11 W (pat) 30/15  - 11. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:090418B11Wpat30.15.0


BUNDESPATENTGERICHT



11 W (pat) 30/15
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
9. April 2018






B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Patentanmeldung 10 2005 040 515.0

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 9. April 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr.-Ing. Höchst, der Richter v. Zglinitzki, Dipl.-Ing. Wiegele und
Dr.-Ing. Schwenke

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beschlossen:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für
Klasse F41H des Deutschen Patent- und Markenamts vom
9. April 2015 aufgehoben und das Patent DE 10 2005 040 515 mit
dem (einzigen) Patentanspruch 1 und der Beschreibung Seiten 1
bis 5 vom 9. April 2018 sowie der ursprünglich eingereichten
Zeichnung erteilt, wobei das Patent die Bezeichnung „Durchfüh-
rungsstruktur für eine Panzerglasscheibe“ erhält.


G r ü n d e

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse F41H hat die am 26. August 2005 beim Deutschen
Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung mit der damaligen Be-
zeichnung

„Durchführungsstruktur, insbesondere für eine Panzerglasscheibe,
sowie hiermit ausgestattete Panzerglasscheibe an sich“

durch Beschluss vom 9. April 2015 mit der Begründung zurückgewiesen, der Ge-
genstand des Anspruchs 1 sei nicht neu.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit
dem Patentanspruch 1 und der Beschreibung Seiten 1 bis 5 vom
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9. April 2018 sowie der ursprünglich eingereichten Zeichnung zu
erteilen.

Im Verfahren wurden die Druckschriften

D1 DE 78 37 783 U1,
D2 DE 39 08 772 A1 und
D3 DE 26 21 865 A1

berücksichtigt.

Der nun geltende, einzige Patentanspruch mit hinzugefügter Gliederungsnumme-
rierung lautet:

1.1 Durchführungsstruktur mit:
1.2 - einem Basiskörper der als solcher zum Einsatz in eine Einsatz-Öffnung
vorgesehen ist, die in einer als mehrschichtige Panzerglasscheibe aus-
geführten plattenartigen Panzerung ausgebildet ist,
1.3 - wobei der Basiskörper einen Schaftabschnitt und einen in radialer Rich-
tung über den Schaftabschnitt hervorkragenden Kopfabschnitt umfasst,
1.4 - die Geometrie der Einsatzöffnung und die Geometrie des Kopfabschnit-
tes derart aufeinander abgestimmt sind, dass der Kopfabschnitt in der
Panzerung versenkt anordbar ist und
1.5 - auf einer dem Kopfabschnitt abgewandten Seite des Basiskörpers ein
Befestigungsabschnitt ausgebildet ist, zur Anbringung eines Flanschrin-
ges
1.6 - wobei der Radialüberstand des Kopfabschnittes gegenüber dem Schaft-
abschnitt derart bemessen ist, dass der Kopfabschnitt einen zwischen
der Einsatz-Öffnung und dem Schaftabschnitt definierten Spalt über-
deckt,
dadurch gekennzeichnet, dass
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1.7 - die Einsatzöffnung zur Aufnahme des Kopfabschnittes stufenartig erwei-
tert ausgebildet ist,
1.8 - die Axiallänge des Kopfabschnittes gleich, oder kleiner ist als die Dicke
der äußersten Scheibenschicht,
1.9 - der Schaftabschnitt des Basiskörpers und der Kopfabschnitt zylindrisch
ausgeführt sind
1.10 - der Radial-Überstand des Kopfabschnittes gegenüber dem Schaftab-
schnitt wenigstens 8 mm beträgt,
1.11 - der Außendurchmesser des Flanschringes größer ist als der Außen-
durchmesser des Kopfabschnittes und
1.12 - der Flanschring aus einem gegen ballistische Belastung hochfesten
Werkstoff gefertigt ist.

Zu den weiteren Einzelheiten wird Bezug auf die Akten genommen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist nunmehr begründet.

1. Die Patentanmeldung betrifft eine Durchführungsstruktur für eine mehr-
schichtige Panzerglasscheibe (S. 1).

Der Patentanmeldung soll die Aufgabe zu Grunde liegen, Lösungen anzugeben,
die es ermöglichen, innerhalb einer plattenartigen Panzerung, insbesondere Pan-
zerglasscheibe eine Durchführungsstruktur anzuordnen die als solche einen
Durchgangsweg umsäumt, wobei das derart unter Einschluss der plattenartigen
Panzerung und der Durchführungsstruktur geschaffene System sich insgesamt
durch eine besonders hohe Widerstandsfestigkeit und Durchdringfestigkeit gegen
Geschosse auszeichnet (S. 1).

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Als Fachmann ist ein Hochschulabsolvent des Maschinenbaus mit mehrjähriger
Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Panzerungen zur Geschoss-
abschirmung anzusehen.

2. Das Patentbegehren ist zulässig.

Der geltende Patentanspruch 1 umfasst die Merkmale der ursprünglich eingereich-
ten Patentansprüche 1, 2, 4, 5, 6, 7, 8, 11 und 12.

Die geltende Beschreibung entspricht inhaltlich der ursprünglich eingereichten Be-
schreibung mit Anpassungen an die nunmehr geltende Anspruchsfassung und
Angaben zum berücksichtigten Stand der Technik.

3. Die gewerblich anwendbare Durchführungsstruktur gemäß Patentan-
spruch 1 ist patentfähig.

a) Diese Durchführungsstruktur ist neu.

Die Druckschrift D1 offenbart im Wortlaut der Patentanmeldung eine Durchfüh-
rungsstruktur mit einem Basiskörper (zylindrisches Trägerteil 3) der als solcher
zum Einsatz in eine Einsatzöffnung (zylindrische Bohrung) vorgesehen ist, die in
einer plattenartigen Panzerung (beschussfeste Verglasung bzw. Scheibe 1) aus-
gebildet ist (S. 5, 3. und 4. Abs., Anspr. 1 i. V. m. Fig.; Merkmale 1.1, 1.2).

Der Basiskörper weist einen in Richtung der Bohrungslängsachse verlaufenden,
im Wesentlichen durchmesserkonstanten Schaftabschnitt und einen in radialer
Richtung über den Schaftabschnitt hervorkragenden Kopfabschnitt auf. Als Kopf-
abschnitt ist der in der Fig. gezeigte linke Abschnitt des Trägerteils 3 anzusehen,
der sich ausgehend vom Schaftabschnitt konisch erweiternd in Richtung der Be-
schussseite erstreckt (Merkmal 1.3).

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Die Geometrie der Einsatzöffnung ist zur Beschussseite hin auf den sich konisch
erweiternden Kopfabschnitt abgestimmt, so dass dieser in der Panzerung versenkt
anordbar ist. Auf der dem Kopfabschnitt abgewandten Seite des Basiskörpers ist
ein Befestigungsabschnitt zur Anbringung eines Flanschringes (Widerlagerring)
ausgebildet (S. 5, 4. Abs. und S. 6, 1. Abs. i. V. m. Fig.; Merkmale 1.4, 1.5).

Der Radial-Überstand des Kopfabschnittes ist gegenüber dem Schaftabschnitt
derart bemessen, dass der Kopfabschnitt einen zwischen der Einsatzöffnung und
dem Schaftabschnitt definierten Spalt überdeckt (Fig.; Merkmal 1.6).

Dazu, dass der Radial-Überstand des Kopfabschnittes gegenüber dem Schaftab-
schnitt wenigstens 8 mm beträgt, der Außendurchmesser des Flanschringes grö-
ßer ist als der Außendurchmesser des Kopfabschnittes und der Flanschring aus
einem gegen ballistische Belastung hochfesten Werkstoff gefertigt ist, ist in der
Druckschrift D1 beschriebenen Durchführungsstruktur nichts offenbart (Merk-
male 1.10, 1.11 und 1.12).

Auch die aus den Druckschriften D2 und D3 bekannten Durchführungsstrukturen,
dort Kugellafette bzw. Schutzvorrichtung an einer Panzerwand-Pforte bezeichnet,
weisen diese Merkmale nicht auf.

b) Die Durchführungsstruktur gemäß Patentanspruch 1 beruht auch auf einer
erfinderischen Tätigkeit, denn zumindest die Bemessungsvorschrift gemäß Merk-
mal 1.11 ist nicht nahegelegt.

Die Anmelderin hat zum Merkmal 1.11 ausgeführt, dass sich durch den größeren
Außendurchmesser des Flanschringes gegenüber dem Außendurchmesser des
Kopfabschnittes ein Versatz der Außenumfangskante des Flanschringes gegen-
über der Außenumfangskante des Kopfabschnittes ergebe und der Flanschring
hierbei eine Stützstruktur bilde (S. 4, 3. Abs.). Diese Stützstruktur nehme bei Be-
schuss eine lokale Deformation der mehrteiligen Panzerglasscheibe auf und fange
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ein eventuelles Absplittern der inneren Schicht der mehrteiligen Panzerglas-
scheibe ab.

Der Stand der Technik gibt weder einen Hinweis noch eine Anregung, dem
Flanschring die Funktion einer Stützstruktur zukommen zu lassen und hierzu den
Außendurchmesser des Flanschringes größer als den Außendurchmesser des
Kopfabschnittes auszubilden (Merkmal 1.11).

Die Durchführungsstruktur gemäß Patentanspruch 1 ist daher nicht nahegelegt.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden,
wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens ge-
rügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung die-
ses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe,
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten schriftlich einzulegen.


Dr. Höchst v. Zglinitzki Wiegele Dr. Schwenke


Fa


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