14 W (pat) 13/16  - 14. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BUNDESPATENTGERICHT
L e i t s a t z
Aktenzeichen: 14 W (pat) 13/16
Entscheidungsdatum: 18. Juli 2017
Rechtsbeschwerde zugelassen: nein
Normen: § 16a Abs. 1 PatG; Artikel 2 Verordnung (EG)
Nr. 469/2009; Richtlinie 93/42/EWG
Paclitaxel freisetzender Stent
Vorabentscheidungsersuchen zur Frage der Anwendbarkeit der Verordnung (EG)
Nr. 469/2009 (Artikel 2) auf ein Medizinprodukt, das als ergänzenden Bestandteil ein
Erzeugnis im Sinne von Art. 1 (b) Verordnung (EG) Nr. 469/2009 enthält (Medizinpro-
dukt-Arzneimittel-Kombination)
BUNDESPATENTGERICHT
14 W (pat) 13/16
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache

betreffend die Schutzzertifikatsanmeldung 12 2011 000 012.5
für das Grundpatent EP 0 681 475 B1 (dt. Aktz.: DE 694 35 318.3)
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 18. Juli 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Maksymiw, der Richter Schell und Dr. Jäger sowie der Richterin Dr. Wagner
- 2 -
beschlossen:

1. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß
Art. 267 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende
Schutzzertifikat für Arzneimittel dahingehend auszulegen, dass
eine Zulassung gemäß der Richtlinie 93/42/EWG für eine Medi-
zinprodukt-Arzneimittel-Kombination im Sinne von Art. 1 (4) der
Richtlinie 93/42/EWG für die Zwecke der Verordnung einer gülti-
gen Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß der Richtlinie
2001/83/EG gleichzustellen ist, wenn der Arzneimittelbestandteil
im Rahmen des Zulassungsverfahrens gemäß Anhang I Ab-
schnitt 7.4 Absatz 1 der Richtlinie 93/42/EWG bei einer Arzneimit-
telbehörde eines EU-Mitgliedsstaats entsprechend der Richtlinie
2001/83/EG auf seine Qualität, Sicherheit und Nutzen überprüft
wurde?

2. Das Beschwerdeverfahren wird bis zur Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersu-
chen ausgesetzt.


G r ü n d e

I.

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin des am 26. Januar 1994 angemeldeten und
am 27. Oktober 2010 erteilten europäischen Patents EP 0 681 475 B1 (mit dem
deutschen Aktenzeichen DE 694 35 318.3), das inzwischen durch Zeitablauf erlo-
- 3 -
schen ist. Das Patent umfasst die Verwendung von Arzneistoffen zur Verminde-
rung der Restenose nach Durchführung einer Angioplastie, einem Behandlungs-
verfahren zur Aufweitung von Gefäßverengungen, bei dem die Engstelle durch
Einführen eines Katheters und anschließendem Aufblasen eines an der Katheter-
spitze befindlichen Ballons aufgedehnt wird. In der Folgezeit kann es allerdings
durch intensive Zellproliferation zu einer erneuten, als Restenose bezeichneten
Verengung der Gefäßwand kommen. Das Grundpatent betrifft nun zytostatische
Arzneistoffe zur Verhinderung bzw. Verminderung der Proliferation und Migration
von Zellen der Blutgefäßwand, um dadurch der Gefahr einer Restenose entgegen-
zuwirken. Insbesondere wurde gefunden, dass Taxol für diesen Zweck geeignet
ist, einem aus der Krebstherapie vorbekannten Wirkstoff mit dem internationalen
Freinamen Paclitaxel, der unter der Zulassungsnummer EMEA/H/C/000216 am
19. Juli 1999 durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) mit Wirkung für
die Europäische Union als Arzneimittel zur Behandlung von Krebs zugelassen
wurde.

Anspruch 8 des Grundpatents lautet in deutscher Übersetzung:

„Verwendung von Taxol zur Herstellung eines Medikaments zur
Beibehaltung einer erweiterten Gefäßfläche.“

Am 21. Januar 2003 wurde der Beschwerdeführerin durch den Technischen Über-
wachungsverein (TÜV) Rheinland als Benannter Stelle ein CE-Zertifikat für das
Medizinprodukt „TAXUS™ Express2 Paclitaxel-Eluting Coronary Stent System“
erteilt, das unter der Registriernummer ID 60004045 0001 und der Reportnummer
21101422 003 geführt wird. Im Rahmen des für das CE-Zertifizierungsverfahren
durchzuführenden Konsultationsverfahrens wurde der Arzneimittelbestandteil
Paclitaxel des Medizinprodukts durch die niederländische Arzneimittelbehörde
Medicines Evaluation Board in the Netherlands (CBG-MEB) gemäß Anhang I Ab-
schnitt 7.4 Unterabsatz 1 der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993
über Medizinprodukte geprüft.
- 4 -
Am 29. März 2011 beantragte die Beschwerdeführerin beim Deutschen Patent-
und Markenamt (DPMA) die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats auf
Grundlage des deutschen Teils des europäischen Patents und stützte sich dabei
hinsichtlich der erforderlichen arzneimittelrechtlichen Zulassung auf ein CE-Zertifi-
kat aus dem Jahr 2007. Mit Beschluss vom 19. Februar 2016 hat die Patentabtei-
lung des DPMA den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung insbesondere
ausgeführt, das antragsgemäße Erzeugnis besitze keine Arzneimittelzulassung im
Sinne von Art. 2 der Verordnung (EG) 469/2009 (AMVO).

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt, mit der sie
ihr Begehren auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats weiterverfolgt,
zuletzt für das Erzeugnis „Paclitaxel“ und unter Angabe des ihr vom TÜV-
Rheinland erteilten CE-Zertifikats vom 21. Januar 2003.

Sie macht im Wesentlichen geltend, das verfahrensgegenständliche Erzeugnis
„Paclitaxel“ habe vor seiner Markteinführung entgegen der Wertung des DPMA
durchaus ein verwaltungsrechtliches Zulassungsverfahren gemäß der Richtlinie
2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001
zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel durchlaufen.
Zum einen sei Paclitaxel bereits als Arzneimittel zur Behandlung von Krebs durch
die EMA mit Wirkung für die EU zugelassen worden. Zum anderen werde der vor-
liegende Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats auf die Zulas-
sung durch das CE-Zertifikat mit der Registriernummer ID 60004045 0001 und der
Reportnummer 21101422 003 gestützt, das durch den TÜV Rheinland als Be-
nannte Stelle und unter Mitwirkung der niederländischen Arzneimittelbehörde
CBG-MEB als konsultierte Arzneimittelbehörde am 21. Januar 2003 erteilt wurde.
Aufgrund der maximalen Laufzeit von CE-Zertifikaten von 5 Jahren (Art. 11 (11)
der Richtlinie 93/42/EWG), sei das genannte CE-Zertifikat zwischenzeitlich durch
andere CE-Zertifikate verlängert bzw. ersetzt worden, zuletzt durch das CE-Zertifi-
kat mit der Nummer 3812454DE38.

- 5 -
Für einen Arzneistoff freisetzenden Stent oder Katheter bestehe keine Zulas-
sungsmöglichkeit nach der Richtlinie 2001/83/EG, vielmehr habe diese zwingend
nach der Richtlinie 93/42/EWG zu erfolgen. Das Erzeugnis habe vorklinische und
klinische Studien durchlaufen und sei durch die niederländische Arzneimittelbe-
hörde anhand derselben arzneimittelrechtlichen Kriterien geprüft worden, wie sie
auch in der Zulassung von Arzneimitteln Anwendung fänden. Die pauschale Ver-
wehrung eines ergänzenden Schutzzertifikats für eine neue Verwendung eines
Arzneistoffs lediglich aufgrund des Umstands, dass keine förmliche Arzneimittel-
zulassung gemäß der Richtlinie 2001/83/EG vorliege, stelle eine dem Willen des
Verordnungsgebers widersprechende Diskriminierung von Teilen der pharmazeu-
tischen Forschung dar. Für eine dahingehende Auslegung von Art. 2 AMVO, dass
unter einem verwaltungsrechtlichen Zulassungsverfahren ausschließlich das förm-
liche Zulassungsverfahren gemäß Art. 3 (b) AMVO verstanden werden könne,
bestehe keine Rechtfertigung. Vielmehr lasse der Wortlaut „Genehmigungsverfah-
ren gemäß der Richtlinie 2001/83/EG“ sehr wohl die Interpretation zu, dass damit
im weiteren Sinne auch andere Genehmigungsverfahren gemeint seien, die den
inhaltlichen Anforderungen der Richtlinie 2001/83/EG entsprechen.

Im vorliegenden Fall habe der Arzneistoff „Paclitaxel“ im Rahmen des im CE-Zerti-
fizierungsverfahren durchzuführenden Konsultationsverfahrens eine umfassende
Prüfung der Sicherheit und des Nutzens durch die niederländische Arzneimittelbe-
hörde durchlaufen, die hierzu abschließend ein positives Gutachten erstellt habe.
Dieses Konsultationsverfahren müsse im Hinblick auf den Prüfstandard und den
Prüfaufwand als gleichwertig zu einem förmlichen Zulassungsverfahren gemäß
der Richtlinie 2001/83/EG angesehen werden, so dass der Anwendungsbereich
der AMVO eröffnet sei. Unter vergleichbaren Umständen habe der EuGH in seiner
Entscheidung „Hogan Lovells International“ bereits eine Anwendung der Verord-
nung EG 1610/96 (PSMVO) zugelassen und eine im Hinblick auf ihre Zulassungs-
kriterien funktionell gleichwertige Genehmigung unter den Anwendungsbereich der
PSMVO subsumiert, obwohl sie im Wortlaut des dort einschlägigen Art. 4 der
Richtlinie 91/414/EG nicht genannt war. Gleiches müsse für die AMVO gelten. Die
- 6 -
Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats sei deshalb im vorliegenden Fall
gerechtfertigt.

Mit Schriftsatz vom 18. Mai 2017 hat sich die Beschwerdeführerin mit einem Vor-
abentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof einverstanden erklärt
und angeregt, den entsprechenden Beschluss im schriftlichen Verfahren zu erlas-
sen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.


II.

1. Die Voraussetzungen des Art. 3 Buchstaben (a), (c) und (d) AMVO sind im
vorliegenden Fall erfüllt. Dagegen stellt sich im Hinblick auf Art. 3 (b) AMVO
ebenso wie im Hinblick auf Art. 2 AMVO die Frage, ob eine geeignete Genehmi-
gung für das Inverkehrbringen des verfahrensgegenständlichen Erzeugnisses vor-
liegt. Beide Vorschriften fordern letztlich dieselbe Art der Genehmigung, wobei
Art. 2 AMVO das Inverkehrbringen des Erzeugnisses in der Gemeinschaft betrifft,
während Art. 3 (b) AMVO eine dementsprechende Genehmigung in dem Mit-
gliedsstaat voraussetzt, in dem das Zertifikat erteilt werden soll. Eine Prüfung von
Art. 3 (b) AMVO setzt jedoch voraus, dass der Anwendungsbereich der Verord-
nung überhaupt eröffnet ist. Der Erfolg der Beschwerde hängt somit im vorliegen-
den Fall von der Auslegung des Art. 2 AMVO ab.

2. Gemäß Art. 2 AMVO ist der Anwendungsbereich der Verordnung eröffnet,
wenn es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Stoff um ein Erzeugnis im
Sinne von Art. 1 (b) AMVO handelt, und dieses Erzeugnis vor seinem Inverkehr-
bringen als Arzneimittel Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Genehmi-
gungsverfahrens gemäß der Richtlinie 2001/83/EG gewesen ist.

- 7 -
2.1 Der hier verfahrensgegenständliche Arzneistoff „Paclitaxel“ wird als unterstüt-
zender Bestandteil des mit ihm beschichteten Medizinprodukts eingesetzt, um
nach dessen Einbringen in das von der Verengung betroffene Gefäß aus dem Trä-
gergerüst an die Gefäßwand abgegeben zu werden und dort aufgrund seiner anti-
proliferativen Eigenschaften einem erneuten, gefäßverengenden Überwuchern der
erweiterten Gefäßwand entgegenzuwirken. Die lokale Verabreichung erfolgt dabei
entweder über einen mit Paclitaxel beschichteten Stent, aus dem der Arzneistoff
an die Gefäßwand freigesetzt wird, oder über die direkte Applikation durch Ver-
wendung eines Paclitaxel-beschichteten Ballonkatheters, wobei während der Auf-
weitung des Gefäßes durch den Ballon der Arzneistoff an die aufgedehnte Gefäß-
wand übertragen wird. Als Arzneistoff mit einer eigenständigen pharmakologi-
schen Wirkung ist Paclitaxel als Erzeugnis im Sinne von Art. 1 (b) AMVO zu wer-
ten (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.15 – C-631/13 = GRUR Int. 2015, 272, Rn. 23 ff.
– Forsgren).

2.2 Das Erzeugnis hat jedoch kein förmliches Zulassungsverfahren als Arznei-
mittel gemäß der Richtlinie 2001/83/EG durchlaufen. Als ergänzender Arzneimit-
telbestandteil eines Medizinprodukts war das Erzeugnis vielmehr zwingend nach
der Richtlinie 93/42/EWG zu bewerten und zuzulassen (vgl. Art. 1 Abs. 4 der
Richtlinie 93/42/EWG).

3. Ob ein Zulassungsverfahren gemäß der Richtlinie 93/42/EWG – bzw. gemäß
der Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über aktive implantierbare medizinische
Geräte – die Voraussetzungen des Art. 2 AMVO erfüllen kann, wird in der Recht-
sprechung der Mitgliedsstaaten bislang unterschiedlich beurteilt. Bejaht wurde
diese Frage in der Entscheidung BPatG vom 26.01.10 – 14 W (pat) 12/07 –
„Yttrium-90 Glasmikrokugeln“ = PharmR 2010, 237 (zur Richtlinie 90/385/EWG),
verneint dagegen in BPatG vom 08.03.10 – 15 W (pat) 25/08 – „Hylan A und
Hylan B“ = MPR 2011, 23 sowie UKIPO vom 31.03.14 – [2014] BL O/141/14 –
- 8 -
„Cerus Corporation“ und UKIPO vom 29.07.14 – [2014] BL O/328/14 – „Leibniz-
Institut für Neue Materialien“.

4. In der Rechtsprechung des EuGH finden sich verschiedene Entscheidungen,
denen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, wie der vorliegende Fall im
Rahmen des Art. 2 AMVO zu beurteilen sein könnte.

4.1 So betrafen die zur Auslegung von Art. 2 AMVO ergangenen Entscheidun-
gen Synthon (Urteil vom 28.07.11 – C-195/09 = GRUR Int. 2011, 934) und Gene-
rics (UK) (Urteil vom 28.07.11 – C-427/09 = PharmR 2011, 375) sogenannte Alt-
zulassungen von Arzneimitteln, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 65/65/EWG
(der Vorgängerrichtlinie zur Richtlinie 2001/83/EG) erlassen wurden. Der Ge-
richtshof hat hierzu entschieden, dass die zugrundeliegenden, nicht unter der
Richtlinie 65/65/EWG ergangenen Altzulassungen nur dann als richtlinienkon-
forme Genehmigungen angesehen werden können, wenn das betreffende Erzeug-
nis vor seinem Inverkehrbringen als Arzneimittel Gegenstand eines die Prüfung
seiner Unschädlichkeit und seiner Wirksamkeit umfassenden verwaltungsrechtli-
chen Genehmigungsverfahrens war (Urteil vom 28.07.11 – C-195/09 = GRUR Int.
2011, 934, Rdn. 44, 51).

4.2 Die beiden Entscheidungen Hogan Lovells International (Urteil vom 11.11.10
– C-229/09 = GRUR 2011, 213) und Sumitomo Chemical (Urteil vom 17.10.13
– C-210/12 = GRUR Int. 2013, 1129) betrafen die Auslegung von Art. 3 (1) b
PSMVO.
In Hogan Lovells International sah der EuGH eine vorläufige Genehmigung gemäß
Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 91/414/EG für die Erteilung eines ergänzenden Schutz-
zertifikats als ausreichend an, obwohl der Wortlaut des Art. 3 (1) b PSMVO hierfür
explizit eine Genehmigung nach Art. 4 der Richtlinie 91/414/EG voraussetzt. Ent-
scheidend war dabei für den Gerichtshof der Umstand, dass zwischen den Krite-
rien der vorläufigen Genehmigung gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 91/414/EG
und denen der endgültigen Genehmigung nach Art. 4 dieser Richtlinie ein funk-
- 9 -
tionaler Gleichwertigkeitszusammenhang besteht, da für die vorläufigen Genehmi-
gungen dieselben wissenschaftlichen Zuverlässigkeitsanforderungen gelten und
sie nach denselben Voraussetzungen überprüft werden, wie die in Art. 3 (1) b
PSMVO genannten endgültigen Genehmigungen (Urteil vom 11.11.10 – C-229/09
= GRUR 2011, 213, Rdn. 43-46).

4.3 Dagegen erfüllte in Sumitomo Chemical eine Notgenehmigung nicht die
Erfordernisse von Art. 3 (1) b PSMVO, weil zwischen den Prüfkriterien einer Not-
genehmigung gemäß Artikel 8 (4) Richtlinie 91/414/EWG und denen einer endgül-
tigen Genehmigung nach Art. 4 der Richtlinie 91/414/EG kein derartiger Gleich-
wertigkeitszusammenhang besteht. So wird eine Notgenehmigung nur für Erzeug-
nisse erteilt, die den Bestimmungen von Art. 4 der Richtlinie 91/414/EG von vorn-
herein nicht entsprechen und für die gemäß der Richtlinie keine vorherige wissen-
schaftliche Prüfung der Risiken vorgeschrieben ist (Urteil vom 17.10.13
– C-210/12 = GRUR Int. 2013, 1129, Rdn. 35-36).

4.4 Von diesen Entscheidungen weicht der vorliegende Fall allerdings in einem
wesentlichen Aspekt ab. So bezogen sich die Entscheidungen Synthon und Gene-
rics (UK) auf Genehmigungen für Arzneimittel, die vor dem Inkrafttreten der in
Art. 2 AMVO genannten Richtlinie 65/65/EWG (jetzt Richtlinie 2001/83/EG) ergan-
gen waren. Gegenstand der Urteile Hogan Lovells International und Sumitomo
Chemical waren verschiedene Arten von Genehmigungen für Pflanzenschutzmittel
nach der in Art. 3 (1) PSMVO genannten Richtlinie 91/414/EG. Dagegen bezieht
sich der vorliegende Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats auf
ein Erzeugnis, das nicht für sich genommen als Arzneimittel nach der Richtlinie
2001/83/EG genehmigt, sondern als Bestandteil einer Medizinprodukt-Arzneimit-
tel-Kombination (Kombinationsprodukt) nach der Richtlinie 93/42/EWG zugelassen
wurde.

5. Allein aufgrund des Wortlauts von Art. 2 AMVO lässt sich nicht notwendiger-
weise schließen, dass eine Zulassung nach der Richtlinie 93/42/EWG nicht den
- 10 -
Anforderungen der Verordnung genügen kann. Eindeutig ist dagegen, dass nach
dem Willen des Verordnungsgebers im Rahmen der AMVO ausschließlich be-
stimmte Erzeugnisse gefördert werden sollen, nämlich Arzneimittel, und zwar die
Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen von Arzneimitteln (vgl. Vorschlag für eine
Verordnung (EWG) des Rates über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzerti-
fikats für Arzneimittel, KOM (90) 101 endg., Absätze 1 und 4; sowie Erwägungs-
gründe 3, 4 und 8 AMVO). Die Erteilung eines Schutzzertifikats für ein Medizinpro-
dukt an sich ist daher nach der jetzigen Gesetzeslage ausgeschlossen.

6. Der vorliegende Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats
richtet sich jedoch nicht auf ein Medizinprodukt, sondern auf ein Erzeugnis im
Sinne von Art. 1 (b) AMVO, das als unterstützende Arzneimittelkomponente Be-
standteil eines Medizinprodukts ist. Gemäß Art. 1 (4) der Richtlinie 93/42/EWG
war das Gesamtprodukt (die Medizinprodukt-Arzneimittel-Kombination) nach die-
ser Richtlinie zuzulassen. Muss aber ein nach den Zielen der AMVO grundsätzlich
schutzwürdiges Erzeugnis nach den Vorgaben des europäischen Gesetzgebers
zwingend nach einer anderen Richtlinie zugelassen werden als der Richtlinie
2001/83/EG, spricht dies nach Ansicht des Senats gegen die Annahme, dass eine
solche Zulassung von vornherein vom Anwendungsbereich der Verordnung aus-
geschlossen sein soll. Vielmehr ist insoweit maßgeblich darauf abzustellen, ob die
betreffende Zulassung die verfahrensmäßigen und inhaltlichen Anforderungen der
in Art. 2 AMVO genannten Richtlinie 2001/83/EG an eine Genehmigung für das
Inverkehrbringen erfüllt oder nicht.

7. Bei ihrem Inverkehrbringen müssen Medizinprodukte – bis auf wenige, hier
nicht einschlägige Ausnahmen – mit einer CE-Kennzeichnung versehen sein
(Art. 17 (1) Richtlinie 93/42/EWG). Zum Nachweis, dass es die hierfür erforderli-
chen Sicherheitsstandards erfüllt, muss das Medizinprodukt zuvor ein Konformi-
tätsbewertungsverfahren durchlaufen haben. Welches Konformitätsbewertungs-
verfahren durchzuführen ist, hängt vom potentiellen Risiko des konkreten Medi-
zinprodukts bzw. seiner entsprechenden Einordnung in einer der vier vorgesehe-
- 11 -
nen Produktklassen ab. Produkte, wie der hier verfahrensgegenständliche, mit
dem arzneilichen Wirkstoff Paclitaxel beschichtete Stent, die als Kombination aus
Medizinprodukt und einer Arzneimittelkomponente mit unterstützender Funktion
eingestuft werden, sind gemäß Art. 9 (1) Richtlinie 93/42/EWG i. V. m. Anhang IX,
Punkt III.4.1., Regel 13 in die Klasse III einzuordnen.

8. Die Zertifizierung erfolgt durch die Ausstellung einer Konformitätsbescheini-
gung durch eine Benannte Stelle. Bei den für das Konformitätsbewertungsverfah-
ren der Medizinprodukte-Hersteller zuständigen Benannten Stellen handelt es sich
um unabhängige, nach europaweit einheitlichen Kriterien von den Mitgliedsstaaten
akkreditierte und überwachte Prüfstellen. Als staatlich autorisierte Stellen erfüllen
sie mit der Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens Aufgaben der
öffentlichen Verwaltung und besitzen insoweit auch hoheitliche Befugnisse. Auf-
grund dieser Befugnisse sind die Benannten Stellen berechtigt, nach positivem
Verlauf des Konformitätsbewertungsverfahrens eine Konformitätserklärung auszu-
stellen, die es dem Hersteller gestattet, die CE-Kennzeichnung an das Medizin-
produkt anzubringen. Diese Konformitätserklärung hat eine maximale Laufzeit von
5 Jahren, während der zusätzlich jährliche Überprüfungen des Produkts durch die
Benannten Stellen erfolgen müssen. Die Beziehung zwischen Benannter Stelle
und Hersteller ist rein privatrechtlich ausgestaltet, meist als schuldrechtlicher
Dienst- oder Gutachtervertrag.

9. Medizinprodukte mit einem unterstützenden Arzneimittel als integralem Be-
standteil (sog. Kombinationsprodukte) im Sinne von Art. 1 (4) Richtlinie
93/42/EWG unterliegen dem Medizinproduktegesetz, da ihre Hauptwirkung nicht
auf pharmakologischem, immunologischem oder metabolischem Wege erreicht
wird. Die Arzneimittelkomponente eines solchen Kombinationsprodukts wird
jedoch entsprechend der Richtlinie 2001/83/EG und den darauf basierenden
Guidelines geprüft. Hierfür ist ein Konsultationsverfahren bei einer Arzneimittelbe-
hörde eines EU-Mitgliedsstaats durchzuführen, die dabei in der Erfüllung öffentli-
cher Aufgaben hoheitlich tätig wird. Die Behörde überprüft und bewertet den arz-
- 12 -
neilichen Bestandteil des Medizinprodukts analog zu den in Anhang I der Richtlinie
2001/83/EG genannten Verfahren (vgl. Anhang I, Punkt 7.4. der Richtlinie
93/42/EWG). Die Durchführung des Konsultationsverfahrens bei der Arzneimittel-
behörde erfolgt auf Ersuchen der mit dem Antrag des Herstellers auf CE-Kenn-
zeichnung befassten Benannten Stelle (vgl. Anhang II, Punkt 4.3 der Richtlinie
93/42/EWG). Die Benannte Stelle ist in ihrer Wahl der Arzneimittelbehörde inner-
halb der EU frei.

10. Die Arzneimittelbehörde prüft gemäß Anhang I Punkt 7.4 der Richtlinie
93/42/EWG auf Basis der ihr mit dem Antrag auf Konsultation übermittelten Do-
kumentation entsprechend den Empfehlungen der Leitlinie der Europäischen
Kommission (= Guidance Document MEDDEV, in der am maßgeblichen Zeitpunkt
des vorliegenden Falls geltenden Version MEDDEV 2.1/3 rev.2) die Sicherheit und
die Qualität des Wirkstoffs sowie seinen Nutzen im Verhältnis zu seinen möglichen
Risiken unter Berücksichtigung der konkreten Zweckbestimmung des Medizinpro-
dukts analog zu den in Anhang I der Richtlinie 2001/83/EG genannten Verfahren.
Abschließend erstellt die ersuchte Arzneimittelbehörde ein wissenschaftliches
Gutachten zur Qualität, Nützlichkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittelanteils.

11. Das im Rahmen des Konsultationsverfahrens erstellte Gutachten der Arznei-
mittelbehörde bewertet den Arzneimittelbestandteil des Medizinprodukts somit
anhand der für Arzneimittel geltenden Standards, indem sie prüft, ob das Arznei-
mittel sicher und nützlich ist und den therapeutischen Nutzen zu den möglichen
Risiken der Behandlung in Relation setzt. Aus den unterschiedlichen Begriffen
„Nutzen“ in der Richtlinie 93/42/EWG bzw. „Wirksamkeit“ in der Richtlinie
2001/83/EG ergibt sich dabei nach Ansicht des Senats kein relevanter Unter-
schied hinsichtlich der Prüfung des Arzneimittelbestandteils im Konsultationsver-
fahren und der Prüfung im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren. So wird
die therapeutische Wirksamkeit eines Arzneimittels im Zulassungsverfahren
anhand von klinischen Studien gegenüber einem Komparator ermittelt, typischer-
weise eine etablierte Standardbehandlung oder – soweit zu diesem Zeitpunkt noch
- 13 -
keine Alternativbehandlung etabliert ist – im Vergleich mit einem Placebo. Die ent-
sprechenden klinischen Studien erfolgen dabei soweit wie möglich als randomi-
sierte, doppelt verblindete Studien. Der therapeutische Nutzen des Arzneimittelbe-
standteils eines Medizinprodukts wird im Rahmen der klinischen Prüfung im Kon-
sultationsverfahren dahingehend überprüft, ob die in Anhang I Abschnitt 3
genannten Leistungsdaten erfüllt sind (Anhang X, Punkt 2.1 der Richtlinie
93/42/EWG). Diese Leistungsdaten werden vom Hersteller des Medizinprodukts
vorgegeben (Anhang I. Punkt I.3 1 der Richtlinie 93/42/EWG), indem er in seinem
Antrag den Zweck benennt, den der Arzneistoff im Zusammenhang mit dem Ein-
satz des Medizinprodukts erfüllen soll. Ob dieser Zweck erfüllt wird, ist dann Ge-
genstand der klinischen Prüfung. Die Prüfung, ob der genannte Zweck (Nutzen)
des Arzneistoffs erzielt wird, kann damit als inhaltlich gleichwertig zur Prüfung der
therapeutischen Wirksamkeit eines Arzneimittels angesehen werden.

12. Im vorliegenden Fall wurde von der Antragstellerin im CE-Zertifizierungsver-
fahren als Zweck des Arzneistoffes Paclitaxel bei der Verwendung des Medizin-
produkts angeführt, dass dieser das Wiederverschließen eines Blutgefäßes (Res-
tenose) nach erfolgter Ballondilatation verhindern solle. Dieser therapeutische Nut-
zen wurde dann im Konsultationsverfahren von der Arzneimittelbehörde gegen-
über einem Placebo (da es zu diesem Zeitpunkt noch keine entsprechende Stan-
dardbehandlung gab) überprüft und in einer klinischen Nutzen/Risiko-Analyse
nach den Standards der Arzneimittelzulassung bewertet (vgl. MEDDEV 2.1/3
rev.2, Section B).

13. Nach dem Vortrag der Antragstellerin wurden zu dem Arzneimittelbestandteil
Paclitaxel im Rahmen des Konsultationsverfahrens umfangreiche Daten bezüglich
der Pharmakokinetik, der Sicherheit und dem klinischen Nutzen von Paclitaxel im
spezifischen Kontext des Stent-Systems eingereicht. Den Kern der klinischen Da-
ten stellte eine randomisierte, doppelt verblindete prospektive Studie zur Sicher-
heit und den Leistungsmerkmalen (Nützlichkeit) eines Paclitaxel-beschichteten
Stents dar. Aus den Ergebnissen dieser Studie leitete die Antragstellerin die Leis-
- 14 -
tungsdaten des Arzneistoffs im Sinne des Anhang I, Punkt I.3 der Richtlinie
93/42/EWG ab. Die von der Benannten Stelle ersuchte niederländische Arznei-
mittelbehörde CBG-MEB prüfte das eingereichte Dossier und erließ zunächst
einen negativen Zwischenbescheid. Nachdem die Anmelderin ergänzende Aus-
führungen und Unterlagen vorgelegt hatte, stellte die CBG-MEB am 20. Ja-
nuar 2003 eine positive Stellungnahme aus. Auf Grundlage des positiven Gutach-
tens erteilte der TÜV Rheinland dann am 21. Januar 2003 das beantragte CE-
Zertifikat mit der Registriernummer ID 60004045 0001 und der Reportnummer
21101422 003.

14. Damit hat das Erzeugnis „Paclitaxel“ als integraler Bestandteil des Medizin-
produkts ein hinsichtlich seiner materiellen Prüfkriterien im Vergleich zur Richtlinie
2001/83/EG gleichwertiges Zulassungsverfahren durchlaufen.

15. Zur weiteren Frage, ob eine Anwendung der AMVO im vorliegenden Fall des-
halb ausscheidet, weil das Erzeugnis kein verwaltungsrechtliches Genehmigungs-
verfahren im Sinne von Art. 2 AMVO durchlaufen hat, verweist der Senat auf die
nachfolgenden Aspekte.

15.1 Das im vorliegenden Fall durchgeführte Konformitätsbewertungsverfahren
wurde durch eine entsprechend den europaweit einheitlichen Kriterien ausge-
wählte, benannte und staatlich überwachte Prüfstelle erteilt (vgl. hierzu die Durch-
führungsverordnung (EU) Nr. 920/2013 der Kommission über die Benennung und
Beaufsichtigung benannter Stellen gemäß der Richtlinie 90/385/EWG des Rates
über aktive implantierbare medizinische Geräte und der Richtlinie 93/42/EWG des
Rates über Medizinprodukte). Zwar handelt es sich bei den Benannten Stellen
nicht um Behörden im Sinne des öffentlichen Rechts. Bei der Durchführung des
Konformitätsbewertungsverfahrens werden sie jedoch in der Ausübung einer dem
öffentlichen Recht zuzuordnenden Aufgabe – auch – als Träger hoheitlicher Be-
fugnisse tätig. Auch wenn die Benannte Stelle das Konformitätsbewertungsverfah-
ren für den Medizinprodukte-Hersteller aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags
- 15 -
durchführt, unterliegen die maßgeblichen formellen und materiellen Prüfungsstan-
dards – insbesondere im Hinblick auf den hier maßgeblichen Arzneimittelbestand-
teil – nicht der Vertragsfreiheit, sondern beruhen auf EU-Recht bzw. auf den nach
deren Umsetzung in nationales Recht einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vor-
schriften (in Deutschland die Vorschriften des Medizinproduktegesetzes).

15.2 Mit der Bewertung des Arzneimittelbestandteils im Konsultationsverfahren ist
im Unterschied zu dem in Art. 2 AMVO genannten Genehmigungsverfahren
gemäß der Richtlinie 2001/83/EG keine förmliche Zulassung als Arzneimittel ver-
bunden. Diese Abweichung ergibt sich jedoch aus der Unterschiedlichkeit der
jeweiligen Produktkategorien und den entsprechenden regulatorischen Vorgaben
(vgl. Art. 1 (4) Richtlinie 93/42/EWG). Wesentliche Unterschiede hinsichtlich der
maßgeblichen formellen und materiellen Prüfungsstandards sind damit nicht ver-
bunden, da beiden Verfahren die vor dem Inverkehrbringen zwingend vorge-
schriebene Prüfung durch eine Arzneimittelbehörde anhand der arzneimittelrecht-
lichen Standards der Richtlinie 2001/83/EG gemeinsam ist. Hinsichtlich der Ver-
bindlichkeit des Prüfungsergebnisses besteht ebenfalls Übereinstimmung, da die
Benannte Stelle das im Rahmen des Konsultationsverfahrens erstellte Gutachten
der Arzneimittelbehörde bei ihrer Entscheidung gebührend berücksichtigen muss
(vgl. Anhang II Abschnitt 4.3 Abs. 4 der Richtlinie 93/42/EWG). Der Terminus „be-
rücksichtigen“ bedeutet dabei, dass die Benannte Stelle im Falle eines negativen
Gutachtens der Arzneimittelbehörde an der Erteilung eines CE-Zertifikats gehin-
dert ist. Denn die Zertifizierung eines Kombinationsprodukts entgegen der negati-
ven Begutachtung des Arzneimittelbestandteils könnte unter keinen Umständen
als „gebührende Berücksichtigung“ des Gutachtens angesehen werden. Somit
ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung in Anhang II Abschnitt 4.3 Abs. 4
der Richtlinie 93/42/EWG die gleiche Verbindlichkeit des Prüfungsergebnisses im
Konsultationsverfahren wie im Arzneimittelzulassungsverfahren gemäß der Richt-
linie 2001/83/EG. Für den Fall, dass eine in der Anwendung dieser Richtlinie
getroffene Entscheidung zum Verbot oder zu einer Beschränkung des Inverkehr-
bringens des Medizinprodukts führt, sieht Art. 19 (1) der Richtlinie 93/42/EWG
- 16 -
entsprechende Regelungen zu den in diesem Fall dem Antragsteller zur Verfü-
gung stehenden Rechtsmitteln vor.

16. Trotz der vorhandenen verfahrensmäßigen Unterschiede sprechen die
getroffenen Feststellungen somit dafür, das bei Kombinationsprodukten durchzu-
führende Konformitätsverfahren einem verwaltungsrechtlichen Genehmigungs-
verfahren im Sinne von Art. 2 AMVO gleichzustellen. Eine solche Gleichstellung
würde auch mit dem Sinn und Zweck der Verordnung in Einklang stehen, unter
Abwägung aller maßgeblichen Interessen den Patentinhabern einen zeitlichen
Ausgleich für die notwendigen Studien und Zulassungsverfahren zu gewähren, um
so einen Anreiz für weitere pharmazeutische Forschungs- und Entwicklungsleis-
tungen zu schaffen (vgl. Erwägungsgründe 3 bis 10 der AMVO). Denn nur die
Subsumtion eines Konformitätsbewertungsverfahrens, wie es im vorliegenden Fall
durchgeführt wurde, unter den Anwendungsbereich des Art. 2 AMVO, würde es
dem Inhaber des Grundpatents ermöglichen, eine Kompensation für die lange
Dauer des vorgeschriebenen Genehmigungs- bzw. Zertifizierungsverfahrens zu
erhalten. Anderenfalls wäre ihm dies trotz der erforderlichen, entsprechend dem
Erwägungsgrund 2 der Verordnung auch der Verbesserung der Volksgesundheit
dienenden Studien und Zulassungsverfahren verwehrt, da für die neue Verwen-
dung des Wirkstoffs gemäß der Lehre des Grundpatents die Möglichkeit einer
förmlichen Zulassung als Arzneimittel gemäß der Richtlinie 2001/83/EG nach den
Vorgaben des europäischen Gesetzgebers von vornherein ausgeschlossen war
(vgl. Art. 1 (4) der Richtlinie 93/42/EWG).

17. Im Hinblick auf die uneinheitliche Entscheidungspraxis in den Mitgliedsstaa-
ten bei der Anwendung von Art. 2 AMVO war das Verfahren auszusetzen und die
im Tenor genannte Frage dem Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV zur Klärung
vorzulegen.

- 17 -
III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben,
wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden.


Dr. Maksymiw Schell Dr. Jäger Dr. Wagner


Fa


Full & Egal Universal Law Academy