12 W (pat) 11/15  - 12. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




12 W (pat) 11/15
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2013 107 291.7






hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 16. November 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dipl.-Ing. Univ Ganzenmüller sowie der Richterin Bayer und der Richter
Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing (FH) Ausfelder und Dipl.-Phys. Univ. Schmidt

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Patentanmelders wird der Beschluss
der Prüfungsstelle für Klasse F24J des Deutschen Patent- und
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Markenamts vom 27. Januar 2015 aufgehoben und das Patent
mit folgenden Unterlagen erteilt:

- Ansprüche 1 bis 16, eingegangen am 19. Oktober 2017
- Beschreibung Seiten 1 bis 8, eingegangen am
19. Oktober 2017,
- Zeichnungen mit Figuren 1 bis 5 vom Anmeldetag, dem
10. Juli 2013.


G r ü n d e

I.

Die Beschwerde des Anmelders vom 27. Februar 2015 ist gegen den Beschluss
der Prüfungsstelle für Klasse F24J vom 27. Januar 2015 gerichtet, mit dem die
Patentanmeldung 10 2013 107 291.7 mit der Bezeichnung

„Verfahren zur Förderung von Thermalflüssigkeit sowie Vorrichtung zur Förderung
von Thermalflüssigkeit“,

angemeldet am 10. Juli 2013 unter in Anspruchnahme der inneren Priorität der
Gebrauchsmusteranmeldung 20 2013 004 494.2 vom 14. Mai 2013, zurückgewie-
sen worden ist. In dem Beschluss hat die Prüfungsstelle die Auffassung vertreten,
die Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann
sie ausführen könne.
Im Zurückweisungsbeschluss vom 27. Januar 2015 hat die Prüfungsstelle zusätz-
lich angeführt, die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 9 be-
ruhten im Hinblick auf den Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätig-
keit und der Gegenstand nach Patentanspruch 17 sei nicht neu.

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Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der
Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:

(1) DE 29 33 855 A1
(2) US 2,637,531
(3) WO 2009/105605 A1
(4) US 2011/0132479 A1

Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2017, eingegangen am 19. Oktober 2017, hat der
Anmelder sinngemäß beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

- Ansprüche 1 bis 16, eingegangen am 19. Oktober 2017,
- Beschreibung Seiten 1 bis 8, eingegangen am
19. Oktober 2017,
- Zeichnungen mit Figuren 1 bis 5 vom Anmeldetag, dem
10. Juli 2013.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

Verfahren zur Förderung von Flüssigkeit aus
dem Erdboden, insbesondere aus einem Reservoir, bei dem
a) ein Förderrohr und ein Ankerrohr von der Geländeoberkante
aus in eine Flüssigkeitssäule reichen, die mit einem Aquifer
(Reservoir) in Verbindung steht,
b) die Flüssigkeitssäule im Ankerrohr mit Druck beaufschlagt
wird, sodass die Flüssigkeit durch das Förderrohr die Gelände-
oberkante passiert,
c) der Flüssigkeit durch einen Wärmetauscher Energie entzogen
wird, und
d) die Flüssigkeit anschließend durch ein Fallrohr zurück in den
Aquifer geleitet wird.
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Der geltende Nebenanspruch 9 lautet:

Vorrichtung zur Förderung von Flüssigkeit aus dem Erdboden,
insbesondere aus einem Reservoir,
insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem der
Ansprüche 1 bis 8, mit einem Ankerrohr und einem Förderrohr, die
beide in eine Flüssigkeitssäule reichen, die mit einem Aquifer in
Verbindung steht, sowie einem separaten Fallrohr, wobei die
Flüssigkeit durch das Ankerrohr mit Druck beaufschlagt werden
kann, sodass die Flüssigkeitssäule teilweise in das Förderrohr
gedrückt wird.

Hinsichtlich der Unteransprüche 2 bis 8 und 10 bis 16 sowie wegen weiterer Ein-
zelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf
die geltenden Unterlagen auch begründet.

1. Die geltenden Unterlagen sind zulässig, da ursprünglich offenbart.

Die geltenden Ansprüche 1 bis 16 sind wortgleich zu den ursprünglichen Ansprü-
chen 1 bis 16 mit Ausnahme einer Korrektur eines offensichtlichen Fehlers im
Patentanspruch 16. Der ursprüngliche Patentanspruch 17 wurde gestrichen.

Die Beschreibung ist gegenüber der ursprünglich eingereichten Beschreibung
durch die Nennung der DE 29 33 855 A1 als Stand der Technik ergänzt. Darüber
hinaus wurde auf Seite 4, 1. Absatz, ein offensichtlicher Fehler im Bezugszeichen
des Begriffs „Aquifer“ korrigiert.

- 5 -
2. Die Erfindung ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie
ausführen kann (§ 34 Abs. 4 PatG).

Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Förderung von Ther-
malflüssigkeit.

Der zuständige Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Geotechnik
und Bergbau mit langjähriger Berufserfahrung in der Gewinnung von Energie aus
Erdwärme.

In dem Zurückweisungsbeschluss führt die Prüfungsstelle an, dass nicht offenbart
sei, wie der im Patentanspruch 1 enthaltene Verfahrensschritt, wonach

„b) die Flüssigkeitssäule im Ankerrohr mit Druck beaufschlagt
wird, sodass die Flüssigkeit durch das Förderrohr die Gelände-
oberkante passiert,“

ausgeführt werden könne.

Allerdings benötigt der hier zuständige Fachmann keine Anleitung, wie er die
Flüssigkeitssäule im Ankerraum mit Druck beaufschlagen kann. Der Fachmann
entnimmt hierzu der Offenlegungsschrift, Absatz 33, dass der Pufferraum 6 über
das Ventil 12 mit Betriebsdruck von z. B. 10 bar beaufschlagt wird und erkennt da-
raus, dass dies über ein zweites, unter Druck stehendes Medium erfolgen muss.

3. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist neu (§ 3 PatG) und be-
ruht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).

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Ein Gegenstand mit dem Merkmal, wonach

b) die Flüssigkeitssäule im Ankerrohr mit Druck beaufschlagt wird,
sodass die Flüssigkeit durch das Förderrohr die Geländeober-
kante passiert,

findet sich in keiner der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen, insbeson-
dere auch nicht in der Entgegenhaltung (1), so dass der Fachmann auch in der
Zusammenschau der Druckschriften 1 bis 4 nicht zum Gegenstand des Patentan-
spruchs 1 gelangt.

Der geltende Patentanspruch 1 ist daher patentfähig.

4. Der Gegenstand des Nebenanspruchs 9 ist ebenfalls patentfähig, da der im
Verfahren befindliche Stand der Technik eine Vorrichtung nicht offenbart und auch
nicht nahelegt, bei der die Flüssigkeit durch das Ankerrohr mit Druck beaufschlagt
werden kann, sodass die Flüssigkeitssäule teilweise in das Förderrohr gedrückt
wird.

Der geltende Patentanspruch 9 ist daher ebenfalls patentfähig.

5. Mit den gewährbaren Patentansprüchen 1 und 9 sind auch die auf diese Pa-
tentansprüche rückbezogenen Unteransprüche gewährbar, da sie nicht triviale
Ausgestaltungen des Erfindungsgegenstandes betreffen.

III. Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben,
wenn gerügt wird, dass

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1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu
unterzeichnen und beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe,
einzureichen. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor
Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert
werden.


Ganzenmüller Bayer Ausfelder Schmidt

Pr


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