11 W (pat) 6/14  - 11. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:201218B11Wpat6.14.0


BUNDESPATENTGERICHT



11 W (pat) 6/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
20. Dezember 2018





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend das Patent DE 103 56 470

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2018 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter Eisenrauch, Dr.-Ing. Fritze
und Dr.-Ing. Schwenke

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Gegen das am 3. Dezember 2003 angemeldete und am 30. Juli 2009 veröffent-
lichte Patent DE 103 56 470 mit der Bezeichnung „Zirkonium und Niob enthalten-
der Hartmetallkörper und Verfahren zu seiner Herstellung und seine Verwendung“
ist Einspruch erhoben worden.

Die Patentabteilung 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch
Beschluss vom 5. November 2013 das Patent widerrufen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.

Die Beschwerdeführerin hat den Antrag gestellt,

den Beschluss der Patentabteilung 24 des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 5. November 2013 aufzuheben und das Patent im Umfang
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ihres Hauptantrags aus dem Schriftsatz vom 22. Februar 2017 beschränkt
aufrechtzuerhalten.

Hilfsweise hat sie beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses das Patent in der Reihen-
folge ihrer Hilfsanträge 1, 2A, 2B, 3A, 3B, 4A, 4B, 5A, 5B, 6A und 6B aus
demselben Schriftsatz beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende hat den Antrag gestellt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin macht fehlende Patentfähigkeit des Patentgegenstands
in allen verteidigten Varianten (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) und mangelnde ursprüng-
liche Offenbarung geltend (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG). Sie stützt ihr Vorbringen unter
anderem auf die bereits im Widerrufsbeschluss berücksichtigte Druckschrift
US 2003/0129456 A1 (D2).

Zu den Einzelheiten wird Bezug auf die Akten genommen.


II.

Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin ist unbegründet.

A. Das Patent betrifft gesinterte Hartmetallkörper mit erhöhter Beständigkeit
gegenüber plastischer Verformung. Sie enthalten Wolframcarbid (WC), eine Bin-
dermetallphase und eine oder mehrere in fester Lösung vorliegende Phasen, näm-
lich mindestens eines der Carbide, Nitride und Carbonitride mindestens eines der
Elemente der Gruppen IVb, Vb und VIb des Periodensystems der Elemente
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(PSE). Das Patent betrifft außerdem ein Verfahren zur Herstellung dieser gesinter-
ten Hartmetallkörper und deren Verwendung zur Herstellung von Schneidwerk-
zeugen.

Zusammenfassend wird in der Patentbeschreibung in den Abs. [0002] bis [0007]
dargelegt, aus dem Stand der Technik sei ein gesinterter Hartmetallkörper
bekannt, der WC, eine Binderphase aus mindestens einem Metall der Eisen-
gruppe und eine oder mehrere Festlösungsphasen umfasst. Eine dieser Fest-
lösungsphasen enthalte Zirkonium (Zr) und Niob (Nb), und alle anderen Festlö-
sungsphasen enthielten mindestens eines der Elemente Titan (Ti), Vanadium (V),
Chrom (Cr), Molybdän (Mo), Tantal (Ta) und Wolfram (W).

Aufgabe ist zunächst, gesinterte Hartmetallkörper mit erhöhter Beständigkeit
gegenüber plastischer Verformung bei erhöhten Temperaturen und mit erhöhter
Verschleißfestigkeit herzustellen. Zudem soll ein Verfahren zur Herstellung von
gesinterten Hartmetallkörpern geschaffen werden. Genauer gesagt, liegt der Erfin-
dung die Aufgabe zugrunde, einen gesinterten Hartmetallkörper mit mindestens
zwei koexistierenden Festlösungsphasen, die Zirkonium und Niob enthalten, oder
mit einer einzigen homogenen Festlösungsphase, die Zirkonium und Niob enthält,
zu schaffen (vgl. Abs. [0008]). Es liegt ferner die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren
zur Herstellung des gesinterten Hartmetallkörpers zu schaffen, bei dem ein Pulver-
gemisch bereitgestellt wird, das nach dem Sintern zu mindestens zwei koexistie-
renden Festlösungsphasen oder zu einer einzigen homogenen Festlösungsphase
führt, die in jedem Fall Zirkonium und Niob enthalten, und bei dem eine verbes-
serte Sinteraktivität und Benetzbarkeit mit Hartstoffen aus den Elementen der
Gruppen IVb, Vb und VIb des Periodensystems der Elemente erhalten werden
(vgl. Abs. [0009]).

Der Fachmann ist hier ein Hochschulabsolvent der Fachrichtung Werkstoff- oder
Metallkunde, der über mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von
pulvermetallurgisch erzeugten Hartmetallkörpern, insb. für Schneidwerkzeuge,
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verfügt. Von ihm können Fachwissen über die gängig eingesetzten Hartstoffe und
Fertigungsmethoden und Kenntnisse über die beim Sinterprozess ablaufenden
stofflichen Vorgänge erwartet werden.

Die Lösung der Aufgabe besteht nach dem angegriffenen Patent in einem Sinter-
hartmetallkörper, einem Verfahren zu seiner Herstellung und seiner Verwendung
mit den in den Patentansprüchen 1, 21 bzw. 29 angegebenen Merkmalen.

B. Die Beschwerdeführerin verteidigt ihr Patent nach dem Haupt- und den
Hilfsanträgen auf der Grundlage folgender Ansprüche:

Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag lautet mit hinzugefügten Gliederungs-
zeichen:

M1 „Sinterhartmetallkörper mit erhöhter Beständigkeit gegenüber
plastischer Verformung,
M2a der Wolframcarbid,
M2b eine Binderphase mit mindestens einem Metall der Eisengruppe
oder einer Legierung davon
M2c sowie eine oder mehrere in fester Lösung vorliegende Phasen
aufweist,
M2c1 wobei jede der Festlösungsphasen mindestens eines der Car-
bide und Carbonitride von, in Kombination, Zirkonium, Niob und
Wolfram
M2c2 sowie mindestens ein Carbid, Nitrid oder Carbonitrid von mindes-
tens einem der Elemente Titan, Hafnium, Vanadium, Tantal,
Chrom und Molybdän umfasst,
M3 wobei der Körper ein Masseverhältnis Nb/(Zr+Nb) von mindes-
tens 0,5 besitzt
M4 und wobei der Sinterhartmetallkörper aus einem Pulvergemisch
hergestellt ist,
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M4a das Wolframcarbid,
M4b ein Bindermetallpulver mit mindestens einem Metall der Eisen-
gruppe oder einer Legierung davon
M4c sowie eine pulverförmige feste Lösung der Carbide oder Carbo-
nitride von, in Kombination, Zirkonium und Niob mit einem Mas-
severhältnis Nb/(Zr+Nb) von mindestens 0,5 umfasst.“

Der nebengeordnete Patentanspruch 18 nach dem Hauptantrag lautet entspre-
chend gegliedert:

N1 „Verfahren zur Herstellung des Sinterhartmetallkörpers gemäß
einem der Ansprüche 1 bis 16, welches die folgenden Schritte
umfasst,
N2 a) es wird ein Pulvergemisch bereitgestellt,
N2a das Wolframcarbid,
N2b ein Bindermetallpulver mit mindestens einem
Metall der Eisengruppe oder einer Legierung
davon
N2c1 sowie mindestens eines der Carbide und Carbo-
nitride von Zirkonium und Niob, in Kombination,
umfasst
N2c2 und zusätzlich mindestens eines der Carbide,
Nitride oder Carbonitride von mindestens einem
der Elemente Titan, Hafnium, Vanadium, Tantal,
Chrom und Molybdän enthält;
N4 b) aus dem Pulvergemisch wird ein grüner
Preßling hergestellt;
N5 c) der grüne Preßling wird bei einer Tempera-
tur von 1400 bis 1560°C vakuumgesintert oder
gesintert und heiß isostatisch verpresst;

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dadurch gekennzeichnet, dass

N4c in Schritt (a) eine pulverförmige feste Lösung der
Carbide oder Carbonitride von Zirkonium und Niob
mit einem Massenverhältnis von Nb/(Zr+Nb) von
mindestens 0,5 zur Herstellung des Pulverge-
mischs verwendet wird.“

Der weitere nebengeordnete Patentanspruch 25 nach dem Hauptantrag lautet:

„Verwendung des Sinterhartmetallkörpers gemäß einem der Ansprü-
che 1 bis 16 zur Herstellung eines Schneidwerkzeugs.“

Der Anspruchssatz nach dem Hauptantrag umfasst ferner die nachgeordneten
Ansprüche 2 bis 17 bzw. 19 bis 24 bzw. 26 bis 30.

Hilfsweise verteidigt die Beschwerdeführerin ihr Patent auf der Grundlage von
geänderten Ansprüchen.

Nach dem Hilfsantrag 1 umfasst der Patentanspruch 1 die Merkmale M1 bis M4c,
im Merkmal M2c2 wurden die Elemente Vanadium, Chrom und Molybdän gestri-
chen und folgende Merkmale ergänzt:

M4d „wobei der Anteil von Zirkoniumcarbid oder Zirkonium-
carbonitrid von 1,0 bis 4 Gew.-% und der Anteil von Niob-
carbid oder Niobcarbonitrid von 1,0 bis 6,4 Gew.-%
beträgt,
M6 und wobei das Pulvergemisch zusätzlich mindestens ein
Carbid, Nitrid oder Carbonitrid von mindestens einem der
Elemente Titan, Hafnium und Tantal enthält
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M6a und der Anteil des Carbids, Nitrids oder Carbonitrids von
Titan von 0,5 bis 2,5 Gew.-% beträgt,
M6b der Anteil des Carbids, Nitrids oder Carbonitrids von Tan-
tal von 0 bis 1,75 Gew.-% beträgt
M6c und der Anteil des Carbids, Nitrids oder Carbonitrids von
Hafnium von 0 bis 1 Gew.-% beträgt, jeweils bezogen auf
das Gesamtgewicht des Pulvergemischs.“

Der Anspruchssatz nach dem Hilfsantrag 1 umfasst ferner die auf ein Verfahren
bzw. eine Verwendung gerichteten nebengeordneten Ansprüche 12 und 17.

Der Anspruch 12 wurde gegenüber dem Anspruch 18 nach Hauptantrag lediglich
insoweit geändert, als im Merkmal N2c2 die Elemente Vanadium, Chrom und Molyb-
dän gestrichen und die nachfolgenden Merkmale ergänzt wurden:

N4d „wobei der Anteil von Zirkoniumcarbid oder Zirkoniumcar-
bonitrid von 1,0 bis 4 Gew.-% und der Anteil von Niob-
carbid oder Niobcarbonitrid von 1,0 bis 6,4 Gew.-%
beträgt,
N6 und wobei das Pulvergemisch zusätzlich mindestens ein
Carbid, Nitrid oder Carbonitrid von mindestens einem der
Elemente Titan, Hafnium und Tantal enthält

N6a und der Anteil des Carbids, Nitrids oder Carbonitrids von
Titan von 0,5 bis 2,5 Gew.-% beträgt,

N6b der Anteil des Carbids, Nitrids oder Carbonitrids von Tan-
tal von 0 bis 1,75 Gew.-% beträgt

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N6c und der Anteil des Carbids, Nitrids oder Carbonitrids von
Hafnium von 0 bis 1 Gew.-% beträgt, jeweils bezogen auf
das Gesamtgewicht des Pulvergemischs.“

Der Anspruch 17 nach dem Hilfsantrag 1 entspricht, abgesehen von dem geän-
derten Rückbezug, dem Anspruch 25 nach dem Hauptantrag.

Den Ansprüchen 1, 12 und 17 nachgeordnet sind die Ansprüche 2 bis 11, 13 bis
16 bzw. 18 bis 22.


Nach dem Hilfsantrag 2A unterscheidet sich der Patentanspruch 1 von dem des
Hauptantrags lediglich in den Merkmalen M3 und M4c, und zwar dadurch, dass
das Masseverhältnis Nb/(Zr+Nb) nicht „mindestens“, sondern „mehr als“ 0,5
betragen soll.

Der Anspruchssatz nach dem Hilfsantrag 2A umfasst zudem die auf ein Verfah-
ren bzw. eine Verwendung gerichteten nebengeordneten Ansprüche 18 und 25
sowie die nachgeordneten Ansprüche 2 bis 17, 19 bis 24 und 26 bis 30. Dabei
unterscheidet sich der Anspruch 18 von dem Anspruch 18 des Hauptantrags
dadurch, dass der Ausdruck „mindestens 0,5“ in „mehr als 0,5“ geändert wurde.

Anspruch 25 stimmt mit Anspruch 25 nach dem Hauptantrag überein.


Nach dem Hilfsantrag 3A unterscheidet sich der Patentanspruch 1 von dem des
Hauptantrags wiederum lediglich in den Merkmalen M3 und M4c, wobei darin der
Ausdruck „mindestens 0,5“ in „0,6 oder mehr“ geändert ist.

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Der Anspruchssatz nach dem Hilfsantrag 3A umfasst zudem die auf ein Verfah-
ren bzw. eine Verwendung gerichteten nebengeordneten Ansprüche 17 und 23
sowie diesen nachgeordnete Ansprüche 2 bis 16, 18 bis 22 und 24 bis 28. Der
Anspruch 17 unterscheidet sich dabei ebenfalls von dem Verfahrensanspruch
nach dem Hauptantrag dadurch, dass der Ausdruck „mindestens 0,5“ in „0,6 oder
mehr“ geändert wurde. Anspruch 23 stimmt – abgesehen von der Anpassung
des Rückbezugs – mit Anspruch 25 nach dem Hauptantrag überein.


Nach den Hilfsanträgen 2B und 3B sind in dem jeweiligen Patentanspruch 1 die
gleichen Änderungen wie in den Ansprüchen 1 gemäß den Hilfsanträgen 2A bzw.
3A vorgenommen worden. Zusätzlich umfassen sie jeweils die Merkmale M4d,
M6, M6a, M6b und M6c gemäß Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1. Die An-
spruchssätze nach den Hilfsanträgen 2B und 3B umfassen des Weiteren auf ein
Verfahren bzw. eine Verwendung gerichtete nebengeordnete Ansprüche 12 und
17 bzw. 11 und 15 sowie die nachgeordneten Ansprüche 2 bis 11, 13 bis 16 und
18 bis 22 bzw. 2 bis 10, 12 bis 14 und 16 bis 20.

Der Verfahrensanspruch 12 nach Hilfsantrag 2B entspricht dem Anspruch 12 des
Hilfsantrags 1, mit dem Unterschied, dass der Begriff „mindestens 0,5“ in „mehr
als 0,5“ geändert wurde; der Verwendungsanspruch 17 stimmt – abgesehen von
der Anpassung des Rückbezugs – mit Anspruch 25 nach dem Hauptantrag über-
ein.

Der Verfahrensanspruch 11 nach Hilfsantrag 3B unterscheidet sich von dem An-
spruch 12 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass der Begriff „mindestens 0,5“ in „0,6
oder mehr“ geändert wurde; der Verwendungsanspruch 15 stimmt – abgesehen
von der Anpassung des Rückbezugs – mit Anspruch 25 nach dem Hauptantrag
überein.

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Die Anspruchssätze nach den Hilfsanträgen 4A, 4B, 5A, 5B, 6A, 6B umfassen
nur mehr Verfahrensansprüche. Die jeweiligen Patentansprüche 1 sind nun auf
ein „Verfahren zur Herstellung eines Sinterhartmetallkörpers mit erhöhter Bestän-
digkeit gegenüber plastischer Verformung“ gerichtet.

Der neue Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 4A basiert dabei im Wesentli-
chen auf dem Verfahrensanspruch 18 nach dem Hauptantrag. Er umfasst aber
zusätzlich noch die im erteilten Anspruch 1 angegebenen produktbezogenen
Merkmale.

Ebenso verhält es sich mit den neuen Patentansprüchen 1 nach den Hilfsanträ-
gen 5A und 6A, wobei dort wiederum der Ausdruck „mindestens 0,5“ in „mehr als
0,5“ bzw. „0,6 oder mehr“ geändert wurde.

Hilfsantrag 4B ist im Wesentlichen auf den Verfahrensanspruch 12 des Hilfsan-
trags 1 gerichtet, wobei er aber zusätzlich die produktbezogenen Merkmale des
Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 1 mitumfasst; gegenüber dem erteilten An-
spruch 1 ist aber das Merkmal M2c2 insoweit geändert ist, als zusätzliches
Cr(C,CN,N) und Mo(C,CN,N) von der Festlösungsphase nicht mitumfasst sein
sollen.

Ebenso verhält es sich mit den Hilfsanträgen 5B und 6B, wobei dort in Abän-
derung des Verfahrensmerkmals N4c wiederum der Ausdruck „mindestens 0,5“
in „mehr als 0,5“ bzw. „0,6 oder mehr“ geändert wurde.

C. Einige Anspruchsmerkmale werden im Folgenden erläutert.

Unter einem Sinterhartmetallkörper versteht der Fachmann allgemein ein mittels
pulvermetallurgischer Methoden generiertes Erzeugnis beliebiger Gestalt aus
Hartmetall.

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Der Begriff Hartmetall bezeichnet einen üblicherweise für Werkzeuge der Zerspa-
nungs- und Umformtechnik verwendeten Verbundwerkstoff mit einer Mikrostruktur
aus mehreren verschiedenen stoffschlüssig verbundenen Phasen, nämlich einem
oder mehreren metallischen Hartstoffen als Matrix und einem Metall oder einer
Metalllegierung als Binder.

Hartstoffe bilden keine einheitliche Stoffgruppe. Gemeinhin werden wegen ihrer
außergewöhnlich hohen Härte die Carbide, Nitride und Carbonitride von Metallen
aus der IV., V. und VI. Hauptgruppe des Periodensystems der Elemente so be-
zeichnet.

Phasen sind stofflich und in ihren Eigenschaften in sich homogene Bestandteile
des Sinterhartmetallkörpers. Der hier beanspruchte Sinterhartmetallkörper weist
eine Binderphase mit mindestens einem Metall der Eisengruppe oder einer Legie-
rung davon auf – mit anderen Worten besteht diese Phase also aus Fe, Co
und/oder Ni in beliebigen Anteilen und Kombinationen. Abs. [0024] benennt bei-
spielsweise Kobalt, eine CoNi-Legierung oder eine CoNiFe-Legierung, wobei jede
die zusätzlichen Legierungselemente Cr und W enthalten kann. Neben jedenfalls
vorhandenem Wolframcarbid als erste Hartphase weist der patentgemäße Sinter-
hartmetallkörper – in einer ersten Variante – eine oder mehrere in fester Lösung
vorliegende Phasen – als zweite oder jede weitere Hartphase – auf, wobei jede
der Festlösungsphasen mindestens eines der Carbide und Carbonitride von, in
Kombination, Zirkonium, Niob und Wolfram umfasst.

Der im Patent verwendete Begriff Festlösung ist die wörtliche Übersetzung des
Ausdrucks solid solution aus dem englischen Anmeldungstext. Im Deutschen ist
dafür das Fachwort Mischkristall gebräuchlich. Neben der Hartstoffphase WC und
der Binderphase sind also eine Phase oder mehrere weitere Phasen vorhanden,
und diese soll bzw. sollen jede für sich zunächst bestehen aus bezüglich der darin
enthaltenen Metalle ternären Mischkristallcarbiden und/oder (mindestens eines)
ternären Mischkristallcarbonitriden jeweils umfassend in Kombination Zr-, Nb- und
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W. Sie entsprechen Abs. [0022] zufolge den Formeln (Zr,Nb,W)C bzw.
(Zr,Nb,W)CN, wobei damit keine Aussage über die enthaltene Menge des jeweili-
gen Elements getroffen ist. Zusätzlich (sowie) umfasst jede der – zuvor definier-
ten – Festlösungsphasen mindestens ein Carbid, Nitrid oder Carbonitrid von min-
destens einem der Elemente Titan, Hafnium, Vanadium, Tantal, Chrom und
Molybdän. Danach wären neben den (Zr,Nb,W)-Carbiden und/oder (Zr,Nb,W)-
Carbonitriden zwingend weitere Carbide oder Carbonitride der anderen Metalle
aus den Hauptgruppen IV (Titan und Hafnium), V (Vanadium und Tantal) und VI
(Molybdän und Chrom) des Periodensystems der Elemente Bestandteile entweder
einer oder auch mehrerer Mischkristallphase(n).

Das Merkmal … wobei der Körper ein Massenverhältnis Nb/(Zr+Nb) … von min-
destens 0,5 besitzt … drückt aus, dass der Wert 0,5 von dem angegebenen Men-
genbereich mitumfasst ist. Daraus folgt für die Gewichtsanteile von Zr und Nb,
dass Zr-Anteile von ausschließlich Null (die Legierung soll ja ternär aus Zr, Nb und
W gebildet sein) bis höchstens der gleichen Menge wie Nb enthalten sein müssen,
denn mit mehr Zr als Nb würde der Quotient kleiner als 0,5.

Des Weiteren umfasst der Patentanspruch die Merkmale, wonach der Sinterhart-
metallkörper aus einem Pulvergemisch hergestellt ist, das Wolframcarbid, ein Bin-
dermetallpulver mit mindestens einem Metall der Eisengruppe oder einer Legie-
rung davon sowie eine pulverförmige feste Lösung der Carbide oder Carbonitride
von, in Kombination, Zirkonium und Niob mit einem Masseverhältnis Nb/(Zr+Nb)
von mindestens 0,5 umfasst.

Für die Herstellung des zuvor mit gegenständlichen Merkmalen definierten Sinter-
hartmetallkörpers ist ein Pulvergemisch aus drei Komponenten vorgesehen, das
– erstens – Wolframcarbid (als erstem Hartstoff), – zweitens – Metallpulver beste-
hend aus Eisen, Kobalt und/oder Nickel oder einer beliebig zusammengesetzten
Legierung daraus (als Binder) und – drittens – Pulver, das Mischkristallcarbide
oder -carbonitride aus Nb und Zr in Kombination – demnach – binäre Mischkris-
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tallcarbide oder Mischkristallcarbonitride entsprechend der Formel (NbZr)C bzw.
(NbZr)CN (als zweitem Hartstoff) umfasst, wobei die Nb- und Zr- Massenanteile in
einem Verhältnis Nb/(Zr+Nb) von mindestens 0,5 enthalten sind. Das Zurverfü-
gungstellen der Edukte ist hier der erste Schritt des Herstellungsverfahrens, was
auch in den von den Anspruchssätzen mitumfassten Verfahrensansprüchen in
deren Oberbegriff als Schritt (a) in Kombination mit dem jeweils kennzeichnenden
Merkmal zum Ausdruck kommt. Der erste Anspruch ist somit obwohl das betref-
fende Merkmal wie ein Erzeugnismerkmal formuliert ist (…aus einem Pulverge-
misch hergestellt ist…) als Product-by-process-Anspruch (im Folgenden P-b-p-
Anspruch) auffassbar, auch wenn Schritte des Einwirkens auf die Ausgangsstoffe,
um das Produkt zu erhalten, nicht Gegenstand des Erzeugnisanspruchs sind,
sondern als Schritte (b) und (c) in den von dem jeweiligen Anspruchssatz um-
fassten Verfahrensansprüchen angegeben werden.

Die Beschwerdegegnerin hält Anspruchsfassungen in Form von P-b-p-Ansprü-
chen in dem hier vorliegenden Fall für unzulässig. Sie meint, das P-b-p-Merkmal
verleihe dem beanspruchten Erzeugnis kein zusätzliches strukturelles Produkt-
merkmal, das nicht bereits durch die voranstehend genannten Produktmerkmale
definiert sei.

Ob diese und die übrigen Voraussetzungen eines P-b-p-Anspruchs (vgl. Schulte/
Moufang, PatG, 10. Aufl., § 34 Rn. 158 bis 160) erfüllt sind oder nicht, kann hier
aber dahingestellt bleiben, denn aus einem etwaig gegebenen Mangel ist jeden-
falls kein Widerrufsgrund im Sinne des § 21 PatG, wo die Widerrufsgründe ab-
schließend angegeben sind, ableitbar und somit ohne Belang für den Bestand des
angegriffenen Patents. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin im Übrigen auch
nicht geltend gemacht.

Festzustellen ist, dass gerade das besagte P-b-p-Merkmal hier den Kern der Erfin-
dung darstellen soll, denn der patentgemäße Hartmetallkörper wird ausweislich
der Beschreibung, Abs. [0033], erst infolge der Zugabe von Zirkonium und Niob in
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Form einer pulverförmigen Festlösung eines Carbids oder Carbonitrids von, in
Kombination, Zirkonium oder Niob in dem genannten Masseverhältnis zu dem
Ausgangspulvergemisch gebildet, nicht aber bei der Verwendung von jeweils ein-
zelnen Pulvern aus Zirkoniumcarbid plus Niobcarbid oder Zirkoniumcarbonitrid
plus Niobcarbonitrid.

D. In keiner der verteidigten Fassungen erweist sich das angegriffene Patent
als rechtsbeständig.


1. Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 18 bzw. 1 und 12 bzw. 1 nach dem
Hauptantrag, dem ersten Hilfsantrag und den Hilfsanträgen 4A und 4B, die das
Merkmal enthalten, wonach ein Masseverhältnis Nb/(Zr+Nb) von mindestens 0,5
für die Zr und Nb enthaltende Pulvergemischkomponente vorzusehen ist, sind
unzulässig erweitert, da der Fachmann dieses Merkmal der Gesamtheit der ur-
sprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht als zur Erfindung gehörig entnehmen
kann.

Zutreffend ist, wie die Patentinhaberin in ihrem Beschwerdeschriftsatz mit Bezug
auf die BGH-Entscheidung „Polymerschaum“ (GRUR 2012, 1124 ff.) darlegt, dass
die Offenbarung von der Gesamtheit des Inhalts der Anmeldungsunterlagen
bestimmt sei, und der Fachmann diese zur Beurteilung der Zulässigkeit eines
explizit nicht genannten Merkmals zugrunde legen muss.

Die Patentinhaberin hat insoweit eingeräumt, dass das betreffende Merkmal zwar
an keiner Stelle der ursprünglichen Unterlagen explizit offenbart sei, es ergebe
sich aber insgesamt aus deren Inhalt. Zur Stützung dieses Vorbringens hat sie
sich auf die Ausführungsbeispiele und insbesondere die Tabelle 1 sowie die
Tabellen 2, 4, 10, 14 und 19 des Streitpatents bezogen. Dort ist jedoch für das
Ausgangsmaterial nur die Bezeichnung (Zr,Nb)C50/50 angegeben. Auch die
ursprünglichen Unterlagen enthalten keine Erläuterung zu deren Bedeutung.
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Tabelle 1 offenbart lediglich den Hersteller, S… Dass die Zahlen in der
Bezeichnung direkt die prozentualen Massenanteile der metallischen Komponen-
ten eines Carbidmischkristallpulvers angeben, aus denen das Merkmal, wonach
ein Masseverhältnis Nb/(Zr+Nb) von mindestens 0,5 für die Zr und Nb enthaltende
Pulvergemischkomponente vorzusehen ist, geht daraus nicht hervor. Vielmehr gilt,
dass sich der Fachmann eindeutige Informationen über die chemische Zusam-
mensetzung des betreffenden Materials erst anderweitig beschaffen müsste.


2. Auch die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 12 bzw. 1 und 11 bzw. 1
nach den Hilfsanträgen 2B und 3B sowie 4B, 5B und 6B sind unzulässig erweitert,
welche die Merkmale umfassen, wonach das Pulvergemisch, aus dem der Sinter-
hartmetallkörper hergestellt ist, Zr-Carbid oder Zr-Carbonitrid und Nb-Carbid oder
Nb-Carbonitrid und zusätzlich Carbid, Nitrid oder Carbonitrid von mindestens
einem der Elemente Ti, Hf und Ta enthält, wobei die Anteile die jeweils in den
Ansprüchen angegebenen, bestimmten Gew.-%-Bereiche betragen. Denn diese
Bereiche kann der Fachmann der Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldungsun-
terlagen ebenfalls nicht als zur Erfindung gehörig entnehmen.

Der Auffassung der Patentinhaberin, wonach die Bereichsgrenzen für die Anteile
der Carbide oder Carbonitride von Zirkonium und Niob sowie der zusätzlichen
Carbide, Nitride und Carbonitride von Ti, Ta, und Hf im Pulvergemisch direkt und
unmittelbar aus den Zusammensetzungen der erfindungsgemäßen Beispiele ab-
zuleiten seien, folgt der Senat nicht.

Die Zusammensetzungen der Ausgangspulvergemische für die von der Patent-
inhaberin angesprochenen Beispiele H bis J werden in Tabelle 10 jeweils in
Gew.-%-Anteilen ihrer Komponenten offenbart. Demnach sind 2 Gew.-% vom
Ausgangspulvermaterial (Zr,Nb)C50/50 darin enthalten. Die Bedeutung dieser
Bezeichnung ist aber, wie oben ausgeführt, nicht unmittelbar und eindeutig aus
den ursprünglichen Unterlagen zu entnehmen, sodass der Fachmann folglich nicht
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davon ausgehen kann, dass die 2 Gew.-% (Zr,Nb)C50/50 tatsächlich zu 1 Gew.-%
aus NbC und 1 Gew.-% aus ZrC bestehen. Zusätzlich sind 0,5 Gew.-% bzw.
1 Gew.-% TiC enthalten, aber kein TaC.

Entsprechende Gründe und Schlussfolgerungen gelten für die Beispiele N und O,
wo in der Tabelle 19 zwar jeweils insgesamt 8,0 Gew.-% (Zr,Nb)C50/50 bzw.
10,0 Gew.-% (Zr,Nb)C40/60 für die Ausgangspulvermischung angegeben sind,
der Fachmann aber allein aus den Bezeichnungen heraus nicht unmittelbar und
eindeutig 4 Gew.-% NbC und 4 Gew.-% ZrC bzw. 6,4 Gew.-% NbC und
3,6 Gew.-% ZrC entnimmt.

Die von der Patentinhaberin angesprochenen Beispiele D bis F in Tabelle 4 offen-
baren zwar TiC-Gehalte von 2,5 Gew.-%, die Beispiele E und F Anteile von
1,75 Gew.-% TaC bzw. 1 Gew.-% HfC und das Beispiel I 0,5 Gew.-% TiC. Es trifft
auch zu, dass die Zusätze von Tantalcarbid und Hafniumcarbid jeweils optional
sind, was sich aus den Beispielen D und I ergibt. Nach Tabelle 14 enthält das
patentgemäße Ausgangspulvergemisch 0,8 Gew.-% TiC und 1,2 Gew.-% TiCN.
Es werden aber immer lediglich Einzelwerte angegeben, die individuelle Aus-
gangspulvermischungen kennzeichnen. Dass die Werte Anteilsbereiche eingren-
zen sollen, ist nicht ersichtlich.

Entgegen der von der Patentinhaberin vertretenen Meinung sind somit die in den
betreffenden Ansprüchen angegebenen Ober- und Untergrenzen der Anteilsberei-
che durch die Beispielzusammensetzungen nicht gestützt. Ebenso trifft das für die
Gesamtheit der dazwischen liegenden, nicht explizit angegebenen Werte zu.

Der Hinweis der Patentinhaberin, wonach breitere Bereichsangaben sich in den
ursprünglichen Ansprüchen 12 bis 15 und 30 fänden, geht fehl, denn die daraus
entnehmbaren Gehalte betreffen nicht die in den verteidigten Patentansprüchen
angegebenen Anteile der Carbide, Nitride und Carbonitride, sondern jeweils die
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Gehalte an den metallischen Elementen Ti, Hf, V, Ta, Cr und Mo im Sinterhart-
metallkörper bzw. im Pulvergemisch.


3. Die mit den verbleibenden Hilfsanträgen 2A, 3A, 5A und 6A an sich zulässig
verteidigten Anspruchssätze enthalten Patentansprüche, deren Gegenstände nicht
patentfähig sind.

So beruhen die Gegenstände der Verfahrensansprüche 18, 17 bzw. 1 nach den
Hilfsanträgen 2A, 3A, 5A und 6A vor dem Hintergrund der Druckschrift D2 nicht im
Sinne von §§ 1 und 4 PatG auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Druckschrift D2 befasst sich – ebenso wie das Streitpatent – mit harten und
zähen Sinterhartmetallkörpern sowie deren Herstellung. Ziel ist u. a., ein Schneid-
werkzeug vorzusehen, das „ausgezeichneten“ Verschleißwiderstand, Widerstand
gegen plastische Verformung und Ermüdungswiderstand beim Schneiden von
schwierig bearbeitbarem Material, wie rostfreier Stahl, aufweist (vgl. Abs. [0001]).
Dies steht in Übereinstimmung mit dem Merkmal N1 des Patentanspruchs und
entspricht der allgemeinen Aufgabe des Streitpatents, ein Verfahren zur Herstel-
lung eines Sinterhartmetallkörpers mit erhöhter Beständigkeit gegenüber plasti-
scher Verformung bereitzustellen.

Entsprechend dem Schritt a) des nunmehr beanspruchten Verfahrens wird gemäß
Druckschrift D2 ein Pulvergemisch bereitgestellt; es enthält Wolframcarbidpulver,
Pulver aus Metallen der Eisengruppe, mindestens ein Carbid-, Nitrid- und Carbo-
nitrid-Pulver des Zr und Nb oder das Pulver in seiner festen Lösung (at least one
powder of carbide, nitride und carbonitride of Zr and Nb or powder of its solid solu-
tion) und mindestens ein Carbid-, Nitrid- oder Carbonitrid-Pulver der Metalle (Ti, V,
Cr, Mo, Ta, W) der Gruppen 4a, 5a, und 6a des Periodensystems, wobei es sich
nicht um Zr und Nb handelt, oder diese Festlösungspulver (vgl. Abs. [0124]). Das
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bekannte Verfahren erfüllt somit ebenfalls die Merkmale N2, N2a, N2b, N2c1 und
N2c2.

In Übereinstimmung mit den nachfolgenden Schritten b) und c) wird dort aus dem
Pulvergemisch ein grüner Pressling hergestellt und der grüne Pressling bei einer
Temperatur von 1350 bis 1500°C vakuumgesintert oder gesintert und heiß isosta-
tisch verpresst (vgl. Abs. [0125]). Folglich sind auch die Merkmale N4 und N5
erfüllt.

Zudem ist in Druckschrift D2 das für das beanspruchte Verfahren kennzeichnende
Merkmal N4c bereits offenbart, wonach im ersten Schritt (a) ebenfalls eine pul-
verförmige feste Lösung der Carbide oder Carbonitride von Zirkonium und Niob
zur Herstellung des Pulvergemischs verwendet wird. Die WC-Pulver, Co-Pulver
und Mischpulver in den Gewichtsanteilverhältnissen wurden, wie sie dort in der
Tabelle 3 angegeben sind, zugefügt, dann gemischt, geformt und bei 1500°C eine
Stunde gesintert (vgl. Abs. [0216]). Die Probe Nr. 16 wies dabei in ihrem Pulver-
gemisch ein Massenanteilsverhältnis von Zr/(Zr+Nb) von 0,3 auf. Gemünzt auf den
Patentanspruch des Streitpatents betrug also das Massenanteilsverhältnis
Nb/(Zr+Nb) in diesem Fall etwa 0,67, was in dem anspruchsgemäß vorgesehenen
Wertebereich von mehr als 0,5 bzw. 0,6 oder mehr liegt.

Offenkundig wurden gemäß den Ausführungsbeispielen zwar die NbC- und ZrC-
Anteile als getrennte Pulver zugefügt, dennoch nimmt die Druckschrift D2 bereits
den Gedanken vorweg, diese Komponenten – wie vom Streitpatent vorgeschla-
gen – alternativ in Form eines Festlösungspulvers dem Ausgangspulver hinzuzu-
mischen (vgl. Abs. [0124]). Da eine dem in besonderer Weise Rechnung tragende
Vorgehensweise, die von der für die getrennte ZrC- und NbC-Carbidpulverzugabe
beschriebenen Prozedur abweicht, nicht offenbart ist, behält der das Verfahren der
Druckschrift D2 anwendende Fachmann unabhängig von der Variante der Nb- und
Zr-Carbid-Zumischung die übrigen Verfahrensparameter beim Pressen und Sin-
tern zur Herstellung eines Sinterhartmetallkörpers naheliegenderweise bei.
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Die Verfahren gemäß den Ansprüchen 18 bzw. 17 nach den Hilfsanträgen 2A und
3A beruhen folglich nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Daran ändert auch die zusätzliche Aufnahme von Merkmalen der aus den Verfah-
ren resultierenden Produkte in die Verfahrensansprüche 1 nach den Hilfsanträ-
gen 5A und 6A nichts. Die betreffenden Merkmale begründen keinen patentfähi-
gen Gegenstand, denn das aus der Druckschrift D2 bekannte Verfahren stimmt
hinsichtlich der Ausgangsstoffe und der Einwirkungsweise auf die Ausgangsstoffe
mit dem nahegelegten patentgemäßen Vorgehen soweit überein, als der Fach-
mann bei dessen Befolgung zwangsläufig auch einen patentgemäßen Sinterhart-
metallkörper erhält. Dieser Gegenstand ist somit das Ergebnis fachmännischen
Handelns, und da er hervorgebracht werden kann, ohne dass es hierzu eines
erfinderischen Bemühens bedürfte, ist er ebenfalls als nahegelegt anzusehen (vgl.
BGH GRUR 2019, 157 ff. – „Rifaximin α“).


4. Da die Patentinhaberin ihr Patent jeweils mit in sich geschlossenen An-
spruchssätzen verteidigt hat, kam es auf die Patentfähigkeit der Gegenstände der
weiteren davon umfassten nebengeordneten und nachgeordneten Patentansprü-
che nicht mehr an (vgl. BGH GRUR 1997, 120 ff. – elektrisches Speicherheizge-
rät; GRUR 2017, 57 ff. – „Datengenerator“).

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III.

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden,
wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens ge-
rügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung die-
ses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe,
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten schriftlich einzulegen.


Dr. Höchst Eisenrauch Dr. Fritze Dr. Schwenke


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