11 W (pat) 12/13  - 11. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



11 W (pat) 12/13
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
22. Juni 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache














betreffend das Patent 10 2006 051 170

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hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2017 unter Mitwirkung des Richters
Dr.-Ing. Fritze als Vorsitzendem sowie der Richter v. Zglinitzki, Dipl.-Ing. Wiegele
und Dr.-Ing. Schwenke

beschlossen:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Patentabteilung 23
des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Juli 2012 aufge-
hoben und das Patent DE 10 2006 051 170 widerrufen.


G r ü n d e

I.

Auf die am 26. Oktober 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt einge-
reichte Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung

„Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung eines Gasgenerators
und Gasgenerator“

am 11. Februar 2010 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

Die Patentabteilung 23 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Patent
durch Beschluss vom 25. Juli 2012 beschränkt aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.

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Die Einsprechende macht geltend, der Gegenstand des Patents in der beschränkt
aufrechterhaltenen Fassung sei nicht patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG). Sie
vertritt diesen Standpunkt auch gegenüber den nach dem Hauptantrag und den
Hilfsanträgen der Patentinhaberin geltenden Patentansprüchen.

Zur Begründung ihres Vorbringens verweist die Einsprechende unter anderem auf
die Druckschriften

D7 EP 0 802 090 A1 und
D17 DE 20 2005 012 341 U1.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss des Patentamts aufzuheben und
das angegriffene Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt,

den angefochtenen Beschluss des Patentamts abzuändern und
das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 16 und 18 bis 36
gemäß Patentschrift sowie Patentanspruch 17 vom 22. Juni 2017
nach Hauptantrag vom 22. Juni 2017,
hilfsweise das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 16, 18 bis
33 und 35 bis 36 gemäß Patentschrift sowie Patentansprüchen 17
und 34 vom 22. Juni 2017 nach Hilfsantrag 1 vom 22. Juni 2017,
weiter hilfsweise das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 16
gemäß Patentschrift sowie Patentansprüchen 17 bis 19 und Be-
schreibungsänderung vom 22. Juni 2017 nach Hilfsantrag 2,
weiter hilfsweise das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 16
gemäß Patentschrift sowie Beschreibungsänderung vom
22. Juni 2017 nach Hilfsantrag 3 vom 22. Juni 2017,
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ferner hilfsweise das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 3
sowie Beschreibungsänderung vom 22. Juni 2017 nach Hilfsan-
trag 4 vom 22. Juni 2017,
sowie im Übrigen mit der Beschreibung und den Zeichnungen
gemäß Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten.

Der mit dem Hauptantrag verteidigte erteilte Patentanspruch 1 lautet mit hinzuge-
fügter Gliederung:

„1.1 Verfahren zur Herstellung eines Gasgenerators, der zum Einbau in
eine Airbagvorrichtung für ein Kraftfahrzeug eingerichtet und vorge-
sehen ist,
umfassend die folgenden Schritte:
1.2 Bereitstellen eines Gehäuses (13) des Gasgenerators (G) in einer
Druckkammer (D),
1.3 wobei das Gehäuse (13) als ein halboffener Hohlzylinder mit einer
Öffnung (O) in Form einer offenen Deckfläche des Hohlzylinders
ausgebildet ist, über die das Gehäuse (13) mit Gas befüllbar ist,
1.4 wobei die Öffnung einen die Öffnung begrenzenden, ringförmig um-
laufenden Rand (12) aufweist,
1.5 Bereitstellen eines Verschlussteiles (11) in Form eines Zylinderbo-
dens in der Druckkammer (D) zum gasdichten Verschließen der
Öffnung (O),
1.6 wobei das Verschlussteil an einem dem Gehäuse (13) zugewand-
ten Rand eine Fase (11a) aufweist, die eine Anlagefläche für den
Rand (12) der Öffnung (O) bildet,
1.7 Einleiten von Gas in die Druckkammer (D), so dass Gas über die
Öffnung (O) in das Gehäuse (13) gelangt, und
1.8 Verbinden des Verschlussteiles (11) mit dem Gehäuse (13) zum
gasdichten Verschließen der Öffnung (O),
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1.9 wobei die Fase (11a) am Rand (12) der Öffnung (O) anliegt und so
die Öffnung (O) im verschlossenen Zustand überdeckt.“

Der nach dem Hauptantrag geltende neue Patentanspruch 17 lautet:

„Vorrichtung zur Herstellung eines Gasgenerators für eine Airbagvorrich-
tung für ein Kraftfahrzeug gemäß dem Verfahren nach einem der Ansprü-
che 1 bis 16, mit:
einer mit Gas befüllbaren Druckkammer (D), die dazu eingerichtet und vor-
gesehen ist, ein Gehäuse (13) des Gasgenerators aufzunehmen, das über
eine Öffnung (O) des Gehäuses (13) mit Gas befüllbar ist, so dass in die
Druckkammer (D) eingeleitetes Gas durch die Öffnung (O) in das Ge-
häuse (13) gelangen kann, und einem entlang einer ersten Richtung aus
einer ersten in eine zweite Positionen verschiebbaren Element (10), das
dazu ausgebildet ist, in seiner zweiten Position ein in der Druckkam-
mer (D) angeordnetes Verschlussteil (11) des Gasgenerators, das an
einem dem Gehäuse (13) zugewandten Rand eine Fase (11a) aufweist,
zum Verschließen der Öffnung (O) entlang der ersten Richtung gegen das
mit Gas befüllte Gehäuse (13) zu drücken, wobei das Element (10) dazu
eingerichtet und vorgesehen ist, das Verschlussteil (11) in der zweiten Po-
sition derart gegen das Gehäuse (13) zu drücken, dass das Verschluss-
teil (11) die Öffnung (O) außerhalb des Gehäuses (13) überdeckt, wobei
die Fase (11a) des Verschlussteils (11) eine Anlagefläche für den
Rand (12) der Öffnung (O) bildet und durch Anliegen der Fase (11a) am
Rand (12) der Öffnung (O) die Fase (11a) die Öffnung (O) überdeckt.“

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Der nach dem Hauptantrag in der erteilten Fassung verteidigte Patentanspruch 34
lautet mit hinzugefügter Gliederungsnummerierung:

„34.1 Gasgenerator zum Aufblasen eines Airbags mit Gas, mit:
34.2 einem Gehäuse,
34.3 einer Öffnung des Gehäuses, die zum Befüllen des Gehäuses mit
Gas bei der Herstellung des Gasgenerators eingerichtet und vor-
gesehen ist,
34.4 wobei die Öffnung einen die Öffnung begrenzenden, ringförmig
umlaufenden Rand (12) aufweist und
34.5 einem Verschlussteil zum Verschließen der Öffnung,
34.6 das zusammen mit dem Gehäuse des Gasgenerators einen gas-
dichten Speicher zum Speichern des eingefüllten Gases bildet,
dadurch gekennzeichnet,
34.7 dass das Gehäuse (13) als ein Hohlzylinder so halboffen ausgebil-
det ist,
34.8 dass die Öffnung (O) durch eine offene Deckfläche des Hohlzylin-
ders gebildet ist,
34.9 und dass das Verschlussteil (11) in Form eines Zylinderbodens
ausgebildet ist,
34.10 wobei das Verschlussteil (11) an einem dem Hohlzylinder zuge-
wandten Rand eine Fase (11a) aufweist, über die es mit dem
Rand (12) der Öffnung (O) verbunden ist.“

Gemäß Hilfsantrag 1 bleiben die erteilten Patentansprüche 1 bis 16, 18 bis 33 und
35 bis 36 unverändert. Der Patentanspruch 17 stimmt mit der Fassung gemäß
dem Hauptantrag überein. Patentanspruch 34 nach dem Hilfsantrag 1 lautet wie
der erteilte Anspruch 34, ist aber ergänzt um die zwei zusätzlichen Merkmale:

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„34.11 wobei die Fase (11a) am Rand (12) der Öffnung (O) anliegt,
34.12 das Verschlussteil (11) abschnittsweise durch die Öffnung (O) in
das Gehäuse (13) eingeführt ist und abschnittsweise die Öff-
nung (O) im verschlossenen Zustand überdeckt.“

Nach dem Hilfsantrag 2 gelten die erteilten Patentansprüche 1 bis 16, des Weite-
ren gelten, nun als neuer Patentanspruch 17, der Patentanspruch 34 gemäß Hilfs-
antrag 1 sowie, nun als Patentansprüche 18 und 19, die erteilten Patentansprü-
che 35 und 36 jeweils mit angepassten Rückbezügen.

Mit dem Hilfsantrag 3 werden nurmehr die erteilten Patentansprüche 1 bis 16 ver-
teidigt, und mit dem Hilfsantrag 4, nun als neuer Patentanspruch 1, der Patentan-
spruch 34 gemäß Hilfsantrag 1 und, als Patentansprüche 2 und 3, die erteilten
Patentansprüche 35 und 36.

Zum Wortlaut der nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen jeweils geltenden
Unteransprüche und weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird
auf die Akte verwiesen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.


A.

Das Streitpatent betrifft laut Bezeichnung ein Verfahren und eine Vorrichtung zur
Herstellung eines Gasgenerators und einen Gasgenerator.

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Zum Stand der Technik ist in der Patentschrift ausgeführt, bei einem derartigen
Verfahren zur Herstellung eines Gasgenerators, bei dem das zum Aufblasen eines
Kraftfahrzeug-Airbags dienende Gas in einem Gehäuse des Gasgenerators
gespeichert sei und bei Zündung des Gasgenerators freigesetzt werde, werde
zunächst ein Gehäuse des Gasgenerators, das eine über eine Öffnung mit Gas
befüllbare Aufnahme bilde, zumindest abschnittsweise in einer Druckkammer
angeordnet. Weiterhin werde ein Verschlussteil in Form einer Stahlkugel zum gas-
dichten Verschließen der Öffnung in der Druckkammer bereitgestellt. Nach einem
Einleiten von Gas in die Druckkammer derart, dass das Gas über die Öffnung in
das Gehäuse gelange, werde die Öffnung des Gehäuses gasdicht verschlossen,
indem die Stahlkugel in die Öffnung eingepresst werde (vgl. Abs. [0002]).

Des Weiteren sei eine Vorrichtung zum Befüllen einer Stahlflasche mit Druckgas
bekannt, wobei zum Verschließen der Einfüllöffnung der gefüllten Stahlflasche ein
durch Widerstands-Press-Schweißen befestigbarer Deckel diene, wobei die Stahl-
flasche in aufrechter Lage zwischen einem ortsfesten Unterteil und einem höhen-
verstellbaren Oberteil eines Schweißgehäuses eingespannt sei und eine erste,
längs der Achse der Stahlflasche verstellbare Elektrode den Deckel nach dem
Befüllvorgang gegen die Einfüllöffnung spanne und eine zweite Elektrode die
Stahlflasche partiell umfasse und abstütze, wobei die Stahlflasche mit ihrer Ein-
füllöffnung nach unten stehend angeordnet und mit dem die Einfüllöffnung umge-
benden Bereich in der zweiten Elektrode geführt und abgestützt sei (vgl. Abs.
[0003]).

Bei dem herzustellenden Gasgenerator handele es sich um einen Gasgenerator,
bei dem zumindest ein Teil des freizusetzenden Gases in einem gasförmigen Zu-
stand im Gasgenerator gespeichert sei. Insbesondere könne es sich bei einem
derartigen Gasgenerator um einen so genannten Kaltgasgenerator handeln, bei
dem die gesamte freisetzbare Gasmenge in einem geeigneten Behälter im gas-
förmigen Zustand gespeichert sei oder um einen so genannten Hybridgasgenera-
tor, bei dem Gas sowohl im gasförmigen Zustand gespeichert sei als auch in Form
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eines Brennstoffes, der erst beim Verbrennen Gase zum Aufblasen eines Gassa-
ckes freisetze (vgl. Abs. [0004]).

Nachteilig an dem eingangs beschriebenen Verfahren sei, dass in das Gehäuse
des Gasgenerators eine Öffnung eingebracht werden müsse, die – ebenso wie die
in die Öffnung einzupressende Stahlkugel – eng toleriert sein müsse, um eine gas-
dichte Abdichtung der Öffnung mittels der Stahlkugel gewährleisten zu können.
Dieser Arbeitsschritt sei aufwändig und daher kostenintensiv (vgl. Abs. [0005]).

Hiervon ausgehend besteht die Aufgabe darin, ein Verfahren zur Herstellung eines
Gasgenerators sowie eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens und
einem Gasgenerator bereitzustellen, derart, dass ein einfaches und kostengünsti-
ges Abdichten der Öffnung möglich sei (vgl. Abs. [0006]).

Als Fachmann ist ein Hochschulabsolvent der Fachrichtung Fertigungstechnik
anzusehen, der über mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Herstellung von
Gasgeneratoren verfügt.


B.

Das angegriffene Patent erweist sich mit keinem der nach den vorliegenden An-
trägen geltenden Anspruchssätze als rechtsbeständig.


a) Hauptantrag

Ein Gasgenerator zum Aufblasen eines Airbags mit Gas gemäß Anspruch 34 nach
Hauptantrag ist gegenüber dem sich aus der Druckschrift D17 sich ergebenden
Stand der Technik nicht mehr neu.

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Die Druckschrift D17 betrifft einen Gasgenerator mit einer Brennkammer, die Fest-
treibstoff enthält, welcher bei Zündung Gas erzeugt, das über eine Auslassöffnung
aus dem Gasgenerator austritt (vgl. Abs. [0001]). Nach dem dort zugrunde geleg-
ten Stand der Technik sind Gasgeneratoren als Teil einer Rückhalteeinrichtung in
Fahrzeugen bekannt (vgl. Abs. [0002]). Mit einer Rückhaltevorrichtung ist dort
nichts anderes gemeint als ein Airbag im Sinne des Streitpatents. Die Brennkam-
mer des in der Druckschrift D17 offenbarten Gasgenerators ist von einer mit Gas
gefüllten Druckkammer umgeben, so dass ein Hybridgasgenerator vorliegt (vgl.
Abs. [0010]). Der aus der Druckschrift D17 bekannte Gasgenerator weist ein Au-
ßengehäuse 12 auf (vgl. Abs. [0020] i. V. m. Fig. 1). Somit sind die im An-
spruch 34 angegebenen Merkmale 34.1, 34.2 des Streitgegenstandes erfüllt.

Die offene Deckfläche am linken, axialen Ende des in Fig. 1 der Druckschrift D17
gezeigten Gehäuses ist eine Öffnung zum Befüllen des Gehäuses mit Gas bei der
Herstellung des Gasgenerators, und diese weist einen sie begrenzenden, ringför-
mig umlaufenden Rand auf (vgl. Abs. [0022], [0034] i. V. m. Fig. 1). Somit sind die
Merkmale 34.3 und 34.4 ebenfalls erfüllt.

Die Druckschrift D17 zeigt und beschreibt zudem eine Einheit aus Drosselvorrich-
tung 24 und Verschlussmembran 26, welche die linke, offene Stirnseite des Au-
ßengehäuses 12 nach dem Befüllen schließt (vgl. Abs. [0034] i. V. m. Fig. 1). Sie
bildet zusammen mit dem Gehäuse des Gasgenerators einen gasdichten Spei-
cher. Das Verschlussteil hat die Form eines Zylinderbodens und weist – in weite-
rer Übereinstimmung mit dem vom angegriffenen Patent beanspruchten Gasgene-
rator – an einem dem Hohlzylinder zugewandten Rand eine Fase auf, über die es
mit dem Rand der Öffnung verbunden ist. Demnach sind auch die Merkmale 34.5,
34.6, 34.9 und 34.10 gegeben.

Die Patentinhaberin vertritt insoweit die Auffassung, dort handele es sich nicht um
eine Fase, sondern um eine Schräge. Eine Fase werde zum Abschrägen einer
von zwei Flächen gebildeten Kante angebracht. Nach dem Anbringen der Fase
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blieben von beiden Flächen jeweils Teilflächen bestehen. Dies sei in der Druck-
schrift D17 nicht verwirklicht. Lediglich von der Umfangsfläche in Längsrichtung
bliebe eine Teilfläche bestehen, nicht aber von der zu dieser senkrecht stehenden,
sich radial erstreckenden Fläche.

Das überzeugt nicht, denn die an der Drosselvorrichtung 24 angeordnete Fase
bzw. Schräge dient im Stand der Technik ersichtlich demselben Zweck wie im
Streitpatent, nämlich zur Verbindung mit dem daran anliegenden Außengehäu-
se 12. Wie das Verschlusselement am durchmesserkleineren Ende der Fase bzw.
Schräge ausgebildet ist, d. h., ob es sich wie im Streitpatent in radialer Richtung
fortsetzt oder wie in der Druckschrift D17 axial weiter erstreckt, ist dabei unerheb-
lich.

Die verbleibenden Merkmale im Anspruch 34 sehen vor, dass das Gehäuse des
patentgemäßen Gasgenerators als ein Hohlzylinder so halboffen ausgebildet ist
(Merkmal 34.7), dass die Öffnung durch eine offene Deckfläche des Hohlzylinders
gebildet ist (Merkmal 34.8).

Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin erfüllt der aus Druckschrift D17
bekannte Gasgenerator auch diese Vorgaben, denn dort wird ein Deckel 16 an die
rechte, offene Stirnseite des zylindrischen Außengehäuses 12 angeschweißt (vgl.
Abs. [0033], vorletzter Satz i. V. m. Fig. 1). Damit liegt ebenfalls zunächst ein halb-
offener Hohlzylinder mit einer Öffnung vor, die durch eine offene Deckfläche gebil-
det ist, er weist nämlich „die linke noch offene Seite“ auf (vgl. Abs. [0033], letzter
Satz i. V. m. Fig. 1).

Der Ansicht der Patentinhaberin, es handele sich wegen der Verjüngungen an
beiden stirnseitigen Enden des in Fig. 1 der Druckschrift D17 gezeigten Außenge-
häuses 12 dort nicht um einen Hohlzylinder im Sinne des Streitpatents, folgt der
Senat nicht, denn die Druckschrift D17 beschreibt das Außengehäuse ungeachtet
der konischen Verjüngungen gleichwohl als „zylindrisch“ (vgl. Abs. [0020]), und
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dieser Ausdruck ist ein Synonym für den im Streitpatent verwendeten Begriff „zy-
linderförmig“ (vgl. Abs. [0042]).

Sämtliche Merkmale des Gasgenerators gemäß dem Anspruch 34 nach dem
Hauptantrag sind somit der Druckschrift D17 unmittelbar zu entnehmen.


b) Hilfsantrag 1, Hilfsantrag 2 und Hilfsantrag 4

Der Anspruchssatz nach dem Hilfsantrag 1 umfasst unter anderem den neuen
Anspruch 34, der sich vom erteilten Anspruch durch die zusätzlichen Merk-
male 34.11 und 34.12 unterscheidet. Die Anspruchssätze nach den Hilfsanträ-
gen 2 und 4 enthalten denselben neuen Anspruch 34, jedoch umnummeriert als
Anspruch 17 bzw. als Anspruch 1.

Auch in dieser Ausgestaltung ist der Gasgenerator zum Aufblasen eines Airbags
mit Gas nicht neu, denn die betreffenden Merkmale sind ebenfalls bereits aus der
Druckschrift D17 bekannt: Die Fig. 1 lässt darin hinreichend deutlich erkennen,
dass auch dort die Fase am Rand der Öffnung anliegt (Merkmal 34.11), das Ver-
schlussteil abschnittsweise durch die Öffnung in das Gehäuse eingeführt ist und
es abschnittsweise die Öffnung im verschlossenen Zustand überdeckt (Merk-
mal 34.12).


c) Hilfsantrag 3

Das Verfahren zur Herstellung eines Gasgenerators gemäß Anspruch 1 nach
Hilfsantrag 3 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

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Ausgehend vom Gasgenerator gemäß Druckschrift D17 steht der Fachmann nach
dessen Montage, Befüllen mit Festtreibstoff und Verschließen dessen rechter
Stirnseite vor der Aufgabe, den Gasgenerator mit Druckgas über die linke, offene
Stirnseite zu befüllen, bevor diese mittels der Einheit aus Drosselvorrichtung 24
und Verschlussmembran 26 geschlossen wird (vgl. Abs. [0033], [0034]).

Nachdem die Druckschrift D17 zum Befüllen des Gasgenerators mit Druckgas
keine weiteren Hinweise gibt, wird der Fachmann wie üblich im Stand der Technik
nach einem geeigneten Verfahren suchen.

Die Druckschrift D7 lehrt ein Verfahren zum Befüllen und Verschließen eines Gas-
generators für Airbags (vgl. Sp. 1, Z. 3 – 6). Gemäß diesem Verfahren wird
zunächst ein Gehäuse (canister 14) eines Gasgenerators (airbag inflator 10) in
einer Druckkammer (inflator chamber housing 28) gemäß den Merkmalen 1.1 und
1.2 bereitgestellt (vgl. Sp. 3, Z. 22 – 24 i. V. m. Fig. 2).

Das Gehäuse ist dort als ein halboffener Hohlzylinder mit einer Öffnung in Form
einer offenen Deckfläche des Hohlzylinders ausgebildet, über die das Gehäuse
gemäß Merkmal 1.3 mit Gas befüllbar ist, wobei die Öffnung im Sinne von Merk-
mal 1.4 einen die Öffnung begrenzenden, ringförmig umlaufenden Rand aufweist
(vgl. Sp. 2, Z. 32 – 39 i. V. m. Fig. 2).

In der Druckkammer wird ein Verschlussteil (base 12, weld ring 24, burst disc 26)
in Form eines Zylinderbodens zum gasdichten Verschließen der Öffnung gemäß
Merkmal 1.5 bereitgestellt (vgl. Sp. 2, Z. 32 – 39 i. V. m. Fig. 2; Sp. 3, Z. 20 – 22
i. V. m. Fig. 3) und das Gas in die Druckkammer so eingeleitet, dass es gemäß
Merkmal 1.7 über die Öffnung in das Gehäuse gelangt (vgl. Sp. 3, Z. 28 – 38
i. V. m. Fig. 3).

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Daraufhin erfolgt das Verbinden des Verschlussteils mit dem Gehäuse zum gas-
dichten Verschließen der Öffnung im Sinne von Merkmal 1.8 (vgl. Sp. 3, Z. 38 – 47
i. V. m. Fig. 3).

Die Merkmale 1.1 bis 1.5 sowie 1.7 und 1.8 sind somit aus der Druckschrift D7
bekannt.

Es ist naheliegend, dieses Verfahren zum Befüllen des aus der Druckschrift D17
bekannten Gasgenerators anzuwenden, denn weitere, über handwerkliche An-
passungen hinausgehende technische Maßnahmen sind dazu ersichtlich nicht
erforderlich. Dabei ergeben sich die Merkmale 1.6 und 1.9 aufgrund der bereits
vorgegebenen Ausgestaltung des Gasgenerators zwangsläufig. Dessen Ver-
schlussteil weist an einem dem Gehäuse zugewandten Rand eine Fase auf, die
eine Anlagefläche für den Rand der Öffnung bildet, wobei die Fase am Rand der
Öffnung anliegt und so die Öffnung im verschlossenen Zustand überdeckt.


d) Über die Patentfähigkeit der Gegenstände der übrigen nebengeordneten
und der abhängigen Ansprüche des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge 1 bis 4
ist bei dieser Sachlage nicht mehr zu entscheiden, denn den Anträgen der Patent-
inhaberin ist nicht zu entnehmen, dass sie ihr Patent auch im Umfang lediglich die-
ser Patentansprüche verteidigen will. Vielmehr hat sie in sich geschlossene An-
spruchssätze vorgelegt. Da die vorliegenden Anspruchssätze hier jeweils einen
nicht rechtsbeständigen Patentanspruch enthalten, ist der Beschwerde stattzuge-
ben und das Patent insgesamt zu widerrufen (BGH-Beschluss vom 27. Juli 2007
– X ZB 6/05 –, BlPMZ 2008, 12 – Informationsübermittlungsverfahren II).

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III.

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden,
wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens ge-
rügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung die-
ses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe,
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten schriftlich einzulegen.


Dr. Fritze Richter v. Zglinitzki kann
wegen Krankheit nicht
unterschreiben.

Dr. Fritze
Wiegele Dr. Schwenke


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