11 W (pat) 25/14  - 11. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



11 W (pat) 25/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
13. Juli 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



- 2 -













betreffend das Patent 10 2012 101 654

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr.-Ing. Höchst, der Richter Kruppa, Dr.-Ing. Fritze sowie des Richters
Dr.-Ing. Schwenke

beschlossen:

Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Auf die am 29. Februar 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt einge-
reichte Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung
- 3 -
„Militärisches Fahrzeug“

am 8. August 2013 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

Die Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Patent
durch Beschluss vom 21. Mai 2014 widerrufen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag,

den Beschluss der Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 21. Mai 2014 aufzuheben und das Patent auf Grundlage fol-
gender Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Patentansprüche 1 bis 22 gemäß Patentschrift,
hilfsweise das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten gemäß Hilfsan-
trag 1
Patentansprüche 1 bis 22, eingegangen am 10. Juli 2017,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag II
Patentansprüche 1 bis 22, eingereicht in der mündlichen Verhand-
lung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 3
Patentansprüche 1 bis 22, eingegangen am 30. Juni 2015,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 4
Patentansprüche 1 bis 22, eingegangen am 30. Juni 2015,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 5
Patentansprüche 1 bis 22, eingegangen am 30. Juni 2015,

- 4 -
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 6
Patentansprüche 1 bis 22, eingegangen am 10. Juli 2017,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 7
Patentansprüche 1 bis 22, eingegangen am 10. Juli 2017,
- Beschreibung gemäß Patentschrift,
- Figuren gemäß Patentschrift.

Die Einsprechende 1 stellt den Antrag,

die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Die Einsprechende 2 stellt den Antrag,

die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Die Einsprechenden machen geltend, der Gegenstand des Patents gehe über den
Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Der Ge-
genstand des Patents sei zudem nicht patentfähig.

Im Verfahren wurden u. a. die Druckschriften

D12 US 2009/0290019 A1 und
D13 DE 60 2004 012 419 T2

berücksichtigt.

Der nach dem Hauptantrag geltende erteilte Patentanspruch 1 lautet, hier nach
Merkmalen gegliedert:

„1.1 Militärisches Fahrzeug
1.2 mit einer fernbedienbaren Waffe (2)
- 5 -
1.3 und mit einem Führungsinformationssystem (3) zum Empfangen und/
oder Senden militärischer Führungsdaten,
gekennzeichnet durch
1.4 mit mehreren Arbeitsplätzen (5),
1.5 die jeweils eine Bedienvorrichtung (6) aufweisen,
1.6 über welche sowohl die Waffe (2) als auch das Führungsinformationssys-
tem (3) bedienbar sind,
1.7 wobei die Bedienvorrichtung (6), die Waffe (2) und das Führungsinforma-
tionssystem (3) an ein Netzwerk angeschlossen sind,
1.8 welches einen Computer enthaltende Netzwerkknoten (11) aufweist,
1.9 die über einen Bus (20, 21) zur Verteilung der Daten miteinander verbun-
den sind,
1.10 und wobei nachrüstbare Subsysteme (14-19) über einen Netzwerkkno-
ten (11) und/oder einen Switch (9, 10) an das Netzwerk angeschlossen
sind,
1.11 die über mehrere Bedienvorrichtungen (6) bedienbar sind.“

Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1, als Hilfsantrag 4 im Schriftsatz vom
10. Juli 2017 bezeichnet, enthält die vom erteilten Patentanspruchs 1 umfassten
Merkmale, ist aber einteilig formuliert, und es wurde folgendes Merkmal angefügt:

1.16 und wobei die Bedienvorrichtungen (6) über Netzwerkknoten (11) an das
Netzwerk angeschlossen sind.

Die einteilige Fassung des Patentanspruchs 1 besteht für die nachfolgenden Hilfs-
anträge II sowie 3 bis 7 fort.

Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag II umfasst die Merkmale des erteilten
Patentanspruchs 1 und daran anschließend die Merkmale:

- 6 -
1.16’ und wobei die Bedienvorrichtungen (6) und die Waffe (2) über Netzwerk-
knoten (11) an das Netzwerk angeschlossen sind, und
1.18 wobei diese Netzwerkknoten (11) über den Bus (20, 21) miteinander ver-
bunden sind.

Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 3, als Hilfsantrag 1 mit Schriftsatz
vom 30. Juni 2015 eingereicht, enthält wiederum sämtliche der vom erteilten Pa-
tentanspruch 1 umfassten Merkmale 1.1 bis 1.11, wobei das Merkmal 1.7 folgende
Fassung erhält:

1.7‘ wobei die Bedienvorrichtung (6), die Waffe (2) und das Führungsinforma-
tionssystem (3) zum Austausch von Daten zwischen mehreren Bedien-
vorrichtungen (6) sowie der Waffe (2) und dem Führungsinformationssys-
tem (3) an ein Netzwerk angeschlossen sind,.

Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 4, als Hilfsantrag 2 mit Schriftsatz
vom 30. Juni 2015 eingereicht, enthält die vom Patentanspruch 1 nach dem Hilfs-
antrag 3 umfassten Merkmale, wobei das Merkmal 1.9 wie folgt lautet:

1.9‘ die über einen Bus (20, 21) zur Verteilung der Daten an mehrere Arbeits-
plätze miteinander verbunden sind,

und zwischen dieses und das Merkmal 1.10 das Merkmal

1.12 so dass verschiedene Besatzungsmitglieder parallel Zugriff auf die Daten
der Waffe (2) und des Führungsinformationssystems (3) haben,

zusätzlich eingefügt ist.

Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 5, als Hilfsantrag 3 mit Schriftsatz
vom 30. Juni 2015 eingereicht, enthält die im erteilten Patentanspruch 1 angege-
- 7 -
benen Merkmale 1.1 bis 1.11, wobei zwischen die Merkmale 1.2 und 1.3 das
Merkmal

1.13 mit einer Kamera (8)

eingefügt ist; zudem wurde das Merkmal 1.5 geändert in

1.5‘ die jeweils eine Bedienvorrichtung (6) und eine Anzeigevorrichtung (7)
aufweisen,

des Weiteren ist an das Merkmal 1.6 das zusätzliche Merkmal

1.14 und Bilddaten der Kamera (8) auf jeder Anzeigevorrichtung (7) darstell-
bar sind,

angefügt; das Merkmal 1.7 wurde geändert in

1.7‘‘ wobei die Bedienvorrichtung (6), die Waffe (2), die Kamera (8) und das
Führungsinformationssystem (3) an ein Netzwerk angeschlossen sind,

und zwischen die Merkmale 1.9 und 1.10 das Merkmal

1.15 wobei Führungsdaten und Bilddaten über getrennte Busse (20, 21) über-
tragbar sind,

eingefügt.

Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 6, als Hilfsantrag 5 mit Schriftsatz
vom 10. Juli 2017 eingereicht, enthält ebenfalls die im erteilten Patentanspruch 1
angegebenen Merkmale 1.1 bis 1.11, wobei aber das Merkmal 1.9 nunmehr lautet:

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1.9’’ die über einen gemeinsamen Bus (20, 21) zur Verteilung der Daten mit-
einander verbunden sind,.

Auch der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 7, als Hilfsantrag 6 mit Schrift-
satz vom 10. Juli 2017 eingereicht, enthält die im erteilten Patentanspruch 1 ange-
gebenen Merkmale 1.1 bis 1.11, wobei zwischen die Merkmale 1.9 und 1.10 fol-
gendes Merkmal eingefügt wurde

1.17 und wobei jedem Arbeitsplatz (5) des Fahrzeugs jeweils ein Netzwerk-
knoten (11) zugewiesen ist,.

Zum Wortlaut der jeweiligen Unteransprüche 2 bis 22 des Hauptantrags und der
Hilfsanträge 1 bis 7 sowie zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Akte verwie-
sen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Streitpatent betrifft ein militärisches Fahrzeug mit einer fernbedienba-
ren Waffe und mit einem Führungsinformationssystem zum Empfangen und/oder
Senden militärischer Führungsdaten (vgl. Abs. [0001]).

Der Beschreibungseinleitung zufolge weisen solche Fahrzeuge oftmals ein Füh-
rungsinformationssystem auf, welches das Empfangen und Senden militärischer
Führungsdaten gestatte. Typische militärische Führungsdaten seien Einsatzpläne,
Befehle, Aufklärungsdaten, Zielkoordinaten und Lagedaten. Die Führungsdaten
könnten in dem Führungsinformationssystem in Form von Textdaten, Sprachdaten
oder als Datenbankobjekte vorliegen und könnten über eine drahtlose Kommuni-
kationsverbindung empfangen und/oder gesendet werden (vgl. Abs. [0003]).
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Bei derartigen militärischen Fahrzeugen habe es sich als nachteilig herausgestellt,
dass zur Bedienung der Waffe und des Führungsinformationssystems mehrere
Bedienvorrichtungen erforderlich seien, welche jeweils entweder mit der Waffe
oder dem Führungsinformationssystem verbunden seien. Aus Sicherheitserwä-
gungen sei es bislang nicht möglich, eine Waffe durch eine andere als die zur
Waffe gehörige und für die Waffe zertifizierte Bedienvorrichtung zu bedienen. Es
sei daher erforderlich, die Waffe und das Führungsinformationssystem durch zwei
verschiedene Besatzungsmitglieder, beispielsweise den Schützen und den Kom-
mandanten des Fahrzeugs, zu bedienen. Die Besatzungsmitglieder müssten bei
der Bedienung der Waffe und des Führungsinformationssystems Aufklärungs- und
Führungsdaten untereinander austauschen, wobei oftmals Bedienfehler aufgrund
lückenhafter oder mehrdeutiger Kommunikation auftreten könnten (vgl. Abs.
[0005]).

Die zu lösende Aufgabe ist, die einzelnen Systeme funktional in einem Netzwerk
miteinander zu verbinden und weitere Subsysteme, die auch noch nicht ans Netz-
werk angepasst sein können, zu integrieren, um diese von verschiedenen Arbeits-
plätzen aus bedienbar zu machen und um deren Funktionalität im Netzwerk nutz-
bar zu machen (vgl. Abs. [0007]).

Die Lösung gemäß dem Streitpatent ist ein Arbeitsplatz mit einer gemeinsamen
Bedienvorrichtung zur Bedienung des Führungsinformationssystems und der
Waffe (vgl. Abs. [0008]).

Als Fachmann ist ein Hochschulabsolvent der Fachrichtung Elektrotechnik oder
Informationstechnik mit einer mehrjährigen Erfahrung in der Integration von Sen-
sorik sowie Datenverarbeitungs- und Kommunikationssystemen in militärischen
Fahrzeugen anzusehen.

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2. Das angegriffene Patent hat in keiner der verteidigten Fassungen Bestand.

Die Zulässigkeit der geltenden Patentansprüche wird unterstellt.

Militärische Fahrzeuge mit den Merkmalen gemäß dem Patentanspruch 1 nach
dem Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 7 beruhen nicht auf einer erfin-
derischen Tätigkeit, denn solche Fahrzeuge werden durch die aus den Druck-
schriften D13 und D12 bekannten Fahrzeuge nahegelegt.

a) Hauptantrag

Ein Ausgangspunkt für die Überlegungen des Fachmanns ist die Druckschrift D13.

Die Druckschrift D13 offenbart ein militärisches Fahrzeug (Humm-Vee = High-Mo-
bility Multi-Wheeled Vehicle; vgl. Abs. [0002], [0015] i. V. m. Fig. 1; Merkmal 1.1).

In diesem Fahrzeug sind u. a. Computer (PCs und Server), Kommunikationsge-
räte, Radarsysteme und GPS-Systeme (erste und zweite Ausrüstungen 25, 27)
vorhanden (vgl. Abs. [0016] i. V. m. Fig. 2). Die Kommunikationsgeräte i. V. m.
Radarsystemen und GPS-Systemen der ersten und zweiten Ausrüstungen 25, 27
bilden ein Führungsinformationssystem im Sinne des Merkmals 1.3, da über sie
militärische Führungsdaten (z. B. Aufklärungs- und Zieldaten vom Radarsystem,
Lagedaten vom GPS-System) gesendet und empfangen werden können.

Das Fahrzeug verfügt in Übereinstimmung mit Merkmal 1.4 des Patenanspruchs 1
auch über mehrere Arbeitsplätze, nämlich einen ersten Computer-Arbeitsplatz 18
und einen zweiten Computer-Arbeitsplatz 20 aus einer Vielzahl von Arbeitsplätzen
(vgl. Abs. [0007], [0014] i. V. m. Fig. 2, 3).

Beide Arbeitsplätze weisen, wie es Merkmal 1.5 vorsieht, jeweils eine Bedienvor-
richtung auf, dort die erste Computer-Schnittstelle 34, Maus oder Joystick (vgl.
- 11 -
Abs. [0017] i. V. m. Fig. 2) bzw. die zweite Computer-Schnittstelle 52, Maus oder
Joystick (vgl. Abs. [0021] i. V. m. Fig. 2), jeweils zur Kommunikation mit dem Füh-
rungsinformationssystem, womit dort die Bedienbarkeit des Führungsinformations-
systems gegeben ist (Teilmerkmal 1.6).

Die erste und zweite Ausrüstung 25, 27 kann neben Kommunikationsgeräten, Ra-
darsystemen und GPS-Systemen auch jeweils einen Server aufweisen (vgl. Abs.
[0016]). Das bedeutet, dass dort ein Netzwerk vorhanden ist, wie es Merkmal 1.7
definiert, über welches die Computer beider Arbeitsplätze 18, 20 mit dem Server
kommunizieren (vgl. Abs. [0017], [0021]). Dies geschieht mittels der oben bereits
genannten ersten Bedienvorrichtung (erste Computer-Schnittstelle 34) und zwei-
ten Bedienvorrichtung (zweite Computer-Schnittstelle 52), die ebenso wie das
Führungsinformationssystem (Kommunikationsgeräte, Radarsysteme, GPS-Sys-
teme der ersten Ausrüstung 25) über den Computer des Arbeitsplatzes 18 bzw.
den Computer des Arbeitsplatzes 20 an das Netzwerk angeschlossen sind. Somit
erfüllt das dortige Netzwerk das Merkmal 1.8, wonach es Netzwerkknoten auf-
weist, die einen Computer enthalten. Aus der Beschreibung des Streitpatents, die
der Fachmann im Zweifel über die Auslegung eines Merkmals heranzieht, geht
nämlich hervor, dass die Computer selbst als Netzwerkknoten fungieren (vgl. Abs.
[0050]). Danach ist beispielsweise die Waffe 2 über die Bedienvorrichtung 6 und
die Anzeigevorrichtung 7 mit dem Computer 11 als Netzwerkknoten an einen
Bus 20, 21 des Netzwerks angeschlossen; das Führungsinformationssystem ist
über einen Datenswitch 10 an das Netzwerk angeschlossen (vgl. Streitpatent,
Abs. [0055] i. V. m. Fig. 4).

Die Patentinhaberin hat zu Merkmal 1.9 eingewendet, die Druckschrift D13 offen-
bare unmittelbar keinen Bus. Dieser Ansicht kann schon deswegen nicht gefolgt
werden, weil einem Fachmann zweifellos Netzwerke unterschiedlicher Topologien,
beispielsweise eine Stern-, Ring- oder Bus-Topologie und ferner auch deren Ei-
genschaften und Wirkungen bekannt sind. Er weiß daher, dass ein Bus ein Sys-
tem zur Datenübertragung zwischen mehreren Teilnehmern über einen gemeinsa-
- 12 -
men Übertragungsweg ist und die Vorteile bietet, dass jeder Teilnehmer über den
Bus mit einem der anderen Teilnehmer kommunizieren kann und sich neue Teil-
nehmer einfach anschließen lassen.

Unter Berücksichtigung dieses Fachwissens und mit dem Hinweis aus Druck-
schrift D13, wonach dort von beiden Computer-Arbeitsplätzen 18, 20 aus über
deren Bedienvorrichtungen gleichermaßen mit der ersten Ausrüstung 25 (Server,
Kommunikationsgeräte, Radarsysteme, GPS-Systeme) kommuniziert wird (vgl.
Abs. [0018], [0023]), liegt der Gedanke bereits nahe, alle diese Geräte zur Vertei-
lung der Daten im Netzwerk an einen gemeinsamen Bus anzuschließen. In analo-
ger Weise zieht der Fachmann ebenfalls für nachrüstbare Subsysteme, wie bei-
spielsweise dort die Vielzahl von anderen Datenverarbeitungs- und/oder Kommu-
nikationsgeräten der ersten Ausrüstung 25 (vgl. Abs. [0016]) – sofern sie keine
eigene Netzwerkschnittstelle aufweisen – in Betracht, sie über einen Netzwerkkno-
ten (Computer) oder einen Switch an das Netzwerk gemäß Merkmal 1.10 anzu-
schließen. Die genannten Maßnahmen ergreift der Fachmann schon aus hand-
werklichen Erwägungen heraus, beispielsweise, um einen erhöhten Verkabelungs-
aufwand zu vermeiden. Als unmittelbare Folge davon werden auch diese Geräte
über die erste Bedienvorrichtung am Computer des Arbeitsplatzes 18 und die
zweite Bedienvorrichtung am Computer des Arbeitsplatzes 20 gemäß Merk-
mal 1.11 bedienbar.

Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung, unterscheidet
sich das patentgemäße Fahrzeug von dem bekannten Fahrzeug demnach allen-
falls durch eine fernbedienbare Waffe (Merkmal 1.2). In der Druckschrift D13 wird
eine Waffe nicht beschrieben und – infolgedessen – geht nicht hervor, ob die Be-
dienvorrichtungen der Arbeitsplätze aus dem bekannten Fahrzeug geeignet sind,
nebst einem Führungsinformationssystem auch eine Waffe zu bedienen (Teilmerk-
mal 1.6), und ob eine Waffe an das Netzwerk angeschlossen ist (Teilmerkmal 1.7).

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Nachdem das aus der Druckschrift D13 bekannte militärische Fahrzeug bereits die
dem Patent zugrundeliegende Aufgabe löst, einzelne Systeme funktional in einem
Netzwerk miteinander zu verbinden und weitere Subsysteme, die auch noch nicht
ans Netzwerk angepasst sein können, zu integrieren, um diese von verschiedenen
Arbeitsplätzen aus bedienbar zu machen und um deren Funktionalität im Netzwerk
nutzbar zu machen, stellt sich objektiv das Problem, zusätzlich ein Subsystem in
Form einer fernbedienbaren Waffe unter Beibehaltung der vorgegeben Arbeitsbe-
reichsgestaltung zu integrieren.

Nach Auffassung der Patentinhaberin erforderten Sicherheitserwägungen zum
einen die Waffe und zum anderen das Führungsinformationssystem durch zwei
verschiedene Besatzungsmitglieder, beispielsweise den Schützen und den Kom-
mandanten des Fahrzeugs, zu bedienen. Bislang sei es daher nicht üblich, eine
Waffe durch eine andere als die zur Waffe gehörige und für die Waffe zertifizierte
Bedienvorrichtung zu bedienen. Die streitpatentgemäß vorgeschlagene Arbeitsbe-
reichsgestaltung sei daher nicht nahegelegt.

Die Druckschrift D12 offenbart dementgegen, dass die Ausstattung eines gat-
tungsgemäßen militärischen Fahrzeugs in der Art eines Humm-Vee mit einer fern-
bedienbaren Waffe neben einem Führungsinformationssystem und deren Hand-
habung durch eine Person von einem Arbeitsplatz aus bereits bekannt ist (vgl.
Abs. [0005], [0017] i. V. m. Fig. 1, 2).

Das Fahrzeug gemäß Druckschrift D12 verfügt neben der fernbedienbaren Waffe
(weapon system 804) über eine Kamera (camera system 300), eine Bedien- und
Anzeigevorrichtung (GUI system 400, touch-screen) und ein Führungsinformati-
onssystem zum Empfangen und/oder Senden militärischer Führungsdaten (sensor
system 100, communication interface 724) (vgl. u. a. Abs. [0018] bis [0020],
[0023], [0026], [0031], [0039], [0041], [0047], [0061] i. V. m. Fig. 4, 7, 8). Die Waffe
gemäß Druckschrift D12 ist mit der Bedien- und Anzeigevorrichtung verbunden
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und kann wie die Kamera über eine Netzwerkschnittstelle verfügen (vgl. Abs.
[0041], [0079], [0153], [0155], [0160] i. V. m. Fig. 7, 8).

Der Gedanke, alle Systeme in einem militärischen Fahrzeug inklusive der Waffe
über einen Arbeitsplatz bedienbar zu machen, lässt sich auf Fahrzeuge unter-
schiedlichster Ausstattung und Gestaltung übertragen (vgl. D12, Abs. [0045]).

Ausgehend von dem aus der Druckschrift D13 bekannten militärischen Fahrzeug
und dem häufig bestehenden Problem, derartige Fahrzeuge mit einer fernbedien-
baren Waffe auszustatten, hat der Fachmann die Wahl, diese entweder über
bereits bestehende Einrichtungen oder getrennt davon zu bedienen – selbstver-
ständlich unter Berücksichtigung von aus Sicherheitsgründen notwendigen Vor-
kehrungen, die sicherstellen, dass von den verschiedenen Arbeitsplätzen aus ein
paralleles Auslösen der Waffe ausgeschlossen ist.

Angeregt durch die Druckschrift D12 wird der Fachmann in erster Linie versuchen,
die Bedienung der Waffe sowie erforderliche Anzeigefunktionen hierzu mit in die
vorhandenen Vorrichtungen an bestehenden Arbeitsplätzen zu integrieren, zumal
diese Lösung den offensichtlichen Vorteil bietet, auf separate Bedien- und Anzei-
gevorrichtungen verzichten zu können und somit kein zusätzlicher, stets knapper
Platz beansprucht wird. Dass eine solche Lösung ggfs. durch einschränkende Be-
dingungen, wie Vorschriften, verhindert werden kann, ist unerheblich.

Demnach wird der Fachmann auf eine separate Bedien- und Anzeigevorrichtung
für die Waffe an jedem Arbeitsplatz verzichten und stattdessen die Waffe gemäß
Druckschrift D12 – wie schon die übrigen Systeme – so in das Netzwerk gemäß
Druckschrift D13 integrieren, dass mit diesen Systemen von beiden Computer-Ar-
beitsplätzen analog zur ersten und zweiten Ausrüstung kommuniziert werden kann
(vgl. D13, Abs. [0007], [0016], [0017], [0021]).

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b) Hilfsantrag 1

Gemäß dem Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 sollen die Bedienvorrichtun-
gen (6) über Netzwerkknoten (11) an das Netzwerk angeschlossen sein (Merk-
mal 1.16). Das ist, wie zum Hauptantrag bereits ausgeführt, aus der Druck-
schrift D13 bekannt. Bei dem dort offenbarten Fahrzeug sind die erste Bedienvor-
richtung (erste Computer-Schnittstelle 34) über einen Netzwerkknoten (Computer
des Arbeitsplatzes 18) und die zweite Bedienvorrichtung (zweite Computer-
Schnittstelle 52) über einen Netzwerkknoten (Computer des Arbeitsplatzes 20) an
das Netzwerk angeschlossen. Demnach stellt das Anschließen von Bedienvorrich-
tungen eines Computer-Arbeitsplatzes an ein Netzwerk über Netzwerkknoten
auch im militärischen Bereich eine gängige und naheliegende Maßnahme dar.

c) Hilfsantrag II

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfs-
antrag 1 dadurch, dass die Bedienvorrichtung und – zusätzlich – die Waffe über
Netzwerkknoten an das Netzwerk angeschlossen sind (Merkmal 1.16‘). Dies ist
schon bei dem aus der Druckschrift D12 bekannten Fahrzeug so gelöst. Die Waffe
kann über einen Netzwerkknoten (computer system 700, communication inter-
face 724, network interface card) an ein Netzwerk angeschlossen sein (vgl. Abs.
[0041], [0153], [0155], [0160] i. V. m. Fig. 7, 8). Bei der Ausstattung des aus der
Druckschrift D13 bekannten Fahrzeugs mit einer fernbedienbaren Waffe wird der
Fachmann dazu neigen, auf bereits bekannte Lösungen zurückzugreifen und nach
Möglichkeit vollständig zu übernehmen, also auch die fernbedienbare Waffe über
einen Computer als Netzwerkknoten an das Netzwerk anschließen. Dies impliziert
auch das weitere in den Anspruch 1 aufgenommene Merkmal 1.18, wonach diese
Netzwerkknoten über den Bus miteinander verbunden sind. Wie zum Hauptantrag
bereits ausgeführt, sind bei dem aus der Druckschrift D13 bekannten Fahrzeug
der Computer des Arbeitsplatzes 18 und der Computer des Arbeitsplatzes 20 im
Netzwerk über einen Bus mit der ersten Ausrüstung 25 verbunden.
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d) Hilfsantrag 3

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Haupt-
antrag dadurch, dass die Bedienvorrichtung, die Waffe und das Führungsinforma-
tionssystem – nunmehr ausdrücklich – zum Austausch von Daten zwischen meh-
reren Bedienvorrichtungen sowie der Waffe und dem Führungsinformationssystem
an ein Netzwerk angeschlossen sind (Merkmal 1.7‘). Diese Ergänzung erschöpft
sich in dem Vorschlag einer bestimmungsgemäßen Nutzung eines Netzwerks
durch daran angeschlossene Systeme und ist eine jedem, auch dem aus der
Druckschrift D13 bekannten Netzwerk, immanente Eigenschaft. Sie ist daher nicht
geeignet, den beanspruchten Gegenstand vom Stand der Technik erfinderisch zu
unterscheiden.

e) Hilfsantrag 4

Die gemäß dem Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 4 angegebenen Spezifika-
tionen, wonach die Netzwerkknoten über einen Bus zur Verteilung der Daten an
mehrere Arbeitsplätze so miteinander verbunden sind, dass verschiedene Besat-
zungsmitglieder parallel Zugriff auf die Daten der Waffe und des Führungsinfor-
mationssystems haben (Merkmale 1.9‘ und 1.12), sind ebenfalls nicht geeignet,
eine Erfindung zu begründen. Die Druckschrift D13 offenbart, dass die Computer
beider Arbeitsplätze und das Führungsinformationssystem an einen Bus ange-
schlossen sind. Dabei werden beispielsweise die Daten des Führungsinformati-
onssystems an den Computer des ersten Arbeitsplatzes und den Computer des
zweiten Arbeitsplatzes verteilt. Daraus folgt, dass die verschiedenen Besatzungs-
mitglieder an diesen Arbeitsplätzen parallel Zugriff auf die Daten des Führungsin-
formationssystems haben. Die Festlegung, ob bei der Integration einer fernbedien-
baren Waffe ein paralleler Zugriff auch auf die Daten der Waffe erfolgen solle oder
nicht, hängt von äußeren vorgegebenen (einschränkenden) Bedingungen ab und
führt daher unmittelbar zur Umsetzung der einen oder anderen Lösung, zumal das
Streitpatent auf die technische Realisierung als solche nicht eingeht sondern sich
- 17 -
auf eine Zielvorgabe beschränkt. Daher muss davon ausgegangen werden, dass
der Fachmann das Ziel in naheliegender Weise ohne Weiteres auch tatsächlich
erreichen kann.

f) Hilfsantrag 5

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Haupt-
antrag dadurch, dass das militärische Fahrzeug zusätzlich auch mit einer Kamera
ausgestattet ist (Merkmal 1.13), so dass die Arbeitsplätze jeweils eine Bedienvor-
richtung und eine Anzeigevorrichtung aufweisen und Bilddaten der Kamera auf
jeder Anzeigevorrichtung darstellbar sind (Merkmale 1.5‘ und 1.14). Die Kamera
ist – wie die Bedienvorrichtung, die Waffe und das Führungsinformationssystem –
an ein Netzwerk angeschlossen (Merkmal 1.7‘‘), wobei Führungsdaten und Bildda-
ten über getrennte Busse übertragbar sind (Merkmal 1.15).

Hierzu ist festzustellen, dass aus der Druckschrift D13 bereits eine erste Anzeige-
vorrichtung (Vielzahl von Anzeigen 36a, 36b) für den ersten Computer-Arbeits-
platz 18 und eine zweite Anzeigevorrichtung (Vielzahl von Anzeigen 54a, 54b) für
den zweiten Computer-Arbeitsplatz 20 bekannt sind. Wie zum Hauptantrag bereits
ausgeführt, ist aus der Druckschrift D12 zusätzlich eine Kamera mit einer Netz-
werkschnittstelle bekannt (vgl. Abs. [0041], [0079], [0153], [0155], [0160] i. V. m.
Fig. 7, 8). Naheliegenderweise wird der Fachmann die Kamera also über die
ohnehin vorhandene Netzwerkschnittstelle an das aus der Druckschrift D13 be-
kannte Netzwerk anschließen. Ohne weitere Maßnahmen ergreifen zu müssen, ist
dann mit der ersten Bedienvorrichtung am Computer des Arbeitsplatzes 18 und
mit der zweiten Bedienvorrichtung am Computer des Arbeitsplatzes 20 der Zugriff
auf die Kamera gegeben, und deren Daten können auf der ersten und zweiten
Anzeigevorrichtung dargestellt werden. Sollte sich in der praktischen Anwendung
herausstellen, dass die Übertragung von Führungsdaten durch übertragene Bild-
daten beeinträchtigt wird, wird der Fachmann den Bus schon im Rahmen routine-
mäßigen Handelns entlasten und einen weiteren Bus für die Bilddaten vorsehen.
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g) Hilfsantrag 6

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Haupt-
antrag dadurch, dass die Netzwerkknoten über einen gemeinsamen Bus zur Ver-
teilung der Daten miteinander verbunden sind (Merkmal 1.9‘‘).

Zum Naheliegen eines gemeinsamen Busses zur Verteilung der Daten wird auf
die das Merkmal 1.9 betreffenden Ausführungen zum Hauptantrag verwiesen.

h) Hilfsantrag 7

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Haupt-
antrag durch das Merkmal 1.17, wonach jedem Arbeitsplatz des Fahrzeugs jeweils
ein Netzwerkknoten zugewiesen ist.

Der erste Computer-Arbeitsplatz 18 und der zweite Computer-Arbeitsplatz 20
gemäß Druckschrift D13 weisen ihrer Bezeichnung nach ebenfalls jeweils einen
Computer als Netzwerknoten auf. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die
Ausführungen zum Hauptantrag zu den Merkmalen 1.7, 1.8 und 1.9 verwiesen.

3. Nachdem das angegriffene Patent in allen verteidigten Fassungen schon
mangels Patentfähigkeit der jeweils beanspruchten Gegenstände keinen Bestand
hat, kann eine Entscheidung zur Frage der unzulässigen Erweiterung des Patent-
gegenstandes gegenüber dem Inhalt der Anmeldung in der am Anmeldetag einge-
reichten Fassung dahinstehen. Die Beschwerde der Patentinhaberin ist somit zu-
rückzuweisen.

- 19 -
III.

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden,
wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens ge-
rügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung die-
ses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe,
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten schriftlich einzulegen.


Dr. Höchst Kruppa Dr. Fritze Dr. Schwenke


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