11 W (pat) 19/14  - 11. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



11 W (pat) 19/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
29. Juni 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend das Patent 10 2007 039 973

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter v. Zglinitzki, Dr.-Ing. Fritze und
Dr.-Ing. Schwenke

beschlossen:

Auf die Beschwerden wird der Beschluss der Patentabteilung 26
des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Februar 2014
aufgehoben und das Patent DE 10 2007 039 973 mit den Patent-
ansprüchen 1 bis 17 vom 29. Juni 2017 und der Beschreibung
gemäß Patentschrift mit der auf Blatt 7 vorgenommenen Änderung
vom 29. Juni 2017 sowie den Zeichnungen gemäß Patentschrift
beschränkt aufrechterhalten.

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G r ü n d e

I.

Auf die am 23. August 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte
Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung

„Strick- oder Kettenwirkmaschine zur Maschenstoffherstellung mit zugehörigen
Schwinggliednadeln“

am 15. Januar 2009 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

Die Patentabteilung 26 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Patent
durch Beschluss vom 26. Februar 2014 widerrufen.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden des ehemaligen Patentin-
habers und der jetzigen Patentinhaberin.

Der Beschwerdeführer sowie die Beschwerde führende Nebenintervenientin be-
antragen gleichermaßen,

den angefochtenen Beschluss des Patentamts aufzuheben und
das angegriffene Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 17 vom
29. Juni 2017 und der Beschreibung gemäß Patentschrift mit der
Änderung vom 29. Juni 2017 (Blatt 7 der Patentschrift) sowie den
Zeichnungen gemäß Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten.

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Die Einsprechende beantragt,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Die Einsprechende macht sinngemäß geltend, das Streitpatent offenbare die Er-
findung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne.
Der Gegenstand des Streitpatents sei zudem nicht patentfähig.

Im Einspruchsverfahren wurden die Druckschriften

D1 DE 22 41 769 Offenlegungsschrift,
D2 EP 1 640 489 B1,
D3 EP 1 333 116 B1,
D4 DE 42 31 015 A1,
D5 DE 103 35 464 B4,
D6 EP 1 424 417 A1,
D7 DE 27 05 605 A1,
D8 DD 88 039 Patentschrift,
D9 DD 93 971 Patentschrift,
D10 DE 22 45 731 Offenlegungsschrift,
D11 JP 60-127383 U und
D12 EP 1 640 489 A1

berücksichtigt. Zudem hat die Einsprechende auf die Abbildungen eines Nadel-
schlosses aus einem Lehrgang für Strickerei der D… & Cie S. A. in N…,
S…, hingewiesen.


Der geltende Patentanspruch 1 mit hinzugefügter Gliederungsnummerierung lau-
tet:

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„1.1 Strickmaschine mit einem Maschenbildungselement,
1.2 zum maschinellen Maschenbilden mit mindestens einem
kontinuierlichen Faden,
1.3 der mittels des Nadelhakens (2) einer Nadel (1) jeweils durch
die zuvor gebildete Masche zum Bilden der neuen Masche
als Schleife hindurch bewegt wird,
1.4 bei der die Nadel (1) unterhalb des Nadelhakens (2) in der
Brust (3) einen Schlitz (4) aufweist,
1.5 in den eine mittels Komplementärteil bewegbare
Übertragungsspitze (12) eindringbar ist,
1.6 deren relative Längsbewegung zur Nadel (1)
1.6.1 durch Bremswirkung eines damit verbundenen Federteiles
(20) im Nadelkanal oder
1.6.2 durch steuerbare Einwirkung vom Schlosssystem her erfolgt,
dadurch gekennzeichnet, dass
1.7 der Nadelkörper (1) ein mit diesem hin- und her bewegbares
im wesentlichen planparallel strukturiertes, eine Übertra-
gungsspitze (12) enthaltendes Schwingglied (11) enthält,
1.8 das als ein kompaktes Minibauteil (Miniplatinenglied)
ausgebildet ist,
1.9 die Relativbewegung zur Nadel (1) begrenzt
1.10 und durch einen zentralen Verbindungsbügel (8) mit der Na-
del (1) eine Funktionseinheit bildet,
1.11 und dass der Verbindungsbügel (8) sowohl die Relativbewe-
gung des Schwinggliedes (11) zum Nadelkörper (1)
1.12 als auch dessen seitliche Führung und Führung auf der Gleit-
fläche im Nadelkörper (1) sicherstellt.“

Zu den Unteransprüchen 2 bis 17 und den weiteren Einzelheiten wird auf die Akte
verwiesen.

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II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Das Streitpatent betrifft laut geltendem Anspruch 1 eine Strickmaschine mit
einem Maschenbildungselement.

Gemäß Streitpatent sei es bei einer Zungennadel ein Vorteil, dass der Faden bei
der Maschenbildung zwangsläufig eine Steuerungsaufgabe durch die Bewegung
der Zunge übernehme und dadurch - von Musterungs-Effekten abgesehen - nur
ein Steuerfuß an der Nadel vorgesehen sein müsse. Außerdem sei die Zungenna-
del als einbaufertige Funktionseinheit ausgebildet, die sich vom Bedienungsper-
sonal leicht in die Maschine einsetzen und austauschen lasse. Mit zunehmenden
Steigerungen der Drehzahlen bei Rundstrickmaschinen und gleichzeitiger Ver-
mehrung der Strick-Systeme erweise sich der beschriebene Vorteil jedoch als
Schwachstelle für die Produktionssicherheit. Als Alternative zur Zungennadeltech-
nologie seien zweiteilige Maschenbildungselemente bekannt, bei denen der Faden
mittels des Hakenteils einer Strick- oder Wirknadel jeweils durch die an der Spitze
des Komplementärelementes gehaltenen Masche als Schleife hindurch bewegt
werde und eine neue Masche bilde, wobei die alte Masche über den Kopf der Na-
del abgeworfen werde. Der Nachteil dieser Technologie bei Strickmaschinen be-
stehe aber darin, dass für jedes Element eine besondere Steuerbahn für dessen
Steuerfuß notwendig sei, die jeweils in den Schlosssystemen untergebracht sein
müsse (vgl. Abs. [0002]).

Aus dem Stand der Technik seien zweiteilige Maschenbildungselemente bekannt,
die sowohl das phasenweise Anhalten des Schiebers durch einen Haltenocken als
auch das Anhalten durch Bremswirkung im Nadelkanal vorsehen. Für die Verwirk-
lichung sei aber eine beträchtliche Baulänge des Schieberteiles notwendig, um die
Anschläge für die Relativbewegung des Schiebers zur Nadel unterzubringen.
Auch die Handhabung in der Praxis zum Einsetzen des Schiebers in die Maschine
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erfordere eine handhabbare Länge dieses Bauteiles. Die zweiteilige Lösung sei für
die allgemeine Anwendung zu kompliziert gewesen und habe sich deshalb in den
vielen Jahrzehnten gegen die Zungennadel nicht durchsetzen können (vgl.
Abs. [0003]).

Eine weitere bekannte Ausführung komme zwar ohne Haltenocken am Schieber-
teil aus. Diese Lösung komme jedoch wegen der Nachteile durch die Erwärmung
infolge der Bremswirkung des Schiebers für Hochleistungsmaschinen nicht in Be-
tracht (vgl. Abs. [0004]).

Es ist Aufgabe des Streitpatents, eine Strickmaschine anzugeben, bei der die
Vorteile der Zungennadeltechnik als Funktionseinheit mit den Vorteilen der Schie-
bernadeln ausnutzbar sein sollen. Dabei soll der Nachteil, ein extra gesteuertes
Komplementärelement in bedienungstauglicher Baugröße in die Maschine einset-
zen zu müssen, vermieden werden (vgl. Abs. [0006]).

Als zuständiger Fachmann ist ein Maschinenbauingenieur oder Strickereitechniker
(FH) mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Konzipierung von Strick- oder Wirk-
werkzeugen für maschenbildende Maschinen anzusehen.

2. Das Patentbegehren ist zulässig.

Der geltende Anspruch 1 wurde gegenüber dem erteilten Anspruch 1 auf eine
Strickmaschine beschränkt. Der auf Anspruch 1 rückbezogene erteilte An-
spruch 11 wurde gestrichen, weil er eine Ausführungsform ohne einen Verbin-
dungsbügel betraf, die im Widerspruch zu der einen Verbindungsbügel aufweisen-
den Ausführungsform gemäß Anspruch 1 stand. Die geltenden Ansprüche 11 bis
17 entsprechen den erteilten Ansprüchen 12 bis 18 mit angepassten Rückbezü-
gen. Mit Fortfall des erteilten Anspruchs 11 wurde die Beschreibung in Abs. [0083]
der Patentschrift in zulässiger Weise geändert.

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3. Das Streitpatent offenbart die Erfindung so deutlich und vollständig, dass
ein Fachmann sie ausführen kann.

a) Unter den Begriff Strickmaschine fallen sowohl eine Rundstrickmaschine
als auch eine Flachstrickmaschine.

Im Streitpatent ist der Betrieb der Funktionseinheit „Schwinggliednadel“ anhand
einer einen drehenden Nadelzylinder aufweisenden Rundstrickmaschine be-
schrieben (vgl. Abs. [0070] – [0075] i. V. m. Fig. 9 – 13).

Auch wenn das Streitpatent dem Fachmann keine weiteren Hinweise zum Betrieb
der Funktionseinheit „Schwinggliednadel“ in einer Flachstrickmaschine gibt und
die Nebenintervenientin in der Anhörung vor der Patentabteilung ausgeführt hat,
dass ein übliches Dreiwegeschloss diesbezüglich nicht geeignet sein dürfte,
spricht dies nicht gegen die Ausführbarkeit in einer Flachstrickmaschine.

Flachstrickmaschinen sind mit zwei Nadelbetten ausgestattet, die dachförmig zu-
einander angeordnet sind und in deren Kanälen die Nadeln auf- und abgleiten. Die
Bewegung der Nadeln wird von Schlössern gesteuert, die in einem Schlitten über
beiden Nadelbetten eingelassen sind und vom Schlitten über die Nadelfüße be-
wegt werden. Durch die Schlosskurven und die Schlittenbewegung werden die
Nadeln nacheinander ausgetrieben und wieder eingezogen.

Die Nadel der Funktionseinheit „Schwinggliednadel“ soll wie bei Zungennadeln
mittels einer Schlossbahn eines Schlosssystems betätigt werden. Hingegen erfolgt
die Relativbewegung des Schwingglieds zur Nadel in einer Ausführungsform
durch Bremswirkung auf das Schwingglied in den Nadelkanälen (vgl. S. 3,
Abs. [0008] unten, [0066] i. V. m. Fig. 4). Diese Ausführungsform ist mit Merkmal
1.6.1 beansprucht. Danach erfolgt die relative Längsbewegung der Übertragungs-
spitze [des Schwingglieds] zur Nadel durch Bremswirkung eines damit verbunde-
nen Federteiles im Nadelkanal.
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Nachdem eine Flachstrickmaschine, ebenso wie eine Rundstrickmaschine, in Na-
delkanälen geführte und mittels Schlosssystem betätigte Nadeln aufweist, bedarf
es keines weiteren Hinweises an den Fachmann, wie er diese Merkmale der am
Beispiel einer Rundstrickmaschine beschriebenen Ausführungsform auf eine
Flachstrickmaschine übertragen könnte.

Zumindest die Variante, bei der die relative Längsbewegung der Übertragungs-
spitze zur Nadel durch Bremswirkung eines damit verbundenen Federteiles im
Nadelkanal erfolgt, ist für die Anwendung in einer Flachstrickmaschine ausführbar
offenbart.

b) Die Einsprechende macht zudem geltend, Anspruch 1 enthalte einen inne-
ren Widerspruch: Einerseits erfolge die relative Längsbewegung der Übertra-
gungsspitze zur Nadel durch Bremswirkung eines damit verbundenen Federteiles
im Nadelkanal (Merkmal 1.6.1) oder durch steuerbare Einwirkung vom Schloss-
system her (Merkmal 1.6.2). Andererseits solle der Verbindungsbügel die Relativ-
bewegung des Schwinggliedes zum Nadelkörper sicherstellen (Merkmal 1.11).

Ein Widerspruch ist hier nicht gegeben.

Die relative Längsbewegung erfolgt („erfolgt“ im Sinne von „durchführen“) durch
Bremswirkung eines damit verbundenen Federteiles im Nadelkanal oder durch
steuerbare Einwirkung vom Schlosssystem her. Hingegen soll der Verbindungs-
bügel diese Relativbewegung sicherstellen („sicherstellen“ im Sinne von „gewähr-
leisten“).

Als Ersatz für die entfallene, zweite Steuerbahn bzw. Schlossbahn sind zwei Hal-
tebalkone vorgesehen (vgl. S. 3, Abs. [0008] unten). Die Haltebalkone sind Be-
standteil des Schlosssystems bzw. Strickschlosses (vgl. Abs. [0014], [0070]). Die
relative Längsbewegung der Übertragungsspitze zur Nadel erfolgt durch steuer-
bare Einwirkung vom Schlosssystem her mittels Haltebalkonen.
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c) Ein Eingehen auf das Vorbringen der Einsprechenden, eine Kettenwirkma-
schine sei wie beansprucht nicht ausführbar, erübrigt sich, da diese nicht mehr
Gegenstand der Ansprüche ist.

4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist patentfähig.

a) Die Strickmaschine gemäß Anspruch 1 ist neu.

Die Einsprechende ist der Auffassung, eine Strickmaschine mit den Merkmalen
des nun geltenden Anspruchs 1 sei aus der Druckschrift D2 bzw. D12, welche die
zur D2 gehörige Offenlegungsschrift ist, und – alternativ – aus der Druckschrift D3
bekannt.

Dies trifft jedenfalls für das Merkmal 1.10 nicht zu.

Es besagt im Wesentlichen, dass der Nadelkörper ein Schwingglied enthält, das
durch einen zentralen Verbindungsbügel mit der Nadel eine Funktionseinheit bil-
det.

Die Einsprechende vertritt die Auffassung, eine Funktionseinheit liege bereits vor,
wenn der Nadelkörper und das Schwingglied zusammen funktionieren und eine
Einheit bilden.

Dies greift zu kurz, denn die Funktionseinheit „Schwinggliednadel“ gemäß Streit-
patent besteht nicht nur aus dem Nadelkörper und dem damit zusammenwirken-
dem Schwingglied, sondern umfasst auch den beide Elemente zu einer Funkti-
onseinheit verbindenden, zentralen Verbindungsbügel (vgl. Abs. [0063] – [0067]
i. V. m. Fig. 1 – 5).

Neben der Verbindung von Schwingglied und Nadelkörper soll der zentrale Ver-
bindungsbügel sowohl die Relativbewegung des Schwinggliedes zum Nadelkörper
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als auch seine seitliche Führung, sowie die Führung auf einer Gleitfläche in der
Nadel sicherstellen. In seiner Funktion soll er der Achse bei einer Zungennadel
entsprechen, um die Schwenkbewegung der Zunge in eine geradlinige Schwing-
bewegung des Schwinggliedes zu verwandeln. (vgl. S. 3, Abs. [0008] oben).

Die Einsprechende ist der Auffassung, die in der Druckschrift D2/D12 gezeigten,
gewölbten Abschnitte (through slit portion 36) seien als Schenkel und der die bei-
den gewölbten Abschnitte verbindende Vollmaterial-Abschnitt (solid portion 38) sei
als Kopf eines Verbindungsbügels anzusehen (vgl. Abs. [0038] i. V. m. Fig. 4, 5).

Der Senat kann dem soweit folgen, als dass durch die beiden gewölbten Ab-
schnitte (through slit portion 36) eine Bremswirkung des Schwingglieds (slider 30)
mit seinen Übertragungsspitzen (tongues 32) im Nadelkanal (needle groove of
needle bed) erzielt und auch die seitliche Führung des Schwingglieds sicherge-
stellt wird (vgl. Abs. [0038] i. V. m. Fig. 4, 5).

Allerdings ist eine Funktion der beiden gewölbten Abschnitte (through slit portion
36) und des Vollmaterial-Abschnitts (solid portion 38) als Verbindung von
Schwingglied und Nadelkörper weder beschrieben noch ersichtlich.

Davon abgesehen wird dort die Führung des Schwingglieds (slider 30) auf der
Gleitfläche im Nadelkörper (main body 4, 5) durch einen weiteren, auf dem Nadel-
körper gleitenden Vollmaterial-Abschnitt (solid portion 40) des Schwingglieds be-
wirkt und nicht – wie es dem angegriffenen Patent gemäß Merkmal 1.12 im An-
spruch 1 entspräche – durch die beiden gewölbten Abschnitte (through slit portion
36) oder den Vollmaterial-Abschnitt (solid portion 38).

Nach alledem ist in der Druckschrift D2/D12 kein Verbindungsbügel im Sinne des
Streitpatents offenbart.

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Auch die eine Verbundnadel betreffende Druckschrift D3 offenbart keinen zentra-
len Verbindungsbügel gemäß Merkmal 1.10 im Anspruch 1.

Das aus der Druckschrift D3 bekannte Schwingglied (slider 50) besteht aus einem
Schieberkörper (slider body 51) und zwei Schenkeln (blades 61a, 61b). Beide
Schenkel werden zunächst zu einem Teil (blade 61) verbunden, und dieses Teil
wird anschließend durch Crimpen fest mit dem Schieberkörper zum Schwingglied
verbunden (vgl. Abs. [0022], [0023]).

Das Schwingglied wird sodann in den Nadelkörper (needle body 10) eingesetzt
und dort in nutförmigen Abschnitten (grooved portion 15, blade groove 13) geführt.
Der eine nutförmige Abschnitt (grooved portion 15) mit seinen Seitenwänden (side
wall 35a, 35b) und Fortsätzen (forked portion 37a, 37b) dient dabei der Führung
der beiden Schenkel des Schwingglieds (vgl. Abs. [0020] i. V. m. Fig. 1, 2, 5).

Eine Verbindung von Schwingglied (slider 50) und Nadelkörper (needle body 10)
zu einer Funktionseinheit im Sinne des Streitpatents erfolgt dadurch nicht.

Auch die weiteren Druckschriften D1, D4 bis D11 offenbaren keinen patentgemä-
ßen Verbindungsbügel.

b) Die Strickmaschine gemäß Anspruch 1 beruht auf einer erfinderischen
Tätigkeit.

Die Einsprechende macht geltend, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in der
erteilten und der nun geltenden Fassung durch eine Kombination der Druckschrift
D1 mit der Druckschrift D5 oder D7 bzw. der Druckschrift D2/D12 mit der Druck-
schrift D5 nahegelegt sei.

Die Druckschrift D1 betrifft eine Strickmaschine, bei welcher das Nadelbett mit
Nadelschlitzen versehen ist, in denen zweiteilige Schiebernadeln aufgenommen
- 13 -
sind (vgl. S. 1). In einer Ausführungsform ist das Schwingglied (Schlaufensteue-
relement 6) der zweiteiligen Schiebernadel gebogen geformt und liegt an den
Wänden des Nadelkanals (Bettschlitz 28) reibend an (vgl. S. 15, 2. Abs. i. V. m.
Fig. 11). Einen Verbindungsbügel gemäß Merkmal 1.10 offenbart die Druckschrift
D1 nicht.

Die Druckschrift D5 betrifft ein Verfahren zum maschinellen Maschenbilden auf
einer Strick- oder Kettenwirkmaschine sowie Maschenbildungselemente (vgl. An-
spr. 1, 9).

Sie befasst sich u. a. mit dem Problem, das Zusammenwirken von Nadel und
Transferhaken des Maschenbildungselements bei Wärmeausdehnung in einer
Kettenwirkmaschine sicherzustellen. Dort sind die Nadeln einzeln an ihrem hinte-
ren Schaftbereich in Nadelkanälen eines Nadelbarrens eingespannt, und die kom-
plementären Schieberteile sind an ihrem hinteren Schaftbereich in einem zweiten
Barren untergebracht. Die freien Schaftteile müssen über eine beträchtliche Länge
genau zueinander fluchten, was bei sehr feinen Nadelausführungen durch einen
Führungsbügel reibungsgünstig sichergestellt werden soll. Der Führungsbügel 24
ist am Schwingglied (Transferhaken 12 mit Schaft 11) angeordnet und greift mit-
tels der an beiden Schenkeln des Führungsbügels 24 befindlichen Zapfenstummel
in ein Befestigungsloch 25 am Schwingglied ein. Damit stellt er die seitliche Füh-
rung zwischen dem Nadelkörper (Nadel 1 mit Schaft 3) und dem Schwingglied
(Transferhaken 12 mit Schaft 11) sicher (vgl. Abs. [0074] - [0076] i. V. m. Fig. 25,
26).

Der Nadelkörper (Nadel 1 mit Schaft 3) und das Schwingglied (Transferhaken 12
mit Schaft 11) lassen sich trotz Führungsbügel 24 seitlich nach links bzw. rechts
verschieben, so dass der Führungsbügel 24 nicht mehr in Kontakt mit dem Nadel-
körper steht (vgl. Fig. 25).

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Der Führungsbügel 24 ist somit kein Verbindungsbügel, der das Schwingglied
(Transferhaken 12 mit Schaft 11) und den Nadelkörper (Nadel 1 mit Schaft 3) zu
einer Funktionseinheit verbindet.

Insgesamt betrachtet mag Druckschrift D5 dem Fachmann zwar einen Hinweis
geben, einen Führungsbügel vorzusehen, um das Zusammenwirken zwischen
Nadelkörper und Schwingglied an einer Kettenwirkmaschine sicherzustellen. Eine
Anregung, das Schwingglied und den Nadelkörper mittels des Führungsbügels zu
einer Funktionseinheit für eine Strickmaschine zu verbinden, gibt sie aber jeden-
falls nicht.

Der aus den Druckschriften D1 und D5 zusammengenommen sich ergebende
Stand der Technik konnte dem Fachmann somit nicht die patentgemäß bean-
spruchte Strickmaschine nahe legen.

Dies gilt ebenso, wenn der Fachmann ausgehend von Druckschrift D1 die Druck-
schrift D7 hinzuzieht, auf die die Beschwerdegegnerin in der mündlichen Ver-
handlung zu Recht nicht mehr eingegangen ist. Druckschrift D7 offenbart eine
Rund- und Flachstrickmaschine mit einfachem oder doppeltem Nadelbett (vgl.
S. 2). Die Schiebernadel weist einen Nadelkörper (Nadelschaft 2) und ein
Schwingglied (Platine 4) auf. Das Schwingglied ist dort in einem vom Rücken und
den beiden Seitenwänden des Nadelkörpers gebildeten Kanal aufgenommen (vgl.
S. 14, 2 – 4. Abs. i. V. m. Fig. 1, 2), und dieser Kanal ist ersichtlich kein Verbin-
dungsbügel im Sinne des Merkmals 1.10 des Streitgegenstands.

Letztlich noch ausgehend von der Druckschrift D2/D12 hat der Fachmann schon
keine Veranlassung auf den in der Druckschrift D5 als reibungsgünstige Alterna-
tive beschriebenen Führungsbügel zurückzugreifen. Dieser bewirkt, wie oben be-
reits ausgeführt, lediglich die seitliche Führung des Schwingglieds gegenüber dem
Nadelkörper. Das mit dem Führungsbügel gelöste Problem, bei einer Kettenwirk-
maschine die freien Schaftteile von Nadelkörper und Schwingglied über deren be-
- 15 -
trächtliche Länge fluchtend zu führen und damit das Zusammenwirken zwischen
Nadelkörper und Schwingglied sicherzustellen, besteht bei der Verbundnadel ge-
mäß Druckschrift D2/D12 nicht, denn die seitliche Führung ist dort bereits durch
die Einfassung (skirt 41) am Schwingglied (slider 30) realisiert, die sich beiderseits
des Nadelkörpers (main body 4, 5) erstreckt und das Schwingglied auf dem Na-
delkörper seitlich führt.

Der Lehrgang Dubied ist von der Einsprechenden zu Erläuterung des Fachwis-
sens im Zusammenhang mit der Nadelsteuerung durch ein Schlosssystem in einer
Strickmaschine herangezogen worden.

Weder daraus noch aus den - auch im Prüfungsverfahren berücksichtigten – übri-
gen, von der Einsprechenden zu Recht nicht mehr aufgegriffenen Druckschriften
ist das Merkmal 1.10 bekannt oder dem Fachmann nahe gelegt. Somit ist der an-
gefochtene Beschluss aufzuheben und das Patent mit den im Tenor genannten
Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Ansprüche 2 bis 17 betreffen zweckmäßige, nicht selbstverständliche Ausge-
staltungen des Gegenstands des Anspruchs 1 und sind daher zusammen mit die-
sem Anspruch patentfähig.


III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden,
wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens ge-
rügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung die-
ses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe,
- 16 -
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten schriftlich einzulegen.


Dr. Höchst Richter v. Zglinitzki
kann wegen
Krankheit nicht
unterschreiben
Höchst
Dr. Fritze Dr. Schwenke

prö


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