14 W (pat) 18/13  - 14. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




14 W (pat) 18/13
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung DE 10 2012 005 731.8





hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 25. April 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dipl.-Phys. Dr. Maksymiw, des Richters Schell, der Richterin
Dipl.-Chem. Dr. Münzberg sowie des Richters Dipl.-Chem. Dr. Jäger

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse B01D des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 28. Mai 2013 aufgehoben und das Patent erteilt.
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Bezeichnung: „Luftfilter und Filterelement eines Luftfilters“

Anmeldetag: 23. März 2012

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 14 aus dem Schriftsatz vom 3. Juli 2013
Beschreibung Seiten 1 bis 24 aus dem Schriftsatz vom
3. Juli 2013 und
Figuren 1 bis 12 gemäß Offenlegungsschrift.


G r ü n d e

I.

Mit Beschluss vom 28. Mai 2013 hat die Prüfungsstelle für Klasse B01D des Deut-
schen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung mit der Bezeichnung

„Luftfilter und Filterelement eines Luftfilters“

zurückgewiesen.

Der Zurückweisungsbeschluss nimmt vollinhaltlich auf den Bescheid der Prü-
fungsstelle vom 17. Dezember 2012 Bezug. Darin hat die Prüfungsstelle die man-
gelnde Patentfähigkeit im Wesentlichen damit begründet, dass Luftfilter und Filter-
elemente mit den Merkmalen der Ansprüche 1 und 12 aus der Druckschrift

D1 DE 10 2010 047 491 A1

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bekannt und daher nicht gewährbar seien. Der Zurückweisungsbeschluss ist fer-
ner darauf gestützt, dass in der einleitenden Beschreibung der Anmeldung kein
druckschriftlicher Stand der Technik genannt sei und die nebengeordneten An-
sprüche 1 und 12 fakultative Merkmale enthielten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die ihr Pa-
tentbegehren im Umfang der mit Schriftsatz vom 3. Juli 2013 zur Akte gereichten
Ansprüche 1 bis 14 weiterverfolgt. Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 12 lau-
ten wie folgt:

„1. Luftfilter (10) einer Brennkraftmaschine eines Kraftfahrzeugs, mit
einem Filtergehäuse (14), welches einen Innenraum (36) aufweist, und mit
einem Filterelement (12), welches entlang einer Einschubrichtung (116),
die parallel zur Durchströmungsrichtung (100) des Filterelementes (12)
verläuft, in eine Einbauposition in den Innenraum (36) des Filtergehäu-
ses (14) eingeschoben ist, wobei das Filterelement (12) eine Anströmflä-
che (90) und eine Abströmfläche (46), die in Einschubrichtung (116) aufei-
nander folgen, sowie ein sich zwischen der An- und Abströmfläche (90,
46) erstreckendes Filtermedium (42) aufweist, und wobei das Filterele-
ment (12) im Bereich der An- oder Abströmfläche (90, 46) eine umlau-
fende Dichtung (28) aufweist, welche in der Einbauposition des Filterele-
mentes (12) mit einer gehäuseseitigen Dichtungsfläche (26) zusammen-
wirkt, um einen Einlass (84) von dem wenigstens einen Auslass (78) des
Luftfilters (10) zu trennen, dadurch gekennzeichnet, dass eine Abstütz-
einrichtung vorgesehen ist, mittels derer das eingeschobene Filterele-
ment (12) wenigstens in einem in Einschubrichtung (116) von der Dich-
tung (28) beabstandeten Abstützbereich zumindest quer zur Einschub-
richtung (116) im Filtergehäuse (14) eingespannt ist, wobei sich die Quer-
verspannung unter Zusammenwirken des Filterelementes (12) und von
Innenseiten des Filtergehäuses (14) durch die Einschubbewegung des Fil-
terelementes (12) ergibt.
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12. Filterelement (12) eines Luftfilters (10) nach einem der vorigen An-
sprüche, wobei das Filterelement (12) eine Anströmfläche (90) und eine
Abströmfläche (46), die in Durchströmungsrichtung (100) des Filterele-
mentes (12) aufeinander folgen, sowie ein sich zwischen der An- und
Abströmfläche (90, 46) erstreckendes Filtermedium (42) aufweist, und
wobei das Filterelement (12) im Bereich der An- oder Abströmfläche (90,
46) eine umlaufende Dichtung (28) aufweist, und wobei das Filterele-
ment (12) zum Einschieben entlang einer parallel zur Durchströmungsrich-
tung (100) verlaufenden Einschubrichtung (116) in eine Einbauposition in
einen Innenraum (36) eines Filtergehäuse (14) des Luftfilters (10) vorge-
sehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Filterelement (12) derart
ausbildet ist, dass das Filterelement (12) wenigstens in einem in Einschub-
richtung (116) von der umlaufenden Dichtung (28) beabstandeten Abstütz-
bereich zumindest quer zur Einschubrichtung (116) im Filtergehäuse (14)
einspannbar ist, wobei sich die Querverspannung unter Zusammenwirken
von Innenseiten des Filtergehäuses (14) und des Filterelementes (12)
durch die Einschubbewegung des Filterelementes (12) ergeben kann.“

Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Anmelderin vor, dass ihr der Prüfungs-
bescheid vom 17. Dezember 2012 vom Deutschen Patent- und Markenamt nicht
ordnungsgemäß zugestellt, sondern lediglich durch formloses Schreiben per Post
übersandt worden sei. Eine Zustellung nach behördlicher Anordnung sei jedoch
erforderlich gewesen, da auf der Grundlage des im Prüfungsbescheid mitgeteilten
Sachverhalts der Zurückweisungsbeschluss ergangen und damit eine abschlie-
ßende Entscheidung getroffen worden sei. Der Zustellungsmangel sei auch nicht
heilbar, da dem Deutschen Patent- und Markenamt erkennbar der Zustellungswille
gefehlt habe. Das Prüfungsverfahren, welches zu dem Zurückweisungsbeschluss
geführt habe, weise somit einen klaren Verfahrensfehler auf. Die im Prüfungsbe-
scheid gerügten fakultativen Merkmale seien in der geltenden Anspruchsfassung
vom 3. Juli 2013 in nicht-fakultative Merkmale abgeändert worden und in der Be-
schreibungseinleitung der Anmeldung zwei Druckschriften als relevanter Stand der
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Technik gewürdigt worden. Die Gegenstände der geltenden Ansprüche 1 und 12
wiesen zudem die erforderliche Neuheit auf und beruhten auch auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit. So werde das anmeldungsgemäße Filterelement entlang der
Durchströmungsrichtung in das Filtergehäuse eingeschoben, während bei dem
Luftfilter der D1 das Filterelement senkrecht zur Durchströmungsrichtung des Fil-
terelements in ein Gehäuse eingeschoben werde. Die erforderliche Neuheit ge-
genüber D1 sei damit gegeben. Darüber hinaus sei der D1 keine von der Dichtung
beabstandete Querverspannung des Filterelements bei dessen Einschubbewe-
gung zu entnehmen. Es sei daher nicht ersichtlich, wie ein Fachmann in Kenntnis
der D1 in naheliegender Weise zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 oder
12 hätte gelangen können.

Die Anmelderin stellt sinngemäß den Antrag,

den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und ein Patent auf der
Grundlage der Patentansprüche 1 bis 14 vom 3. Juli 2013 zu ertei-
len,
hilfsweise das Prüfungsverfahren gemäß § 123a PatG fortzufüh-
ren,
weiter hilfsweise die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten und
weiter hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Anhörung.

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der nachgeordneten An-
sprüche 2 bis 11, 13 und 14 wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

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II.

Die Beschwerde ist zulässig und führt zu dem im Tenor angegebenen Ergebnis.


1. Die geltenden Ansprüche sind zulässig. Die geltenden Ansprüche 1 bis 14
entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 14 im Wortlaut, mit der Aus-
nahme, dass im geltenden Anspruch 1 durch die Streichung der Begriffe „insbe-
sondere“ und „vorzugsweise“ die darin beschriebenen Luftfilter nunmehr eindeutig
als solche einer Brennkraftmaschine eines Kraftfahrzeuges definiert worden sind.

Nachdem die Anmelderin auf Seite 1 in der geänderten Beschreibung vom
3. Juli 2013 zudem die Druckschriften DE 10 2008 027 847 A1 sowie
DE 10 2010 047 491 A1 (= D1) als relevanten Stand der Technik kurz gewürdigt
hat, sind die Anmeldungsunterlagen aus formaler Sicht nicht zu beanstanden.


2. Der anmeldungsgemäß beanspruchte Luftfilter ist gegenüber der einzigen im
Prüfungsverfahren genannten Druckschrift D1 neu.

Beim anmeldungsgemäßen Luftfilter wird das Filterelement mit einer Abstützein-
richtung verbunden, die beabstandet und damit getrennt von der Dichtung in das
Filtergehäuse eingespannt wird (vgl. Offenlegungsschrift DE 10 2012 005 731 A1,
Anspruch 1 Punkt b)). In der D1 ist zur Verspannung des Filterelements dagegen
ein mit dem Filterelement verbundener Rahmen offenbart, der zugleich eine axiale
Dichtung aufweist (vgl. D1, Anspruch 1). Die anmeldungsgemäße Trennung von
Abstützvorrichtung und Dichtung wird in der D1 daher nicht beschrieben.


3. Für die zuvor unter Punkt 2. genannte räumliche Trennung von Abstützvor-
richtung und Dichtung finden sich in der D1 auch keine Hinweise, da der stützende
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Rahmen darin stets i. V. m. der daran befestigten Dichtung verwendet wird (vgl.
D1, Ansprüche 1 und 2, jeweils Punkt b) und Abs. [0005 und 0006], jeweils
Punkt b)). Anmeldungsgemäß wird es dagegen als vorteilhaft erachtet, dass die
Abstützeinrichtung keine Dichtfunktion erfüllt, da so keine durchgängige Abstüt-
zung erfolgen muss, was den Vorteil mit sich bringt, dass die Abstützvorrichtung
aus mehreren einzelnen Elementen bestehen kann und somit flexibler, einfacher
und kleiner gestaltet werden kann (vgl. Offenlegungsschrift
DE 10 2012 005 731 A1, S. 3, Abs. [0018] bis S. 4, Abs. [0024]). Hierfür finden
sich in D1 allerdings weder Anregungen noch Hinweise.


4. Diese Feststellung trifft auch auf die in der Beschreibungseinleitung von der
Anmelderin selbst genannte Druckschrift DE 10 2008 027 847 A1 zu, wovon sich
der Senat im Einzelnen überzeugt hat.


5. Nach alledem weist der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 alle Krite-
rien der Patentfähigkeit auf. Dieser Anspruch ist daher gewährbar. Die vorange-
gangenen Ausführungen gelten für den nebengeordneten, auf das Filterelement
eines Luftfilters gerichteten Anspruch 12 aufgrund identischer technischer Merk-
male entsprechend.
Mit diesen sind auch die besonderen Ausführungsformen des anmeldungsgemä-
ßen Luftfilters bzw. Filterelements betreffenden Ansprüche 2 bis 11 sowie 13
und14 gewährbar.


6. Da somit im antragsgemäßen Sinn entschieden werden konnte, hat der Se-
nat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als nicht erforderlich erachtet.
Die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses der Prüfungsstelle für Klas-
se B01D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Mai 2013 war daher im
schriftlichen Verfahren zu beschließen.
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7. Die beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr kam nicht in Betracht.
Gemäß § 80 Abs. 3 PatG kann eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus-
nahmsweise geboten sein, wenn es aufgrund der konkreten Umstände des Ein-
zelfalles unbillig wäre, die Gebühr einzubehalten (vgl. Schulte/Püschel, PatG,
9. Aufl. § 80 Rdn. 112 f. m. w. N.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn bei
ordnungsmäßiger Sachbehandlung durch die Prüfungsstelle eine Zurückweisung
der Patentanmeldung nicht in Betracht gekommen wäre und damit die Erhebung
der Beschwerde sowie die Einzahlung der Beschwerdegebühr hätten vermieden
werden können. Erforderlich ist also im Einzelfall, dass der gerügte Verfahrens-
verstoß tatsächlich ursächlich für die Beschwerdeeinlegung war. Im vorliegenden
Fall würde es jedoch selbst bei Annahme eines relevanten Verfahrensverstoßes
an der erforderlichen Kausalität zwischen dem gerügten Verfahrensfehler und der
Notwendigkeit der Beschwerdeeinlegung fehlen. Denn der mögliche Formfehler
bei der Zustellung des Amtsbescheids vom 17. Dezember 2012 war gerade nicht
ursächlich für die Einlegung der Beschwerde. Die Anmelderin hat den Bescheid
nach eigenem Vortrag trotz fehlender förmlicher Zustellung erhalten und hatte
somit auch ausreichend Gelegenheit, auf die Bedenken der Prüfungsstelle zu
reagieren, die letztlich zur Zurückweisung der Anmeldung führten.


8. Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Verfahrensbeteiligten das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat,
ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
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3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder
von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beim Bundesge-
richtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht werden.


Maksymiw Schell Dr. Münzberg Dr. Jäger


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