12 W (pat) 36/16  - 12. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




12 W (pat) 36/16
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2014 007 931





hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 3. August 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dipl.-Ing. Ganzenmüller, der Richterin Bayer sowie der Richter Dipl.-Ing. Univ.
Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder und Dr.-Ing. Schwenke

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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G r ü n d e :

I.

Die Beschwerde des Anmelders ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für
Klasse F03D vom 6. Oktober 2016 gerichtet, mit dem die Patentanmeldung 10
2014 007 931 zurückgewiesen worden ist. In dem Beschluss gemäß § 48 PatG
hat die Prüfungsstelle auf die Gründe des Bescheids vom 2. September 2016
verwiesen, in dem die Prüfungsstelle die Auffassung vertreten hat, der Gegen-
stand des geltenden Anspruchs 1 vom 2. Dezember 2015 sei unzulässig erweitert
gegenüber der Ursprungsanmeldung vom 27. Mai 2014.

Gegen den vorgenannten Beschluss hat der Anmelder mit Schreiben vom
31. Oktober 2016, eingegangen am 2. November 2016, Beschwerde eingelegt. Mit
Schreiben vom 23. Mai 2017 hat der Senat dem Anmelder und Beschwerdeführer
die vorläufige Auffassung des Berichterstatters hinsichtlich sowohl der mangeln-
den Zulässigkeit der geltenden Anspruchsfassung und der ebenfalls mangelnden
Patentfähigkeit der jeweiligen Gegenstände nach den Ansprüchen1 bis 4 vom
Anmeldetag mitgeteilt. Zudem wurde darauf verwiesen, dass eine Entscheidung
über die Sache nicht vor dem 31. Juli 2017 getroffen würde.

Darauf hat der Anmelder und Beschwerdeführer mit Eingabe vom 15. Juni 2017
sinngemäß um Entscheidung nach Aktenlage gebeten, da lediglich darauf ver-
wiesen wurde, dass die Prüfungsstelle im Laufe des Prüfungsverfahrens mehrfach
ihre Auffassung hinsichtlich der Patentfähigkeit und Zulässigkeit geändert hätte.
Im Übrigen wurde angekündigt, auf weitere technische Stellungnahmen verzichten
zu wollen.

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Mangels ausdrücklich formuliertem Antragsbegehren wird davon ausgegangen,
dass der Anmelder und Beschwerdeführer weiterhin sinngemäß beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und
das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

- Beschreibung S. 1 bis 5 vom 26. August 2016, eingegangen am
30. August 2016,
- Bezugszeichenliste vom Anmeldetag, dem 27. Mai 2014,
- Patentansprüche 1 bis 3 vom 1. Dezember 2015, eingegangen
am 2. Dezember 2015,
- Figur 1 vom Anmeldetag, dem 27. Mai 2014.

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Die letzte, mit der Eingabe vom 1. Dezember 2015 eingereichte Fassung des
Anspruchs 1 lautet:


Hinsichtlich der auf diesen Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 und 3
sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt
verwiesen.

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II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, sie hat in der Sache
jedoch keinen Erfolg.

Der Gegenstand des Anspruch 1 vom 1. Dezember 2015 ist nicht zulässig, da er
gegenüber der Offenbarung der ursprünglichen Anmeldung unzulässig erweitert
ist (§ 48 Satz 1 PatG in Verbindung mit §§ 45 Absatz 1 und 38 PatG). Daher
können aus ihm keine Rechte hergeleitet werden. Zur Beantwortung der Frage, ob
der Gegenstand der Patentansprüche über den Inhalt der Anmeldung hinausgeht,
ist die durch die Patentansprüche definierte Lehre mit dem gesamten Offen-
barungsgehalt der Patentanmeldung zu vergleichen (vgl. BGH, Urteil vom
5. Juli 2005 - X ZR 30/02 - Einkaufswagen II).

Die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses im Rahmen des Beschwerde-
verfahrens hat ergeben, dass die Prüfungsstelle die Patentanmeldung zu Recht
zurückgewiesen hat. Denn die Prüfungsstelle hat in ihrem Zurückweisungsbe-
schluss unter Hinweis auf ihren Bescheid vom 2. September 2016 nachgewiesen,
welches neu zum ursprünglichen Patentanspruch 1 hinzugekommene Merkmal in
der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart war. Dabei handelt es sich um das
Merkmal „einer Unterroutine im Computerprogramm (14), die, um den Gegendruck
im Behälter (5) zu überwinden, den Ausgangsdruck des steuerbaren Ver-
dichters (4) mittels Puls-Weiten-Modulation (PWM) periodisch impulsartig mit
parametrierbarem Tastverhältnis erhöht“ (geltender Anspruch 1, Z. 22-26).

Darüber hinaus sind zusätzlich auch die nachfolgenden Merkmale des geltenden
Anspruchs 1 nicht ursprünglich offenbart:

- „[aerodynamisches Teil], das […] ein hohes Trägheitsmoment besitzt“
(Z. 4 f.):

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Dass es auf ein aerodynamisches Teil mit hohem Trägheitsmoment
ankommt, ist in der Anmeldung nicht offenbart.

- „[Rotorblätter,] bei denen das Trägheitsmoment durch konstruktive Maß-
nahmen an der Achse (2) erhöht ist“ (Z. 9 f.):
Dass das Trägheitsmoment durch konstruktive Maßnahmen an der Achse
erhöht sein soll, findet sich in den ursprünglichen Unterlagen nicht.

Der Anmelder hat weder im Beschwerdeschriftsatz noch in seiner Eingabe vom
15. Juni 2017 konkrete Gründe angegeben, warum er den Beschluss der Prü-
fungsstelle für fehlerhaft hält.

Die übrigen Ansprüche fallen notwendigerweise mit dem Hauptanspruch (vgl.
BGH GRUR 1980, 716 - Schlackenbad).

Im vorliegenden Fall kann der Senat im Übrigen auch keinen Verfahrensfehler der
Prüfungsstelle erkennen.

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 15. Juni 2017 sinngemäß die
Auffassung vertritt, seine Beschwerde müsse unabhängig vom technischen Sach-
verhalt Erfolg haben, weil die Prüfungsstelle im Prüfungsbescheid vom
16. Juni 2016 nach ihrer damaligen Einschätzung eine Patenterteilung in Aussicht
gestellt hatte, wenn die Beschreibung noch ergänzt werde, sich davon jedoch im
Prüfungsbescheid vom 2. September 2016 wieder distanziert hat und eine unzu-
lässige Erweiterung der Anmeldung beanstandet hat, kann dem nicht gefolgt
werden. Die Mitteilung einer vorläufigen positiven Einschätzung eines Patent-
begehrens begründet keinen Anspruch auf Patenterteilung (vgl. Busse/Keu-
kenschrijver, PatG, 8. Aufl. § 45 Rdnr. 15: „Positive Aussagen zur Schutzfähigkeit
im Prüfungsbescheid entfalten keine Bindungswirkung für das weitere Verfahren“).
Aus Gründen des rechtlichen Gehörs hat die Prüfungsstelle vor Beschlussfassung
den Anmelder im Prüfungsbescheid vom 2. September 2016 ausdrücklich darauf
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hingewiesen, dass sich die Einschätzung geändert hat und hat die geänderte
Auffassung auch begründet. Damit hatte der Beschwerdeführer Gelegenheit, zu
dieser geänderten Einschätzung Stellung zu nehmen. Eine Änderung der
Beurteilung eines Patentbegehrens durch die Prüfungsstelle im Laufe eines
Patenterteilungsverfahrens ist keine widersprüchliche Argumentationsweise. Der
angegriffene Beschluss wird dadurch nicht in sich widersprüchlich.

Im vorliegenden Fall hat der Anmelder in der Beschwerdeinstanz nach dem
Hinweis vom 23. Mai 2017 ausreichend Gelegenheit erhalten, zur Sach- und
Rechtslage Stellung zu nehmen. Weder wurde eine andere Sichtweise vorge-
tragen, ein Antrag auf geänderte Unterlagen gerichtet, noch ein Antrag auf
mündliche Verhandlung gestellt, so dass die Sache, nach Mitteilung sämtlicher
entscheidungserheblicher Gründe, auch entscheidungsreif war.



III. Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben,
wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,

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5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu unter-
zeichnen und beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe,
einzureichen. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Frist-
ablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Ganzenmüller Bayer Ausfelder Schwenke


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