11 W (pat) 1/17  - 11. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




11 W (pat) 1/17
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache











betreffend die Patentanmeldung 10 2015 102 342.3

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 27. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter v. Zglinitzki, Dr.-Ing. Fritze und
Dr.-Ing. Schwenke
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beschlossen:

Die Beschwerden der Patentanmelderinnen gelten als nicht eingelegt.


G r ü n d e :

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse D05B des Deutschen Patent- und Markenamts hat
die am 19. Februar 2015 eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung

„Nähmaschine“,

die am 18. Februar 2016 auf beide Anmelderinnen umgeschrieben worden ist,
durch Beschluss vom 12. Oktober 2016 zurückgewiesen.

Gegen diese ihnen am 16. Oktober 2016 zugestellte Entscheidung haben die Ver-
treter „Namens und im Auftrag der Anmelder“ am 14. November 2016 Beschwerde
eingelegt und gleichzeitig „die Beschwerdegebühr in Höhe von 200,- EUR“ ent-
richtet.

Auf den Zwischenbescheid des Rechtspflegers, die Beschwerdegebühren seien
nicht vollständig gezahlt worden, denn für jede Anmelderin sei eine Beschwerde-
gebühr zu entrichten, sowie auf die telefonischen Darlegungen des Rechtspflegers
mit dem Hinweis auf den Beschluss des 23. Senats des Patentgerichts vom
7. Juni 2016 – Az. 23 W (pat) 15/14 – hatten die Beschwerdeführerinnen zunächst
beantragt,

festzustellen, dass die Entrichtung einer Beschwerdegebühr aus-
reichend und die Beschwerde somit eingelegt bzw. zulässig ist;
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hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewäh-
ren;
anderenfalls die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Auf den Zwischenbescheid des Senats vom 14. Februar 2017 beantragen die Be-
schwerdeführerinnen nunmehr,

festzustellen, dass die auf dem Beschwerdeschriftsatz und auf der
Einzugsermächtigung zuerst genannte Anmelderin, die X…
GmbH, als diejenige Anmelderin gilt, welche die
Beschwerde erhoben hat;
hilfsweise festzustellen, dass die Beschwerdegebühr als von einer
der beiden Anmelderinnen entrichtet und jedenfalls die von dieser
Anmelderin eingereichte Beschwerde als erhoben gilt.

Sie vertreten die Auffassung, zwar sei eine Zuordnung der einen gezahlten Be-
schwerdegebühr wie in der Mauersteinsatz-Entscheidung des Bundesgerichtsho-
fes vom 18. August 2015 nicht möglich, da sowohl auf dem Beschwerdeschriftsatz
als auch auf der Einzugsermächtigung beide Anmelderinnen genannt seien. Eine
Zuordnung sei im vorliegenden Fall jedoch über die im Beschwerdeschriftsatz und
in der Einzugsermächtigung verwendete Reihenfolge möglich. Die eingezahlte Be-
schwerdegebühr sei der zuerst genannten Anmelderin, nämlich der X…
GmbH, zuzuordnen. Durch diese an der Reihenfolge der genannten An-
melderinnennamen orientierte Zuordnung werde – entsprechend der Maßgabe
des BGH – eine unzumutbare Härte, Verlust der Patentanmeldung, vermieden und
dem Rechtsstaatlichkeitsgebot Genüge getan.
Allein aus den eingereichten Dokumenten und der fristgerechten Einzahlung einer
Beschwerdegebühr ergebe sich, dass jedenfalls mindestens eine der beiden An-
melderinnen habe Beschwerde einlegen wollen. Da der BGH betont habe, dass
kein strenger Maßstab angelegt werden dürfe, sei es angezeigt, jedenfalls eine
der beiden Beschwerden als erhoben geltend anzuerkennen.
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Im Übrigen regen die Beschwerdeführerinnen weiterhin, insbesondere in Hinblick
auf die genannte Entscheidung des 23. Senats, die Zulassung der Rechtsbe-
schwerde an.

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere des Vorbringens der Beschwerdefüh-
rerinnen, wird auf die Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.


II.

Das Feststellungsbegehren der Beschwerdeführerinnen ist sowohl nach Hauptan-
trag als auch nach Hilfsantrag unbegründet.

Die Beschwerden der beiden Beschwerdeführerinnen gelten als nicht erhoben,
weil die Beschwerdegebühren nicht vollständig gezahlt worden sind und die eine
gezahlte Beschwerdegebühr keiner der beiden Beschwerdeführerinnen zugeord-
net werden kann.

Innerhalb der Beschwerdefrist ist auch die Beschwerdegebühr zu zahlen (§ 6
Abs. 1 Satz 1 PatKostG i. V. m. § 73 Abs. 2 Satz 1 PatG). Wird die Beschwerde-
gebühr nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt, so gilt die Be-
schwerde als nicht eingelegt (§ 6 Abs. 2, 2. Alt. PatKostG i. V. m. § 3 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 PatKostG).

Nach den gesetzlichen Bestimmungen beträgt die Beschwerdegebühr 401300 im
Fall der Beschwerde gegen die Zurückweisung der Patentanmeldung 200 Euro,
wobei ausdrücklich die Gebühren für jeden Antragsteller gesondert erhoben wer-
den (Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG (Gebührenverzeichnis) Teil B. Abs. 1) und es
sich im Beschwerdeverfahren nach Teil B. I. bei den Antragstellern um die Be-
schwerdeführer handelt (vgl. auch BGH GRUR 2015, 1255 f. – Mauersteinsatz).

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Da „namens und im Auftrag der Anmelder“, also beider Anmelder, Beschwerde
erhoben worden ist, haben beide Anmelder jeweils Beschwerde erhoben, so dass
zwei Beschwerdegebühren zu zahlen waren (vgl. dementsprechend bei gemein-
samen Patentinhabern BGH a. a. O. – Mauersteinsatz). Innerhalb der Beschwer-
defrist ist – laut Lastschriftmandat vom 14. November 2016 ausdrücklich für beide
genannten Patentanmelderinnen – jedoch nur eine Beschwerdegebühr 401300
gezahlt worden.

Insoweit ist die Sach- und Rechtslage inzwischen unstreitig. Der Senat vermag
aber im vorliegenden Falle nicht der Ansicht der Beschwerdeführerinnen zu fol-
gen, die Zahlung der einen Beschwerdegebühr könne einer der beiden Beschwer-
deführerinnen zugeordnet werden, so dass jedenfalls deren Beschwerde rechts-
wirksam eingelegt sei.

Der BGH hat in der vergleichbaren Sache der – auch von den Patentanmelderin-
nen zitierten – Mauersteinsatz-Entscheidung angemahnt, es sei zur Vermeidung
unzumutbarer Härten in solchen Konstellationen geboten, den Versuch zu unter-
nehmen, die geleistete einfache Gebühr einem der Beschwerdeführer zuzuord-
nen, um zumindest diesem den Zugang zu einer sachlichen Prüfung seines Anlie-
gens zu eröffnen, wobei hierbei kein strenger Maßstab angelegt werden solle. Der
BGH hat hiermit aber sicher nicht auffordern wollen, gesetzliche Vorschriften zu
umgehen und somit dem verfassungsrechtlichen Gebot zu widersprechen, dass
die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 GG).

Der Senat hat geprüft, ob die entrichtete Beschwerdegebühr einer der Anmelde-
rinnen zugeordnet werden kann. Wie die Beschwerdeführerinnen zutreffend ein-
räumen, ist eine Zuordnung nach der Nennung lediglich einer bestimmten Be-
schwerdeführerin auf der Einzugsermächtigung, die der BGH im Mauersteinsatz-
Fall vorgenommen hat, nicht möglich. Denn auf dem Lastschriftmandat sind eben-
so wie in der Betreffangabe des Beschwerdeschriftsatzes gerade beide Patentan-
melderinnen aufgeführt.
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Aber auch den Vorschlag der Beschwerdeführerinnen, die Zuordnung nach der
verwendeten Reihenfolge im Beschwerdeschriftsatz und der Lastschriftermächti-
gung vorzunehmen, hält der Senat jedenfalls hier ohne weitere richtungweisende
Umstände für untauglich. Die Reihenfolge ist als Kriterium ungeeignet. Denn wer-
den bei einer oder für eine Prozesshandlung zwei Akteure genannt, kann man
nicht sagen, der erste habe sie gewollt und der zweite nicht, ebenso wenig, einer
von beiden habe sie gewollt und der andere nicht. Für beide Patentanmelderinnen
ist Beschwerde eingelegt worden und für beide ist die eine Beschwerdegebühr
gezahlt worden. Naheliegend erscheint, dass die Vertreter die Vorstellung hatten,
eine einzige Beschwerde für beide Anmelderinnen einzulegen. Dabei handelte es
sich jedoch um einen ohne Weiteres vermeidbaren, unbeachtlichen Rechtsirrtum,
zumal die Rechtsmittelbelehrung darauf hinweist, dass jeder Beschwerdeführer
die Gebühr zu zahlen hat. Da die Beschwerde nicht teilbar ist, können zwei Be-
schwerdeführerinnen nur zwei Beschwerden einlegen.

Im Übrigen hat das Deutsche Patent- und Markenamt mit seinem Hinweis im Blatt
für PMZ auf die Konsequenzen der Mauersteinsatz-Entscheidung des BGH ein-
dringlich aufmerksam gemacht (BlPMZ 2016, 129).


III.

Der Senat sieht keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Weder ist hier eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden,
noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine weitere Entscheidung des Bundesgerichtshofes.

Zu den im vorliegenden Fall entscheidungserheblichen Fragen ist nämlich bereits
die Mauersteinsatz-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2015, 1255 f.)
ergangen. Aus dieser lässt sich auch entnehmen, dass eine Zuordnung der Be-
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schwerdegebühr nur deshalb möglich war, weil das Formular der Einzugsermäch-
tigung in der Rubrik „Name des Schutzrechtsinhabers“ lediglich die Unterneh-
mensbezeichnung der Beschwerdeführerin zu 1 aufwies.

Die jüngere Entscheidung des 23. Senats des Bundespatentgerichts vom
7. Juni 2016 – Az. 23 W (pat) 15/14 – hat zwar die Beschwerde von zwei Patent-
anmeldern für „zulässig“ erachtet, obwohl nur eine Beschwerdegebühr gezahlt
worden war und eine Zuordnung nicht vorgenommen wurde. Dies geschah jedoch
im Widerspruch zur Mauersteinsatz-Entscheidung des BGH und entgegen den
eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen des Patentkostengesetzes.


IV.

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden,
wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens ge-
rügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung die-
ses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe,
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten schriftlich einzulegen.


Dr. Höchst v. Zglinitzki Dr. Fritze Dr. Schwenke


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