12 W (pat) 43/14  - 12. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:191217B12Wpat43.14.0


BUNDESPATENTGERICHT



12 W (pat) 43/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
19. Dezember 2017






In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2008 002 574



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hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2017 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Univ. Ganzenmüller, der Richterin Bayer sowie
der Richter Dr.-Ing. Krüger und Dipl.-Phys. Univ. Schmidt

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der
Patentabteilung 13 des DPMA vom 14. November 2013 aufgeho-
ben und die Sache im Hinblick auf den Hilfsantrag vom
19. Dezember 2017 an das DPMA zurückverwiesen. Im Übrigen
wird die Beschwerde der Patentinhaberin zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Gegen das am 20. Juni 2008 angemeldete und mit der Bezeichnung „Verfahren
und Vorrichtung zur Ansteuerung einer Glühkerze“ am 18. März 2010 veröffent-
lichte Patent 10 2008 002 574 wurde am 8. Juni 2010 Einspruch erhoben.

Die Einsprechende hat die Auffassung vertreten, das Patent sei zu widerrufen, da
der Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig sei (§ 21 (1) Nr. 1 PatG).

Zur Begründung hat sie auf folgende Druckschriften verwiesen:
D1) DE 10 2006 010 083 A1
D2) EP 1 162 368 A2.

Die Patentabteilung 13 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss
in der Anhörung am 14. November 2013 den Widerruf des Patents beschlossen.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 10. Januar 2014 eingereichte
Beschwerde der Patentinhaberin.

Die Beschwerdeführerin und Patentinhaberin beantragt,

den Beschluss der Patentabteilung 13 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 14. November 2013 aufzuheben und das Patent
10 2008 002 574 in vollem Umfang aufrechtzuerhalten,

hilfsweise mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 bis 2 gemäß Hilfsantrag, überreicht in der
mündlichen Verhandlung am 19. Dezember 2017,
Beschreibung und Zeichnungen (Fig. 1 bis Fig. 3) gemäß
Patentschrift.

Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

Verfahren zur Ansteuerung einer Glühkerze (1) in einem
Verbrennungsmotor, wobei ein Alterungszustand A der Glüh-
kerze (1) ermittelt wird und
die Ansteuerung der Glühkerze (1) in Abhängigkeit vom Alterungs-
zustand A der Glühkerze beeinflusst wird, dadurch
gekennzeichnet, dass
eine Veränderung der Ansteuerung in Abhängigkeit vom
Alterungszustand A der Glühkerze (1) bei einer Umgebungs-
temperatur in einem Bereich unter 0° C größer ist als bei einer
Umgebungstemperatur in einem Bereich von mehr als 10° C.
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Auf diesen Anspruch sind die Ansprüche 2 bis 9 direkt oder indirekt rückbezogen.

Der Nebenanspruch 10 gemäß Hauptantrag lautet:

Vorrichtung zur Ansteuerung einer Glühkerze (1) in einem
Verbrennungsmotor, wobei Mittel vorgesehen sind, die einen
Alterungszustand A der Glühkerze (1) ermitteln und die
Ansteuerung der Kerze in Abhängigkeit vom Alterungszustand der
Glühkerze (1) beeinflussen, dadurch gekennzeichnet, dass
die Mittel eine Veränderung der Ansteuerung in Abhängigkeit vom
Alterungszustand A der Glühkerze (1) bei einer Umgebungs-
temperatur in einem Bereich unter 0° C größer wählen als bei
einer Umgebungstemperatur in einem Bereich von mehr als 10° C.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet:

Verfahren zum Erkennen und Kompensieren eines Alterungs-
zustands einer Glühkerze (1) in einem Verbrennungsmotor, wobei
ein Alterungszustand A der Glühkerze (1) ermittelt wird, wobei
eine Ansteuerung der Glühkerze (1) in Abhängigkeit vom
Alterungszustand A der Glühkerze (1) beeinflusst wird, wobei die
Kompensation mittels eines Korrekturwertes einer Ansteuerspan-
nung der Glühkerze (1) vorgenommen wird, dadurch
gekennzeichnet, dass
in einem Temperaturbereich unterhalb von 0° C der Korrekturwert
der Ansteuerspannung der Glühkerze (1) größer ist als in einem
Temperaturbereich von 20° C, sodass die Kompensation nur dann
vorgenommen wird, wenn aufgrund eines gegenüber einem
Verbrennungsmotor mit nicht-gealterter Glühkerze verschlech-
terten Startverhaltens des Verbrennungsmotors die Kompensation
erstrebenswert ist.
- 5 -
Der Nebenanspruch 2 gemäß Hilfsantrag lautet:

Vorrichtung, eingerichtet, jeden Schritt des Verfahrens nach
Anspruch 1 auszuführen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt
verwiesen.


II.

Die fristgerecht eingelegte und auch zulässige Beschwerde der Patentinhaberin
hat insoweit Erfolg, als die Sache zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent-
und Markenamt zurückverwiesen wird, weil der mit dem zulässigen Einspruch
geltend gemachte Widerrufsgrund, der Gegenstand des Patents sei nicht
patentfähig, sich hinsichtlich der Ansprüche nach Hauptantrag zwar als zutreffend
erweist, hinsichtlich der Ansprüche nach Hilfsantrag aber anhand der Aktenlage
nicht abschließend beurteilt werden kann.

1. Die Erfindung betrifft laut Patentschrift Absatz 0001 ein Verfahren und eine
Vorrichtung zur Ansteuerung einer Glühkerze.

2. Als Stand der Technik nennt die Patentschrift als Beispiel für ein Verfahren
zur Ansteuerung einer Glühkerze, bei dem eine Alterung der Glühkerze berück-
sichtigt wird die D1.

3. Als Aufgabe ist dem Absatz 0003 der Patentschrift zu entnehmen, den aus
der D1 bekannten Stand der Technik so weiterzuentwickeln, dass die Glühkerzen
mit großer Zuverlässigkeit bis an das Ende ihrer Lebensdauer betrieben werden
können, ohne dass es zu einer verschlechterten Funktion der Glühkerzen kommt.
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Insbesondere soll eine Verbesserung des Startverhaltens erreicht werden, ohne
dass dadurch der Prozess der Alterung noch beschleunigt wird.

4. Als Fachmann für den vorliegenden Erfindungsgegenstand zuständig ist ein
Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik mit Erfahrung in der Entwicklung von Verfah-
ren zur Ansteuerung von Glühkerzen in Verbrennungsmotoren.

5. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lässt sich wie folgt gliedern:

M0 Verfahren zur Ansteuerung einer Glühkerze (1) in einem
Verbrennungsmotor, wobei
M1a ein Alterungszustand A der Glühkerze (1) ermittelt wird und
M1b die Ansteuerung der Glühkerze (1) in Abhängigkeit vom Alterungs-
zustand A der Glühkerze beeinflusst wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
M2 eine Veränderung der Ansteuerung in Abhängigkeit vom Alterungs-
zustand A der Glühkerze (1) bei einer Umgebungstemperatur in
einem Bereich unter 0° C größer ist als bei einer Umgebungstem-
peratur in einem Bereich von mehr als 10° C.

Der Anspruch 10 gemäß Hauptantrag lässt sich wie folgt gliedern:

M0' Vorrichtung zur Ansteuerung einer Glühkerze (1) in einem
Verbrennungsmotor,
M1a' wobei Mittel vorgesehen sind, die einen Alterungszustand A der
Glühkerze (1) ermitteln und
M1b' die Ansteuerung der Kerze in Abhängigkeit vom Alterungszustand
der Glühkerze (1) beeinflussen,
dadurch gekennzeichnet, dass
M2' die Mittel eine Veränderung der Ansteuerung in Abhängigkeit vom
Alterungszustand A der Glühkerze (1) bei einer Umgebungstem-
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peratur in einem Bereich unter 0° C größer wählen als bei einer
Umgebungstemperatur in einem Bereich von mehr als 10° C.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag lässt sich wie folgt gliedern:

H0 Verfahren zum Erkennen und Kompensieren eines Alterungs-
zustands einer Glühkerze (1) in einem Verbrennungsmotor, wobei
H1a ein Alterungszustand A der Glühkerze (1) ermittelt wird, wobei
H1b eine Ansteuerung der Glühkerze (1) in Abhängigkeit vom Alterungs-
zustand A der Glühkerze (1) beeinflusst wird, wobei
H1c die Kompensation mittels eines Korrekturwertes einer Ansteuer-
spannung der Glühkerze (1) vorgenommen wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
H2a in einem Temperaturbereich unterhalb von 0° C der Korrekturwert
der Ansteuerspannung der Glühkerze (1) größer ist als in einem
Temperaturbereich von 20° C,
H2b sodass die Kompensation nur dann vorgenommen wird, wenn auf-
grund eines gegenüber einem Verbrennungsmotor mit nicht-
gealterter Glühkerze verschlechterten Startverhaltens des Verbren-
nungsmotors die Kompensation erstrebenswert ist.

6. Auslegung

6.1. Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist ein Verfahren zur
Ansteuerung einer Glühkerze in einem Verbrennungsmotor. Unter Ansteuerung
einer Glühkerze ist hier die Versorgung der Glühkerze mit elektrischer Energie zu
verstehen. Einstellgrößen der Energieversorgung der Glühkerze sind die
Einschaltdauer und die anliegende Spannung.
Der erste, im Merkmal 1a genannte Verfahrensschritt ist die Ermittlung eines
Alterungszustands. Unter Alterung ist hier ganz allgemein jede Veränderung der
Glühkerzeneigenschaften zu verstehen, die sich negativ auf das Betriebsverhalten
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der Glühkerze auswirkt. Der Alterungszustand A ist eine Kennzahl für die Alterung.
Die Patentschrift, siehe beispielsweise Absatz 0011, offenbart verschiedene
Verfahren zur Bestimmung des Alterungszustands A.
Nach der Bestimmung des Alterungszustands folgt gemäß Merkmal M1b eine
Beeinflussung der Ansteuerung der Glühkerze in Abhängigkeit vom ermittelten
Alterungszustand A. D. h. Einschaltdauer und anliegende Spannung werden in
Abhängigkeit vom ermittelten Alterungszustand A verändert.

Das Merkmal M2 präzisiert die Art der Beeinflussung der Ansteuerung, dadurch
dass
eine Veränderung der Ansteuerung in Abhängigkeit vom
Alterungszustand A der Glühkerze (1) bei einer Umgebungs-
temperatur in einem Bereich unter 0° C größer ist als bei einer
Umgebungstemperatur in einem Bereich von mehr als 10° C.

Das Merkmal M2 konkretisiert das Merkmal M1b. Der Inhalt der Wortgruppe
„Veränderung der Ansteuerung in Abhängigkeit vom Alterungszustand A der
Glühkerze (1)“ des Merkmals M2 ist gleichzusetzen mit dem der Wortgruppe des
Merkmals M1b „die Ansteuerung der Kerze in Abhängigkeit vom Alterungs-
zustand A der Glühkerze (1) beeinflussen“.
Das Merkmal M2 bildet das Merkmal M1b dadurch aus, dass die in M1b genannte
Veränderung der Ansteuerung bei einer Umgebungstemperatur in einem Bereich
unter 0° C größer ist als bei einer Umgebungstemperatur in einem Bereich von
mehr als 10° C.

Unter Umgebungstemperatur ist hier unter Berücksichtigung von Absatz 0003
und 0004 der Patentschrift eine Umgebungstemperatur des Verbrennungsmotors
zu verstehen. Der Fachmann legt das Merkmal M2 so aus, dass die Umgebungs-
temperatur für die Veränderung der Ansteuerung berücksichtigt wird und dass
nicht nur eine indirekte Beeinflussung gemeint ist, siehe etwa Absatz 0012 der
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Patentschrift. Allerdings muss die Umgebungstemperatur selbst nicht gemessen,
sondern kann auch indirekt bestimmt werden.

Die Beschwerdeführerin und Patentinhaberin führt aus, der Fachmann würde
aufgrund von Absatz 0013 der Patentschrift das Merkmal M2 so verstehen, dass
die vorher berechnete Kompensation bei einer Umgebungstemperatur von mehr
als 10° C bewusst auszusetzen sei. Dadurch werde durch das zusätzliche
Merkmal M2 eine zusätzliche Wirkung, nämlich die Vermeidung einer durch
unnötige Kompensation verursachten beschleunigten Alterung erreicht.

Dieser Argumentation folgt der Senat nicht. Zwar ist bei der Auslegung von
Ansprüchen die gesamte Patentschrift heranzuziehen, allerdings darf dies nicht
dazu führen, dass der Gegenstand eines Anspruchs enger ausgelegt wird, als es
sein Wortlaut zulässt. Im vorliegenden Fall haben die in dem von der Beschwerde-
führerin und Patentinhaberin angeführten Absatz 0013 der Patentschrift beschrie-
benen Merkmale keinen Eingang in den Anspruch 1 gefunden und wirken somit
nicht beschränkend.

Der Vorrichtungsanspruch 10 gemäß Hauptantrag umfasst ausschließlich Mittel
zur Ausführung der Verfahrensmerkmale des Anspruchs 1. Er ist daher entspre-
chend auszulegen.

6.2 Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag ist ein Verfahren zum
Erkennen und Kompensieren eines Alterungszustands einer Glühkerze in einem
Verbrennungsmotor. Der Begriff „Kompensieren“ ist nach Absatz 0013 so zu
verstehen, dass der Alterungszustand vollständig ausgeglichen wird. Die Kompen-
sation erfolgt mittels eines Korrekturwerts der Ansteuerspannung, wobei dieser
Korrekturwert unterhalb von 0° C größer ist als in einem Temperaturbereich von
20° C, siehe Merkmale H1c und H2a. Den Begriff „Temperaturbereich“ wird der
Fachmann unter Kenntnis von Absatz 0013 als Umgebungstemperaturbereich
verstehen.
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Der Anspruch 2 gemäß Hilfsantrag, umfassend eine
Vorrichtung, eingerichtet, jeden Schritt des Verfahrens nach
Anspruch 1 auszuführen,
ist entsprechend Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag auszulegen.

7. Die nach Hauptantrag geltenden erteilten Ansprüche sind zulässig, da ihre
Gegenstände nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgehen
(§ 21 (1) 1. PatG).

Der Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 mit den Merkmalen M0, M1a und M1b
entspricht dem ursprünglichen Anspruch 1.

Das Merkmal M2 ist dem ursprünglichen Anspruch 8 entnommen.
Im ursprünglichen Anspruchssatz ist der Anspruch 8 indirekt über den Anspruch 7
auf den Anspruch 1 rückbezogen. Die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 7,
dass für die Ansteuerung in Abhängigkeit vom Alterungszustand A
der Glühkerze (1) eine Umgebungstemperatur TAMB des Verbren-
nungsmotors berücksichtigt wird,
sind nicht Bestandteil des erteilten Anspruchs 1.

Dies ist unschädlich, da das Merkmal des ursprünglichen Anspruchs 8,
dass eine Veränderung der Ansteuerung in Abhängigkeit vom Al-
terungszustand A der Glühkerze (1) bei einer Umgebungstempe-
ratur in einem Bereich unter 0° C größer ist als bei einer Umge-
bungstemperatur in einem Bereich von mehr als 10° C
bereits implizit beinhaltet, dass die Umgebungstemperatur TAMB des Verbren-
nungsmotors berücksichtigt wird.

Der Oberbegriff des erteilten Anspruchs 10 mit den Merkmalen M0', M1a' und
M1b' entspricht dem ursprünglichen Anspruch 10. Das weitere Merkmal M2' leitet
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sich analog zum Merkmal M2 des Anspruchs 1 aus dem Merkmal des ursprüngli-
chen Anspruchs 8 her.

Die auf den Anspruch 1 direkt bzw. indirekt rückbezogenen geltenden Ansprü-
che 2 bis 9 entsprechen bis auf die fortlaufende Nummerierung den ursprüngli-
chen Ansprüchen 2 bis 7 sowie 9 und 10.

8. Der Gegenstand des Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist nicht patentfähig,
da sein Gegenstand zwar neu ist, aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht
(§ 4 PatG).

Die D1, siehe Absatz 0001 bis 0003, beschreibt ein Verfahren zur Ansteuerung
einer Glühkerze in einem Verbrennungsmotor (Merkmal M0).

Die D1, Absatz 0016, gibt an, dass sich der elektrische Widerstand von Glüh-
kerzen mit zunehmendem Alter meist verändert und zu einer niedrigeren Glüh-
kerzentemperatur führt, die schlechteres Zündverhalten und Startverhalten nach
sich zieht. Dieses Problem wird gelöst durch Messen des Widerstandes der
einzelnen Glühkerzen und durch Berücksichtigen der individuellen Wider-
standsänderungen bei der Ansteuerung, wodurch der Einfluss solcher
Änderungen auf die erreichte Glühtemperatur ausgeglichen wird.

Die D1 lehrt somit, dass ein Alterungszustand A der Glühkerze ermittelt (Merkmal
M1a) und dass die Ansteuerung der Glühkerze in Abhängigkeit vom Alterungs-
zustand A der Glühkerze beeinflusst wird (Merkmal M1b).

Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich somit von der D1 lediglich
durch das Merkmal M2, dass
eine Veränderung der Ansteuerung in Abhängigkeit vom
Alterungszustand A der Glühkerze (1) bei einer Umgebungs-
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temperatur in einem Bereich unter 0° C größer ist als bei einer
Umgebungstemperatur in einem Bereich von mehr als 10° C.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit neu gegenüber der D1.

Der D1, Absatz 0004, entnimmt der Fachmann, dass die Glühkerzen in einem
Motor auf eine Nenntemperatur gebracht werden müssen. Bei unterschiedlichen
Betriebsbedingungen des Motors werden die Glühkerzen unterschiedlich stark
abgekühlt. Um dies auszugleichen, wird die elektrische Leistung angepasst, siehe
Absatz 0005. Die Ansteuerung der Glühkerzen erfolgt also in Abhängigkeit der
Umgebungstemperatur, wobei bei niedrigen Temperaturen eine höhere Leistung
erforderlich ist.

Zudem entnimmt der Fachmann der D1, Absatz 0016, dass sich der elektrische
Widerstand von Glühkerzen mit zunehmendem Alter meist verändert und zu einer
niedrigeren Glühkerzentemperatur führt. Als Lösung dieses Problems gibt die D1
an, die Ansteuerung der Glühkerzen so zu verändern, dass der Einfluss solcher
Änderungen auf die erreichte Glühtemperatur ausgeglichen wird. Bei gealterten
Glühkerzen ist demnach eine höhere Leistung erforderlich. Der Fachmann wird
dies in nahe liegender Weise umsetzen, indem er zu den umgebungstemperatur-
abhängigen Ansteuerungswerten für neue Glühkerzen einen alterungsabhängigen
Korrekturwert addiert, damit die Glühkerzen die Nenntemperatur erreichen. Auf-
grund des Ohmschen Gesetzes ist dieser Korrekturwert bei hohen Leistungen
größer als bei niedrigen.

Da bereits bei neuen Glühkerzen bei niedrigen Umgebungstemperaturen größere
Leistungen erforderlich sind als bei hohen, sind auch die alterungsabhängigen
Korrekturwerte gealterter Glühkerzen bei niedrigen Temperaturen größer als bei
hohen.

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Der Fachmann gelangt so auch zu dem Merkmal M2, dass
eine Veränderung der Ansteuerung in Abhängigkeit vom
Alterungszustand A der Glühkerze (1) bei einer Umgebungs-
temperatur in einem Bereich unter 0° C größer ist als bei einer
Umgebungstemperatur in einem Bereich von mehr als 10° C.

Der Anspruch 1 ist daher nicht patentfähig, da sein Gegenstand nicht auf erfinderi-
scher Tätigkeit beruht.

Die übrigen Ansprüche fallen mit dem Anspruch 1.

9. Die nach dem Hilfsantrag geltenden Ansprüche sind zulässig, da sie den
Gegenstand der Anmeldung und den Schutzbereich der erteilten Ansprüche nicht
erweitern (§ 38 PatG, § 22 PatG).

Das Merkmal H0,
Verfahren zum Erkennen und Kompensieren eines Alterungs-
zustands einer Glühkerze (1) in einem Verbrennungsmotor,
ist sowohl in Absatz 0003 der Offenlegungsschrift als auch der Patentschrift
offenbart. Außerdem ist das Merkmal enger gefasst als das Merkmal M0 des
erteilten Anspruchs, da „Kompensieren“ nicht nur bedeutet, dass die Ansteuerung
verändert wird, sondern auch, dass durch die Veränderung der Ansteuerung die
Alterung ausgeglichen wird.

Die Merkmale H1a und H1b sind sinngleich mit den Merkmalen M1a und M1b.

Das Merkmal H1c, dass
die Kompensation mittels eines Korrekturwertes einer Ansteuer-
spannung der Glühkerze (1) vorgenommen wird,
ist den Absätzen 0012 und 0013 sowohl der Offenlegungsschrift als auch der
Patentschrift zu entnehmen.
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Das Merkmal H2a, wonach
in einem Temperaturbereich unterhalb von 0° C der Korrekturwert
der Ansteuerspannung der Glühkerze (1) größer ist als in einem
Temperaturbereich von 20° C,
ergibt sich aus dem Merkmal M2 in Verbindung mit Absatz 0012 sowohl der Offen-
legungsschrift als auch der Patentschrift.

Das Merkmal H2b,
sodass die Kompensation nur dann vorgenommen wird, wenn
aufgrund eines gegenüber einem Verbrennungsmotor mit nicht-
gealterter Glühkerze verschlechterten Startverhaltens des
Verbrennungsmotors die Kompensation erstrebenswert ist,
ist Absatz 0013 sowohl der Offenlegungsschrift als auch der Patentschrift zu
entnehmen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag lässt sich somit sowohl aus
der Offenlegungsschrift als auch aus der Patentschrift herleiten und geht nicht
über den Inhalt des erteilten Anspruchs 1 hinaus.

Der Anspruch 2 gemäß Hilfsantrag stützt sich auf den erteilten Anspruch 10 sowie
die Offenbarung der Verfahrensschritte des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag.
Sein Gegenstand geht nicht über den Inhalt des erteilten Anspruchs 10 hinaus.

10. Die Lehre des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag mit dem Merkmal H2b wird
durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik weder vorweggenommen
noch nahegelegt. So zeigt die D1 zwar ein Verfahren zur Kompensation der
Alterung von Glühkerzen, diese erfolgt aber immer und die D1 gibt keinen Hinweis
darauf, dass diese unter bestimmten Voraussetzungen nicht erfolgen soll. Der D2
ist keine Alterungskompensation zu entnehmen.

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11. Die Zurückverweisung erfolgt gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PatG, wonach
das Bundespatentgericht die angefochtene Entscheidung aufheben kann, ohne in
der Sache selbst zu entscheiden, wenn neue Tatsachen bekannt werden, die für
die Entscheidung wesentlich sind. Als neue Tatsachen im Sinne von Nr. 3 gilt
auch eine wesentliche Änderung des Patentbegehrens (vgl. Schulte, Patent-
gesetz, 10. Auflage, § 79 Rdn. 26).

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall gegeben, da der geltende
Anspruch 1 nach Hilfsantrag gegenüber dem dem Zurückweisungsbeschluss
zugrunde liegenden Anspruch 1 so verändert worden ist, dass der angefochtene
Beschluss nicht mehr als eine Entscheidung über das geltende Patentbegehren
angesehen werden kann.

Durch die neu hinzugekommenen Merkmale aus dem Absatz 0013 der
Patentschrift kommt als neuer Aspekt hinzu, wann eine Kompensation der
Alterung zu unterbleiben hat.

Hierzu hat die Patentabteilung bisher nicht sachlich Stellung genommen. Bei
dieser Sachlage hält es der Senat für geboten, zunächst der Patentabteilung
Gelegenheit zu geben, über die Patentfähigkeit des Gegenstandes des geltenden
Anspruchs 1 gegebenenfalls im Rahmen einer weiteren Sachaufklärung zu
entscheiden.

Die Sache wird daher zur Vermeidung eines Instanzenverlustes zurück verwiesen.


III. Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben,
wenn gerügt wird, dass

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1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu
unterzeichnen und beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe,
einzureichen. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor
Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert
werden.


Ganzenmüller Bayer Dr. Krüger Schmidt

Pr


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