10 W (pat) 29/15  - 10. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



10 W (pat) 29/15
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
17. Oktober 2017





B E S C H L U S S

In der Einspruchs-Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2010 045 291







hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) aufgrund der mündlichen Ver-
handlung vom 17. Oktober 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt, Eisenrauch und
Dipl.-Ing. Küest

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beschlossen:

Auf die Beschwerde des Patentinhabers wird der Beschluss der
Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
19. Januar 2015 aufgehoben und das Patent wird mit folgenden
Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hauptantrag,
- übrige Unterlagen wie Patentschrift.


Gründe

I.

Gegen das Patent 10 2010 045 291, dessen Erteilung am 16. Mai 2013 veröffent-
licht wurde, ist am 14. August 2013 Einspruch erhoben worden.

Die Einsprechende bezieht sich hinsichtlich fehlender Patentfähigkeit auf folgende
Druckschriften:

DE 27 30 629 C2 (E1)
GB 1 197 301 A (E3)
DE 77 36 974 U1 (E12)
EP 0 139 827 A2 (E13)

Außerdem macht sie eine angebliche Offenkundige Vorbenutzung geltend und
legt hierzu Fotos E5 bis E7 sowie weitere Belege, u. a. zwei Eidesstattliche Versi-
cherungen (E9 und E10) vor.

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Die Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Be-
schluss vom 19. Januar 2015 das Patent widerrufen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 16. April 2015 eingegangene Be-
schwerde des Patentinhabers.

Er führt aus, dass der Patentgegenstand gegenüber dem aufgezeigten Stand der
Technik patentfähig sei.

Die Beschwerdegegnerin und Einsprechende hat mit Schriftsatz vom
20. September 2017 ihren Einspruch zurückgenommen und ist daher nicht mehr
am Verfahren beteiligt. Da der Patentinhaber Beschwerdeführer ist, war das Ver-
fahren von Amts wegen fortzuführen (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 10. Auflage,
§ 61 Rn. 33).

Zu den von der Einsprechenden außerdem behaupteten offenkundigen Vorbenut-
zungen hat der Senat in der mündlichen Verhandlung Zeugenbeweis erhoben und
er hat diese nach Vernehmung der beiden Zeugen und eingehender Beweiswürdi-
gung sowie Erörterung mit dem Patentinhaber als hinreichend nachgewiesen an-
gesehen.

Der Beschwerdeführer und Patentinhaber hat daraufhin seinen Hilfsantrag 1 aus
dem Schriftsatz vom 10. August 2015 zum Hauptantrag gemacht und beantragt,

unter Aufhebung des patentamtlichen Beschlusses vom
19. Januar 2015, das Patent in diesem Umfang beschränkt auf-
rechtzuerhalten.

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Die geltenden Patentansprüche haben folgenden Wortlaut:

1. Formsteinverlegevorrichtung mit einer Greifeinrichtung (10)
zum Greifen einer Formsteinlage (11), wobei die Greifeinrichtung
(10) auf gegenüberliegenden Seiten einer Formsteinlage (11)
anordenbare Ausrichtbacken (12a, 12b) aufweist, die eine Mehr-
zahl von Verschiebeelementen (24) umfassen, die in Richtung der
Formsteinlage (11) vorstehen, beim Schließen der Ausrichtbacken
(12a, 12b) mit einzelnen Formsteinreihen in Kontakt treten und
diese Formsteinreihen gegenüber benachbarten Formsteinreihen
verschieben, und wobei zumindest ein Ausrichtbacken (12a, 12b)
ein Backenbasiselement (20) umfasst, das beim Greifvorgang in
Verschieberichtung der Formsteinreihen bewegbar ist, dadurch
gekennzeichnet, dass zumindest zwei Verschiebeelemente (24)
derart an dem zumindest einen Ausrichtbacken (12a, 12b) ange-
ordnet und ausgebildet sind, dass sie beim Schließen der Aus-
richtbacken (12a, 12b) zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit den
Formsteinreihen in Eingriff gelangen, so dass sie den Verschiebe-
vorgang dieser Formsteinreihen zu unterschiedlichen Zeitpunkten
auslösen, und dass die zumindest zwei Verschiebeelemente (24)
während des Verschiebevorgangs zwischen einer Ausgangsposi-
tion, in der sie unterschiedlich weit über das Backenbasiselement
(20) vorstehen, und einer Endposition relativ zum Backenbasise-
lement (20) bewegbar sind.

2. Formsteinverlegevorrichtung nach Anspruch 1, dadurch ge-
kennzeichnet, dass der zumindest eine Ausrichtbacken (12a, 12b)
eine am Backenbasiselement (20) schwenkbar befestigte
Schwenkschiene (22) aufweist, an der die Verschiebelemente (24)
befestigt sind und die in unterschiedliche Winkelstellungen relativ
zum Backenbasiselement (20) verschwenkbar ist.
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3. Formsteinverlegevorrichtung nach Anspruch 2, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Schwenkschiene (22) zwischen einer
Schrägstellung, in der die Schwenkschiene (22) schräg zu be-
nachbarten Stirnseiten von Formsteinen (4) verläuft, und einer Pa-
rallelstellung, in der die Schwenkschiene (22) parallel zu den be-
nachbarten Stirnseiten der Formsteine (4) verläuft, schwenkbar ist.

4. Formsteinverlegevorrichtung nach Anspruch 2 oder 3,
dadurch gekennzeichnet, dass das Backenbasiselement (20) eine
geradlinige Längsschiene umfasst, die während des Greifvor-
gangs senkrecht zur Verschieberichtung der Formsteinreihen an-
geordnet ist.

5. Formsteinverlegevorrichtung nach einem der Ansprüche 2
bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Schwenkschiene (22)
aus einem länglichen Profilelement besteht, an dem eine Mehrzahl
von Verschiebelementen (24) mit veränderbarem Abstand befes-
tigt sind.

6. Formsteinverlegevorrichtung nach einem der Ansprüche 2
bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass der zumindest eine Ausricht-
backen (12a, 12b) eine Gelenkhebeleinrichtung (28) aufweist, die
am Backenbasiselement (20) gelagert ist, wobei die Schwenk-
schiene (22) an einer von ihrer Schwenkachse beabstandeten
Stelle an der Gelenkhebeleinrichtung (28) abgestützt ist, so dass
die Winkelstellung der Schwenkschiene (22) mittels der Gelenk-
hebeleinrichtung (28) veränderbar ist.

7. Formsteinverlegevorrichtung nach Anspruch 6, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Gelenkhebeleinrichtung (28) eine Kniehe-
beleinrichtung umfasst, die in einer ersten Übertotpunktstellung
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die Schwenkschiene (22) in einer bestimmten Winkelstellung rela-
tiv zum Backenbasiselement (20) fixiert, während sie nach
Schwenken über den Totpunkt eine Annäherung der Schwenk-
schiene (22) an das Backenbasiselement (20) bewirkt.

8. Formsteinverlegevorrichtung nach Anspruch 6 oder 7,
dadurch gekennzeichnet, dass der zumindest eine Ausrichtbacken
(12a, 12b) eine am Backenbasiselement (20) beweglich gelagerte
Steuereinrichtung aufweist, die mit der Gelenkhebeleinrichtung
(28) in Wirkverbindung ist, um diese in Abhängigkeit des Ver-
schiebezustands der Formsteinreihen zu verschwenken.

9. Formsteinverlegevorrichtung nach Anspruch 8, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Steuereinrichtung eine Steuerschiene (41)
umfasst, die in Richtung der Formsteinlage (11) über die
Schwenkschiene (22) vorsteht, wenn sich diese in einer Schräg-
stellung relativ zum Backenbasiselement (20) befindet, und mit
zunehmender Verschiebung der Formsteinreihen von den Form-
steinen (4) in eine weiter zurückgeschobene Stellung verschiebbar
ist.

10. Formsteinverlegevorrichtung nach Anspruch 1, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die zumindest zwei Verschiebeelemente (24)
teleskopisch längenveränderlich sind und/oder mittels separater
Zustelleinrichtungen in Positionen mit unterschiedlichem Über-
stand über das Backenbasiselement (20) bringbar sind.

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II.

1. Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie hat inso-
fern Erfolg, als das Patent mit einem eingeschränkten Patentanspruch 1 be-
schränkt aufrechterhalten worden ist.

2. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 10, welche auf den ursprünglichen
Hilfsantrag 1 zurückgehen, sind zulässig.

Das in den Patentanspruch 1 aufgenommene Merkmal der Bewegbarkeit der Ver-
schiebeelemente zwischen einer Ausgangs- und einer Endposition relativ zum
Backenbasiselement findet seine Stütze im erteilten Anspruch 10 sowie in Abs.
[0044] der Streitpatentschrift und ist an den entsprechend gleichlautenden Stellen
der Offenlegungsschrift ursprungsoffenbart.

Die übrigen Patentansprüche sind unter Anpassung an den geänderten Patentan-
spruch 1 gegenüber der erteilten Fassung unverändert geblieben.

3. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1, dessen gewerbliche
Anwendbarkeit außer Zweifel steht, ist patentfähig.

3.1 Das dort gegenüber der erteilten Fassung hinzugenommene Merkmal der
Bewegbarkeit der Verschiebeelemente zwischen einer Ausgangs- und einer End-
position relativ zum Backenbasiselement findet sich weder bei einer von dem
druckschriftlich angeführten Stand der Technik (E1, E3, E12 und E13) noch bei
einer von den geltend gemachten Vorbenutzungen (E5 bis E10) umfassten Vor-
richtung, so dass die Neuheit gegeben ist.

3.2 Da sich im gesamten aufgezeigten Stand der Technik auch keinerlei Hin-
weis auf die mit dem geltenden Patentanspruch 1 nunmehr beanspruchte spezi-
- 8 -
elle Ausbildung einer Formsteinverlegevorrichtung findet, beruht dessen Gegen-
stand auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4. Mit dem demnach gewährbaren geltenden Patentanspruch 1 sind auch die
von diesem getragenen, auf vorteilhafte Ausgestaltungen seines Gegenstandes
gerichteten Unteransprüche 2 bis 10 gewährbar.

5. Einer weitergehenden Begründung der Entscheidung im Einzelnen bedarf
es nicht, da dem Antrag des einzig noch am Verfahren beteiligten Patentinhabers
stattgegeben wird, und die den angefochtenen Beschluss tragenden Gründe zu-
mindest insoweit gegenstandslos sind, wie sich der Gegenstand des hier zugrun-
deliegenden Antrags geändert hat (vgl. BGH GRUR 2004, 79, 80, letzter Satz).


Dr. Lischke Hildebrandt Eisenrauch Küest

prö


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