11 W (pat) 26/14  - 11. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



11 W (pat) 26/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
6. Juli 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend das Patent 10 2008 008 471

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr.-Ing. Höchst, der Richter Kruppa, Dr.-Ing. Fritze sowie des Richters
Dr.-Ing. Schwenke

beschlossen:

Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Auf die am 7. Februar 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte
Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung

„Verfahren zur Herstellung eines Halbzeugs, Halbzeug zur Heißpressverarbeitung,
Verfahren zur Herstellung eines Formteils und Formteil“

am 22. Dezember 2011 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

Die Patentabteilung 26 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Patent
durch Beschluss vom 29. April 2014 widerrufen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.

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Die Patentinhaberin stellt den Antrag,

den Beschluss der Patentabteilung 26 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 29. April 2014 aufzuheben und das Patent auf
der Grundlage der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Patentschrift,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1
Patentansprüche 1 bis 8, eingegangen am 12. Juni 2017,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2
Patentansprüche 1 bis 7, eingegangen am 12. Juni 2017,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 3
Patentansprüche 1 bis 6, eingegangen am 12. Juni 2017,
- Beschreibung gemäß Patentschrift,
- Figuren 1a, 1b und 2 gemäß Patentschrift.

Die Einsprechende stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Einsprechende macht geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht
patentfähig. Zur Begründung ihres Vorbringens verweist sie u. a. auf die Druck-
schriften:

E2 Nachwachsende Rohstoffe: Jute statt Plastik. In: Automobil Industrie/Innen-
ausstattung, Mai 1997, S. 84 – 87,
D3 Marktanalyse Nachwachsende Rohstoffe Teil II, Hrsg. Fachagentur
Nachwachsende Rohstoffe e.V., 2007, S. 1 bis 29, 104 bis 183,
E5 DE 2 347 725 Offenlegungsschrift und

D5 DE 10 2004 053 131 A1.
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Der mit dem Hauptantrag verteidigte erteilte Patentanspruch 1 lautet mit hinzuge-
fügter Gliederungsnummerierung:

„1.1 Verfahren zur Herstellung eines Halbzeugs (1),
1.2 wobei das Halbzeug
1.2.1 Holzfasern (2),
1.2.2 Langnaturfasern (3) und
1.2.3 ein duroplastisches Harz (4) aufweist,
1.3 die Langnaturfasern (3) zwischen 10 bis 50 Gew.-% des Halbzeugs (1)
1.4 und das duroplastische Harz (4) zwischen 10 bis 25 Gew.-% des Halb-
zeugs (1) bilden und
1.5 die Holzfasern (2) die fehlenden Gew.-% auffüllen und
das Verfahren folgende Schritte aufweist:
1.6 a) Vermischung der Holzfasern (2) und der Langnaturfasern (3) zu einem
Mischvlies oder einem Sandwich,
1.7 wobei das duroplastische Harz (4) beigegeben oder die Holzfasern (2)
imprägniert werden;
1.8 b) Verfestigung des Mischvlieses oder des Sandwichs zu einem Halb-
zeug (1) durch Vernadeln.“

Der erteilte Patentanspruch 3 lautet:

„Halbzeug (1) zur Heißpressverarbeitung, hergestellt durch ein Verfahren nach
Anspruch 1 oder 2, enthaltend Holzfasern (2) und Langnaturfasern (3), wobei die
Holzfasern (2) und die Langnaturfasern (3) vernadelt und mit einem duroplasti-
schen Harz (4) gebunden sind, wobei die Langnaturfasern (3) 10 bis 50 Gew.-%
des Halbzeugs (1) bilden, das duroplastische Harz (4) zwischen 10 bis 25 Gew.-%
des Halbzeugs bildet und die Holzfasern die fehlenden Gew.-% auffüllen.“

- 5 -
Der erteilte Patentanspruch 7 lautet:

„Verfahren zur Herstellung eines Formteils, wobei ein Halbzeug (1) nach einem
der Ansprüche 3 bis 6 verwendet wird, welches folgenden Schritt umfasst: Erwär-
mung des Halbzeugs (1) auf eine Temperatur oberhalb der Reaktionstemperatur
des duroplastischen Harzes (4) und Verpressung des erwärmten Halbzeugs (1) zu
einem Formteil.“

Der erteilte Patentanspruch 8 lautet:

„Formteil, hergestellt durch ein Verfahren des Anspruchs 7.“


Nach dem Hilfsantrag 1 enthält der Patentanspruch 1 in der Fassung vom
12. Juni 2017 die Merkmale des erteilten Anspruchs 1 und das zwischen die Merk-
male 1.5 und 1.6 entsprechend obiger Gliederung wie folgt hinzugefügte Merk-
mal 1.9:

„[…]

1.5 die Holzfasern (2) die fehlenden Gew.-% auffüllen,
1.9 wobei das duroplastische Harz ein Phenol-basierendes Harz, ein wasser-
lösliches Harz oder wasserdispergierbares Harz ist,
und das Verfahren folgende Schritte aufweist:
1.6 a) Vermischung der Holzfasern (2) und der Langnaturfasern (3) zu einem
Mischvlies oder einem Sandwich,
[…]“

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Der Patentanspruch 3 nach dem Hilfsantrag 1 lautet in der Fassung vom
12. Juni 2017:

„Material zur Heißpressverarbeitung, insbesondere ein Halbzeug (1), enthaltend
Holzfasern (2) und eine weitere Faser, wobei die Holzfasern (2) und die weitere
Faser vernadelt und mit duroplastischen Harzen (4) gebunden sind, dadurch
gekennzeichnet, dass die weitere Faser eine Langnaturfaser (3) ist und 10 bis
50 Gew.-% des Halbzeugs (1) bildet, wobei die duroplastischen Harze (4) zwi-
schen 10 bis 25 Gew.-% des Halbzeugs bilden und die Holzfasern die fehlenden
Gew.-% auffüllen, wobei das duroplastische Harz ein Phenol-basierendes Harz,
ein wasserlösliches Harz oder wasserdispergierbares Harz ist.“

Die nebengeordneten Patentansprüche 7 und 8 gemäß Hilfsantrag 1 entsprechen
den Patentansprüchen 7 und 8 gemäß Hauptantrag.


Nach dem Hilfsantrag 2 enthält der Patentanspruch 1 in der Fassung vom
12. Juni 2017 die Merkmale des erteilten Anspruchs 1 und das zwischen die Merk-
male 1.5 und 1.6 entsprechend obiger Gliederung wie folgt hinzugefügte Merk-
mal 1.10:

„[…]

1.5 die Holzfasern (2) die fehlenden Gew.-% auffüllen,
1.10 wobei die Holzfaser (2) kürzer als 10 mm ist,
und das Verfahren folgende Schritte aufweist:
1.6 a) Vermischung der Holzfasern (2) und der Langnaturfasern (3) zu einem
Mischvlies oder einem Sandwich,
[…]“

- 7 -
Der Patentanspruch 3 nach dem Hilfsantrag 2 lautet wie Patentanspruch 3 nach
dem Hilfsantrag 1, wobei das letzte Merkmal, wonach das duroplastische Harz ein
Phenol-basierendes Harz, ein wasserlösliches Harz oder wasserdispergierbares
Harz ist, ersetzt ist durch das Merkmal, wonach die Holzfaser (2) kürzer als 10 mm
ist.

Die nebengeordneten Patentansprüche 6 und 7 gemäß Hilfsantrag 2 entsprechen
abgesehen von Anpassungen der Rückbezüge den Patentansprüchen 7 und 8
gemäß Hauptantrag.


Nach dem Hilfsantrag 3 enthält der Patentanspruch 1 die in der Fassung des Hilfs-
antrags 2 vom 12. Juni 2017 angegebenen Merkmale sowie zusätzlich das zwi-
schen die Merkmale 1.3 und 1.4 entsprechend obiger Gliederung hinzugefügte
Merkmal 1.11:

„[…}
1.3 die Langnaturfasern zwischen 10 bis 50 Gew.-% des Halbzeugs (1),
1.11 wobei die Langnaturfaser (3) eine Länge zwischen 20mm und 150mm auf-
weist,
1.4 und das duroplastische Harz (4) zwischen 10 bis 25 Gew.-% des Halb-
zeugs (1) bilden und
[…]“

Der Patentanspruch 3 nach dem Hilfsantrag 3 lautet wie der Patentanspruch 3
nach dem Hilfsantrag 2, wobei direkt vor das letzte Merkmal, wonach die Holzfa-
ser (2) kürzer als 10mm ist, eingefügt ist, dass die Langnaturfaser (3) eine Länge
zwischen 20mm und 150mm aufweist.

- 8 -
Die nebengeordneten Patentansprüche 5 und 6 gemäß Hilfsantrag 3 entsprechen
abgesehen von Anpassungen der Rückbezüge den Patentansprüchen 7 und 8
gemäß Hauptantrag.

Zu den jeweiligen Unteransprüchen und den weiteren Einzelheiten wird auf die
Akte verwiesen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

A.

Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Halbzeugs als auch
ein Halbzeug zur Heißpressverarbeitung sowie ein Formteil und ein Verfahren zur
Herstellung eines Formteils (vgl. Abs. [0001]).

Gemäß Streitpatent seien im Bereich der Holz- und Naturfasertechnologie fol-
gende Kategorien von Halbzeugvarianten oder sogenannten Matten zur Pressver-
arbeitung bekannt:

a) Halbzeug aus Holzfasern mit ca. 10 Gew.-% duroplastischen Harzen ge-
bunden;
b) Halbzeug aus Holzfasern mit ca. 20 Gew.-% Kunstfaseranteil mit ca. 10 bis
15 Gew.-% duroplastischen Harzen gebunden;
c) Halbzeug, enthaltend Langnaturfasern (z. B. Flachs, Hanf) mit ca. 25 bis
35 Gew.-% PUR- oder EP-Harzen gebunden;
d) Halbzeug, enthaltend Mischungen von Langnaturfasern mit PP-Fasern

(vgl. Abs. [0003]).
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Diese Varianten wiesen unterschiedliche Nachteile auf. Die Halbzeuge der Kate-
gorie a) seien nicht geeignet, in einer Direktverpressung zu stark konturierten
Formteilen verformt zu werden. Zudem seien diese Materialien spröde, d. h. im
Falle eines Unfalls nicht splitterfrei (vgl. Abs. [0004]). Die Halbzeuge der Katego-
rie b) wiesen einen hohen Anteil an auf Ölbasis produzierten Rohstoffen auf. Dies
stelle eine hohe umwelttechnische Belastung dar. Zudem seien diese Fasern auf-
grund der hohen Ölpreise sehr teuer (vgl. Abs. [0005]). Die Halbzeuge der Katego-
rie c) würden in einem sehr aufwendigen Herstellverfahren produziert, wobei sie
nur bedingt bis gar nicht lagerstabil seien und kostenintensive, ölpreisabhängige
Bindemittel benötigten (vgl. Abs. [0006]). Die Halbzeuge der Kategorie d) besäßen
ebenfalls einen hohen Anteil an ölabhängigen Umwelt- und Kostenfaktoren für die
PP-Fasern und könnten nur in einem aufwendigen Verarbeitungsverfahren mit
Vorheizpresse hergestellt werden (vgl. Abs. [0008]).

Die zu lösende Aufgabe ist, ein Verfahren zur Herstellung eines Halbzeugs, ein
Halbzeug zur Heißpressverarbeitung sowie ein Verfahren zur Herstellung eines
Formteils und ein Formteil zu schaffen, welche die oben genannten Nachteile nicht
aufweisen (vgl. Abs. [0010]).

Als zuständiger Fachmann ist ein Konstrukteur oder Werkstoffkundler mit mehrjäh-
riger Berufserfahrung in der Herstellung von Faserverbundwerkstoffen anzusehen.

B.

1. Das angegriffene Patent hat mit den erteilten Ansprüchen keinen Bestand.

Das Verfahren zur Herstellung eines Halbzeugs gemäß dem erteilten Patentan-
spruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Einen Ausgangspunkt für die Überlegungen des Fachmanns bildet der in der
Druckschrift D5 offenbarte Stand der Technik.
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Die Druckschrift D5 betrifft zufolge der Bezeichnung ein flächiges Halbzeug aus
einem Faserverbundwerkstoff und Verfahren zur Herstellung eines solchen Form-
teils.

Das bekannte Halbzeug gehört nach der in der Streitpatentschrift für aus dem
Stand der Technik bekannte Halbzeugvarianten vorgenommenen Einteilung in die
Kategorie d): Halbzeug enthaltend Mischungen von Langnaturfasern mit PP-Fa-
sern (vgl. Abs. [0003]). Der in der Druckschrift D5 beschriebene Faserverbund-
werkstoff besteht aus einer Mischung aus als Langfasern vorliegenden Naturfa-
sern, zusätzlich aus Holzmehl und/oder als Kurzfasern vorliegenden Holzfasern
sowie PP-Fasern (vgl. Anspr. 1 und 6). Das Formteil, enthält ein deformiertes und/
oder verpresstes, aus besagtem Faserverbundwerkstoff bestehendes Halbzeug.
Die Druckschrift D5 offenbart insoweit ein Verfahren zur Herstellung eines solchen
Formteils bzw. eines entsprechenden Halbzeugs (vgl. die Abs. [0027] bis [0033])
mit den Merkmalen 1.1, 1.2, 1.2.1 und 1.2.2 gemäß dem Anspruch 1 des angegrif-
fenen Patents.

Die Langnaturfasern machen in dem bekannten Halbzeug zwischen 25 bis 40
Gew.-% aus (vgl. Anspr. 5), was innerhalb des von Merkmal 1.3 des Anspruchs 1
vorgegebenen Bereichs von 10 bis 50 Gew.-% liegt. Der Kunststoffanteil beträgt
dort ohne weiteres nachvollziehbar zwischen 20 und 50 Gew.-% und überschnei-
det somit den Bereich, den das Merkmal 1.4 gemäß Anspruch 1 mit zwischen 10
und 25 Gew.-% liegend definiert. Die Holzfasern bilden dort wie die Langnaturfa-
sern zwischen 25 bis 40 Gew.-% des Halbzeugs (vgl. Anspr. 9). Daher ist auch
das Merkmal 1.5 des patentgemäßen Verfahrens erfüllt, wo – wie sich aus den
anderen Komponentenanteilen ableiten lässt – Holzfasern als Rest zwischen 25
und 80 Gew.-% des Halbzeugs ausfüllen sollen.

Die Holzfasern und die Langfasern werden gemäß dem aus Druckschrift D5 be-
kannten Verfahren unter Beigabe von thermoplastischen Fasern in einem Misch-
raum vermischt, wobei durch Saugen der Fasern auf ein Siebband ein Mischvlies
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gebildet wird (vgl. Abs. [0016]), und letztlich erfolgt das Vernadeln des Mischvlie-
ses zu einem Halbzeug (vgl. Abs. [0017]). Somit werden dort die Verfahrens-
schritte 1.6, 1.7 und 1.8 angewendet.

Im Unterschied dazu schlägt das Streitpatent die Verwendung eines duroplasti-
schen Harzes für das Halbzeug vor. Somit ist das im Anspruch 1 des Streitpatents
angegebene Merkmale 1.2.3 nicht vorgesehen, und – infolgedessen – ergeben
sich hinsichtlich der Stoffauswahl Abweichungen zu den Merkmalen 1.4 und 1.7.

Nach Auffassung der Patentinhaberin ist es nicht naheliegend, anstatt eines ther-
moplastischen einen duroplastischen Kunststoff zu verwenden; sie macht geltend,
thermoplastische und duroplastische Kunststoffe seien aufgrund ihrer unterschied-
lichen Eigenschaften und Herstellungsverfahren für das Halbzeug und das Form-
teil nicht einfach austauschbar.

Das überzeugt nicht, weil der Fachmann – unbestritten – sowohl verschiedene
thermoplastische als auch verschiedene duroplastische Kunststoffe und damit ver-
bunden auch ihre jeweiligen Stoff- und Verarbeitungseigenschaften sowie Wirkun-
gen kennt.

Eine Stoffauswahl trifft der Fachmann immer unter Berücksichtigung der jeweils
gestellten Anforderungen. Für die hier beispielsweise in Rede stehende Anwen-
dung als Innenraumverkleidungen oder Ablagen in einem Automobil benennt das
Streitpatent die Eignung der Halbzeuge zur Direktverpressung zu stark konturier-
ten Formteilen, Splitterfreiheit der Materialien im Falle eines Unfalls, Vermeidung
des kostenträchtigen Einsatzes von Rohstoffen auf Ölbasis, Lagerstabilität der
Halbzeuge und Formstabilität der Formteile.

Mit Blick darauf lehrt der Stand der Technik bereits, dass sowohl die eine wie die
andere Polymersorte als Bindemittel Bestandteil von Werkstoffen aus Holz/Natur-
fasern sein kann (vgl. D3, S. 106 und S. 148). Zudem habe sich der Einsatz von
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Epoxidharz – einem Duroplast – für die Verwendung als Bindemittel in Vliesen aus
Naturfasermischungen hinsichtlich Gewichtsersparnis, Stabilität, Akustikdämpfung
und Splitterverhalten bei vergleichbaren Kosten bewährt. Daraus hergestellte Tür-
innenverkleidungen konnten ihre Serientauglichkeit beweisen (vgl. E2, S. 87, mitt-
lere Spalte, letzter Absatz ff.).

Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, wenn es auf die Erfüllung der obigen
Kriterien ankommt, den Ersatz des gemäß Druckschrift D5 mit Thermoplast ge-
bundenen Materials aus Holz- und anderen Naturfasern durch einen entsprechen-
den mit Duroplast gebundenen Werkstoff in Betracht zu ziehen – selbst wenn der-
artige Polymere, wie die Patentinhaberin zutreffend zu Bedenken gegeben hat,
diese zunächst u. a. aufgrund ihrer Sprödigkeit nachteilig erscheinen mögen. Die
Druckschriften D3 und E2 belegen, dass eine ablehnende Haltung der Fachwelt
insoweit nicht gegeben ist, und sie lassen erkennen, dass Vorurteile oder techni-
sche Schwierigkeiten dem Einsatz von Duroplast anstelle von Thermoplast nicht
im Wege stehen. Zwar gibt die Druckschrift E2 keinen und die Druckschrift D3
einen breiten Bereich für den Kunststoffanteil von 10 bis 80 Gew.-% an, der Fach-
mann wird aber in erster Linie in Anbetracht der bekanntlich hohen Kosten für
ölbasierte Materialien, aber auch in Kenntnis der Eigenschaften und Wirkungen
von Duromer so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig davon einsetzen. Er
wird demnach im Rahmen der wirtschaftlichen Optimierung und Anpassung des
Produkts unter Berücksichtigung umwelttechnischer Aspekte versuchen, den in
der Druckschrift D5 vorgeschlagenen Gewichtsanteil an Kunststoff, sei er thermo-
plastischer oder duroplastischer Art, weiter zu reduzieren. Zwangsläufig gelangt er
dabei in den streitpatentgemäß vorgeschlagenen, sich unmittelbar an den bereits
bekannten Gewichtsanteil-Bereich anschließenden Bereich.

2. In den von der Patentinhaberin verteidigten Fassungen nach den – unbe-
stritten – zulässigen Hilfsanträgen 1, 2 und 3 ist das angegriffene Patent gleichfalls
nicht rechtsbeständig.

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Nach dem Hilfsantrag 1 wird das zur Herstellung verwendete duroplastische Harz
etwas näher präzisiert (Merkmal 1.9). Die getroffene Auswahl liegt jedoch nahe,
denn auf dem einschlägigen Fachgebiet der Herstellung von Faserverbundwerk-
stoffen sind Phenol-basierende duroplastische Harze (vgl. E5, Seite 3, 2. Absatz)
als wasserlösliche Harze (vgl. a. a. O.) bekannt.

Die nach den Hilfsanträgen 2 und 3 zusätzlich in den Anspruch 1 aufgenommenen
Merkmale 1.10 bzw. 1.11 betreffen ebenfalls keine Verfahrensausgestaltungen,
die eine Patentfähigkeit begründen könnten.

Die Druckschrift D5 offenbart in Übereinstimmung mit dem Merkmal 1.10 bereits
die Verwendung von Holzfasern mit einer Länge von weniger als 10 mm (vgl. Abs.
[0023]), und die dort verwendeten Langnaturfasern weisen eine Länge von mehr
als 25 mm und eine durchschnittlichen Länge von etwa 30 mm auf, was innerhalb
des vom Merkmal 1.11 abgedeckten Bereichs liegt (vgl. Abs. [0022]).

Somit sind auch die Verfahren zur Herstellung eines Halbzeugs gemäß An-
spruch 1 der Hilfsanträge 1, 2 und 3 dem Fachmann aus dem Stand der Technik
nahegelegt.

3. Über die Patentfähigkeit der Gegenstände der jeweils dem Anspruch 1
neben- und nachgeordneten Ansprüche des Hauptantrags bzw. der Hilfsanträge 1
bis 3 ist bei dieser Sachlage nicht mehr zu entscheiden, denn den Anträgen der
Patentinhaberin ist nicht zu entnehmen, dass sie ihr Patent auch im Umfang ledig-
lich dieser Patentansprüche verteidigen will. Vielmehr hat sie in sich geschlossene
Anspruchssätze vorgelegt. Da diese jeweils einen nicht rechtsbeständigen Patent-
anspruch enthalten, ist das Patent insgesamt zu widerrufen (BGH-Beschluss vom
27. Juli 2007 – X ZB 6/05 –, BlPMZ 2008, 12 – Informationsübermittlungsverfah-
ren II).

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III.

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden,
wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens ge-
rügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung die-
ses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe,
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten schriftlich einzulegen.


Dr. Höchst Kruppa Dr. Fritze Dr. Schwenke


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