1/2 Kap. 4.1 i. V. m. A03b). Da es dem Fachmann bewusst ist, dass über Mem-
branbelüfter eine feinblasige Belüftung erfolgt und dies aus seiner Sicht für die
Ausführung der offenbarten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner beson-
deren Offenbarung bedarf (BGH GRUR 2009, 382 – Olanzapin), sind somit aus
V1 die Merkmale M1 bis M4.1 vorbekannt.

Gemäß der klärtechnischen Berechnung zu V1 beträgt der Füllgrad der Wirbel-
kammer 49 % (vgl. A02d, S. 2 Kap. "5. Wirbelbett", Z. 2) und der tägliche Sauer-
stoffbedarf Bd 0,4 kg BSB5/d = 400 g BSB5/d (vgl. A02d, S. 1 Kap. "2. Schmutz-
last", Z. 2, wobei BSB5 den biologischen Sauerstoffbedarf darstellt, den Bakterien
und alle anderen im Wasser vorhandene Mikroorganismen bei einer Temperatur
von 20°C innerhalb von fünf Tagen verbrauchen). Ausgehend von der wirksamen
Oberfläche AW
und dem Behandlungsvolumen des Wirbelbetts VWB, die gemäß
A02d 500 m2/m3 bzw. 1,56 m3 betragen (vgl. A02d S. 2 Kap. "5. Wirbelbett", Z. 1
und S. 1 Kap. "4. Wirbelbettkammer", Z. 1), errechnet sich für einen Füllgrad von
49 % im Bioreaktor die tatsächlich vorhandene Oberfläche des Wirbelbetts AWB zu
382,2 m2 (= 500 m2/m3 * 49 % * 1,56 m3) und daraus mit dem täglichen Sauerstoff-
bedarf die Flächenbelastung Bd / AWB zu 1,05 g BSB5/(d m
2). Daher sind die Merk-
male M5 und M5.1 aus V1 ebenfalls als vorbekannt anzusehen. Die Merkmale M5
und M5.1 wurden im Übrigen auch im Gutachten A10 anhand von Messungen an
der Anlage gemäß V1 bestimmt. Dabei ergaben sich ein Füllgrad von 48 % und
eine Flächenbelastung von 0,85 g BSB5/(d m
2) (vgl. A10 S. 5 Kap. 4.3 und S. 6
Kap. 4.5). Somit stimmen die im Gutachten bestimmten Werte für den Senat in
überzeugender Weise mit den Angaben der klärtechnischen Berechnung überein.

Aus den Dokumenten, die vor dem Lizenzvertrag im Juli 2000 erstellt und verteilt
worden sind, finden sich zur Sauerstoffkonzentration gemäß den Merkmalen M7
und M9 keine Angaben. Allerdings wurde die Sauerstoffkonzentration im Gutach-
ten A10 bei der Anlage gemäß V1 bestimmt. Danach konnten je nach Belastungs-
zustand der Kleinkläranlage in der Belüftungsphase Sauerstoffkonzentrationen bis
annähernd 6 mg O2/l und in Belüftungspausen von nahezu 0 mg O2/l nachgewie-
- 18 -
sen werden, so dass die Merkmale M7 und M9 aufgrund der V1 ebenfalls als vor-
bekannt anzusehen sind (vgl. A10 S. 3 Abb. 2 und S. 4 Abb. 3).

Eine anoxische Schicht gemäß Merkmal M8 ist zwar in den Dokumenten expres-
sis verbis nicht beschrieben. Der Fachmann geht aber davon aus, dass diese in
den Belüftungspausen aufgrund der Rahmenbedingungen ohne weitere äußere
Einflüsse entsteht. Dafür spricht auch, dass die Belüftungsintervalle gemäß A03e
für den in V1 eingebauten Kläranlagentyp "BIO WB/08-1A" in den Bereichen liegt,
die in der Streitpatentschrift für den Betrieb der im Wesentlichen baugleichen An-
lage als bevorzugt beansprucht werden (vgl. A03e obere Tab. insbesondere Z. 2
i. V. m. A03f Z. 2; vgl. Streitpatentschrift Patentanspruch 4 und Abs. [0036]). Merk-
mal M8 ist somit derart offenbart, dass es sich für den Fachmann beim Nachar-
beiten unmittelbar und zwangsläufig ergibt (vgl. Benkard/Melullis, PatG, 11. Aufl.,
§ 3 Rn. 229).

Das Merkmal M10 ist den Dokumenten zu V1 zwar nicht zu entnehmen. Die Mes-
sung im Gutachten A10 an der Anlage V1 ergab jedoch, dass das Schlitzrohr eine
Eintauchtiefe von 56 cm bei einer Dicke des Schwebebettes aus Aufwuchskörpern
von 61 cm aufwies, so dass sich auch dieses Merkmal aus der Vorbenutzung
gemäß V1 als vorbekannt erweist.

Zur Geschwindigkeit der Aufwuchskörper in der Belüftungsphase gemäß Merk-
mal M6 enthalten die vorgelegten Unterlagen zu V1 wiederum keine Angaben.
Auch dieser Parameter wurde im Gutachten A10 untersucht. Da die Streitpatent-
schrift für die Bestimmung der Geschwindigkeit der Aufwuchskörper keine Mess-
methode angibt, wurde im Gutachten die Methode der Umformung von Video-Da-
teien der Wasseroberfläche in sequenzierte tiff-Einzelbilder und anschließender
Software-unterstützter Bestimmung der Geschwindigkeit einzelner Aufwuchskör-
per verwendet (vgl. A10 S. 6/7 Kap. 4.6.1). Diese Messmethode ist nach Ansicht
des Senats fachüblich, sachgerecht und geeignet, den Verfahrensparameter nach
Merkmal M6 zu bestimmen. Dies wird letztlich auch vom Vortrag der Patentinha-
- 19 -
ber in der mündlichen Verhandlung bestätigt, diese Messmethode früher ebenfalls
eingesetzt zu haben. Die Messungen in A10 ergaben dabei, dass die durch-
schnittliche Strömungsgeschwindigkeit der untersuchten Aufwuchskörper in der
Anlage V1 zwischen 17,0 und 44,2 cm/sec liegt (vgl. A10, S. 7 Kap. 4.6.2). Damit
stimmt das gemessene Intervall in weiten Bereichen mit dem patentgegenständli-
chen Intervall überein, weshalb auch das Merkmal M6 der Vorbenutzung zu ent-
nehmen ist bzw. sich das Merkmal M6 wiederum unmittelbar und zwangsläufig bei
der Nacharbeitung der offenkundigen Vorbenutzung V1 einstellt (vgl. Benkard/
Melullis, a. a. O.).

Somit waren sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 in der Vorbenutzung V1
verwirklicht.

3.5. Der Einwand, die Kleinkläranlage V1 sei im Laufe der 15 Jahre, die zwischen
der Inbetriebnahme und den Messungen für das Gutachten A10 lägen, durch War-
tungs- und Reparaturarbeiten derartig verändert worden, dass die Ergebnisse des
Gutachtens A10 nicht die Lehre der Benutzung vor dem Prioritätstag des Streitpa-
tents belegen würden, greift nicht durch. In seiner Vernehmung am 18. Juli 2017
hat der Zeuge G… glaubhaft ausgesagt, dass bis zum Zeitpunkt der gut-
achterlichen Messungen keinerlei baulichen Veränderungen an der Kleinkläran-
lage vorgenommen, sondern lediglich die in den Wartungsunterlagen aufgeführten
Wartungs- und Reparaturtätigkeiten durchgeführt wurden (vgl. A09 le. Abs.). Auch
bei dem im Jahr 2005 ersetzten Kompressor handelt es sich um einen Kompres-
sor des gleichen Typs mit identischen Außenmaßen und identischer Typenbe-
zeichnung, so dass der Ersatz zu keinen Veränderungen im bestimmungsgemä-
ßen Betrieb der Kleinkläranlage V1 geführt hat.

3.6. Dass gemäß den als Anlage zu A09 vorliegenden Wartungsprotokollen wäh-
rend der Wartungen die Taktung der Belüftungsphasen und -pausen geändert
worden ist, stellt diese Wertung nicht infrage. Denn im Patentanspruch 1 ist die
Taktung nicht beansprucht. Diese hat lediglich auf den Verfahrensparameter
- 20 -
gemäß Merkmal M9 einen Einfluss, da darin beansprucht ist, dass die Belüftungs-
phase erst wieder einsetzt, wenn die Sauerstoffkonzentration im Abwasser in der
Belüftungspause einen Wert von nahezu 0 mg O2/l erreicht. Nachdem aber die
Dauer der Belüftungspausen gemäß A03e und den Wartungsprotokollen in V1 im
Bereich der im Streitpatent angegebenen Dauer liegt (vgl. A03e obere Tab.;
Streitpatentschrift Patentanspruch 4 und Abs. [0036]), haben die in den Wartungs-
protokollen dokumentierten Taktungsänderungen nicht dazu geführt, dass die Vor-
benutzung V1 das Merkmal M9 nicht erfüllt. Dies wird durch die in A10 gemessene
Sauerstoffkonzentration von nahezu 0 mg O2/l in der Belüftungspause bestätigt
(vgl. A10 S. 4 Abb. 3).

3.7. Zweifel an der unveränderten Vorbenutzung gemäß V1 ergeben sich für den
Senat auch nicht durch die vorhandenen Lücken in den Wartungsprotokollen. So
belegen die eingereichten Wartungsprotokolle den dauerhaften Betrieb der An-
lage V1 seit der Inbetriebnahme im Juni 1999 (vgl. A03f). Ausweislich des vorge-
legten Wartungsvertrags A02e waren zweimal im Jahr Wartungen durch die
beauftragte Fachfirma K… GmbH vorgesehen. Dass die dabei erstellten Pro-
tokolle nun nicht mehr lückenlos vorliegen, vermag die Glaubwürdigkeit der Aus-
sage des Zeugen G… für den Senat nicht zu beeinträchtigen, sondern ist
durchaus mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang zu bringen, dass inner-
halb eines derart langen Zeitraums vereinzelte Unterlagen verloren gehen können.
Aufgrund der glaubwürdigen Aussage des Zeugen G… steht zur Über-
zeugung des Senats fest, dass keine anderen Änderungen an der Anlage V1 vor-
genommen worden sind, als sie in den vorliegenden Unterlagen dokumentiert
sind.

Dies bestätigt im Übrigen auch das in der Anlage zu A09 vorgelegte Protokoll
"CSB-Untersuchungswerte", aus dem sich keine weiteren Veränderungen an der
Anlage V1 ergeben. Der gemäß diesem Protokoll am 16. Oktober 2000 einge-
baute Druckluftheber stellt dabei keine bauliche Veränderung der Kleinkläranlage
dar, die einen Einfluss auf das streitpatentgemäß beanspruchte Verfahren zur
- 21 -
biologischen Reinigung von Abwässern hat, da das beanspruchte Verfahren nur
die Abläufe in der Kammer 2 betrifft. Denn der Druckluftheber dient zur Überfüh-
rung der in der Absetzkammer abgelagerten Biomasse in die erste Kammer (vgl.
A03 S. 4 von 7 Abs. 3 von unten; vgl. A10 S. 2 Abs. 2). Dieser Verfahrensschritt ist
aber nicht Gegenstand des patentgemäßen Verfahrens.

3.8. Aus dem vermeintlichen Unterschied bei der Angabe der Wassertiefe der
biologischen Stufe von 1,35 m im Antrag zur Benutzung eines Gewässers, der
sowohl als Anlage zu A09 als auch als Anlagen A02a und A02b vorgelegt worden
ist, und der gemessenen Wassertiefe von 1,61 m im Gutachten A10 ergibt sich
nach Ansicht des Senats ebenfalls kein Widerspruch, der Zweifel an der neuheits-
schädlichen Vorbenutzung durch die Kleinkläranlage V1 wecken könnte (vgl. A02b
rechter Teil oberes Drittel, vgl. A10 S. 5 Abs. 3). Denn bei der durch die Vorbenut-
zung zugänglich gemachten Information kommt es ausschließlich auf die Daten
der tatsächlich realisierten Anlage an. Diese sind aber in der für die Anlage V1
relevanten klärtechnischen Berechnung gemäß A02d aufzufinden, in der eine
Wassertiefe von 1,63 m angegeben ist (vgl. A02d S. 1 "Behältergeometrie"
vorle. Z.). Diese Angabe steht im Einklang mit der im Gutachten A10 gemessenen
Wassertiefe von 1,61 m. Ob die in der V1 verbauten Behälter von den Beschwer-
degegnern stammen, spielt im Übrigen für die Frage, ob die patentgemäßen Merk-
male als vorbenutzt anzusehen sind, keine Rolle.

3.9. Die Argumentation, dass die Anlage V1 zum Zeitpunkt der Messungen für
das Gutachten A10 nicht mehr mit den ursprünglich eingefüllten Trägermaterial-
körpern betrieben worden sei, weshalb die Messergebnisse im Gutachten A10
keine Offenbarung vor dem Anmeldetag des Streitpatents repräsentieren würden,
folgt der Senat nicht. Denn der Zeuge G… hat in seiner Vernehmung
glaubwürdig ausgesagt, dass die Anlage zum Zeitpunkt der gutachterlichen Mes-
sungen nach wie vor mit den originalen Trägermaterialkörpern in Betrieb war und
auch keine Trägermaterialkörper nachgefüllt wurden. Der Zeuge hat dazu aus
dem Gedächtnis eine typische Form der in V1 verwendeten Aufwuchskörper auf-
- 22 -
gezeichnet (vgl. Anlage 3). Eine derartige Form findet sich auch in der Abbildung
einer aus V1 gewonnenen Probe der Aufwuchskörper in A10 (vgl. A10 S. 5 Abb. 5
z. B. rechts oben). Für den Senat bestehen daher keine Zweifel, dass die An-
lage V1 zu dem genannten Zeitpunkt immer noch mit den originalen Trägermateri-
alkörpern betrieben wurde.

Zudem ist im Patentanspruch 1 die räumliche Form der Trägermaterialkörper nicht
beansprucht. Beansprucht ist lediglich in den Merkmalen M3.4 und M5, dass die
Trägermaterialkörper eine Dichte von des Wassernutzvolumens im Bioreaktor einnehmen. In diesem Zusammenhang
haben die Beschwerdegegner den Wert für den Füllgrad angezweifelt. Nachdem
aber in der klärtechnischen Berechnung (A02d S. 2 "5. Wirbelbett" Z. 2) ein Füll-
grad von 49 % genannt ist und die Erfüllung dieser beiden Eigenschaften im Übri-
gen auch im Gutachten A10 nachgewiesen ist, verbleiben für den Senat insoweit
keine Zweifel (vgl. A10 S. 5 Abs. 5 le. Satz und S. 6 Abs. 1). Des Weiteren hat der
Gutachter zu Recht bei der Berechnung des Füllgrads das vom Hersteller ange-
gebene Volumen verwendet, obwohl sich bei der theoretischen Berechnung des
Volumens des einen Viertelzylinder darstellenden Bioreaktors aus der Oberfläche
des Bioreaktors (= ein Viertel der kreisförmigen Oberfläche der Anlage aus Vorklä-
rung, Bioreaktor und Nachklärung) und gemessener Wassertiefe ein höherer Wert
ergeben würde. Denn der Bioreaktor weist ausweislich der Konstruktionszeich-
nung A02b und des vom Zeugen in der Vernehmung übergebenen Fotos gemäß
Anlage 1 zum Boden hin eine Abschrägung auf, durch die das Volumen des Vier-
telzylinders verringert wird (vgl. A02b linker Reaktor; vgl. Anlage 1 oberes Foto,
unterer linker Viertelzylinder). Diese Volumenverringerung führt somit zu dem in
A02d vom Hersteller angegebenen Volumen (vgl. A02d S. 1 vorle. Z.). Zu einer
Überprüfung der Volumenangabe des Herstellers hatte der Gutachter auch keinen
Anlass, weil alle von ihm überprüften bautechnischen Parameter der Anlage V1
mit den Angaben in der klärtechnischen Berechnung übereinstimmten (vgl. II. 3.3.
und II. 3.7.).

- 23 -
Da im Übrigen durch die V1 die patentgemäßen Merkmale als vorbekannt anzu-
sehen sind, ist ausgehend von V1 auch keine Optimierung der Parameter Füllgrad
und Verwirbelungsgeschwindigkeit mehr notwendig, wie dies die Beschwerdegeg-
ner in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben.

3.10. Das in der Anlage zu A09 vorgelegte Protokoll "CSB-Untersuchungswerte"
weist zwar für die Untersuchungstage 14. Dezember 2000 und 9. Januar 2001 für
Kleinkläranlagen zu hohe CSB-Werte auf – zulässig sind CSB-Werte (vgl. Schreiben vom 25. Juli 2001 in der Anlage zu A09). Dies ist aber kein Beleg
dafür, dass die Kleinkläranlage V1 erst mit dem Schreiben vom 25. Juli 2001
betriebsbereit gewesen ist. Vielmehr ist durch A03f belegt, dass die Anlage V1 am
23. Juni 1999 von der Firma B… Umwelttechnik in P1…, ohne Rest-
mängel oder Restarbeiten übergeben und in Betrieb genommen worden ist. Es
wurde sogar eine Betriebsunterweisung durchgeführt und auf die Verpflichtung
einer regelmäßigen Wartung durch einen Fachbetrieb hingewiesen. Damit war V1
zu diesem Zeitpunkt betriebsbereit und wird seitdem nach glaubwürdiger Aussage
des Zeugen G… auch betrieben. Die zu hohen CSB-Werte im Dezem-
ber 2000 bzw. Januar 2001 stellen somit Betriebsstörungen dar, die nicht zu einer
Außerbetriebnahme der Anlage geführt haben und die im Rahmen des Wartungs-
vertrags mit einer Fachfirma behoben wurden, ohne dass eine bauliche Verände-
rung an der Anlage V1 durchgeführt und dokumentiert worden ist.

4. Das streitpatentgemäße Verfahren zur biologischen Reinigung von Abwäs-
sern ist auch in der Fassung gemäß Hilfsantrag mangels Neuheit nicht patentfä-
hig.

Der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich
vom Gegenstand nach Patentanspruch 1 des Hauptantrags nur durch das zusätz-
liche Merkmal

- 24 -
12 wobei die Trägermaterialkörper eine spezifische Oberfläche von
200 m2/m3 bis 500 m2/m3 aufweisen.

Dieses Merkmal ist aber ebenfalls als aus der Vorbenutzung V1 vorbekannt anzu-
sehen (vgl. A02d S. 2 "5. Wirbelbett" Z. 1; vgl. A03a "Biologische Reinigungsstufe
nach der Wirbel-/ Schwebebett-Biofilmtechnologie" Abs. 2). Daher ist der Gegen-
stand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag aus denselben Gründen wie der
Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag mangels Neuheit gegen-
über V1 nicht patentfähig.

5. Die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 4 gemäß Hauptantrag und Hilfs-
antrag teilen das Schicksal des jeweiligen Patentanspruchs 1 (vgl. BGH, GRUR
2007, 862 – Informationsübermittlungsverfahren II; BGH, GRUR 1997, 120 – Elek-
trisches Speicherheizgerät; BPatG GRUR 2009, 46 – Ionenaustauschverfahren).


III.

Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht veranlasst, da weder
ein zwingender Grund zur Wiedereröffnung im Sinne von § 99 (1) PatG i. V. m.
156 (2) ZPO vorliegt, noch sonstige Umstände vorgetragen wurden, die eine Wie-
dereröffnung aus sonstigen Gründen nach freiem Ermessen als geboten erschei-
nen lassen (§ 156 (1) ZPO).

Der Vertreter der Beschwerdegegner hat in einem nachgereichten Schriftsatz gel-
tend gemacht, eine von ihm beabsichtigte Befragung des Sachverständigen sei
ihm durch dessen sehr abrupte und schnelle Entlassung unmöglich gemacht wor-
den. Dieser Vortrag steht im Widerspruch zum tatsächlichen Verlauf der Verhand-
lung.

- 25 -
Der Vertreter der Beschwerdegegner hat im Laufe seiner Befragung des Zeugen
G… zwar mehrfach auf vermeintliche Widersprüche in dessen Aussage
zu dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten des Sachverständi-
gen hingewiesen. Diese vermeintlichen Widersprüche wurden dann aber nach
Ende der Befragung mit dem Senat und der Beschwerdeführerin erörtert, ohne
dass der Parteivertreter dabei zu erkennen gegeben hätte, den Sachverständigen
selbst hierzu befragen zu wollen.

Nach Beendigung der Erörterung der Sach- und Rechtslage hat der Senat den
Parteien mitgeteilt, dass aus seiner Sicht zu allen relevanten Streit- und Beweis-
fragen ausreichend Stellung genommen worden sei. Weiter hat der Senat darauf
hingewiesen, dass er aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen keinen wei-
teren Aufklärungsbedarf erkenne. Dem sind die Parteivertreter nicht entgegenge-
treten, sondern haben nach Aufforderung durch den Vorsitzenden ihre Schlussan-
träge gestellt. Spätestens hier wäre es an dem Vertreter der Beschwerdegegner
gewesen, die Absicht zu formulieren, den Sachverständigen befragen zu wollen
bzw. einen entsprechenden Antrag zu stellen. Dies ist nicht erfolgt.

Nach der Schlussberatung des Senats wurde der Sachverständige aufgerufen und
ihm vom Vorsitzenden mitgeteilt, der Lauf der Verhandlung habe ergeben, dass
auf seine Vernehmung verzichtet werden könne. Anschließend wurde ihm für sein
Erscheinen gedankt und ihm mitgeteilt, dass er nun entlassen sei. Der Sachver-
ständige verabschiedete sich noch kurz von den Vertretern der Beschwerdeführe-
rin, auf deren Beweisangebot er geladen worden war, und verließ dann den Sit-
zungssaal. Der gesamte Vorgang nahm eine gewisse Zeit in Anspruch und fand in
unmittelbarer Nähe zu den Parteivertretern statt, so dass keinesfalls von einer
"sehr abrupten und schnellen" Entlassung oder einem "Überraschungsmoment"
gesprochen werden kann, wie dies vom Vertreter der Beschwerdegegner jetzt
nachträglich geltend gemacht wird. Zudem hätte der Sachverständige auf einen
Hinweis des Parteivertreters in dieser Phase noch ohne Weiteres zurückgerufen
werden können. Ein solcher Hinweis ist jedoch nicht erfolgt.
- 26 -
Nachdem der Sachverständige den Saal verlassen hatte, verkündete der Vorsit-
zende den Beschluss, mit dem das Streitpatent widerrufen wurde. Auch danach
bzw. bei der Verabschiedung der Parteien und dem sich daran anschließenden
Aufbruch aller Beteiligten wurde von Seiten des Vertreters der Beschwerdegegner
keine Bemerkung zu einem für ihn überraschenden Verfahrensverlauf gemacht.

Die jetzt nachträglich geltend gemachte Absicht einer Befragung des Sachverstän-
digen war somit für den Senat ebenso wenig zu erkennen, wie die jetzt vorgetra-
gene Tatsache, dass es sich bei dem in Begleitung des Vertreters der Beschwer-
degegner während der gesamten Verhandlung im Sitzungssaal anwesenden Mit-
inhaber des Streitpatents um einen "präsenten Zeugen" gehandelt habe, dessen
Aussage die vermeintlichen Widersprüche und Fehler des Gutachtens nach der
Befragung des Sachverständigen hätte belegen sollen. Auch insoweit ist ein ent-
sprechender Hinweis des Parteivertreters – trotz Nachfrage des Vorsitzenden zu
Terminsbeginn, von wem der Parteivertreter begleitet werde und ob dieser ins
Protokoll aufgenommen werden solle – zu keinem Zeitpunkt des Verhandlungster-
mins erfolgt.

Für den Senat drängt sich deshalb der Eindruck auf, dass die Forderung nach
einer Wiedereröffnung der Verhandlung lediglich dazu dienen soll, das für die Be-
schwerdegegner ungünstige Verfahrensergebnis mit Hilfe einer vorgeschobenen
Argumentationslinie nachträglich aus der Welt zu schaffen. In diesem Eindruck
wird der Senat durch einen weiteren Umstand bestärkt: So tragen die Beschwer-
degegner in dem nachgereichten Schriftsatz erstmals vor, es sei sämtlichen Betei-
ligten bekannt gewesen, dass die Anlage des Zeugen G… lange Zeit
nicht funktioniert habe. Dies deshalb, weil sie in Wirklichkeit sowohl der Be-
schwerdeführerin als auch den Beschwerdegegnern als "Versuchsfeld" gedient
habe, an dem diese sich "ausprobiert" hätten. Der anwesende Mitinhaber des
Streitpatents kenne die Umstände um die Anlage aus eigener Erinnerung sehr
genau und hätte hierzu als Zeuge aussagen können. Die sich danach aufdrän-
gende Frage, warum der Mitinhaber des Streitpatents dann aber zu keinem Zeit-
- 27 -
punkt der Verhandlung als Zeuge benannt wurde, bleibt ebenso offen, wie die
Frage, warum der Vertreter der Beschwerdegegner bei seiner Befragung des Zeu-
gen G… diesen zwar gezielt nach einer Funktionsstörung seiner Anlage
gefragt, ihn dabei aber nicht mit dem nun von ihm geltend gemachten Sachverhalt
konfrontiert hat, obwohl dieser seiner Einschätzung nach für die Frage der geltend
gemachten Vorbenutzung äußerst verfahrensrelevant war.


IV.

Die Beschwerdegegner haben mit Schriftsatz vom 4. September 2017 beantragt,
das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2017 durch folgende (vom
Senat um einen Schreibfehler korrigierte) Hinzufügung zu berichtigen:

"Auf Nachfrage des Senats an den Vertreter des Beschwerdegeg-
ners, warum der den Zeugen G… zur Art der Aufwuchs-
körper befragte, entgegnete der Vertreter der Beschwerdegegner,
dass das Ergebnis der Befragung für die spätere folgende Befra-
gung des Gutachters durch den Beschwerdegegner noch wichtig
werden würde."

Die Beschwerdeführerin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die beantragte Ergänzung der Sitzungsniederschrift um die vorstehend angeführte
Erklärung entspricht nicht dem tatsächlichen Verlauf der Verhandlung, denn eine
solche Erklärung ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Im Übrigen machen die Be-
schwerdegegner mit ihrem Antrag keine Unrichtigkeit des Protokolls geltend, son-
dern erstreben eine Ergänzung der Sitzungsniederschrift i. S. v. § 160 Abs. 4
ZPO. Mit einem derartigen Protokollierungsantrag können sie jedoch im Rahmen
einer Protokollberichtigung gemäß § 92 Abs. 2 PatG i. V. m. § 164 ZPO nicht
gehört werden, vielmehr hätte ein solcher Antrag bis zum Schluss der mündlichen
- 28 -
Verhandlung gestellt werden müssen (vgl. Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl.
2017, ZPO § 160, Rdn. 14). Dies ist nicht erfolgt. Eine Änderung des Sitzungspro-
tokolls hatte somit zu unterbleiben.


V.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Verfahrensbeteiligten das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat,
ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

- 29 -
Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder
von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beim Bundesge-
richtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht werden.


Dr. Maksymiw Schell Dr. Jäger Dr. Wagner


Fa


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