11 W (pat) 30/13  - 11. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



11 W (pat) 30/13
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
12. Oktober 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache


- 2 -
betreffend das Patent 199 07 294

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2017 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter Kruppa, Dr.-Ing. Fritze
und Dr.-Ing. Schwenke

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde des Einsprechenden wird der Beschluss
der Patentabteilung 24 des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 31. Januar 2013 aufgehoben und das Patent
gemäß Hilfsantrag 3 mit folgenden Unterlagen beschränkt auf-
rechterhalten:

- Patentansprüche 1 – 4, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung,
- Beschreibung und Figur gemäß Patentschrift.

2. Der Kostenantrag der Patentinhaberinnen wird zurückgewie-
sen.


G r ü n d e

I.

Gegen das am 23. Februar 1999 unter Inanspruchnahme der Priorität der japani-
schen Anmeldung 10-58938 vom 24. Februar 1998 angemeldete und am
10. April 2008 veröffentlichte Patent 199 07 294 ist am 10. Juli 2008 Einspruch
erhoben worden. Der Einsprechende hat die Auffassung vertreten, das Patent sei
- 3 -
zu widerrufen, da die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart sei,
dass ein Fachmann sie ausführen könne; zudem beruhe der Gegenstand des
Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Zur Begründung hat er die Druckschriften

D1 DE 2 336 442 Offenlegungsschrift,
D2 US 5,690,271 A,
D3 FR 2 479 055 A1,
D4 WO 94/26813 A1,
D5 US 5,190,596 A,
D6 US 5,100,048 A und
D7 US 5,251,374 A

herangezogen.

Die Patentabteilung 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat am 31. Ja-
nuar 2013 die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents beschlossen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Einsprechenden.

Er vertritt – auch gegenüber den neuen Hilfsanträgen der Patentinhaberinnen –
weiterhin seinen Standpunkt aus dem Einspruchsverfahren, wonach das Patent
aufgrund fehlender erfinderischer Tätigkeit in vollem Umfang zu widerrufen sei; zur
Begründung bezieht er sich auf die Druckschriften D1, D5 und D7 und außerdem
auf die Druckschriften:

D8 US 5,820,698 A
D9 „Forward roll coating of Newtonian fluids with deformable rolls; an experi-
mental investigation“, Oliver Cohu und Albert Magnin in Chemical Engi-
neering Science, Vol. 52, Nr. 8, S. 1339–1347, 1997
- 4 -
D10 „Roll coating of purely viscous liquids“, H. Benkreira et al., Chemical Engi-
neering Science Vol. 36, S. 429–434, 1981
D11 „Reverse roll coating of non-Newtonian liquids“, D. J. Coyle et al.,
J. Reology 34(5), S. 615–636, Juli 1990

In der mündlichen Verhandlung führt er die Druckschrift

D12 EP 0 674 966 A1

ein.

Die Vertreter der Patentinhaberinnen haben in der mündlichen Verhandlung die
Zulassung der Rechtsbeschwerde zu folgender Rechtsfrage angeregt: Ist im Falle
einer Argumentation seitens der Einsprechendenpartei im Beschwerdeverfahren,
die im Wesentlichen auf Druckschriften basiert, die im Beschwerdeverfahren erst-
malig genannt werden, der Beschwerdekammer des EPA (T0083/93) zu folgen
und an die Patentabteilung zurückzuverweisen?

Der Einsprechende stellt den Antrag,

den Beschluss der Patentabteilung 24 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 31. Januar 2013 aufzuheben und das Patent in
vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberinnen stellen den Antrag,

1. die Beschwerde des Einsprechenden zurückzuweisen,
hilfsweise das Patent auf der Grundlage der folgenden Unter-
lagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
- 5 -
- gemäß Hilfsantrag 1 Patentansprüche 1 bis 4, eingegangen
am 25. September 2017,
- gemäß Hilfsantrag 2 Patentansprüche 1 und 2, eingereicht in
der mündlichen Verhandlung,
- gemäß Hilfsantrag 3 Patentansprüche 1 bis 4, eingereicht in
der mündlichen Verhandlung,
- gemäß Hilfsantrag 4 Patentansprüche 1 und 2, eingereicht in
der mündlichen Verhandlung
- Beschreibung und Figur gemäß Patentschrift,

2. dass dem Beschwerdegegner diejenigen Kosten erstattet wer-
den, die bei der Ausarbeitung der Entgegenhaltungen betref-
fend Argumente zu den nachgereichten Druckschriften D7 bis
D11 und zur Vorbereitung und Wahrnehmung der beiden
mündlichen Verhandlungen entstanden sind.

Der Gegenstand des angegriffenen Patents sei neu und erfinderisch. Dies gelte
gegenüber dem im Einspruchsverfahren herangezogenen Stand der Technik und
auch im Lichte der neu eingeführten Druckschriften.


Das angegriffene Patent umfasst in der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung
vier Ansprüche; die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 3 lauten (hier nach
Merkmalen gegliedert):

M0 1. Aus Aluminium extrudierte, mehrere Hohlräume aufweisende
flache Röhre
M1 mit einer Hartlötzusammensetzung umfassend ein Acrylharzbinde-
mittel,
dadurch gekennzeichnet, dass
- 6 -
M2V die flache Röhre mit hervorragenden Hartlöteigenschaften zur Ver-
wendung in Kfz-Wärmetauschern
M2 zumindest auf einer der flachen Oberflächen der Röhre
M2a eine Walzentransferdruckbeschichtung aufweist,
M3 bestehend aus der getrockneten Hartlötzusammensetzung
M3a umfassend ein Hartlötflussmittel, Hartlötmetalle
M4 und ein Kunstharz, das auf einem Methacrylathomopolymer oder
einem Methacrylatcopolymer als seinem Hauptbestandteil basiert,
M5 wobei das Gewichtsverhältnis einer Summe aus Hartlötflussmittel
und Hartlötmetallen zum Kunstharz in der Hartlötzusammenset-
zung im Bereich von 9:1 zu 7:3 liegt,
M6 wobei die Viskosität der nicht getrockneten Hartlötzusammenset-
zung für die Walzentransferdruckbeschichtung im Bereich von 100
bis 10000 mPa•s liegt.
bzw.

N0 3. Verfahren zum Herstellen einer aus Aluminium extrudierten,
mehrere Hohlräume aufweisenden flachen Röhre
N0V mit hervorragenden Hartlöteigenschaften zur Verwendung in Kfz-
Wärmetauschern,
N1 wobei zumindest eine der flachen Oberflächen der aus Aluminium
extrudierten, mehrere Hohlräume aufweisenden flachen Röhre mit
einer gemischten Hartlötzusammensetzung beschichtet wird,
N2 welche Hartlötflussmittelpulver und Hartlötmetallpulver umfasst,
die einem organischen Lösemittel zugegeben werden,
N3 in welchem ein Kunstharz, das auf einem Methacrylathomopoly-
mer oder einem Methacrylatcopolymer als seinem Hauptbestand-
teil basiert, gelöst ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
N4 die Röhren im Walzentransferdruckverfahren mit der Hartlötzu-
sammensetzung beschichtet werden,
- 7 -
N4a die daraufhin erhitzt oder getrocknet wird, um das organische Lö-
sungsmittel in der gemischten Hartlötzusammensetzung zu ver-
dampfen,
N5 wobei das Gewichtsverhältnis der Summe aus den Flussmittelpul-
vern und den Hartlötmetallpulvern zum Kunstharz, die in der ge-
mischten Hartlötzusammensetzung enthalten sind, im Bereich von
9:1 bis 7:3 liegt,
N6 und wobei die Viskosität der gemischten Hartlötzusammensetzung
zwischen 100 und 10000 mPa•s liegt.

Zum Wortlaut der nachgeordneten Ansprüche 2 und 4 wird auf die geänderte
Patentschrift verwiesen.


Die Patentansprüche 1 und 3 nach dem Hilfsantrag 1 enthalten die Merkmale M0
bis M6 bzw. N0 bis N6 der beschränkt aufrechterhaltenen Patentansprüche 1 und
3, wobei die Merkmale M3a und N2 geändert wurden in

M3a neu […] umfassend ein Hartlötflussmittel, Si-Pulver, eine Mi-
schung aus Si-Pulvern und Zn-Pulvern, oder eine Al-Si-
Legierung als Hartlötmetalle […]
bzw.

N2neu […] welche Hartlötflussmittelpulver und Si-Pulver, eine Mi-
schung aus Si-Pulvern und Zn-Pulvern, oder eine Al-Si-
Legierung als Hartlötmetallpulver […]

Die nachgeordneten Ansprüche 2 und 4 lauten wie die beschränkt aufrechterhalte-
nen Ansprüche.
- 8 -
Nach dem Hilfsantrag 2 verteidigen die Beschwerdegegnerinnen ihr Patent mit
den nebengeordneten Patentansprüchen 1 und 2. Diese umfassen jeweils die in
den Patentansprüchen 1 bzw. 3 nach dem Hilfsantrag 1 angegebenen Merkmale,
und zusätzlich angefügt jeweils das Merkmal:

M7 bzw. N7 […] und dass die Hartlötzusammensetzung ein organi-
sches Lösemittel umfasst, wobei sich das Atomverhältnis
von Kohlenstoff zu Sauerstoff in der Molekularstruktur
des organischen Lösemittels auf einen Wert zwischen 2
und 3 beläuft.


Nach dem Hilfsantrag 3 gelten wiederum vier Patentansprüche, wobei die Patent-
ansprüche 1 und 3 die in den Patentansprüchen 1 bzw. 3 nach dem Hilfsantrag 1
angegebenen Merkmale umfassen und zusätzlich angefügt jeweils das Merkmal:

M8 bzw. N8 […] und wobei das Kunstharz ein Polymer aus 2-Ethyl-
hexylmethacrylat oder ein Copolymer aus Methylmeth-
acrylat und n-Butylmethacrylat ist.

Ferner gelten die nachgeordneten Ansprüche 2 und 4 in der beschränkt aufrecht-
erhaltenen Fassung.


Nach dem Hilfsantrag 4 umfassen die Patentansprüche 1 und 2 letztlich die in den
Ansprüchen 1 bzw. 2 sämtliche nach dem Hilfsantrag 2 enthaltenen Merkmale und
zusätzlich das Merkmal M8 bzw. N8.

Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten
Bezug genommen.
- 9 -
II.

Die zulässige Beschwerde hat zum Teil Erfolg.


A. Das angefochtene Patent betrifft gemäß der Bezeichnung eine aus Alumi-
nium extrudierte, mehrere Hohlräume aufweisende flache Röhre mit hervorragen-
den Hartlöteigenschaften zur Verwendung in Kfz-Wärmetauschern und Herstel-
lungsverfahren dafür.

In der Beschreibung ist zum Stand der Technik und der dem Patent zugrundelie-
genden Problematik ausgeführt, bekannte Kfz-Wärmetauscher würden aus besag-
ter Röhre und einer gewellten Lamelle zusammengebaut und die Teile mittels
Hartlötung verbunden. Um Oxidbeläge vor dem Löten auf den zu verbindenden
Flächen zu beseitigen, würden die Oberflächen mittels Sprühbeschichtens mit
einem Flussmittel beschichtet, welches in Wasser oder Alkohol suspendiert sei.
Das Lösemittel verdampfe im Ofen und hernach werde der Lötvorgang durchge-
führt.

Bei einem komplex aufgebauten Wärmetauscher sei es oftmals schwierig, die Fü-
geflächen gleichmäßig mit der Flussmittelsuspension zu überziehen. An zu dünn
belegten Stellen komme es zu Verbindungsfehlern, an zu dick belegten Stellen
führe das Flussmittel Korrosion herbei, oder der Belag falle ab und verschmutze
den Lötofen. Bekannte Verfahren ermöglichten, einen Flussmittelüberzug auch in
Fällen, in denen der Wärmetauscher einen komplexen Aufbau aufweise, eine Mi-
schung aus Flussmittel und Hartlötmetall aufzutragen. Der Schritt des Beschich-
tens erfolge dabei für eine Massenfertigung am effizientesten mittels Walzentrans-
ferdruckens.

Flussmittelzusammensetzungen zum Walzentransferdrucken, die ein Acrylharz
umfassen, das aus Kohlenwasserstoffen der Ethylenreihe bestehe, neigten dazu,
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viele Stellen zu schaffen, an denen eine Hartlötverbindung nicht zur Gänze vorge-
sehen werde. Bei einer Flussmittelzusammensetzung mit oberflächenaktiven Stof-
fen werde die Anhaftung behindert, wodurch es zu einer Beeinträchtigung der
Hartlöteigenschaften komme. Eine Flussmittelzusammensetzung, die sich eines
Alkohols bediene, neige zu Präzipitationen von Hartlötmetallpulver oder Flussmit-
telpulver in der Alkohollösung, was beim Walzentransferdrucken mitunter unzurei-
chende Haftung verursache.

Vor diesem Hintergrund besteht – hier sinngemäß zusammengefasst – die Auf-
gabe, eine Röhre zur Verwendung bei Kfz-Wärmetauschern und ein Herstellungs-
verfahren dafür vorzusehen, wobei die Zusammensetzungen der Hartlötmittel eine
zufriedenstellende Walzentransferdruckleistung und Haftung und folglich hervorra-
gende Hartlöteigenschaften gewährleisten sollen.

Die Lösung sehen die Patentinhaberinnen in einer aus Aluminium extrudierten,
mehrere Hohlräume aufweisenden flachen Röhre und in einem Verfahren zu
deren Herstellung jeweils mit den in den Patentansprüchen angegebenen Merk-
malen.


B. Der Anregung der Beschwerdegegnerinnen, die Sache an das Deutsche
Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, folgt der Senat nach Abwägung von
Instanzverlust, Verfahrensverzögerung und Prüfung in der Sache gegeneinander
nicht. Durch die Patentabteilung eine neue Sachaufklärung herbeiführen zu las-
sen, ist nicht angezeigt, zumal sich der Senat aufgrund eigener Kompetenz dazu
in der Lage sieht.

Zu der Auffassung der Beschwerdegegnerinnen, wonach das nachträgliche Ein-
führen von Druckschriften der Druckschriften D8 bis D11 und D12 in dem Verfah-
ren vor dem Bundespatentgericht und der Druckschrift D7 in der mündlichen An-
hörung vor der Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts verspätet
- 11 -
und dieser Stand der Technik nicht zu beachten sei, ist festzustellen, dass in allen
Verfahren das Bundespatentgericht wie auch die Patentabteilung wegen des Un-
tersuchungsgrundsatzes das vorliegende Material – mag es auch nach Ablauf der
Einspruchsfrist vorgebracht sein – berücksichtigen muss, soweit es für die Ent-
scheidung erheblich ist. Letzteres zu ermessen, ist Sache des Senats.

Von allen eingebrachten Druckschriften ist hier einzig Druckschrift D8 für die Be-
urteilung der Patentfähigkeit nicht in Betracht zu ziehen, da sie sich zwar als
inhaltlich den streitigen Patentgegenstand betreffend aber als nachveröffentlichter
Stand der Technik herausgestellt hat. Alle weiteren Druckschriften sind dagegen
bezüglich des für den Zeitrang des angegriffenen Patents maßgeblichen Tags
unbestritten vorveröffentlicht. Sie betreffen zudem für die Beurteilung der Patent-
fähigkeit relevanten Stand der Technik.


1. In der nach dem Einspruch geltenden beschränkt aufrechterhaltenen Fas-
sung hat das angegriffene Patent keinen Bestand.

Die aus Aluminium extrudierte Röhre gemäß dem aufgrund des Beschlusses der
Patentabteilung geltenden Patentanspruch beruht nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit, da sie dem Fachmann aus dem Stand der Technik nahe gelegt ist.

Als Fachmann ist hier ein Maschinenbau- oder Verfahrensingenieur der Vertie-
fungsrichtung Fertigungstechnik mit einer mehrjährigen Berufserfahrung anzuse-
hen. Dieser verfügt über Kenntnisse in der Fügetechnik von Werkstücken aus Alu-
minium und dessen Legierungen. Ihm sind die üblichen stoffschlüssigen Fügever-
fahren, insb. das Hartlöten, sowie diverse Hartlötmittel und Verfahren zum Auftra-
gen auf zu fügende Oberflächen geläufig, insb. die nach dem angegriffenen Patent
vorgesehene, dort als Walzentransferdruckverfahren bezeichnete, Methode des
Walzenauftragens.
- 12 -
Die Zulässigkeit der nach dem Einspruch beschränkt aufrechterhaltenen Ansprü-
che steht außer Frage. Die Neuheit der selbstverständlich gewerblich anwendba-
ren Anspruchsgegenstände ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Der Be-
schwerdeführer vertritt aber die Auffassung, sie beruhten gegenüber dem Stand
der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Patentinhaberinnen begegnen dem Vorbringen des Einsprechenden in allen
Punkten.

Der Senat kommt zu dem Ergebnis, dass die Lehre aus der Druckschrift D12 dem
Patentgegenstand zumindest so nahe kommt, dass der daraus hervorgehende
Stand der Technik als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätig-
keit geeignet ist.

In Druckschrift D12 geht es – im Wortlaut des angegriffenen Patents – um Wär-
metauscher aus Aluminium oder Aluminiumlegierung, die aus Aluminium extru-
dierte, flache Röhren zur Verwendung in besagten Kfz-Wärmetauschern aufwei-
sen (vgl. S. 5, Z. 45 und 46 i. V. m. Figur 1), welche mit Hartlötmitteln der gemäß
dem Streitpatent vorgesehen Art beschichtet werden (vgl. S. 2, Z. 29 bis S. 3,
Z. 19) sowie um Verfahren zu deren Herstellung. Neben anderen Methoden ist
dort für die Beschichtung der Bauteile auch das Walzentransferdrucken vorgese-
hen (S. 3, Z. 2 bis 4).

Mit dem oberbegrifflichen Merkmal M0 übereinstimmend sind daraus Rohrwerk-
stoffe, deren Herstellung und Gestaltsangaben zu den Röhren bekannt (vgl. S. 5,
Z. 39 bis 40, „…extruded aluminium tube made of Al alloy of 2 mm in thickness,
20 mm in width and 500 mm in length.“). Fig. 1 illustriert die Anordnung der Rohre
in einem Kfz-Wärmetauscher. Zur Anzahl der Hohlräume in den Röhren gibt es
zwar keine Angaben, aber das ist für die Hartlötbarkeit und somit auch für die Be-
urteilung, ob insoweit eine erfinderische Tätigkeit gegeben ist oder nicht, ersicht-
lich irrelevant.
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Die Merkmale M1, M2V, M2, M2a, M3, M3a, M4 und M5 des Gegenstands des
Anspruchs 1 werden in Druckschrift D12 wie folgt vorbeschrieben:

Die bekannte Hartlötzusammensetzung umfasst ein Bindemittel, das auch ein
Acrylharz sein kann (Merkmal M1; vgl. S. 2, Z. 29 bis 31 und Z. 53 bis 54: „a
brazing composition comprising…a binder…“ bzw. „…for characteristics of this
binder in particular, acrylic and methacrylic resins …are preferable.“).

Die Verwendung der flachen Röhren in Kfz-Wärmetauschern gemäß Merkmal
M2V legt Druckschrift D12 auf S. 2, Z. 1 und 2 dar: „heat exchanger for automo-
biles“. Die Funktionsangabe, wonach die patentgemäße Röhre „hervorragende
Hartlöteigenschaften“ aufweist, erschöpft sich in einer verallgemeinernden Angabe
des technischen Problems und ist daher unbeachtlich.

Zufolge S. 3, Z. 25 bis 27: „…assembling a fin and a tube …on which surface a
brazing composition is coated…“ bzw. S. 3, Z. 2 bis 4: „…various coating means
are adopted…, for example…roll coater method…“ besteht auch Übereinstimmung
mit der angewandten, im Streitpatent als bekannt vorausgesetzten (vgl. Abs.
[0008] und daher als nicht zur Erfindung gehörenden Beschichtungsmethode;
Merkmale M2 sowie M2a).

Die bekannte Hartlötzusammensetzung umfasst auch als Pulver zugegebenes
Hartlötflussmittel (vgl. S. 3, Z. 14 bis 15 i. V. m. Z. 50 bis 51 „fluxes may be added
beforehand into the brazing composition“ bzw. „method enables to provide a
various additives of powder (fluxes for brazing, for example)“) und Hartlötmetall-
pulver (Merkmal M3a; vgl. z. B. S. 3, Z. 40 bis 42 „powder of Al-Si alloy powder
and the Zn Powder instead of the powder of Al-Si-Zn alloy“), die einem organi-
schen Lösungsmittel, nämlich aliphatischen Alkoholen wie Isopropylalkohol zuge-
geben werden (vgl. S. 3, Z. 7 bis 11: „…for the solvents to be used when coating
the powder…the most preferable is isopropyl alcohol.“).
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Wie im Streitpatent angegeben (vgl. Abs. [0002], [0009], [0010]), dient das Harz-
bindemittel dazu, die Lötflussmittel und die Lötmetalle an dem zu lötenden Mate-
rial in getrocknetem Zustand dauerhaft (d. h. bis zum eigentlichen Lötvorgang)
anzubringen. Beim Walzenauftragen ist auf die Benetzung des Materials und das
Anhaften der aufgetragenen Mischung zu achten. Das verwendete Lösungsmittel,
z. B. ein Alkohol, als unterstützendes Auftragsmedium muss ebenso wie das Bin-
demittel trocknen, wenn das beschichtete Material gelagert oder transportiert wer-
den soll, so dass auf dem zu verarbeitenden Aluminiummaterial nur die getrock-
nete Hartlötzusammensetzung verbleibt. Dies gilt selbstverständlich auch für das
Aufbringen der Hartlötzusammensetzung gemäß der Druckschrift D12 (Merk-
mal M3).

Als Bindemittel werden Acrylharze oder Methacrylharze mit Molekulargewichten
im Bereich von 1.000 bis 100.000 vorgeschlagen. Demnach handelt es sich um
Polymere, die zwangsläufig entweder ein Homopolymer oder ein Copolymer sein
müssen (vgl. S. 2, Z. 54 und 55 „…acrylic resins and methacrylic resins…“ sowie
Patentanspruch 8, was dem Merkmal M4 entspricht.

Des Weiteren macht Druckschrift D12 auf S. 2, Z. 57 bis S. 3, Z. 1 qualitative und
quantitative Angaben zur Zusammensetzung der Hartlötmittel: „…preferable... a
proportion of 5 to 20 parts by weight of the powder of Al-Si-Zn alloy of 100 parts by
weight.“ i. V. m. S. 3, Z. 16 bis 18: „…preferable a content of flux… of 10 to 30
parts by weight of the powder of Al-Si-Zn alloy of 100 parts by weight“. Daraus
folgt, dass dort die zu bevorzugenden Verhältnisse von Binder zu restlicher Hart-
lötmasse zwischen 13:0,5 und 11:2 liegen. Dieser Bereich überschneidet den in
dem Merkmal M5 angegebenen, der somit als offenbart gilt.

Der nennenswerte Unterschied des Gegenstandes des Anspruchs 1 des angegrif-
fenen Patents gegenüber dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift D12
kann somit einzig in dem Merkmal M6 bestehen, wonach die Viskosität der nicht
getrockneten Hartlötzusammensetzung für die Walzentransferdruckbeschichtung
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im Bereich von 100 bis 10000 mPa•s liegt. In der Druckschrift D12 sind keine An-
gaben zur Viskosität der aufzubringenden Hartlötzusammensetzung enthalten.

Die Patentinhaberinnen vertreten die Auffassung, dass ein Fachmann von dem
Stand der Technik der Druckschrift D12 ausgehend nicht durch einfache Versuche
auf das Merkmal M6 kommen werde. Das Zusammenspiel von Viskosität und Bin-
demittelanteil bilde zwei Freiheitsgrade, deren Verstellung keine voneinander
unabhängigen Effekte hervorrufe. Ihr Patent lehre den im Anspruch 1 bzw. 3 ge-
nannten einzigen Wertebereich für die Viskosität, in dem die Hartlöteigenschaften
der getrockneten Masse optimal seien. Selbst bei Zutreffender Annahme des Be-
schwerdeführers, wonach die Entgegenhaltung Verhältnisse von Binder zu restli-
cher Hartlötmasse bereits angebe, werde eine Optimierung der Hartlöteigenschaf-
ten nicht ohne erfinderisches Zutun erreicht. Zudem führe sie mit den dort bevor-
zugten Werten für den Anteil an Lösungsmittel den Fachmann von der Erfindung
fort. Dieser liege dort zwischen 100:100 bis 10000:100, bevorzugt zwischen
500:100 und 2000:100, was bedeute, dass mindestens die gleiche Menge Lö-
sungsmittel wie Bindemittel vorhanden sei; das mache das Gesamtprodukt extrem
dünnflüssig und für das Walzenauftragen ungeeignet.

Der Senat ist dem gegenüber der Überzeugung, dass ein Fachmann zum Auffin-
den des in dem Merkmal M6 definierten Wertebereichs für die Viskosität nicht
erfinderisch tätig werden muss, zumal dieser relativ breit ist und sich über zwei
Größenordnungen erstreckt:

Daraus, dass der Stand der Technik gemäß Druckschrift D12 neben Flussmittel-
und Metallpulveranteilen konkret Lösungsmittel- und Binderanteile im Hartlötmittel
in bestimmten Gewichtsverhältnissen zueinander vorgibt (vgl. S. 2, Z. 52 bis S. 3,
Z. 19), entnimmt der Fachmann bereits, dass es zum Auftragen der Hartlötzu-
sammensetzungen darauf ankommt, die Fließeigenschaften der Hartlötmittelsus-
pension entsprechend der in Betracht gezogenen Auftragungsmethoden einzustel-
len. Der Einwand der Patentinhaberinnen, dort werde ein verhältnismäßig hoher
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Anteil an Lösemittel vorgeschlagen, trifft zwar zu. Ein Fachmann weiß aber, dass
die Viskosität der Hartlötzusammensetzungen für eine effektive Beschichtung sich
jeweils nach dem bevorzugten Auftragungsverfahren zu richten hat. Insbesondere
muss die Viskosität so eingestellt sein, dass ein Walzenauftragen möglich ist. Er
erkennt das spätestens im Zuge der Nacharbeit der Lehre der Druckschrift D12.
Dort wird die Lösungsmittelzugabe in einem Bereich von 1 zu 100 im Verhältnis
zum Bindemittel, einem Polymer, vorgeschlagen. Entgegen dem Vorbringen der
Patentinhaberinnen erhöhen schon wenige Prozent an Gelöstem die Viskosität
von Polymerlösungen erheblich bis hin zur Annahme eines gelartigen Charakters
durch die Flüssigkeit. Sollte der Fachmann nicht schon aufgrund seiner prakti-
schen Erfahrung auf ihm bekannte, bewährte Viskositätswerte für das Walzen-
transferdrucken zurückgreifen können, erhält der Fachmann diesbezüglich Hin-
weise aus der Druckschrift D7.

Druckschrift D7 befasst sich ebenfalls mit aus Aluminium extrudierten flachen
Röhren zur Verwendung in Kfz-Wärmetauschern, wobei deren Zusammenbau mit-
tels Hartlöten erfolgt (Sp. 7, Z. 19 bis Sp. 8, Z. 35). Sie offenbart Zusammenset-
zungen von Hartlötmitteln (Sp. 8, Z. 36 bis Sp. 10, Z. 17) und gibt Methoden an,
mit denen sie auf die Werkstückoberflächen aufgetragen werden können (Sp. 10,
Z. 18 bis Z. 21).

Es besteht somit – entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerinnen – hin-
reichend Anlass, den Stand der Technik der Druckschrift D7 mit dem der Druck-
schrift D12 zu kombinieren und in die fachmännischen Überlegungen mit einzube-
ziehen, denn hier wie dort geht es um den Zusammenbau von Kfz-Wärmetau-
schern aus Komponenten, die aus Aluminium oder Aluminiumlegierung bestehen,
mittels Hartlöten und um dafür geeignete Verfahren und Hartlötmittelzusammen-
setzungen. Sie hat offensichtlich auch einen Bezug zu dem Problem, welches dem
angegriffenen Patent zugrunde liegt, denn gemäß Druckschrift D7 ist u. a. eine
hohe Produktionsleistung das Ziel (Sp. 10, Z. 24 und 25 „…high volume produc-
tion…“) und ebenso die Erzeugung von Lötverbindungen mit hoher Qualität (Sp. 4,
- 17 -
Z. 66 bis Sp. 5, Z. 2, „high integrity joints…to minimize the number of defective
assemblies…“). Der Fachmann kann somit aus Druckschrift D7 Hinweise zur Lö-
sung der sich ihm stellenden Aufgabe erwarten.

Zum Auftragen der Hartlötmittel ist bei dem aus Druckschrift D7 hervorgehenden
Hartlötverfahren neben anderen das Walzenauftragen vorgesehen (Sp. 10, Z. 18
bis Z. 21, „…for applying…the flux-brazing slurry …using…rolling…methods“). Für
dieses wie auch für die sonst noch in Betracht kommenden Auftragsmethoden ist
herausgestellt, dass jeweils der Viskositätslevel zweckgerecht einzustellen ist. Für
den Erfolg sind danach in jedem Fall einerseits das Haften an der Werkstückober-
fläche und andererseits ein kontrolliertes Fließen der Hartlötzusammensetzung für
einen gleichmäßigen Auftrag zu gewährleisten. Einen diesen Kriterien genügen-
den Viskositätsbereich gibt Druckschrift D7 ebenfalls bereits vor (Sp. 9, Z. 65 bis
Sp. 10, Z. 3, „…the preferred viscosity … ranges from about 19 seconds to about
21 seconds with a standard number 4 Zahn cup measurement…ensures uniform
depositions and adherence during…assembly.“). Dies entspricht je nach Dichte
der Zusammensetzung Werten aus dem unteren des geforderten Bereichs von bis
zu ca. 240 mPa•s wie der Einsprechende geltend gemacht hat.

Ausgehend von dem aus der Druckschrift D12 bekannten Gegenständen und mit
den aus der Druckschrift D7 entnehmbaren Hinweisen und Anhaltswerten, ist ein
Fachmann somit in die Lage versetzt, nun mittels systematischen Nacharbeitens
des Standes der Technik einen geeigneten Viskositätsbereich zu ermitteln. Dazu
genügt es, einfache Versuche durchzuführen und für bestimmte aus Druck-
schrift D12 entnehmbare Verhältnisse von Binder zu restlicher Hartlötmasse den
Lösungsmittelanteil zu variieren. Geeignete Viskositätsbereiche zu ermitteln, erfor-
dert in Anbetracht der überschaubaren Anzahl an Freiheitsgraden und der Fach-
kenntnis, wie sie sich gegenseitig beeinflussen, nur noch einen zumutbaren Auf-
wand. Erforderlichenfalls stehen dem Fachmann Tabellen zur Umrechnung von
kinematischen in dynamische Viskositätswerte zur Verfügung.
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Zum Auffinden des in dem Merkmal M6 definierten Wertebereichs für die Viskosi-
tät bedarf es somit allenfalls handwerklichen, in der Regel nahe gelegten Zutuns.


2. In der nach dem Hilfsantrag 1 beschränkten Fassung ist das Patent eben-
falls nicht rechtsbeständig.

Soweit der Beschwerdeführer die Zulässigkeit der nach dem ersten Hilfsantrag
geltenden Patentansprüche in Frage stellt, kann dahinstehen, ob die Gegenstände
der nebengeordneten Ansprüche 1 und 3 bereits in den Anmeldeunterlagen offen-
bart worden sind, und ob sie sich im Schutzbereich des angegriffenen Patents in
der aufrechterhaltenen Fassung bewegen, denn in jedem Fall beruhen die Gegen-
stände der genannten Ansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Beschwerdegegnerinnen haben dargelegt, mit dem nunmehr anspruchsgemä-
ßen Hartlötmaterial, welches als Hartlötmetalle Si-Pulver, eine Mischung aus Si-
Pulvern und Zn-Pulvern oder eine Al-Si-Legierung umfasst (Merkmal M3a neu
gemäß Gliederung), bestehe eine geringere allgemeine Korrosionsbeständigkeit
sowie eine geringere Korrosionsbeständigkeit insb. gegen Lochfraßbildung. Der
Fachmann werde sich in Anbetracht dieses Nachteils gegen die Verwendung von
Si-Pulvern, einer Mischung von Si-Pulvern und Zn-Pulvern oder einer Al-Si-Legie-
rung entscheiden, der Stand der Technik rate von diesen Materialien ab.

Dem kann so nicht gefolgt werden. Insbesondere spricht der Stand der Technik
nicht gegen den Einsatz von Si-Pulvern oder einer Mischung von Si-Pulvern und
Zn-Pulvern.

Der des Weiteren hier zu beachtende Stand der Technik gemäß der Druck-
schrift D5 zeigt insoweit vielmehr, dass die von den Beschwerdegegnerinnen
getroffene Auswahl von Silizium-Pulver oder einer Mischung von Si-Pulvern und
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Zn-Pulvern für den Fachmann nahe liegt. Danach geht zumindest von Zink kein
negativer Einfluss auf die Korrosionsbeständigkeit aus (s. u.).

Druckschrift D5 befasst sich mit Verfahren zum Löten von Metalloberflächen, u. a.
von Aluminiumbauteilen miteinander (vgl. Sp. 1, Z. 11 bis 13), und offenbart eben-
falls Hartlötzusammensetzungen zum Auftragen auf die zu fügenden Komponen-
ten – und zwar in Übereinstimmung mit dem angegriffenen Patent gemischte Hart-
lötzusammensetzungen in Form von Pulver, Paste oder Aufschlämmung aus
Flussmittel, organischem Lösemittel und Kunstharz sowie Metallpulverkompo-
nenten (Sp. 2, Z. 10 bis Sp. 3, Z. 63). Demnach liegt die bekannte Hartlötmittelmi-
schung u. a. als Suspension vor (Sp. 2, Z. 38, „…slurry…“) und ist aus Sicht des
Fachmanns geeignet, mittels des an sich bekannten Walzentransferdrucks an den
Lötstellen aufgetragen zu werden. Das veranlasst ihn, für die Lösung der Aufgabe,
Zusammensetzungen von Hartlötmitteln anzugeben, die eine zufriedenstellende
Walzentransferdruckleistung und Haftung und folglich hervorragende Hartlöteigen-
schaften gewährleisten sollen, auch die Druckschrift D5 heranzuziehen.

Als bevorzugtes Hartlötmetallpulver ist dort Silizium vorgesehen (Sp. 2, Z. 41 bis
43, „preferred… silicon…“). Weil es mit dem Aluminium, aus dem die zu fügenden
Bauteile bestehen, eine eutektische Legierung bildet, ergeben sich dadurch Vor-
teile für den Lötvorgang, und die Qualität der Lötverbindung wird verbessert (vgl.
Sp. 4, Z. 5 bis 37: „…improving the quality of the brazed joint.“). Dies entspricht
hinsichtlich der Lötmetallauswahl auch der Intention, die die Beschwerdegegne-
rinnen mit ihrem Patent verfolgen.

Außer Silizium können gemäß Druckschrift D5 weitere Metalle in der bekannten
gemischten Hartlötzusammensetzung enthalten sein – unter anderem Zink zur
Verbesserung des Korrosionswiderstandes (Sp. 5, Z. 2 bis 4, „corrosion resistance
can be enhanced by additions of …Zn powder“).
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Die Zugabe sowohl von Si-Pulver als auch einer Mischung aus Si-Pulver und Zn-
Pulver ist somit ebenfalls bereits bekannt und in Anbetracht der in der Druck-
schrift D5 aufgezeigten Vorteile zumindest eine von einem Fachmann erwogene
Maßnahme und daher nahe gelegt.

Mit Blick auf die gemäß den Patentansprüchen 1 und 3 nach dem Hilfsantrag vor-
gesehene weitere Variante der Verwendung einer Al-Si-Legierung als Hartlötme-
tall, ist der Einwand der Beschwerdegegnerinnen zumindest bezüglich Druck-
schrift D12 zwar berechtigt, wonach Lötmetallpulver bestehend aus Aluminium
und Silizium ohne den Zusatz weiterer Komponenten hinsichtlich des Korrosions-
widerstands nachteilig sein können, denn Beispiel C3 in der Tabelle 2 der Druck-
schrift D12 zeigt auf, dass beim Einsatz allein von Al-Si als Lötlegierung verstärkt
Korrosion („very heavy corrosion“ bzw. „much penetrating pitting corrosion“) auf-
tritt.

Dieses Ergebnis vermag aber entgegen der Meinung der Patentinhaberinnen den
Fachmann nicht generell davon abzuhalten, Al-Si-Lotlegierungen vorzusehen. So
vermittelt Beispiel C5 in derselben Tabelle 2 der Druckschrift D12, dass ein
– wenn auch gegenüber Al-Si-Zn-Legierungspulver verminderter – Korrosionswi-
derstand („light corrosion“ bzw. „little pitting corrosion“) dennoch gegeben ist,
sofern auf die Werkstückoberfläche vor dem Fügen mit dem Al-Si-Lotmetallpulver
ein Zn-Film appliziert ist (S. 8, Z. 15 bis 25, „on a surface of the aluminium
tube…Zn film was provided…“).

Letztlich kommt es für die Auswahl der Lötmetalle immer darauf an, welche Erfor-
dernisse an die Lötverbindung gestellt werden und wie die zu fügenden Werkstü-
cke beschaffen sind, hier insbesondere darauf, aus welchem Aluminiumwerkstoff
sie bestehen. Die Patentansprüche lassen insoweit jegliche Al-Legierung zu, auch
die, die per se unempfindlich gegen Korrosion sind. Für solche Fälle wird der
Fachmann den Einsatz von beispielsweise Lötmetallpulvern des Typs AlSi, die
sich bisher grundsätzlich als geeignet für Lötverbindungen von Aluminiumbautei-
- 21 -
len erwiesen haben (vgl. D12, S. 2, Z. 11 bis 12 und Z. 17 bis 21 sowie D5, Sp. 1,
Z. 26 bis 28), weiterhin in Erwägung ziehen.


3. In der nach dem Hilfsantrag 2 beschränkten Fassung ist das Patent eben-
falls nicht rechtsbeständig, denn der Gegenstand des danach geltenden An-
spruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Soweit der Beschwerdeführer die Zulässigkeit auch der nach dem zweiten Hilfs-
antrag geltenden Patentansprüche in Frage stellt, kann wiederum dahinstehen, ob
die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 1 und 2 bereits in den Anmel-
deunterlagen offenbart worden sind, und ob sie sich im Schutzbereich des ange-
griffenen Patents in der aufrechterhaltenen Fassung bewegen, denn in jedem Fall
beruhen die Gegenstände der genannten Ansprüche ebenfalls nicht auf einer
erfinderischen Tätigkeit.

Das Merkmal M7 im Anspruch 1 trifft zumindest für einen Teil der gemäß Druck-
schrift D12 vorgesehenen Lösemittel in den Hartlötzusammensetzungen zu. Dort
sind aliphatische Alkohole mit Kohlenstoffzahlen von 1 bis 8 vorgesehen (vgl. S. 3,
Z. 8). Als geeignetstes Lösemittel herausgestellt wird Isopropylalkohol (vgl. S. 3,
Z. 9, „…, the most preferable solvent is isopropyl alcohol.“), was nichts anderes ist
als der gemäß der Beschreibung des angegriffenen Patents bevorzugte 2-Propa-
nol (vgl. S. 5, Abs. [0022]). Die Lehre der Druckschrift D12 nimmt folglich bereits
diese konkrete patentgemäße Ausgestaltung vorweg.

Das Merkmal M7 kann somit nicht zu der Feststellung führen, dass die nach dem
Hilfsantrag 2 beanspruchten Gegenstände auf einer erfinderischen Tätigkeit beru-
hen.
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4. In der nach dem Hilfsantrag 3 vorliegenden Fassung erweist sich das Pa-
tent letztlich als rechtsbeständig.

Der Senat kann für die danach geltenden Ansprüche 1 und 3 entgegen der Auf-
fassung des Beschwerdeführers nicht feststellen, dass sie unzulässig sind.

Die zusätzlich aufgenommenen Merkmale M8 bzw. N8, wonach das Kunstharz ein
Polymer aus 2-Ethylhexylmethacrylat oder ein Copolymer aus Methylmethacrylat
und n-Butylmethacrylat ist, sind bereits in den zur Anmeldung des angegriffenen
Patents beim DPMA eingereichten Unterlagen offenbart, denn der Beschreibung
zufolge gehören die in den Patentansprüchen benannten Kunstharze in Kombina-
tion mit den übrigen Komponenten zu den bevorzugt zu verwendenden (vgl. S. 7,
letzter Absatz, sowie in Tabelle 1, die Prüfstücke 11 bis 15). Sie werden also
besonders hervorgehoben und sind somit als erfindungswesentlich ohne weiteres
zu erkennen.

Die Auffassung des Beschwerdeführers, die Druckschriften D12 und D5 legten
Merkmal M8 bzw. N8 nahe, trifft nicht zu.

In der Druckschrift D12 werden allgemein Acrylharze und Methacrylharze – wie in
den jeweiligen Patentansprüchen 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 und
2 – als Bindemittel genannt. Namentlich wird ein Polybutylacrylat als Binder bevor-
zugt (vgl. S. 2, Z. 54 bis 56 und S. 5, Z. 34 und 35 sowie S. 9, Z. 57 und 58, An-
spruch 8). Druckschrift D5 zufolge ist dort eine Mischung aus Polyethylmethacrylat
und Butylacrylat als Bindermaterial in Betracht gezogen (vgl. Sp. 3, Z. 60 und 61).
Die im Stand der Technik konkret angegebenen Harzbindemittel mögen sich wie
auch die gemäß Merkmal M8/N8 angegebenen Methacrylate unter dem Oberbe-
griff Methacrylatharz (bzw. Acrylharz) subsummieren lassen. Dieser Stand der
Technik bietet jedoch keine Veranlassung, für das Harzbindemittel aus der Viel-
zahl der zu seinem Aufbau verfügbaren Monomere, genau die im Anspruch für
das Polymer bzw. Copolymer genannten heranzuziehen.
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Aus der Druckschrift D7 heraus hat der Beschwerdeführer insoweit zu Recht keine
Patenthinderungsgründe mehr geltend gemacht. Dort bestehen die Bindemittel
aus Celluloseether (vgl. Sp. 9, Z. 56 bis 59, „a suitable organic binder is hydroxy-
propyl cellulose…“).

Da auch aus den übrigen Druckschriften Hinweise, die die Verwendung der pa-
tentgemäß vorgesehenen Kunstharze nahe legen, ebenfalls nicht entnehmbar
sind, kann den Gegenständen der Ansprüche 1 und 3 somit gegenüber dem
gesamten berücksichtigten Stand der Technik das Zugrundeliegen einer erfinderi-
schen Tätigkeit nicht abgesprochen werden.


C. Zusammen mit den Patentansprüchen 1 und 3 haben die gemäß dem drit-
ten Hilfsantrag nachgeordneten Ansprüche 2 und 4 aufgrund ihres Rückbezugs
ebenfalls Bestand, zumal sie keine selbstverständlichen Ausgestaltungen der Ge-
genstände der in Bezug genommenen Ansprüche betreffen.

Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, auf den Hilfsantrag 4 der Beschwerdegeg-
nerinnen einzugehen.


D. Der Kostenantrag der Patentinhaberinnen wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Patentinhaberinnen, dem Beschwerdegegner diejenigen Kosten zu
erstatten, die bei der Ausarbeitung der Entgegenhaltungen betreffend Argumente
zu den nachgereichten Druckschriften D7 bis D11 und zur Vorbereitung und Wahr-
nehmung der beiden mündlichen Verhandlungen entstanden sind, zielt zum einen
darauf ab, nachträglich dem damals Einsprechenden Kosten aufzuerlegen, die
den Patentinhaberinnen durch die aus ihrer Sicht verspätete Einreichung der
Druckschrift D7 für die Vorbereitung und Wahrnehmung der Anhörung im Ein-
spruchsverfahren vor der Patentabteilung des DPMA entstanden sind. Zum ande-
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ren seien dem Beschwerdeführer die Kosten anzulasten, die ihr wegen der aus
ihrer Sicht verspäteten Einreichung der Druckschriften D8 bis D11 zur Vorberei-
tung und Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentge-
richt entstanden sind.

Eine nähere Begründung ihres Antrags haben die Beschwerdegegnerinnen bzw.
deren Vertreter nicht vorgetragen.

Sowohl im Einspruchsverfahren vor der Patentabteilung als auch im Beschwerde-
verfahren vor dem Bundespatentgericht gilt der Grundsatz, dass jede Beteiligte die
ihr erwachsenen Kosten selbst trägt. Der Senat sieht keinen Grund, davon abzu-
weichen und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zur Kostenent-
scheidung zurückzuverweisen bzw. selbst eine Kostenentscheidung zu treffen.

Im Einspruchsverfahren hatten die Patentinhaberinnen keinen Kostenantrag ge-
stellt, so dass eine Kostenentscheidung durch die Patentabteilung nicht ergehen
musste. Die Patentabteilung hat sich auch von Amts wegen oder aus Gründen der
Billigkeit offensichtlich nicht dazu veranlasst gesehen, sondern – zu Recht – ent-
schieden, dass es bei dem o. g. Grundsatz bleibt.

Soweit die Patentinhaberinnen damals eine verspätete Einführung der Druck-
schrift D7 gerügt haben und auf diese Weise soweit erkennbar einen Verstoß
gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht geltend machen wollten, ist festzustellen,
dass dem Einsprechenden die Einreichung der Druckschrift D7 nach Ablauf der
Einspruchsfrist nicht als mangelnde prozessuale Sorgfalt vorwerfbar ist. Denn die
Einführung der neuen Entgegenhaltung erfolgte als Reaktion auf die Einreichung
geänderter Patentansprüche durch die Patentinhaberinnen. Es ist auch nicht
erkennbar, dass den Patentinhaberinnen nicht ausreichend Gelegenheit gegeben
war, angemessen darauf einzugehen. Vielmehr konnten sie ihrerseits reagieren
und während der Anhörung neue Patentansprüche überreichen, auf deren Grund-
lage die beschränkte Aufrechterhaltung ihres Patents erfolgte.
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Die Patentinhaberinnen haben weder gegen die beschränkte Aufrechterhaltung
ihres Patents noch dagegen, dass im Einspruchsverfahren eine Kostenentschei-
dung von Amts wegen oder aus Gründen der Billigkeit nicht ergangen ist, Be-
schwerde eingelegt.

Soweit die Beschwerdegegnerinnen im patentgerichtlichen Verfahren die Einfüh-
rung der Druckschriften D8 und der Druckschriften D9 bis D11 als verspätet anse-
hen und damit einen Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht geltend
machen wollen, ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer auch hier die nach-
trägliche Einführung weiterer Entgegenhaltungen nicht als Säumnis oder Nachläs-
sigkeit vorwerfbar ist. Vielmehr erfolgte die Einreichung des neuen Standes der
Technik und das Vorbringen des Beschwerdeführers in Reaktion auf jeweils neuen
Vortrag seiner Gegnerinnen und in jedem Fall rechtzeitig.

Druckschrift D8 hat der Beschwerdeführer mit der Beschwerdebegründung vom
26. März 2013 eingereicht, nachdem die Patentabteilung das Patent auf Basis von
den in der Anhörung vorgelegten neuen Patentansprüchen aufrechterhalten hatte.
Druckschrift D9 wurde mit einem Schriftsatz vom 9. September 2016 des Be-
schwerdeführers zur Stützung der Argumente in einer Ergänzung der Beschwer-
debegründung und zur Erwiderung auf das Vorbringen der Beschwerdegegnerin-
nen in deren Schriftsatz vom 3. September 2014 eingeführt. Die Druckschrif-
ten D10 und D11 wurden mit einem Schriftsatz vom 27. März 2017 eingereicht, mit
dem der Beschwerdeführer wiederum auf Einwendungen seiner Gegnerinnen ent-
gegnet hat. In ihrem letzten Schriftsatz vom 25. September 2017 vor der mündli-
chen Verhandlung am 12. Oktober 2017 sind die Beschwerdegegnerinnen noch-
mals auf die Druckschriften D8 bis D11 eingegangen.

Die Beschwerdegegnerinnen haben letztlich ebenfalls die Nachreichung der
Druckschrift D12 in der mündlichen Verhandlung als verspätet beanstandet. Die
Notwendigkeit einer Vertagung hat keine der Beteiligten daraus abgeleitet. Einen
weiteren Sitzungstermin anzuberaumen, bestand auch kein Anlass, denn während
- 26 -
einer Verhandlungsunterbrechung bestand die Gelegenheit, sich unmittelbar da-
von zu überzeugen, dass die von den Vertretern des Beschwerdeführers vorge-
legte Druckschrift D12 als Mitglied derselben Patentfamilie einen älteren Zeitrang
vor dem für das angegriffene Patent maßgeblichen Tag hat und überwiegend den
gleichen Inhalt wie die Druckschrift D8 aufweist. Die Ausführungen zum Stand der
Technik, zur Offenbarung der Erfindung und den Beispielen in den Entgegenhal-
tungen D12 und D8 stimmen annähernd wörtlich miteinander überein.

Mangelnde Sorgfalt ist dem Beschwerdeführer wegen des Nachbringens der
neuen Entgegenhaltung D12 wiederum nicht vorzuwerfen, denn dies erfolgte auf-
grund des in der mündlichen Verhandlung von den Beschwerdegegnerinnen erst-
mals vorgetragenen Einwandes, dass die Druckschrift D8 nachveröffentlicht und
daher nicht zu berücksichtigen sei. Die zuvor eingereichten Schriftsätze enthalten
keine dahingehenden Hinweise, vielmehr haben sich die Beschwerdegegnerinnen
– wenn auch vorsorglich – auf die Druckschrift D8 eingelassen und ausführlich
sachinhaltlich Stellung bezogen.

Die Vertreter des Beschwerdeführers waren aufgrund des Vortrags der Gegnerin-
nen noch während der mündlichen Verhandlung veranlasst, unverzüglich nachzu-
recherchieren, wobei sie die Druckschrift D12 ermittelt haben. Mit Bezug darauf
haben die Beteiligten ihre Argumente zur Druckschrift D8 aus den Schriftsätzen
aufgegriffen und weiter verfolgt, nunmehr gemünzt auf die Druckschrift D12.

Zusätzliche vermeidbare Kosten für die Ausarbeitung der Entgegenhaltungen be-
treffend Argumente zu den nachgereichten Druckschriften und zur Vorbereitung
und Wahrnehmung der beiden mündlichen Verhandlungen hat der Beschwerde-
führer somit nicht verursacht.
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E. Die Rechtsbeschwerde ist hier nicht zuzulassen.

Anders als in der zitierten Entscheidung des EPA sieht der Senat aus den im Ab-
schnitt B. einleitend dargelegten Erwägungen heraus und auch sonst keinen
Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Weder ist die aufgeworfene
Rechtsfrage hier entscheidungserheblich noch von grundsätzlicher Bedeutung
oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Weiteres Eingehen darauf erübrigt sich, zumal eine Begründung einer Zulassung
oder Nichtzulassung nicht erforderlich ist.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden,
wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens
gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung
dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe,
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten schriftlich einzulegen.


Dr. Höchst Kruppa Dr. Fritze Dr. Schwenke


Fa


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