10 W (pat) 53/15  - 10. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:090517B10Wpat53.15.0


BUNDESPATENTGERICHT




10 W (pat) 53/15
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung …
(hier: Zurückweisung der Anmeldung und
Wiedereinsetzungsantrag)





hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
9. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie
der Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt, Eisenrauch und Dipl.-Ing. Küest

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beschlossen:

1. Der Antrag des Anmelders auf Wiedereinsetzung in die ver-
säumte Frist zur Stellung des Verfahrenskostenhilfeantrags für
das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluss der
Prüfungsstelle für Klasse E04B des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 26. August 2015 gilt als nicht eingelegt.


G r ü n d e

I.

Der Anmelder, Antragsteller und Beschwerdeführer (Im Folgenden: Anmelder) ist
der Erwerber einer am 11. August 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt
(DPMA) eingereichten Patentanmeldung mit der Bezeichnung „…
“ (Streitanmeldung). Mit Beschluss der Patentabtei-
lung 25 des DPMA vom 4. Oktober 2006 ist ihm erstmals zur Jahresgebühr für das
8. Patentjahr sowie für die Patentprüfungsverfahren Verfahrenskostenhilfe ge-
währt worden. Nachfolgend ist ihm jeweils antragsgemäß noch bis zur Jahresge-
bühr für das 17. Patentjahr Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden.

Nachdem der Anmelder zum anberaumten Anhörungstermin nicht erschienen war,
hat die Prüfungsstelle für Klasse E04B des DPMA mit Rücksicht auf die unverän-
dert gebliebene Antragslage die Streitanmeldung mit Beschluss vom
26. August 2015 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss hat der Anmelder am 29. September 2015 form- und
fristgerecht beim DPMA Beschwerde eingelegt. Die Patentprüfungsstelle hat der
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Beschwerde nicht abgeholfen, sondern diese dem Bundespatentgericht zur Ent-
scheidung vorgelegt. Nachdem dort festgestellt worden war, dass die Beschwer-
degebühr nicht gezahlt und auch keine Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für das
Beschwerdeverfahren gestellt worden war, hat der Rechtspfleger mit Bescheid
vom 11. Januar 2016 dem Anmelder mitgeteilt, es werde mit Beschluss festzu-
stellen sein, dass die Beschwerde gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht eingelegt
gilt.

Mit Eingaben vom 9. Februar 2016 ist der Anmelder den Ausführungen des
Rechtspflegers entgegengetreten. Ihm sei nicht mitgeteilt worden, dass es für das
Beschwerdeverfahren eines gesonderten Verfahrenskostenhilfeantrags bedurft
hätte. Auch das DPMA sei wohl dieser Meinung gewesen, dass solcher Antrag
entbehrlich sei. Andernfalls hätte es die Beschwerde nicht an das Bundespatent-
gericht weitergeleitet. Die Nichtabhilfeentscheidung des DPMA zeige, dass es von
der Wirksamkeit und Zulässigkeit der Beschwerde ausgegangen sei. Hieran sei
das Bundespatentgericht gebunden. Andernfalls müsse gelten, dass er die Frist
zur Zahlung der Beschwerdegebühr schuldlos versäumt habe.

Der erkennende Senat hat die Eingabe des Anmelders als Antrag auf Wiederein-
setzung in den vorigen Stand beurteilt, diesem aber mit Bescheid vom
2. März 2016 sogleich mitgeteilt, dass seiner Einschätzung nach nicht von einer
schuldlosen Versäumung der Frist ausgegangen werden könne. Hierauf hat sich
der Anmelder nochmals mit einer Eingabe vom 4. April 2016 eingelassen und her-
ausgestellt, er habe zu Recht davon ausgehen dürfen, dass seine Beschwerde
von der bisher bewilligten Verfahrenskostenhilfe mitumfasst worden sei.

Der Anmelder beantragt (sinngemäß),

die von ihm eingelegte Beschwerde als wirksam zu behandeln
oder ihm hilfsweise für das Beschwerdeverfahren Wiedereinset-
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zung in die Frist zur Stellung des Verfahrenskostenhilfeantrags zu
gewähren.

Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vorbringens wird auf den Akteninhalt Be-
zug genommen.


II.

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Stellung des
Verfahrenskostenhilfeantrags für das Beschwerdeverfahren ist zurückzuweisen.

a) Die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wurde vorliegend versäumt, da
sie nicht gezahlt und auch kein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt wurde.
Die Beschwerdegebühr hätte innerhalb der Beschwerdefrist entrichtet werden
müssen, also innerhalb von einem Monat nach Zustellung des Zurückweisungsbe-
schlusses (§ 73 Abs. 2 Satz 1 PatG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG). Die glei-
che Frist wäre auch im Falle eines Antrags auf Verfahrenskostenhilfe für das Be-
schwerdeverfahren zu beachten gewesen (vgl. § 134 PatG).

Die Beschwerdegebühr ist entgegen der Ansicht des Anmelders nicht von der
Verfahrenskostenhilfe umfasst, die ihm mit Beschluss vom 4. Oktober 2006 für
das Patentprüfungsverfahren gewährt worden war. Das Prüfungsverfahren endet
in gebührenrechtlicher Hinsicht mit dem Beschluss, durch den ein Patent erteilt
oder die Patentanmeldung zurückgewiesen wird. Für das Beschwerdeverfahren ist
somit ein gesonderter Antrag auf Verfahrenskostenhilfe erforderlich, was völlig
unstreitig ist (vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 135 Rn. 13; Ben-
kard/Schäfers, PatG, 11. Aufl., § 130 Rn. 17). Etwas anderes ergibt sich auch
nicht aus der Vorgehensweise des DPMA, das der Beschwerde nicht abgeholfen,
sondern diese unverzüglich dem Bundespatentgericht zur Entscheidung vorgelegt
hat. Hierin ist entgegen der Auffassung des Anmelders keine gebührenrechtlich
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relevante Entscheidung zu sehen, an die das Bundespatentgericht gebunden
wäre. Das DPMA hat die Beschwerde offensichtlich ohne Prüfung eines wirksa-
men Gebühreneingangs an das Bundespatentgericht weitergeleitet. Eine solche
Vorgehensweise war deshalb möglich, weil dem DPMA eine Prüfung des Gebüh-
reneingangs nur dann obliegt, wenn es der Beschwerde zu Gunsten eines Be-
schwerdeführers abhelfen möchte. Dies war vorliegend aber nicht der Fall.

b) Der Wiedereinsetzungsantrag vom 9. Februar 2016 ist zulässig. Er wurde
auch im Sinne von § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG innerhalb von zwei Monaten nach
„Wegfall des Hindernisses“ gestellt. Zu Gunsten des Anmelders kann vorliegend
davon ausgegangen werden, dass er Kenntnis von der Notwendigkeit einer Ge-
bührenzahlung erst mit Zugang des Rechtspflegerbescheides vom
11. Januar 2016 erhalten hat, mit dem der Anmelder auf die ausgebliebene Zah-
lung der Beschwerdegebühr hingewiesen worden war.

c) Der Wiedereinsetzungsantrag ist aber unbegründet, da keine Anhaltspunkte
dafür gegeben sind, dass der Anmelder die Frist zur Zahlung der Beschwerdege-
bühr bzw. zur Stellung des Verfahrenskostenhilfeantrags ohne Verschulden ver-
säumt hat.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG darf eine Wiedereinsetzung nur gewährt werden,
wenn der Antragsteller glaubhaft darlegt, dass er ohne Verschulden verhindert
war, die Frist einzuhalten. Hierzu ist der Vortrag des Anmelders, er habe ohne
weiteres davon ausgehen dürfen, dass das Beschwerdeverfahren, einschließlich
der hierfür zu zahlenden Gebühr, von der bereits für das Prüfungsverfahren ge-
währten Verfahrenskostenhilfe mitumfasst sei, nicht ausreichend. Der Anmelder
war mit dem System der Verfahrenskostenhilfe bereits hinreichend vertraut.
Schließlich hatte er in der Vergangenheit für das Patentprüfungsverfahren und für
eine ganze Reihe von Jahresgebühren, die zur Streitanmeldung fällig geworden
waren, jeweils Verfahrenskostenhilfe beantragt und auch erhalten. Daher musste
ihm klar gewesen sein, dass im Zusammenhang mit der Beschwerdeeinlegung in
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gebührenmäßiger Hinsicht etwas zu veranlassen war. Dass für das Beschwerde-
verfahren definitiv eine gesonderte Gebühr zu zahlen war, ergab sich für den An-
melder jedenfalls aus der Rechtsmittelbelehrung zum angefochtenen Beschluss.
Eines zusätzlichen Hinweises darauf, dass er, um seine Rechte zu wahren, ggf.
einen weiteren Antrag auf Verfahrenskostenhilfe stellen musste, bedurfte es daher
nicht mehr. Im Falle fortbestehender Zweifeln hätte es ihm zudem oblegen, beim
DPMA nachzufragen und sich auf diese Weise Klarheit zu verschaffen.

d) Da bereits die vorgetragenen Tatsachen eine Wiedereinsetzung nicht
rechtfertigen, konnte auf eine Glaubhaftmachung der vorgetragenen Tatsachen
(§ 123 Abs. 2 Satz 2 PatG) verzichtet werden. Darüber hinaus konnte auch offen
bleiben, ob die Verfahrenskostenhilfe auch deshalb zu versagen gewesen wäre,
weil es der Anmelder unterlassen hat, (spätestens) innerhalb der Wiedereinset-
zungsfrist auch eine ausgefüllte und unterschriebene Erklärung über seine per-
sönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen nachzureichen (vgl. zu
den hierbei sehr strengen Anforderungen: BGH NJW 2017, 735 f. mit Anm. Reich-
ling und (BGH) Beschluss vom 11. Januar 2017, Az. X ZA 3/15, veröffentlicht in
JURIS®).

2. Da weder die Beschwerdegebühr gezahlt noch der in Verbindung mit dem
Wiedereinsetzungsantrag gestellte Antrag auf Verfahrenskostenhilfe erfolgreich
war, ist die Rechtsfolge des § 6 Abs. 2 PatKostG eingetreten, wonach die Be-
schwerde des Anmelders als nicht eingelegt gilt.


III.

Gegen diesen Beschluss steht der Antragstellerin das Rechtsmittel der Rechtsbe-
schwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie
nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

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1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. der Antragstellerin das rechtliche Gehör versagt war,
4. die Antragstellerin im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertre-
ten war, sofern sie nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Dr. Lischke Hildebrandt Eisenrauch Küest

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