12 W (pat) 43/13  - 12. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



12 W (pat) 43/13
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
21. November 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2009 038 870.2










hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 21. November 2017 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Ganzenmüller, der Richterin Bayer sowie der
Richter Dr.-Ing. Krüger und Dipl.-Phys. Univ Schmidt

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beschlossen:

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse F02B des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 23. Oktober 2013 aufgehoben und die Sache zur weite-
ren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückver-
wiesen.


G r ü n d e

I.

Der Beschwerdeführer ist Anmelder der am 24. August 2009 beim Deutschen
Patent- und Markenamt eingegangenen Patentanmeldung 10 2009 038 870.2 mit
der Bezeichnung

„Antriebskombination zur Erzeugung von elektrischer Energie und Wärme“.

Die Prüfungsstelle für die Klasse F02B des Deutschen Patent- und Markenamts
hat die Anmeldung mit Beschluss vom 23. Oktober 2013 zurückgewiesen und da-
bei zur Begründung angegeben, der Gegenstand des am 2. November 2012 ein-
gereichten, geltenden Anspruchs 1 sei gegenüber den ursprünglichen Unterlagen
in unzulässiger Weise erweitert.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 16. November 2013 eingelegte Be-
schwerde des Anmelders.

- 3 -
Der Anmelder beantragt in der mündlichen Verhandlung vom 21. November 2017,

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F02B des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 23. Oktober 2013 aufzuheben und
das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhandlung am
21. November 2017,
Beschreibung und Zeichnungen Fig. 1 bis Fig. 4 gemäß
Offenlegungsschrift.

Der nunmehr geltende Anspruch 1 lautet:

Antriebskombination zur Erzeugung von elektrischer Energie und
Wärme,
wobei ein Kolbenmotor und ein Generator miteinander gekoppelt
sind, dergestalt, dass der Kolbenmotor einen Motorkörper (6) und
ein Motorgehäuse (3) aufweist und der Generator in einem Gene-
ratorgehäuse (1) angeordnet ist,
wobei das Motor- (3) am Generatorgehäuse (1) fest, aber leicht
lösbar, direkt angeflanscht ist, dadurch gekennzeichnet,
dass ein ein Triebwerk (7) aufnehmender Triebwerksraum (11) im
Motorgehäuse (3) und ein Hohlkörper (14) des Generatorgehäu-
ses (1) durch Öffnungen miteinander verbunden sind und als
Schmierölreservoir dienen.

Auf diesen Anspruch sind die Ansprüche 2 bis 8 direkt oder indirekt rückbezogen.

- 4 -
Der Anspruch 1 vom Anmeldetag lautet:

Antriebskombination zur Erzeugung von elektrischer Energie und
Wärme,
wobei ein Kolbenmotor und ein Generator miteinander gekoppelt
sind, dadurch gekennzeichnet,
dass an eine Stirnkurbel (4), die Bestandteil einer Generator-
welle (2) ist, eine Pleuelstange (5) eines Motorkörpers (6) direkt
angelenkt ist, derart, dass die Generatorwelle (2) die Kurbelwelle
des Motorkörpers (6) bildet.

Die folgenden Entgegenhaltungen sind im Verfahren:

D1) DE 295 13 958 U1
D2) DE 10 2005 061 165 A1
D3) DE 44 08 719 C1
D4) DE 103 39 564 A1
D5) DE 197 04 786 C1
D6) DE 101 52 748 A1
D7) DE 10 2008 017 142 A1
D8) DE 94 05 466 U1
D9) DE 35 11 123 C2
D10) DE 1 072 003 A
D11) DE 85 30 067 U1
D12) DE 603 01 759 T2
D13) DE 949 697 B
D14) DE 77 36 582 U
D15) DE 10 2006 015 645 A1
D16) DE 10 2009 017 609 A1 (nachveröffentlichte ältere Anmeldung)
D17) US 4,936,269

- 5 -
D18) GB 119,157 A
D19) JP 2004 052684 AA Patent Abstracts of Japan.

Zur Fassung der Unteransprüche und den weiteren Einzelheiten wird auf den Ak-
teninhalt verwiesen.


II.

Die zulässige Beschwerde des Patentanmelders hat insoweit Erfolg, als die Sache
zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen
wird.

1. Die Erfindung betrifft laut Anmeldung, siehe Offenlegungsschrift Ab-
satz [0001], eine Kombination aus einem Kolbenmotor und einem elektrischen
Generator, wie sie für Blockheizkraftwerke und andere stationäre und mobile
Strom- und Wärmeerzeuger, z. B. auch für sogenannte Range Extender in
elektrisch betriebenen Fahrzeugen, zum Einsatz kommt.

2. Als Stand der Technik, siehe Offenlegungsschrift Absatz 0002] bis [0005],
nennt die Anmeldung die D1 als Beispiel für eine klassische Bauart eines Aggre-
gats mit Kolbenmotor und elektrischem Generator, wobei Motor und Generator für
sich eigenständige Maschinen und durch eine Kupplung verbunden sind.
Weiter nennt sie die D2 bis D4 als Beispiele für Aggregate, bei denen Motor und
Generator jeweils eigene Gehäuse und Auflagerungen ihrer rotierenden Teile be-
sitzen.
Zusätzlich werden die D5 und D6 genannt, die KFZ-Schwungräder mit eingebau-
ten Kupplungen und Elektromaschinen beschreiben, und die D7, die ein besonde-
res Getriebe zwischen Motor und Generator zum Gegenstand hat.
- 6 -
Die ebenfalls aufgeführten D8 und D9 zeigen ein Motor-Generator-Aggregat mit
einem allseitig mit Wasser gefüllten Gehäuse bzw. besondere Umhausungen des
Aggregats.

3. Als der Anmeldung zugrunde liegende Aufgabe ist angegeben, für statio-
näre und mobile Anwendungen eine preiswerte und stabile, aber auch leichte und
raumsparende (für mobile Anwendungen) Antriebskombination zu schaffen, siehe
Offenlegungsschrift Absatz [0006].

4. Laut Offenlegungsschrift Absatz [0007] wird diese Aufgabe erfindungsge-
mäß dadurch gelöst, dass die Generatorwelle zugleich die Kurbelwelle des Kol-
benmotors darstellt, derart, dass die Pleuelstange des Motors an eine mit der Ge-
neratorwelle fest verbundene Stirnkurbel angelenkt ist.

Als vorteilhafte Ausgestaltung nennt die Anmeldung in Absatz [0021] und An-
spruch 8, dass das Generatorgehäuse in seinem unteren Teil als Hohlkörper aus-
gebildet und mit dem Triebwerksraum verbunden ist, so dass es zusammen mit
letzterem als Schmierölreservoir dient.

Als weitere Ausgestaltung beschreiben Absatz [
0019], Absatz [0022] und Anspruch 5 die Ausführung des Kolbenmotors mit
Kreuzkopf, bei dem das obere Pleuellager in Gestalt eines mit mehreren
Rollenkörpern versehenen Lagerkopfes ausgeführt ist, welcher mit der
verschleißfesten Außenkontur des Pleuels zusammenarbeitet.

5. Für den Gegenstand der Anmeldung zuständiger Fachmann ist ein Maschi-
nenbauingenieur mit Erfahrung im Bereich der Konstruktion und Entwicklung von
Kolbenmotoren.

Nach dem Verständnis dieses Fachmanns umfasst die Anmeldung drei Merkmals-
komplexe, nämlich
- 7 -
 dass an eine Stirnkurbel (4), die Bestandteil einer Generatorwelle (2) ist,
eine Pleuelstange (5) eines Motorkörpers (6) direkt angelenkt ist, derart,
dass die Generatorwelle (2) die Kurbelwelle des Motorkörpers (6) bildet,
 dass der Triebwerksraum und der Hohlkörper des Generatorgehäuses
durch Öffnungen miteinander verbunden sind und als Schmierölreservoir
dienen, und
 die Verwendung eines Kolbenmotors mit Kreuzkopf, bei dem das obere
Pleuellager in Gestalt eines mit mehreren Rollenkörpern versehenen La-
gerkopfes ausgeführt ist, welcher mit der verschleißfesten Außenkontur des
Pleuels zusammenarbeitet.

Der Fachmann erkennt, dass diese drei Merkmalskombinationen zusammen, aber
auch je für sich, zur Lösung der zugrunde liegenden Aufgabe beitragen.

6. Der nunmehr geltende Anspruch 1 lässt sich wie folgt gliedern:

M1 Antriebskombination zur Erzeugung von elektrischer Energie und Wärme,
wobei ein Kolbenmotor und ein Generator miteinander gekoppelt sind,
dergestalt,
M2 dass der Kolbenmotor einen Motorkörper (6) und ein Motorgehäuse (3) auf-
weist und der Generator in einem Generatorgehäuse (1) angeordnet ist,
M3 wobei das Motor- (3) am Generatorgehäuse (1) fest, aber leicht lösbar, di-
rekt angeflanscht ist, dadurch gekennzeichnet,
M4 dass ein ein Triebwerk (7) aufnehmender Triebwerksraum (11) im Motorge-
häuse (3) und ein Hohlkörper (14) des Generatorgehäuses (1) durch Öff-
nungen miteinander verbunden sind und als Schmierölreservoir dienen.

7. Die geltenden Ansprüche sind zulässig, da sie den Gegenstand der Anmel-
dung nicht erweitern (§ 38 PatG).
Merkmal M1 des Anspruchs 1 ist identisch mit dem Oberbegriff des ursprünglichen
Anspruchs 1.
- 8 -
Der Fachmann entnimmt der Figur 1 in Verbindung mit Absatz [0018] der Offenle-
gungsschrift auch das Merkmal M2, nämlich dass der Kolbenmotor einen Motor-
körper (6) und ein Motorgehäuse (3) aufweist und der Generator in einem Gene-
ratorgehäuse (1) angeordnet ist.
Merkmal M3 entspricht dem ursprünglichen Anspruch 2, wobei lediglich „an das
Generatorgehäuse“ durch „am Generatorgehäuse“ ersetzt wurde, wodurch der
Sinngehalt des Merkmals aber nicht verändert wurde.
Merkmal M4 beschreibt, dass der Triebwerksraum ein Triebwerk aufnimmt und im
Motorgehäuse angeordnet ist. Zusätzlich enthält M4 die Merkmale des ursprüngli-
chen Anspruchs 8, wobei bei den Begriffen „Triebwerksraum“ und „Hohlkörper“ die
bestimmten durch unbestimmte Artikel ersetzt wurden.
Dass der Triebwerksraum ein Triebwerk aufnimmt und im Motorgehäuse angeord-
net ist, entnimmt der Fachmann der Figur 1, siehe Ziffer 3 „Motorgehäuse“, Ziffer 7
„Triebwerk“ und Ziffer 11 „Triebwerksraum“.
Die Verwendung der unbestimmten Artikel ist unschädlich, da hierdurch der Sinn-
gehalt des Merkmals nicht verändert wird.

Dass der geltende Anspruch 1 das Merkmal des Kennzeichens des urprünglichen
Anspruchs 1,
dass an eine Stirnkurbel (4), die Bestandteil einer Generatorwelle (2) ist,
eine Pleuelstange (5) eines Motorkörpers (6) direkt angelenkt ist, derart,
dass die Generatorwelle (2) die Kurbelwelle des Motorkörpers (6) bildet,
nicht enthält, ist für die Zulässigkeit unschädlich. Der Fachmann konnte aus den
Anmeldeunterlagen erkennen, dass es sich hierbei ebenso wie beim Kennzeichen
des geltenden Anspruchs 1,
dass ein ein Triebwerk (7) aufnehmender Triebwerksraum (11) im Motor-
gehäuse (3) und ein Hohlkörper (14) des Generatorgehäuses (1) durch
Öffnungen miteinander verbunden sind und als Schmierölreservoir dienen,
um einen von drei ursprünglich offenbarten Merkmalskomplexen handelt, die je für
sich, aber auch zusammen den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern,
siehe auch oben. Daher hat es der Anmelder und Beschwerdeführer in der Hand,
- 9 -
sein Patentbegehren auf jedes dieser Merkmale zu stützen, siehe hierzu BGH Be-
schluss vom 23. Januar 1990 – X ZB 9/89 Spleißkammer.

Der geltende Anspruch 2 ist wortgleich mit dem Kennzeichen des ursprünglichen
Anspruchs 1.
Die geltenden Ansprüche 3 bis 7 sind wortgleich mit den ursprünglichen Ansprü-
chen 3 bis 7.
Der Anspruch 8 ist bis auf die Anpassung der laufenden Nummerierung wortgleich
mit dem ursprünglichen Anspruch 9.

8. Die Zurückverweisung erfolgt gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PatG, wo-
nach das Bundespatentgericht die angefochtene Entscheidung aufheben kann,
ohne in der Sache selbst zu entscheiden, wenn neue Tatsachen bekannt werden,
die für die Entscheidung wesentlich sind. Als neue Tatsachen im Sinne von Nr. 3
gilt auch eine wesentliche Änderung des Patentbegehrens (vgl. Schulte, Patent-
gesetz, 10. Auflage, § 79 Rdn. 26).

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall gegeben, da der geltende Patentan-
spruch 1 gegenüber dem dem Zurückweisungsbeschluss zugrunde liegenden
Patentanspruch 1 so verändert worden ist, dass der angefochtene Beschluss nicht
mehr als eine Entscheidung über das geltende Patentbegehren angesehen wer-
den kann und gegebenenfalls eine Nachrecherche erforderlich wird. Zu dem gel-
tenden Anspruch 1 und insbesondere zu den neu hinzugekommenen Merkmalen
des ursprünglichen Anspruchs 8 hat die Prüfungsstelle bisher nicht sachlich Stel-
lung genommen. Bei dieser Sachlage hält es der Senat für geboten, zunächst der
Prüfungsstelle Gelegenheit zu geben, über die Patentfähigkeit des Gegenstandes
des geltenden Anspruchs 1 gegebenenfalls im Rahmen einer weiteren Sachauf-
klärung zu entscheiden. Bejaht die Prüfungsstelle die Patentfähigkeit, so müssten
im Prüfungsverfahren gegebenenfalls die Unteransprüche sowie die restlichen
Anmeldeunterlagen angepasst werden.

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Die Sache wird daher zur Vermeidung eines Instanzenverlustes zurück verwiesen.

III. Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben,
wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu
unterzeichnen und beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe,
einzureichen. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor
Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert
werden.


Ganzenmüller Bayer Dr. Krüger Schmidt

Pr


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