11 W (pat) 31/14  - 11. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



11 W (pat) 31/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
28. September 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend das Patent 10 2008 038 603

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 28. September 2017 unter Mitwirkung des
Richters Dr.-Ing. Fritze als Vorsitzenden sowie der Richter Kruppa,
Dipl.-Ing. Wiegele und Dr.-Ing. Schwenke

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der
Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
20. Mai 2014 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterla-
gen gemäß Hilfsantrag 1 beschränkt aufrechterhalten:

- Patentansprüche 1 bis 9, eingereicht in der mündlichen
Verhandlung,
- Beschreibung gemäß Patentschrift,
- Figuren 1 bis 17 gemäß Patentschrift.


G r ü n d e

I.

Auf die am 21. August 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte
Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung

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„Gegenschussanlage“

am 8. August 2013 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

Die Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Patent
durch Beschluss vom 20. Mai 2014 widerrufen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag,

den Beschluss der Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 20. Mai 2014 aufzuheben und das Patent auf
der Grundlage folgender Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Patentschrift,
hilfsweise das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten gemäß
Hilfsantrag 1
- Patentansprüche 1 bis 9, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung.

Die Einsprechende stellt den Antrag,

die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Im Verfahren wurden außer der von der Patentinhaberin in dem angegriffenen
Patent zum Stand der Technik genannten DE 10 2006 050 604 B3 und den im
Prüfungsverfahren zur Beurteilung der Patentfähigkeit in Betracht gezogenen
Druckschriften
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D1 DE 102 47 305 A1,
D2 EP 0 149 639 B1,
D3 WO 2004/023 058 A1,
D4 DE 10 2004 017 375 A1,
D5 DE 100 08 198 A1,
D6 DE 699 11 608 T2 und
D7 FR 2 852 385 A1

die Druckschriften

D8 EP 1 096 218 A2,
D9 EP 1 930 685 A1,
D10 DE 44 26 014 B4 und
D11 US 7 202 809 B1

berücksichtigt.

Der erteilte Patentanspruch 1 mit hinzugefügter Gliederungsnummerierung lautet:

1.1 „Gegenschussanlage (2) zum Schutz von Objekten gegen Flugkörper
1.2 mit einer Sensoreinheit (5) zur Erkennung der Flugkörper
1.3 und einer Abschusseinheit (6, 7) zum Abschuss von durch die Sensorein-
heit (5) erkannten Flugkörpern,
1.4 wobei die Abschusseinheit (6, 7) an einem Drehelement (4),
1.5 das gegenüber einem Halteelement (3) um eine im Wesentlichen vertikal
verlaufende Azimutachse (AA) drehbar angeordnet ist,
1.6 um eine im Wesentlichen horizontal verlaufende Elevationsachse (AEA)
schwenkbar angeordnet ist,
1.7 wobei ein erster Antrieb (10) für die Schwenkbewegungen um die Elevati-
onsachse (AEA)
1.8 und ein zweiter Antrieb (20) für die Schwenkbewegungen um die Azimut-
achse (AA) vorgesehen ist,
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1.9 wobei der erste (10) und der zweite (20) Antrieb objektfest angeordnet sind,
und
1.10 wobei die Schwenkbewegungen des Drehelements (4) um die Azimut-
achse (AA) von denen der Abschusseinheit (6, 7) um die Elevations-
achse (AEA) entkoppelt sind.“

An diesen Patentanspruch schließen sich die erteilten Ansprüche 2 bis 11 an.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 umfasst sämtliche Merkmale des
erteilten Anspruchs 1 und zusätzlich das Merkmal

1.11 und wobei die Azimutachse (AA) die Elevationsachse (AEA) schneidet.

An den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 schließen sich die erteilten Ansprü-
che 3 bis 7 und 9 bis 11 als Ansprüche 2 bis 9 an.

Zum Wortlaut der Unteransprüche sowie den weiteren Einzelheiten wird Bezug auf
die Gerichtsakte genommen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.


1. Das Streitpatent betrifft eine Gegenschussanlage zum Schutz von Objekten
gegen Flugkörper (vgl. Abs. [0001]).

In der Beschreibung ist zum Stand der Technik und der dem Patent zugrundelie-
genden Problemstellung ausgeführt, Gegenschussanlagen dienten dem Schutz
von Objekten, etwa Fahrzeugen, Schiffen, Hubschraubern oder Gebäuden durch
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Abwehr feindlicher Flugkörper, die mittels Sensoreinheiten erfasst würden. Kurz
vor dem voraussichtlichen Einschlag werde der Flugkörper im Nahbereich des
Objekts über eine Abschusseinheit vollautomatisch abgeschossen, die hierzu in
eine entsprechende Ausrichtung zu dem Flugkörper gebracht werde. Zur Aus-
richtung gegenüber dem Flugkörper sei die Abschusseinheit um zwei Achsen,
eine sog. Azimut- und eine Elevationsachse, schwenkbar gelagert (vgl. Abs.
[0002], [0003]).

Zur Ausrichtung einer Abschusseinheit sei ein Richtantrieb bekannt, bei dem über
fahrzeugfest angeordnete Motoren die Abschusseinheit um die Azimut- wie auch
die Elevationsachse einstellbar sei. Der Richtantrieb verfüge über zwei Antriebs-
stränge, die über ein Differentialgetriebe miteinander kombiniert würden. Als nach-
teilig habe sich herausgestellt, dass die Bewegungen der Abschusseinheit um die
Azimutachse Einfluss auf jene um die Elevationsachse und umgekehrt haben und
mittels aufwendiger Elektronik kompensiert werden müssten (vgl. Abs. [0004]).

Hiervon ausgehend soll die Aufgabe des Streitpatents darin bestehen, eine Ge-
genschussanlage anzugeben, bei der die Ausrichtung der Abschusseinheit auf
einfache und schnelle Weise erfolge (vgl. Abs. [0007]).

Die Lösung soll darin bestehen, die Schwenkbewegungen des Drehelements um
die Azimutachse von den Schwenkbewegungen der Abschusseinheit um die Ele-
vationsachse zu entkoppeln. Dadurch lasse sich der Azimutwinkel und der Eleva-
tionswinkel der Abschusseinheit unabhängig voneinander einstellen. Der erste
Antrieb für die Schwenkbewegungen um die Azimutachse und der zweite Antrieb
für die Schwenkbewegungen um die Elevationsachse sollen objektfest am zu
schützenden Objekt angeordnet sein, wodurch sich die Masse der zu verschwen-
kenden Bauteile und damit die Ansprechzeit der Gegenschussanlage reduziere
(vgl. Abs. [0009] bis [0012]).

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2. Die zweifellos gewerblich anwendbare Gegenschussanlage gemäß dem
erteilten Anspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da sie dem
Fachmann aus dem Stand der Technik nahegelegt ist.

Der Fachmann ist hier ein Hochschulabsolvent des Maschinenbaus mit einer
mehrjährigen Berufserfahrung in der Entwicklung und der Konstruktion von Ab-
schussvorrichtungen. Ausgangspunkt für dessen Überlegungen zur Lösung der
gestellten Aufgabe ist die Druckschrift D8.

Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, diese Druckschrift betreffe einen gat-
tungsfremden Stand der Technik, u. a. da die dort offenbarte Abschusseinrichtung
nicht mit einer eigenen Sensoreinheit ausgestattet sei.

Dem ist zu entgegnen, dass der Anspruch 1 des angegriffenen Patents auf eine
„Gegenschussanlage …mit einer Sensoreinheit…“ gerichtet ist. Er verlangt somit
zwar das Vorhandensein dieser Komponente, enthält aber darüber hinaus zur
Sensoreinheit keine Aussage, in welcher Weise und an welcher Stelle, die Gegen-
schussanlage damit ausgestattet sein soll. Während zu der nach dem Patentan-
spruch 1 ebenfalls als Komponente vorgesehenen Abschusseinheit weitere Merk-
male nicht nur deren Zweck angegeben, sondern auch den Ort ihrer Anordnung,
deren Schwenkbewegbarkeit um bestimmte Achsen und die Mittel dazu näher
definieren, enthält der Patentanspruch 1 zur Sensoreinheit lediglich eine Zweckan-
gabe. Weitere technische Merkmale der Sensoreinheit sind erst im nachgeordne-
ten Anspruch 6, wonach der Ort, an dem die Sensoreinheit angeordnet sein soll,
das Drehelement ist, und in dem ebenfalls nachgeordneten Anspruch 7 auch hin-
sichtlich des Zusammenwirkens mit der Abschusseinheit enthalten, wonach die
Sensoreinheit mit der Abschusseinheit schwenkgekoppelt sein soll.

Der Patentanspruch 1 definiert folglich eine Gegenschussanlage, bei der es
zunächst auf die Anordnung einer Sensoreinheit an der Gegenschussanlage nicht
ankommt.
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Analog ist dem Einwand der Patentinhaberin zu entgegnen, eine gattungsgemäße
Gegenschussanlage erfordere eine selbsttätige Erkennung und Bekämpfung
anfliegender Bedrohungen, was in dem Stand der Technik gemäß Druckschrift D8
nicht vorgesehen sei. Denn aus den Ansprüchen und auch der Beschreibung des
angegriffenen Patents ist ebenfalls nicht zu entnehmen, dass eine selbsttätige Er-
kennung und Bekämpfung anfliegender Bedrohungen für die patentgemäße Ge-
genschussanlage von erfindungswesentlicher Bedeutung sein könnte.

Nach diesem Verständnis wird der Fachmann somit in der Druckschrift D8 nicht
einen gattungsfremden Stand der Technik sehen, sondern sie vielmehr in erster
Linie in Betracht ziehen, zumal auch insoweit Übereinstimmung mit dem Streitpa-
tent besteht, als dort ebenfalls die schnelle Ausrichtung einer Abschusseinheit Be-
standteil der Problemstellung ist (vgl. Abs. [0006]). Der Fachmann kann somit
erwarten, in Druckschrift D8 Hinweise zur Lösung der ihm gestellten Aufgabe zu
finden.

Die Druckschrift D8 betrifft gemäß der Bezeichnung einen Richtantrieb, und zwar
– wie bereits erwähnt – für eine Abschusseinrichtung. Diese dient dem Schutz
eines Objekts durch Entgegenfeuern wenigstens einer Splittergranate aus einer
Abschusseinheit (Abschussbehälter 12) gegen ein anfliegendes schnelles Lenk-
projektil (vgl. Abs. [0015] i. V. m. der einzigen Fig.). Diese Abschusseinheit ist folg-
lich Bestandteil einer Gegenschussanlage, welche die Merkmale 1.1 und zumin-
dest teilweise 1.3 der beanspruchten Gegenschussanlage erfüllt.

In weiterer vollständiger Übereinstimmung mit den Merkmalen 1.4 bis 1.6 ist dort
die Abschusseinheit – in den Worten des Streitpatents – an einem Drehelement
(Schwenkhalterung 19) um eine im Wesentlichen horizontal verlaufende Elevati-
onsachse (Schwenkachse 20) schwenkbar angeordnet, wobei das Drehelement
gegenüber einem Halteelement (objektfester Unterbau 15) um eine im Wesentli-
chen vertikal verlaufende Azimutachse 17 drehbar angeordnet ist (vgl. Abs. [0016]
i. V. m. Fig.).
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Ebenso werden die Merkmale 1.7, 1.8 und 1.9 bereits unmittelbar aufgezeigt,
denn gemäß Druckschrift D8 sind ein erster Antrieb (Stellmotor 13) für die
Schwenkbewegungen um die Elevationsachse 20 und ein zweiter Antrieb (Stell-
motor 14) für die Schwenkbewegungen um die Azimutachse 17 vorgesehen,
wobei beide Antriebe auch objektfest angeordnet sind (vgl. Abs. [0013], [0017],
[0019] i. V. m. Fig.).

Der erste Antrieb verfügt über einen translatorischen Abtrieb 23 in Form eines
Teleskops oder eines Umsetzers einer rotatorischen Bewegung des Stellmo-
tors 13 in eine translatorische Bewegung. Der zweite Antrieb ist zum Antreiben
eines Tragrings 18 am Drehelement vorgesehen. Um bei azimutalem Ausrichten
eine Beeinflussung in Elevation zu vermeiden, ist eine Verdrehbarkeit zwischen
dem ersten Antrieb und der Abschusseinheit mittels eines Drehlagers 29 oder
Koppelstellen 30 vorgesehen. Somit sind auch bei der bekannten Vorrichtung die
Schwenkbewegungen des Drehelements um die Azimutachse von den Schwenk-
bewegungen der Abschusseinheit um die Elevationsachse entkoppelt (vgl. Abs.
[0017], [0019], [0021] i. V. m. Fig.). Das Merkmal 1.10 ist demnach ebenfalls
gegeben.

Das noch verbleibende Merkmal 1.2 und in der Folge auch das vollständige Merk-
mal 1.3 mögen nicht unmittelbar in der Druckschrift D8 offenbart sein. Dort erfolgt
jedoch ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die Gegenschussanlage mit einer
Sensoreinheit zur Erkennung der Flugkörper zumindest in Wirkverbindung stehen
muss, denn die Abschussrichtung der abzufeuernden Abwehrgranate – mithin also
eigentlich die Abschusseinrichtung der Gegenschussanlage (Abschussbehäl-
ter 12) – soll nach Sensieren der Bedrohungsrichtung raschestens ausgerichtet
werden (vgl. Abs. [0015], Z. 31 bis 43). Dies entspricht – wie oben bereits er-
wähnt – auch der Intention des angegriffenen Patents. Die aus der Druckschrift D8
zu entnehmende Lehre legt dem Fachmann somit zumindest nahe, eine Gegen-
schussanlage entsprechend der patentgemäßen Anlage mit einer Sensoreinheit
zur Erkennung von herannahenden Flugkörpern auszustatten.
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3. Die offensichtlich gewerblich anwendbare Gegenschussanlage gemäß An-
spruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist patentfähig.

Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 ist zulässig. Das zusätzlich aufge-
nommene Merkmal 1.11 war bereits im erteilten Anspruch 8 enthalten und ur-
sprünglich auch in den Anmeldungsunterlagen im Anspruch 9 offenbart.


a) Der insoweit gegenüber dem erteilten Schutzumfang eingeschränkte Ge-
genstand des nach dem Hilfsantrag 1 geltenden Patentanspruchs 1 ist neu.

Für die Beurteilung der Neuheit eines Anspruchsgegenstandes im Vergleich zu
dem Stand der Technik aus einer Vorveröffentlichung ist maßgeblich, was ihr der
Fachmann zwar unter Berücksichtigung seines präsenten Fachwissens aber ohne
dabei auf die Erfindung zu schauen unmittelbar entnehmen kann, ohne dass er
sich nähere oder zusätzliche Gedanken machen muss.

Dies vorausgeschickt offenbart keine der im Verfahren herangezogenen Druck-
schriften eine mit der nunmehr beanspruchten identische Gegenschussanlage.

a1) Bei der aus der Druckschrift D8 bekannten Gegenschussanlage schneidet
die Azimutachse 17 die Elevationsachse 20 offensichtlich nicht (vgl. Fig.). Somit
fehlt dort Merkmal 1.11.

a2) Zu dem aus der Druckschrift D9 bekannten Werfer zur Selbstverteidigung
eines mobilen oder stationären Objekts vertritt die Einsprechende die Auffassung,
sämtliche Merkmale gemäß den Anspruch 1 nach dem ersten Hilfsantrag seien
dort gegeben, so auch Merkmal 1.11. Sie verweist dazu auf Fig. 3 und den Abs.
[0018], woraus hervorgehe, dass die Elevationsachse bei einer Zahnstange
senkrecht zur Azimutachse stehe und wobei – weil eine Kegelrad-Übertragung
denkbar sei – zudem deren Horizontalachse sich mit der Vertikalachse schneide.
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Eine Überprüfung der Funktionsmöglichkeiten der in Druckschrift D9 offenbarten
Ausführungsformen der dortigen Gegenschussanlage führt zu einem anderen Er-
gebnis.

Der Werfer verfügt dort zunächst über einen objektfesten Sockel 12 (vgl. Abs.
[0011] i. V. m. Fig. 1, 3). In dem in Fig. 3 gezeigten Ausführungsbeispiel ist der
Elevationsmotor 19 zu den Azimutmotoren 26 in das Antriebssystem 20 im So-
ckel 12 hinein verlegt. Das Antriebsritzel 30 auf der Elevationswelle 24 soll mit
dem Ausgang des Elevationsmotors 19 in Form einer Zahnstange oder Schnecke
kämmen (ohne Bezugszeichen), so dass nur noch die Masse des Containers 16
samt seiner gabelförmigen Aufhängung 13, aber kein Elevationsmotor mehr an
der Azimutdrehung teilnimmt (vgl. Abs. [0017], i. V. m. Fig. 3). Andererseits sei
– wie gesagt – auch eine Kegelrad-Übertragung denkbar, deren Horizontalachse
sich mit der Vertikal-Achse schneidet (vgl. Abs. [0018]).

Für die erste Variante trifft jedoch nur zu, dass die Elevationsachse und die Azi-
mutachse senkrecht zueinander verlaufen. Die Fig. 3 zeigt einen Schnitt durch die
rechte Seite der in Fig. 1 dargestellten unsymmetrischen gabelförmigen Aufhän-
gung 13 mit dahinter angeordnetem Container 16, durch den auch die Azimut-
achse 14 verläuft (vgl. Sp. 3, Z. 16 f., Abs. [0014] i. V. m. Fig. 1). Der Darstellung
der Schnittebene in der Fig. 3 zufolge verläuft die Azimutachse 14 nahezu mittig
zwischen der Achse der Elevationswelle 24 und dem Zahnflankeneingriff des An-
triebsritzels 30 in der Zahnstange oder Schnecke des Elevationsmotors 19. Entge-
gen der Sichtweise der Einsprechenden schneidet die durch das Zentrum der Ele-
vationswelle 24 verlaufende Elevationsachse somit nicht die Azimutachse 14, son-
dern liegt dazu seitlich versetzt.

Darüber hinaus ist die Zahnstange oder Schnecke am Elevationsmotor 19 an
ihrem oberen Ende in der Aufhängung 13 angeordnet. Der Fachmann erkennt
ohne weiteres, dass der nicht mehr an der Azimutdrehung teilnehmende Elevati-
onsmotor 19 auf Grund der mit ihm verbundenen Zahnstange oder Schnecke die
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Drehung der Aufhängung 13 blockiert. Somit ist zugunsten der Patentinhaberin
festzustellen, dass für den Fachmann diese mögliche Auslegung der Lehre der
Druckschrift D9 wegen technischer Unausführbarkeit als Stand der Technik nicht
in Betracht kommen kann.

Zur Umsetzung der zweiten Variante mit einer Kegelrad-Übertragung muss die
Antriebsachse des Elevationsmotors 19 an der Stirnseite der Elevationswelle 24
angeordnet sein. Dazu genügt es zunächst, die Elevationswelle 24 und/oder die
Antriebsachse des Elevationsmotors 19 gegenüber der in Fig. 3 gezeigten Anord-
nung zu verlagern. Verschiebt der Fachmann nun die Achse der Elevations-
welle 24 bis zum Schnittpunkt mit der Azimutachse 14 gedanklich nach rechts und
die Antriebsachse des Elevationsmotors 19 bis zum Schnittpunkt mit der Achse
der Elevationswelle 24 nach links, so bewegt sich bei einer Drehung des Werfers
um die Azimutachse 14 die Elevationsachse 24 offenkundig von der objektfest
angeordneten Antriebsachse des Elevationsmotors 19 weg. Auf Grund der dann
nicht mehr ineinander greifenden Kegelräder wäre der Werfer in Elevationsrich-
tung aber nicht mehr verstellbar.

Ursächlich dafür ist, dass die im Container 16 verlaufende Azimutachse 14 nicht
mit der Antriebsachse des Elevationsmotors 19 zusammenfällt. Der Fachmann ist
nämlich gehalten, den Masseschwerpunkt der in Fig. 1 gezeigten Aufhängung 13
mit Container 16 und Elevationsmotor 19 zum Minimieren der beim Azimutrichten
wirksamen Massenträgheitsmomente möglichst genau auf die Azimutachse 14 zu
legen (vgl. Abs. [0014]). Ist der Elevationsmotor 19 nun gemäß Fig. 3 in den So-
ckel 12 hinein verlegt, verschiebt sich der Masseschwerpunkt der Aufhängung 13
mit dem Container 16, nun aber ohne den Elevationsmotor 19, gemäß Fig. 1 nach
links in Richtung Containermitte. Die Azimutachse 14 muss dem geänderten Mas-
seschwerpunkt folgen und fällt daher nicht mit der Antriebsachse des Elevations-
motors 19 zusammen.

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Um den Problemen, die beide Antriebsvarianten mit sich brächten, zu begegnen,
müsste der Fachmann den Elevationsmotor 19 mit der gabelförmigen Aufhän-
gung 13 drehend und nicht objektfest anordnen. Damit fehlte es bereits an einem
ersten und zweiten objektfest angeordneten Antrieb und somit gegenüber der vom
Patent beanspruchten Gegenschussanlage am Merkmal 1.9. Die gemäß der
Druckschrift D9 technisch realisierbare Lehre entspricht damit nicht der des ange-
griffenen Patents.

a3) Die von der Einsprechenden im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgegrif-
fenen Druckschriften D10 und D11 wie auch die Druckschriften D1, D3, D5, D6
und D7 aus dem vorangegangenen Verfahren zeigen ebenso keine objektfeste
Anordnung eines ersten und zweiten Antriebs (Merkmal 1.9).

Die Druckschrift D2 betrifft keine mit einer Sensoreinheit zur Erkennung von Flug-
körpern ausgerüstete Gegenschussanlage (Merkmale 1.1, 1.2).

Die Druckschrift D4 offenbart nicht, dass die Schwenkbewegungen des Drehele-
ments um die Azimutachse von denen der Abschusseinheit um die Elevations-
achse entkoppelt sind (Merkmal 1.10).


b) Die Gegenschussanlage gemäß dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1
beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Sich schneidende Azimut- und Elevationsachsen und deren Vorteile sind zwar an
sich bekannt (vgl. u. a. D4, D7, D10). Der Fachmann hat aber keinen Anlass, die-
ses Merkmal auf die aus der Druckschrift D8 bekannte Gegenschussanlage zu
übertragen. Dort ist ein Versatz zwischen der sich auf der Azimutachse 17 trans-
latorisch bewegenden Stützstange 22 vorgesehen, um den Abschussbehälters 12
um dessen Elevationsachse 20 zu schwenken. Er bildet den Hebel zur Kraftein-
leitung von der Stützstange 22 auf den Abschussbehälter 12 (vgl. Fig.). Ohne ihn
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wäre bei sich schneidender Azimutachse 17 und Elevationsachse 20 kein
Schwenken um die Elevationsachse 20 mehr möglich.

Aus dem Stand der Technik ist dem Fachmann daher nicht nahe gelegt, bei einer
Gegenschussanlage mit objektfesten Antrieben gemäß Druckschrift D8 eine die
Elevationsachse schneidende Azimutachse vorzusehen (Merkmal 1.11).


c) Die weiteren Druckschriften, auch die in der Beschreibungseinleitung ge-
nannte DE 10 2006 050 604 B3, liegen noch ferner ab und können die Gegen-
schussanlage gemäß Hilfsantrag 1 ebenfalls nicht nahelegen.


4. Die Unteransprüche 2 bis 9 betreffen nicht selbstverständliche Ausgestal-
tungen der Gegenschussanlage gemäß dem Patentanspruchs 1 nach dem Hilfs-
antrag 1. Sie haben daher zusammen mit diesem Patentanspruch ebenfalls Be-
stand.

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III.

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden,
wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens ge-
rügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung die-
ses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe,
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten schriftlich einzulegen.


Dr. Fritze Kruppa Wiegele Dr. Schwenke


Fa


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