10 W (pat) 75/14  - 10. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:290617B10Wpat75.14.0


BUNDESPATENTGERICHT




10 W (pat) 75/14
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2011 107 357.8








hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) in der Sitzung vom
29. Juni 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie
der Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt, Eisenrauch und Dr.-Ing. Großmann

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beschlossen:

1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E05C des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 19. Juni 2012 wird auf-
gehoben.

2. Das Patent wird mit folgenden Unterlagen erteilt:
- Ansprüche 1 bis 4, eingegangen am 29. März 2017,
- Beschreibung Seiten 1 bis 3, 3a und 3b, eingegangen
am 29. März 2017,
- Beschreibung Seiten 4 bis 8, eingegangen am
29. Juni 2011,
- Figuren 1 und 2, eingegangen am 29. Juni 2011.


G r ü n d e

I.

Die Erfindung ist am 29. Juni 2011 beim Deutschen Patent- und Markenamt an-
gemeldet worden.

Die Prüfungsstelle für Klasse E05C hat mit Beschluss vom 19. Juni 2012 die An-
meldung mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Anspruch 1 nicht gewähr-
bar sei, da sein Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin am 20. Juli 2012 Beschwerde einge-
legt. Sie hat mit der Eingabe vom 28. März 2017, eingegangen am 29. März 2017,
neue Ansprüche 1 bis 4 und neue Beschreibungsseiten 1 bis 3, 3a und 3b vorge-
legt.

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Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und
das Patent mit den aus der Beschlussformel ersichtlichen Unterlagen zu erteilen.

Im Prüfungsverfahren sind folgende Druckschriften zum Stand der Technik in Be-
tracht gezogen worden:

E1 EP 1 662 083 A2
E2 DE 20 210 409 U1
E3 DE 20 2006 007 204 U1
E4 DE 41 01 142 A1
E5 DE 10 2004 039 894 A1.

Die geltenden Ansprüche 1 bis 4 haben folgenden Wortlaut:

1. Tür- oder Fensterfeststellvorrichtung (1) einer eine
Schließeinrichtung aufweisende Tür (2), insbesondere einer
Brandschutztür oder eines eine Schließeinrichtung aufwei-
senden Fensters (2) mit einem Elektromagneten (3), der bei
Bestromung die Tür (2) oder das Fenster (2) in einer Offen-
stellung hält und bei Nicht-Bestromung die Tür (2) oder das
Fenster (2) von der Offenstellung in deren Schließstellung
bewegen lässt, und mit einem elektrischen Schaltelement,
wobei der Elektromagnet (3) einen in Wirkverbindung mit
dem elektrischen Schaltelement (4) bringbaren Abdrückbol-
zen (5) aufweist, welcher zwischen einer das elektrische
Schaltelement (4) in einem offenen Schaltzustand haltenden
ersten Position und einer das elektrische Schaltelement (4)
in einem geschlossenen Schaltzustand haltenden zweiten
Position verschiebbar ist, und bei wenigstens einer kurzzeiti-
gen Unterbrechung der Bestromung des Elektromagneten
(3) der Abdrückbolzen (5) aus seiner zweiten Position durch
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die Federkraft des Federelements (6) in seine erste Position
verschoben wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
- das elektrische Schaltelement (4) in Reihe mit dem Elekt-
romagneten (3) elektrisch verbunden ist,
- zur Bestromung des Elektromagneten (3) der Abdrückbol-
zen (5) aus seiner ersten Position gegen die Vorspannkraft
eines Federelementes (6) in die zweite Position verschoben
wird, und
- solange der Elektromagnet (3) bestromt wird, der Abdrück-
bolzen (5) in seiner zweiten Position, in der das elektrische
Schaltelement (4) im geschlossenen Schaltzustand gehalten
wird, bleibt.
2. Tür- oder Fensterfeststellvorrichtung (1) nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die Tür (2) oder das Fenster
(2) mit einer Ankerplatte (13) versehen ist, die von dem
Elektromagneten (3) in der Offenstellung der Tür (2) oder
des Fensters (2) gehalten wird.
3. Tür- oder Fensterfeststellvorrichtung (1) nach Anspruch 1
oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das elektrische
Schaltelement (4) mit einem Betätigungsstößel derart in der
Tür- oder Fensterfeststellvorrichtung (1) angeordnet ist, dass
der Betätigungsstößel mit dem Abdrückbolzen (5) fluchtet.
4. Tür- oder Fensterfeststellvorrichtung (1) nach einem der vor-
hergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das
elektrische Schaltelement (4) als Mikroschalter oder als
Drucktaster ausgebildet ist.

Für die geänderten Beschreibungsseiten 1 bis 3, 3a und 3b sowie weitere Einzel-
heiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

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II.

1. Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick
auf die geltenden Unterlagen auch begründet.

2. Die Zurückweisung erfolgte am 19. Juni 2012 und wurde mit der mangelnden
Patentfähigkeit des Anspruchs 1 begründet.
Mit der Beschwerdebegründung vom 28. März 2017, eingegangen am
29. März 2017, wurden neue Ansprüche 1 bis 4 sowie geänderte Beschreibungs-
seiten 1 bis 3, 3a und 3b eingereicht.

Die neuen Unterlagen vom 28. März 2017 sind zulässig. Die in den Anspruch 1
aufgenommenen Merkmale sind in der Beschreibung offenbart.

3. Die Tür- oder Fensterfeststellvorrichtung nach Anspruch 1 ist patentfähig
(§§ 1 bis 5 PatG). Die Unteransprüche 2 bis 4 betreffen deren zweckmäßige Aus-
gestaltungen.

3.1 Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist gegenüber dem angeführten
Stand der Technik neu. Keine der entgegengehaltenen Druckschriften zeigt eine
Vorrichtung, bei der ein elektrisches Schaltelement in Reihe mit dem Elektromag-
neten elektrisch verbunden ist.

In der E2 ist als allgemeiner Stand der Technik eine Feststellvorrichtung beschrie-
ben, bei der, genau wie bei der beanspruchten Feststellvorrichtung, durch den
Abdrückbolzen ein Schalter betätigt wird. Beim Stand der Technik dient dieser
Schalter lediglich dazu, den Schaltzustand des Elektromagneten zu überwachen,
er ist aber nicht mit dem Elektromagneten in Reihe geschaltet. In der E2 wird vor-
geschlagen diesen Schalter durch ein Hallelement zu ersetzen. Aufgrund seiner
elektrischen Eigenschaften kann mit einem Hallelement nur das Vorhandensein
eines Magnetfelds erfasst werden, es ist aber nicht geeignet als Schaltelement mit
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dem Elektromagneten in Reihe verbunden zu werden. Die E2 führt daher eher
vom Erfindungsgedanken weg.

Bei der Feststellvorrichtung gemäß der E4 wird das Türblatt durch einen Elektro-
magneten offen gehalten, der auf einen Arm des Türschließers wirkt, einen Ab-
drückbolzen und einen durch diesen betätigten Schalter zeigt diese Druckschrift
nicht.

Die E1 beschreibt eine Tür, die durch einen Permanentmagneten offen gehalten
wird und der Schließvorgang durch ein elektrisch erzeugtes Gegenmagnetfeld
ausgelöst wird. Bei der E5 wird ein Türblatt mechanisch offen gehalten und zum
Schließen diese Halterung elektromagnetisch gelöst.

Die E3 betrifft die Steuerung eines Elektromagneten zum Offenhalten einer Tür,
Einzelheiten des Elektromagneten zeigt sie nicht.

3.2 Die beanspruchte Feststellvorrichtung gemäß geltendem Anspruch 1, deren
gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, beruht auch auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit.

Keine der entgegengehaltenen Druckschriften betrifft eine Feststellvorrichtung, bei
der verhindert wird, dass nach dem Ablösen der Tür vom Elektromagneten dieser
wieder bestromt wird, obwohl seine Funktion nicht mehr gebraucht wird (vgl. Be-
schreibung Absatz 0004). Nur die beanspruchte Feststellvorrichtung zeigt eine
Lösung des Problems dadurch, dass der Elektromagnet nur dann bestromt wird,
wenn durch die geöffnete Tür der Abdrückbolzen in eine zweite Position verscho-
ben ist, wodurch das Schaltelement in einem geschlossenen Schaltzustand ge-
halten wird.

Die E2 zeigt eine Lösung zur Erkennung des Schaltzustands des Elektromagne-
ten; eine Anregung, das Schaltelement mit dem Elektromagneten in Reihe zu
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schalten und es mit dem Abdrückbolzen in der geschlossenen Stellung zu halten,
solange der Elektromagnet bestromt wird, ist dieser Druckschrift nicht zu entneh-
men.

Wie zur Neuheit schon beschrieben, betreffen die übrigen Entgegenhaltungen ei-
nen weiter abliegenden Stand der Technik, insbesondere zeigt keine der Druck-
schriften einen Abdrückbolzen, der bei unbestromtem Elektromagneten ein Tür-
blatt abdrückt und dabei den Schaltzustand eines mit dem Elektromagneten in
Reihe geschalteten Schaltelelements ändert. Sie konnten daher weder für sich
noch in einer Zusammenschau eine hinreichende Anregungen geben, die zugrun-
deliegende Aufgabe mit den beanpruchten Merkmalen zu lösen.

Somit stehen die im Prüfungsverfahren genannten Druckschriften der Feststellvor-
richtung nach Anspruch 1 nicht patenthindernd entgegen; der Anspruch ist des-
halb gewährbar. Die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche betref-
fen Ausgestaltungen, die nicht trivial sind; sie sind daher ebenfalls gewährbar.

4. Einer weitergehenden Begründung des Beschlusses bedarf es nicht, da dem
Antrag der einzigen am Beschwerdeverfahren Beteiligten gefolgt wird und die we-
sentlichen Gründe der Entscheidung dargelegt wurden.


Dr. Lischke Hildebrandt Eisenrauch Dr. Großmann

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