10 W (pat) 170/14  - 10. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



10 W (pat) 170/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
11. Mai 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 100 19 029



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hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Eisenrauch, Dr.-Ing. Großmann und
Dipl.-Ing. Richter

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der
Patentabteilung 26 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
24. Juni 2014 aufgehoben und das Patent wird mit folgenden Un-
terlagen beschränkt aufrechterhalten:

- Patentansprüche 1 bis 8 gemäß den in der mündlichen
Verhandlung überreichten Unterlagen;
- neue Beschreibung, wie in der mündlichen Verhandlung über-
reicht;
- Figuren gemäß Patentschrift.


G r ü n d e

I.

Gegen das am 18. April 2000 angemeldete Patent 100 19 029, dessen Erteilung
am 4. Oktober 2012 veröffentlicht worden ist, ist Einspruch erhoben worden. Die
Patentabteilung 26 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat auf Grund der
Anhörung am 24. Juni 2014 beschlossen, das Patent zu widerrufen.

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Im Einspruchsverfahren sind dabei die Druckschriften

E1: US 5 960 872 A
E2: JP 06-272 751 A
E3: EP 0 812 746 A2
E4: DE 197 15 324 A1
E5: DE 197 41 449 A1

herangezogen worden, während im Patenterteilungsverfahren bereits die Druck-
schriften

D1: DE 196 06 202 A1
D2: DE 197 15 324 A1 (= E4)
D3: EP 0 787 929 A2 (Patentfamilie von E1 mit gleicher Prioritätsanmeldung)
D4: EP 0 916 816 A1

berücksichtigt worden sind.

Die Patentabteilung hat ihren Beschluss damit begründet, dass der Gegenstand
des erteilten Anspruchs 1 in allen beantragten Fassungen nicht auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit beruhe, da dessen Merkmale entweder aus der E1 unmittelbar
hervorgingen oder zumindest durch das Fachwissen, das mit der E2 belegt wird,
nahegelegt seien.

Gegen den Beschluss der Patentabteilung hat die Patentinhaberin am
25. August 2014 Beschwerde eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass der Pa-
tentgegenstand bereits in seiner erteilten Fassung nicht nahegelegt sei, da der
nächstkommende Stand der Technik nach der E1 auf Grund der schematischen
Darstellung die konkreten baulichen Merkmale des Streitgegenstandes nicht of-
fenbaren bzw. nahelegen könne. Letzteres gelte insbesondere auch im Hinblick
auf die neu aufgenommenen Ausgestaltungsmerkmale des flanschartigen Gehäu-
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ses, das eine Befestigung des Wärmetauschers einerseits und die Anbringung an
einer Ölwanne andererseits aufweise und damit in Verbindung mit den anderen
Merkmalen eine kompakte Bauweise der gesamten Vorrichtung ermögliche.

Die Einsprechende tritt dieser Auffassung in allen Punkten entgegen. So beträfen
die baulichen Ausgestaltungen des Streitgegenstands lediglich fachmännische
Maßnahmen, die dem Fachmann bei der konstruktiven Umsetzung der Lehre der
E1 nahegelegt seien; dabei würden die Befestigungsoptionen des Gehäuses, in
denen lediglich eine Merkmalsaggregation ohne erfinderisches Zusammenwirken
der Merkmale gesehen werde, in Verbindung mit der Lehre der E5 nahegelegt.

Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin überreicht neue Unterlagen gemäß
einem neuen Hauptantrag und stellt den Antrag,

den Beschluss der Patentabteilung 26 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 24. Juni 2014 aufzuheben und das Patent im
Umfang ihres neuen Hauptantrags beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,


die Beschwerde zurückzuweisen.


Der Patentanspruch 1 lautet in der beantragten Fassung:

„Vorrichtung zum Kühlen und/oder Temperieren von Getriebeöl
eines Fahrzeugantriebes mit einem von dem Öl durchströmten
Wärmetauscher, dem gekühltes und/oder heißes Kühlmittel eines
Verbrennungsmotors über wenigstens ein Ventil zuführbar ist,
dem ein von dem Öl umspültes Arbeitselement zugeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass ein flanschartig an dem Wärme-
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tauscher (14) anbringbares Bauteil (10) vorgesehen ist, das einen
an einen Ölaustritt des Wärmetauschers anschließbaren Ölkanal
(18) enthält, in welchem ein Gehäuse (21) des thermostatischen
Arbeitselementes (22) angeordnet ist, dessen Arbeitskolben (26)
mit einem in dem Bauteil (10) untergebrachten Ventil (27, 28; 33,
34) verbunden ist, das zwischen wenigstens einem Zulauf (29, 39)
des Bauteils (10) für Kühlmittel und einem Eintritt (37) des Bauteils
(10) in den Wärmetauscher (14) angeordnet ist, wobei dem ther-
mostatischen Arbeitselement (22) ein erstes Ventil (27, 28) zuge-
ordnet ist, das bis zum Erreichen einer Mindesttemperatur des Öls
die Zufuhr von gekühltem Kühlmittel zu dem Wärmetauscher (14)
sperrt und wobei dem thermostatischen Arbeitselement (22) ein
zweites Ventil (33, 34) zugeordnet ist, das bei Erreichen einer vor-
gegebenen Temperatur des Öls die Zufuhr von heißem Kühlmittel
zum Wärmetauscher (14) sperrt und wobei dem ersten Ventil (27,
28) ein Zulauf (39) für von einem Kühlmittelkühler kommendes
Kältemittel und dem zweiten Ventil (33, 34) ein Zulauf (29) für von
dem Verbrennungsmotor kommendes Kühlmittel zugeordnet sind,
und dass zwischen dem ersten Ventil und dem zweiten Ventil eine
Mischkammer (36) vorhanden ist, an die der Eintritt (37) für Kühl-
mittel zu dem Wärmetauscher (14) anschließt, wobei das Bauteil
(10) ein Formteil ist, in welches wenigstens ein Kühlmittelkanal
(24) eingeformt ist, dessen Ende in den Ölkanal (18) übergeht und
einen Sitz (23) für das in den Ölkanal (18) ragende Gehäuse (21)
des Arbeitselementes (22) bildet, wobei das flanschartige Bauteil
(10) als ein Halteelement für den Wärmetauscher (14) ausgebildet
ist und das flanschartige Bauteil zwischen einer Ölwanne eines
Kraftfahrzeugantriebes und dem Wärmetauscher zur Temperie-
rung des Getriebeöls anbringbar ist, wobei das flanschartige Bau-
teil als ein Metallkunststoffteil hergestellt ist, mit Befestigungsau-
gen zum Verschrauben an einer Deckelplatte des Wärmetau-
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schers und mit weiteren Befestigungsaugen zum Befestigen an
der Ölwanne mittels Schrauben.“

Hieran schließen sich die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8
an, die folgendermaßen lauten:

„2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
in den Kühlmittelkanal (24) ein Führungsteil (29) eingesetzt
ist, das eine Axialführung für ein Verlängerungsteil (25) des
Arbeitskolbens (26) des thermostatischen Arbeitselementes
(22) bildet und an welchem eine Rückstellfeder (32) für den
Arbeitskolben (26) angreift.
3. Vorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass
das Verlängerungsteil (25) mit einem Ventilteller (27) verse-
hen ist, dem auf der dem thermostatischen Arbeitselement
(22) zugewandten Seite ein Ventilsitz (28) zugeordnet ist.
4. Vorrichtung nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeich-
net, dass auf dem Verlängerungsteil (25) ein zweiter Ventil-
teller (33) angeordnet ist, der einem von dem Führungsteil
(29) gebildeten Ventilsitz (34) zugeordnet ist.
5. Vorrichtung nach Anspruch 3 und 4, dadurch gekennzeich-
net, dass zwischen den beiden Ventilsitzen (28, 34) die
Mischkammer (36) für Kühlmittel vorgesehen ist, von welcher
ein Eintritt (37) zu dem Wärmetauscher (14) führt.
6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 2 bis 5, dadurch ge-
kennzeichnet, dass der von dem Führungsteil (29) gebildete
Kühlmittelanschluss mit einem Motoraustritt und ein zwi-
schen dem Gehäuse (21) des thermostatischen Arbeitsele-
mentes (22) und dem ersten Ventil (27, 28) mündende Zulauf
(39) mit dem Kühlmittelkühler verbunden sind.

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7. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch ge-
kennzeichnet, dass der Ölkanal (18), in den das Gehäuse
(21) des thermostatischen Arbeitselementes (22) ragt, an ei-
nen Ölaustritt des Wärmetauschers (14) anschließt.
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch ge-
kennzeichnet, dass zwei nebeneinander angeordnete, mit ih-
rem Gehäuse (21) in den Ölkanal (18) ragende und jeweils
mit ihrem Arbeitskolben (26) an das gleiche Verlänge-
rungsteil (25) angreifende, auf gleiche Temperaturen ausge-
legte, thermostatische Arbeitselemente (22) vorgesehen
sind.“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte verwiesen.


II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. In der Sache hat sie
Erfolg und führt zu der beantragten beschränkten Aufrechterhaltung des Patents.

1. Zum Streitgegenstand

Das vorliegende Patent betrifft eine Vorrichtung zum Kühlen und/oder Temperie-
ren von Öl, insbesondere von Getriebeöl eines Fahrzeugantriebes, mit einem von
dem Öl durchströmten Wärmetauscher, dem gekühltes und/oder heißes Kühlmittel
eines Verbrennungsmotors über wenigstens ein Ventil zuführbar ist, dem ein von
dem Öl umspültes thermostatisches Arbeitselement zugeordnet ist (siehe Ab-
satz [0001]).

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Der Erfindung liegt entsprechend Absatz [0004] der Streitpatentschrift die Aufgabe
zugrunde, eine Vorrichtung der eingangs genannten Art so auszubilden, dass
möglichst wenig Raum benötigt wird.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht Patentanspruch 1 in der beantragten Fassung
eine Vorrichtung vor, die in Anlehnung an die Merkmalsgliederung im angefochte-
nen Beschluss folgende Merkmale aufweist:

Vorrichtung zum Kühlen und/oder Temperieren von Öl, insbesondere von Ge-
triebeöl eines Fahrzeugantriebs, mit
a) einem von dem Öl durchströmten Wärmetauscher, dem gekühltes und/oder
heißes Kühlmittel eines Verbrennungsmotors über wenigstens ein Ventil zu-
führbar ist,
b) dem ein von dem Öl umspültes Arbeitselement zugeordnet ist,
c) ein flanschartig an dem Wärmetauscher (14) anbringbares Bauteil (10) vor-
gesehen ist,
d) das einen an einen Ölaustritt des Wärmetauschers anschließbaren Ölkanal
(18) enthält,
e) in welchem ein Gehäuse (21) des thermostatischen Arbeitselements (22)
angeordnet ist,
f) dessen Arbeitskolben (26) mit einem in dem Bauteil (10) untergebrachten
Ventil (27, 28; 33, 34) verbunden ist,
g) das zwischen wenigstens einem Zulauf (29, 39) des Bauteils (10) für Kühl-
mittel und einem Eintritt (37) des Bauteils (10) in den Wärmetauscher (14) an-
geordnet ist,
h) wobei dem thermostatischen Arbeitselement (22) ein erstes Ventil (27, 28)
zugeordnet ist, das bis zum Erreichen einer Mindesttemperatur des Öls die
Zufuhr von gekühltem Kühlmittel zu dem Wärmetauscher (14) sperrt
i) und wobei dem thermostatischen Arbeitselement (22) ein zweites Ventil (33,
34) zugeordnet ist, das bei Erreichen einer vorgegebenen Temperatur des Öls
die Zufuhr von heißem Kühlmittel zum Wärmetauscher (14) sperrt
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j) und wobei dem ersten Ventil (27, 28) ein Zulauf (39) für von einem Kühlmit-
telkühler kommendes Kältemittel und dem zweiten Ventil (33, 34) ein Zulauf
(29) für von dem Verbrennungsmotor kommendes Kühlmittel zugeordnet ist,
und dass zwischen dem ersten Ventil und dem zweiten Ventil eine Mischkam-
mer (36) vorhanden ist, an die der Eintritt (37) für Kühlmittel zu dem Wärme-
tauscher (14) anschließt,
k) wobei das Bauteil (10) ein Formteil ist, in welches wenigstens ein Kühlmittel-
kanal (24) eingeformt ist, dessen Ende in den Ölkanal (18) übergeht und einen
Sitz (23) für das in den Ölkanal (18) ragende Gehäuse (21) des Arbeitsele-
mentes (22) bildet.
l) wobei das flanschartige Bauteil (10) als ein Halteelement für den Wärmetau-
scher (14) ausgebildet ist und
m) das flanschartige Bauteil zwischen einer Ölwanne eines Kraftfahrzeugan-
triebes und dem Wärmetauscher zur Temperierung des Getriebeöls anbringbar
ist,
n) wobei das flanschartige Bauteil als ein Metallkunststoffteil hergestellt ist,
o) mit Befestigungsaugen zum Verschrauben an einer Deckelplatte des Wär-
metauschers und mit weiteren Befestigungsaugen zum Befestigen an der Öl-
wanne mittels Schrauben.

Hierbei bedürfen einige Merkmale der Erläuterung, wobei als Fachmann ein Di-
plom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau oder einem dementspre-
chenden Hochschulabschluss angesehen wird, der über eine mehrjährige Erfah-
rung in der Konstruktion von Komponenten für Kühlkreisläufe bei Kraftfahrzeugen,
insbesondere Thermostatventilen, verfügt.

Zunächst ist hervorzuheben, dass in Merkmal c lediglich die Befestigungsart, bei
der das Bauteil „flanschartig an dem Wärmetauscher anzubringen ist“, bean-
sprucht wird, nicht aber eine (im Übrigen nicht näher definierte) flanschartige Ge-
häusebauform. Dabei wird unter einer flanschartigen Anbringung eine Befestigung
über vom Bauteil abragende Flächen an einer (üblicherweise ebenen) Oberfläche
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verstanden. Im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 erfolgt die Befestigung des
Bauteils 10 auf der Deckelplatte 12 des Wärmetauschers über seitlich herausra-
gende Befestigungsaugen 11 mittels Schrauben 13. Neben der Art der Befesti-
gung wird zudem gefordert, dass die Befestigung unmittelbar am Wärmetauscher
erfolgt.

Bei dem Merkmal k, dass das Bauteil ein Formteil ist, in welches wenigstens ein
Kühlmittelkanal eingeformt ist, wird der Fachmann von einem Bauteil ausgehen,
das mit Hilfe eines Formverfahrens, z. B. einem Druckguss- oder Spritzgussver-
fahren, hergestellt wird.

Die Merkmalskombination stellt somit eine Vorrichtung unter Schutz, bei der eine
Vielzahl von Funktionskomponenten innerhalb eines Gehäuses so angeordnet und
das Gehäuse selbst dabei gemäß den Merkmalen c, l, m und o so ausgeführt ist,
dass sich eine kompakte Bauweise sowohl im Hinblick auf das Thermostat selbst
als auch auf dessen Einbauumgebung ergibt.

2. Die Unterlagen gemäß Hauptantrag weisen keine unzulässige Erweiterung
auf und sind damit zulässig.

Der geltende Anspruch 1 ist durch die Aufnahme der Merkmale der erteilten sowie
ursprünglich offenbarten Ansprüche 2 bis 6 sowie der Merkmalsgruppen m bis o in
den ursprünglich eingereichten Anspruch 1 gebildet worden. Die neu aufgenom-
menen Merkmalsgruppen gehen dabei aus den ursprünglich eingereichten Be-
schreibungsabsätzen 9 und 11 der Offenlegungsschrift hervor und sind damit
ebenfalls ursprünglich offenbart.
Bei den weiteren Änderungen in den Ansprüchen 2 bis 8 sowie in der Beschrei-
bung handelt es sich lediglich um Anpassungen an die geltende Anspruchsfas-
sung.

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Damit bestehen von Seiten des Senats keine Bedenken bezüglich der Zulässigkeit
der geltenden Unterlagen und solche wurden auch von der Einsprechenden nicht
geltend gemacht.

3. Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand nach dem geltenden
Anspruch 1 ist neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§§ 1 bis 5 PatG).

3.1. Der Gegenstand nach Anspruch 1 ist neu.

Die Neuheit war bereits bei dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 mit den
Merkmalen a bis g unbestritten gegeben, da aus dem Stand der Technik keine
Ventil-Vorrichtung hervorgeht, bei der das (Gehäuse-)Bauteil flanschartig an dem
Wärmetauscher anbringbar ist (Merkmal c).

Im vorliegenden Stand der Technik weist die E1 die größte Übereinstimmung mit
dem Streitgegenstand auf. Diese offenbart eine Vorrichtung zur Temperaturrege-
lung des Getriebeöls eines Kraftfahrzeuges (siehe Titel) mit einem von einem Öl
durchströmten Wärmetauscher 1, dem gekühltes Kühlmittel 5b und/oder unge-
kühltes Kühlmittel 5a über wenigstens ein Ventil 6a, 6b gemäß Merkmal a zuführ-
bar ist (siehe deren Figuren 1 und 2). Dem auf einer Kolbenstange 10 montierten
Ventilteller 6a ist entsprechend den Figuren 1 oder 2 ein von Öl umspültes Arbeit-
selement bzw. Steuerkolben 12 zugeordnet (Merkmal b), der entsprechend der
Beschreibung den Ventilteller 6a in Abhängigkeit von der Öltemperatur positioniert
(siehe Spalte 2, Zeilen 49 bis 58, bzw. Spalte 3, 1. Absatz). In den Ausführungs-
beispielen gemäß den Figuren 1 oder 2 ist zwar ein an den Öleintritt 2a des Wär-
metauschers 1 angeschlossener Ölkanal gezeigt, jedoch wird in Spalte 2, Zei-
len 59 bis 62 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Bauteil 9 ebenso an ei-
nen Ölkanal am Ölaustritt des Wärmetauschers angeschlossen werden kann
(Merkmal d).

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Der Ansicht der Patentinhaberin, dass das Arbeitselement bzw. der Steuerkol-
ben 12 der E1 entsprechend der wörtlichen Übersetzung „a control piston 12 …. is
designed as an expanding material element“ selbst aus einem sich ausdehnden-
den Material bestehe und deshalb keine Gehäuse erfordere (siehe z. B. Spalte 3,
Zeilen 20 bis 22), kann sich der Senat nicht anschließen. So richtet sich die Of-
fenbarung eines Patentdokuments nach dem, was der unvoreingenommene, ein-
schlägig tätige Fachmann dem Dokument entnimmt. Dabei sind dem Fachmann
Dehnstoffelemente für die Verwendung in Thermostatventilen sowohl als Arbeits-
element als auch aus gängiger, eigenständiger Begriff durchaus geläufig; insbe-
sondere wird auch in der deutschen Version der europäischen Parallelanmeldung
D3 ausdrücklich von einem als Dehnstoffelement ausgebildeten Steuerkolben ge-
sprochen (siehe Spalte 3, Zeilen 8 bis 9). Dehnstoffelemente (einzeln übersetzt:
„expanding-material-element“) weisen als Arbeitsfluid üblicherweise ein Wachs-
material auf, das zwangsläufig in einer Druckkammer aufgenommen werden muss
und bei temperaturbedingter Ausdehnung einen Steuerkolben betätigt (siehe auch
E2, Figur 7 i. V. m. Abs. 27 zum Beleg dieses Fachwissens). Auf Grund dieser be-
kannten vorgegebenen Bauweise ist das für die Funktion eines Dehnstoffelements
zwingend erforderliche Gehäuse implizit ebenfalls mit offenbart. Für eine Ausle-
gung der Patentinhaberin dahingehend, dass das Arbeitselement entgegen dieser
dem Fachmann allgemein bekannten Bauweise als ein sich selbst ausdehnender
Steuerkolben ausgestaltet ist, fehlt hingegen jeglicher Hinweis; darüber hinaus
dürfte ein solches Element zur Lagerung, Führung und Abstützung ebenfalls ein
Gehäuse zur Aufnahme erfordern. Somit ist für den Fachmann in der E1 auch das
Merkmal d offenbart.

Die Merkmale f bis j, die im Wesentlichen die Zu- und Anordnung von weiteren
Funktionskomponenten betreffen, lassen sich der Figur 2 der E1 unmittelbar ent-
nehmen.
Hinsichtlich des Merkmals k erkennt der Fachmann in Figur 2 einen in Längsrich-
tung der Mischkammer 8 des Ventils (entsprechend dem Pfeil 5a) verlaufenden
Kühlmittelkanal, der an seinem linken Ende an den Ölkanal 2a grenzt, wo die Me-
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dien Öl und Kühlwasser durch eine Trennwand getrennt werden. Diese System-
trennwand wird durch die Kolbenstange 12‘ des im Ölkanal 13/2a sitzenden Ar-
beitselements 12 durchbrochen. Damit ist an dieser Stelle bereits ein Sitz vorhan-
den, der zumindest die Abdichtung und Führung der Kolbenstange 12‘, aber auch
die Lagerung des ansonsten nirgends erkennbar abgestützten Arbeitselements 12
übernehmen muss.

Allerdings mangelt es dem Gegenstand der E1 an dem Ausführungsmerkmal der
Merkmalsgruppe k, dass das Bauteil ein Formteil ist, in welches wenigstens ein
Kühlmittelkanal eingeformt ist; darüber hinaus fehlen die weiteren konkreten bauli-
chen Ausgestaltungen des (Gehäuse-)Bauteils gemäß den Merkmalen c sowie l
bis o.

Damit ist der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 neu gegenüber der Vor-
richtung nach der E1.

3.2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen
Tätigkeit.

Die streitpatentgemäße Merkmalskombination stellt eine Vorrichtung unter Schutz,
bei der eine Vielzahl von Funktionskomponenten innerhalb eines Gehäu-
ses/Bauteils so angeordnet und das Gehäuse dabei konstruktiv so ausgeführt ist,
dass eine kompakte Bauweise sowohl im Hinblick auf das Vorrichtung selbst als
auch auf dessen Einbauumgebung ermöglicht wird.

Als nächstkommender Stand der Technik wird die gattungsgemäße Vorrichtung
nach der E1 angesehen. Insbesondere geht aus deren Figur 2 entsprechend den
Ausführungen im Neuheitsvergleich eine Ausführungsform hervor, die alle wesent-
lichen Funktionskomponenten in einer streitpatentgemäßen Anordnung offenbart,
jedoch auf Grund ihrer schematischen Darstellung keine konstruktiven Ausgestal-
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tungsdetails und damit auch nicht die Merkmale c, l, m und o und k (teilweise)
zeigt.

Bei der konstruktiven Umsetzung der Lehre der E1 wird der Fachmann generell
darauf achten, dass das Bauteil möglichst einfach herstellbar, wenig Bauteile und
Bauraum benötigt sowie montagefreundlich ist.

Eine flanschartige Befestigung stellt dabei insbesondere bei flüssigkeitsführenden
Bauteilen, insb. auch bei gekühlten Fahrzeugmotoren, eine fachübliche, gängige
Maßnahme dar, die der Fachmann im Rahmen seiner handwerklichen Tätigkeit
routinemäßig in Betracht ziehen wird, ohne eine besondere Veranlassung dafür zu
benötigen. Unter den vorgenannten Gesichtspunkten liefert ihm darüber hinaus
beispielsweise die E2, bei der in den Figuren 1 bis 6 das direkte Anflanschen ei-
nes Thermostatventils 61 auf dem Wärmetauscher 41, 42 für ein Automatikge-
triebe gezeigt ist, ein entsprechendes Vorbild. Somit handelt es sich bei der Maß-
nahme gemäß Merkmal c lediglich um eine handwerkliche Tätigkeit des Fach-
manns, die ihm auf Grund seiner Erfahrung und seiner speziellen Fachkenntnisse
bei den vorliegenden Rahmenbedingungen nahegelegt ist.

Ähnlich verhält es sich mit den Merkmalen k und n, da die Herstellung von derarti-
gen komplexen Gehäusestrukturen als Formteil mit Hilfe eines formgebenden
Verfahrens, z. B. mittels Spritzguss- oder Druckgussverfahren, ebenfalls üblich ist;
dabei ist im vorliegenden Fall auch eine Gemischtbauweise, bei der Metallteile zur
Verstärkung in das Gehäuse mit eingespritzt werden, nahegelegt, um günstig her-
zustellenden Kunststoff-Spritzgussteilen die erforderliche Festigkeit zu verleihen.
Gerade bei den hier vorliegenden Beanspruchungen mit hohen Drücken und
Temperaturen ist der Fachmann nämlich bei Kunststoffgehäusen zu einer solchen
Bauweise veranlasst.

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Allerdings fehlt es an einer Veranlassung, das flanschartige Bauteil als Halteele-
ment für den Wärmetauscher auszubilden. So wird der Fachmann ausgehend von
der E1 zwar das Gehäuse konstruktiv so ausgestalten, dass es möglichst kompakt
ausfällt und leicht anbaubar ist, wozu er, wie zuvor ausgeführt, eine flanschartige
Befestigung wie bei der E2 vorsieht, mit der das Ventilgehäuse auf dem Wärme-
tauscher befestigt wird (siehe Figur 2 der E2). Eine Anregung dahingehend, das
somit bekanntermaßen als Anbauteil auf dem Wärmetauscher (siehe auch Merk-
mal c!) vorgesehene Ventil im umgekehrten Sinne als Halter für den Wärmetau-
scher zu verwenden, erhält der Fachmann allerdings weder aus dem vorgenann-
ten noch aus dem weiteren Stand der Technik.

So lehrt die von der Einsprechenden im Hinblick auf eine Bauraumoptimierung
angeführte E5, bislang ungenutzten Bauraum bei einer Stützkonsole zur integralen
Aufnahme eines Ölfilters zu nutzen, wobei an die (bereits als Halter fungierende)
Stützkonsole außerdem noch ein Ölkühler direkt angeflanscht werden kann (siehe
Spalte 1, Zeilen 32 bis 39 und 48 bis 58). Somit liegt der E5 die spezielle Aus-
gangsproblematik bei einer Stützkonsole zu Grunde, die dem Fachmann im vor-
liegenden Fall jedenfalls keine Hinweise dahingehend liefern kann, das Ventil-
komponenten umfassende und keinen ungenutzten Bauraum aufweisende Ge-
häuse-Bauteil im Hinblick auf eine Bauraumoptimierung als Halter für den Wär-
metauscher zu nutzen.

Noch weniger kann sie eine Anregung liefern, das Ventilgehäuse als Adapter zwi-
schen Ölwanne und Wärmetauscher gemäß Merkmal m auszugestalten. Zwar
mag in dieser Richtung die E3 die Lehre vermitteln, als Verbindungsteil zwischen
einem Wärmetauscher 30 und einem Retarder 10 einen Flüssigkeitskanäle auf-
weisenden Adapter 20 vorzusehen (siehe Figuren 2 bis 4). Jedoch ist hierbei nicht
erkennbar, wodurch der Fachmann ausgehend von der E1 veranlasst sein sollte,
bei der konstruktiven Ausgestaltung der Vorrichtung nach der E1, die gemäß den
Figuren 1 und 2 zum Anschluss an einen Ölkanal des Wärmetauschers vorgese-
hen ist, dessen Gehäuse so auszugestalten, dass es einerseits den gesamten
- 16 -
Wärmetauscher aufnehmen und dabei andererseits sogar als Verbindungsteil zur
Ölwanne fungieren soll.

Die in der E4 ebenfalls nur schematisch dargestellte Ventileinrichtung 3 kann
schließlich auch keine Hinweise in Richtung einer baulichen Integration der Ventil-
einrichtung liefern.

Somit gelangt der Fachmann ausgehend von der E1 auch unter Berücksichtigung
des angeführten Standes der Technik nicht in naheliegender Weise zu einem Ge-
genstand mit allen Merkmalen gemäß Anspruch 1.

Der Ansicht der Einsprechenden, dass eine bloße Aggregation von Merkmalen
vorliege und die Lehre in voneinander losgelöste Teilbereiche zerfalle, trifft nicht
zu. So geht die Kombination der funktionellen Merkmale mit den konstruktiven
Ausgestaltungen des Gehäuse-Bauteils über eine bloße mosaikartige Zusammen-
stellung bekannter Elemente hinaus, da bei dem konkret beanspruchten Ther-
mostatventil in Verbindung mit der konstruktiven Gehäuseausgestaltung insge-
samt betrachtet eine kompakte Bauweise erzielt wird, die in dieser Kombination,
wie zuvor dargelegt, nicht nahegelegt war.

Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist damit patentfähig.

4. Die auf vorteilhafte Ausgestaltungen des Gegenstands nach Anspruch 1
gerichteten Ansprüche 2 bis 8 haben damit ebenfalls Bestand.


III.

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
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1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4 . ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.


Dr. Lischke Eisenrauch Großmann Richter

prö/Pr


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