10 W (pat) 168/14  - 10. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:


ECLI:DE:BPatG:2017:281117B10Wpat168.14.0


BUNDESPATENTGERICHT



10 W (pat) 168/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
28. November 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache


betreffend das Patent 102 35 239














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hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 28. November 2017 unter Mitwirkung des Vorsit-
zenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt,
Eisenrauch und Dipl.-Ing. Richter

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I .

Das Patent 102 35 239 mit der Bezeichnung „Schmierfett-geschmiertes Schräg-
kugellager und Spindelvorrichtung für Werkzeugmaschinen“, das die japanischen
Unionsprioritäten mit den Aktenzeichen P 2001-233706 und P 2002-200172 vom
1. August 2001 bzw. 9. Juli 2002 in Anspruch nimmt, ist am 1. August 2002 ange-
meldet worden. Gegen die Patenterteilung, die am 2. Dezember 2010 veröffent-
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licht worden war, ist Einspruch eingelegt worden und das Patent mit Beschluss der
Patentabteilung 12 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 14. Mai 2014
widerrufen worden.

Im Einspruchsbeschluss sind insbesondere die
S-E1: EP 0 854 314 A2
S-E2: Firmenprospekt “Schmierung von Wälzlagern”, Publ.-Nr. WL 81 115/4
DA/90/7/99, FAG OEM und Handel AG
E30: US 4 108 506 A

herangezogen worden, wobei die Offenkundigkeit bzw. (Vor-)Veröffentlichung der
S-E2 von der Patentinhaberin in Frage gestellt worden ist. Als Beleg für die Lesart
des Druckvermerks ist von der Einsprechenden I der nachveröffentlichte Nach-
druck

S-E2A: “Schmierung von Wälzlagern”, Publ.-Nr. WL 81 115/4 DA/95, mit den
Druckvermerken „by FAG 2002“ sowie „WL 81 115 4 DA 95 11 02“, FAG
Georg Schäfer AG,

eingereicht worden. Darüber hinaus sind im Beschwerdeverfahren außerdem noch
die

E31: JP 2001-99166 A (mit Abstract)
E32: Brändlein et al.: Die Wälzlagerpraxis, Vereinigte Fachverlage GmbH,
3. Auflage, 1998, Seiten 258 bis 267

aufgegriffen worden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 4. September 2014 eingegangene
Beschwerde der Patentinhaberin. Ihrer Auffassung nach sei der Gegenstand des
Anspruchs 1 in der Fassung des Hauptantrags nicht unzulässig erweitert, ausführ-
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bar und auch patentfähig. So werde der Streitgegenstand nicht durch die E30
vorweggenommen, da deren Zuführungselement nicht radial ausgerichtet sei und
die Schmierstoffzuführung auf Grund der Zentrifugalkraft gestreckt über einen län-
geren Zeitraum und nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolge. Darüber hinaus
würden die zusätzlich in die Hilfsanträge aufgenommenen Merkmale wie die An-
ordnung des Zuführungselements im Außenring, insb. in einem angesenkten
Bereich des Außenrings, sowie einer speziell auf die zu einem Zeitpunkt festge-
legte Abgabe einer vorbestimmten minimalen Schmierfettmenge ausgelegten
Schmierfettversorgungseinrichtung bei den Kugellagern nach dem vorliegenden
Stand der Technik nicht nahegelegt.

Die Einsprechenden treten dem entgegen und die Einsprechende I weist zunächst
darauf hin, dass bei den Merkmalen „in radialer Richtung“ sowie „gegenüber“ eine
breite Auslegung geboten sei. Bezüglich der Anordnung der Zufuhröffnung in ei-
nem Bereich außerhalb der Hauptlast führt sie ergänzend zur E30 die S-E1 als
Beleg für das Fachwissen an. Die Anordnung eines Zuführungselements im Au-
ßenring sei im Stand der Technik ebenfalls hinreichend bekannt und insbesondere
bei einem feststehenden Lagerteil auch naheliegend. Ebenso sei es fachüblich,
bei Schmierfettversorgungseinrichtungen die streitpatentgemäßen Steuerungsvor-
gänge vorzusehen, wozu die E32 als Beleg diene.

Die Beschwerdeführerin und Patentinhaberin stellt sinngemäß den Antrag,

den Beschluss der Patentabteilung 12 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 14. Mai 2014 aufzuheben und das Patent 102 35 239 im Umfang des Haupt-
antrags, hilfsweise im Umfang des Hilfsantrags I, jeweils aus dem Schriftsatz vom
30. November 2011, beschränkt aufrechtzuerhalten, sowie höchsthilfsweise das
Patent im Umfang der Hilfsanträge II bis IV aus dem Schriftsatz vom
30. April 2014, des in der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2017 über-
reichten Hilfsantrags IVb, der Hilfsanträge V und VI aus der Anhörung vom
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14. Mai 2014 und des Hilfsantrags VII aus dem Schriftsatz vom 21. Juli 2017 be-
schränkt aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerinnen und Einsprechenden stellen jeweils den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Patent betrifft nach dem geltenden Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ein

„Schmierfett-geschmiertes Schrägkugellager für mit hohen
Drehgeschwindigkeiten betriebene Spindelvorrichtungen, welches
aufweist:
einen Außenring mit einer Außenringlauffläche an einer inneren
Umfangsfläche desselben;
einen Innenring mit einer Innenringlauffläche an einer äußeren
Umfangsfläche desselben;
Kugeln, die rollend zwischen der Außenringlauffläche und der
lnnenringlauffläche angeordnet sind, und
ein Schmierfett-Zuführungselement in radialer Richtung zur Zufuhr
von zusätzlichem Schmierfett in das Schrägkugellager, wobei das
Schmierfett-Zuführungselement an einem Bereich vorgesehen ist,
der von einer Stelle beabstandet ist, an der ein Kontaktbereich
zwischen der Kugel und der Außenringlauffläche gebildet ist,
wobei das Schmierfett-Zuführungselement gegenüberliegend zum
Kontaktbereich des Außenrings und überlappend mit der Kugel ist,
wobei weiterhin die Menge des jeweils zu einem Zeitpunkt zu-
sätzlich zuzuführenden Schmierfetts vorbestimmt von 0,1 bis 4 %
des Raumvolumens des Lagers beträgt und der Zeitpunkt zur
Zufuhr zusätzlichen Schmierfettes nicht länger als die Hälfte der
Lebensdauer des ursprünglich eingefüllten Schmierfettes ist.“

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Dem Anspruch 1 ist der nachfolgende Anspruch 8 gemäß Hauptantrag nebenge-
ordnet:

„Spindelvorrichtung für eine Werkzeugmaschine, welche aufweist:
ein Schrägkugellager zur Lagerung einer Spindel, wobei das
Schrägkugellager in einem Gehäuse befestigt ist und Schmierfett-
geschmiert ist, und wobei das Schrägkugellager aufweist:
einen Außenring mit einer Außenringlauffläche an einer inneren
Umfangsfläche desselben;
einen Innenring mit einer Innenringlaufläche an einer äußeren
Umfangsfläche desselben;
Wälzelemente, die rollend zwischen der Außenringlauffläche und
der Innenringlauffläche vorgesehen sind; und ein Schmierfett-
Zuführungselement in radialer Richtung zur Zufuhr von
zusätzlichem Schmierfett, welches Schmierfett-Zufüh-
rungselement an einer Stelle angeordnet ist, die von einem
Kontaktbereich zwischen Wälzelement und Außenringlauffläche
beabstandet ist gegenüberliegend zum Kontaktbereich des
Außenrings und im Überlapp mit dem Wälzelement,
wobei die Menge an zusätzlich zuzuführendem Schmierfett jeweils
zu einem Zeitpunkt vorbestimmt von 0,1 bis 4% des
Raumvolumens des Lagers beträgt und wobei der Zeitpunkt zur
Zufuhr zusätzlichen Schmierfettes nicht länger als die Hälfte der
Lebensdauer des ursprünglich eingefüllten Schmierfettes ist.“

Hieran schließen sich in der Fassung nach Hauptantrag noch die jeweils unterge-
ordneten Ansprüche 2 bis 7 bzw. 9 bis 11 an.

Der Anspruch 1 lässt sich entsprechend der Merkmalsgliederung im Einspruchs-
beschluss folgendermaßen gliedern:

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M1.1 Schmierfett-geschmiertes Schrägkugellager für mit hohen Drehgeschwin-
digkeiten betriebene Spindelvorrichtungen, welches aufweist:
M1.2 einen Außenring mit einer Außenringlauffläche an einer inneren Umfangs-
fläche desselben;
M1.3 einen Innenring mit einer Innenringlauffläche an einer äußeren Umfangs-
fläche desselben;
M1.4 Kugeln, die rollend zwischen der Außenringlauffläche und der Innenringlauf-
fläche angeordnet sind, und
M1.5 ein Schmierfett-Zuführungselement in radialer Richtung zur Zufuhr von zu-
sätzlichem Schmierfett in das Schrägkugellager, wobei das Schmierfett-
Zuführungselement an einem Bereich vorgesehen ist, der von einer Stelle
beabstandet ist, an der ein Kontaktbereich zwischen Kugel und der
Außenringlauffläche gebildet ist, wobei das Schmierfett-Zuführungselement
gegenüberliegend zum Kontaktbereich des Außenrings und überlappend
mit der Kugel ist,
M1.6 wobei weiterhin die Menge des jeweils zu einem Zeitpunkt zusätzlich zuzu-
führenden Schmierfetts vorbestimmt von 0,1 bis 4 % des Raumvolumens
des Lagers beträgt und der Zeitpunkt zur Zufuhr zusätzlichen Schmierfettes
nicht länger als die Hälfte der Lebensdauer des ursprünglich eingefüllten
Schmierfettes ist.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I entspricht inhaltlich dem Patentan-
spruch 1 nach Hauptantrag und weist darüber hinaus folgendes Merkmal auf:

M1.7-1 wobei das Schmierfett-Zuführungselement eine Zufuhröffnung ist und/oder
das Schmierfett-Zuführungselement im Außenring angeordnet ist.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II entspricht inhaltlich dem Patentan-
spruch 1 nach Hauptantrag, mit der Ausnahme, dass in Merkmal M1.5 folgende
Ergänzung (unterstrichenes Merkmal) vorgenommen ist:

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M1.5-2 ..., wobei das Schmierfett-Zuführungselement gegenüberliegend zum
Kontaktbereich des Außenrings und in radialer Richtung überlappend
mit der Kugel ist.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III entspricht inhaltlich dem Patentan-
spruch 1 nach Hauptantrag, mit der Ausnahme, dass das Merkmal M1.6 wie folgt
formuliert wurde (Änderungen unterstrichen):

M1.6-3 wobei eine Schmierfettversorgungseinrichtung ausgelegt ist, das
jeweils zu einem Zeitpunkt zusätzlich zuzuführende Schmierfett
vorbestimmt in einer Menge von 0,1 bis 4 % des Raumvolumens des
Lagers einzuspritzen, wobei der Zeitpunkt zur Zufuhr zusätzlichen
Schmierfettes nicht Iänger als die HäIfte der Lebensdauer des
ursprünglich eingefüllten Schmierfettes ist.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV entspricht inhaltlich dem Patentan-
spruch 1 nach Hauptantrag, mit der Ausnahme, dass die Merkmale M1.2 und
M1.5 folgendermaßen ergänzt wurden (Änderungen unterstrichen):

M1.2-4 einen angesenkten Außenring mit einer Außenringlauffläche an einer
inneren Umfangsfläche desselben;
M1.5-4 ein Schmierfett-Zuführungselement in radialer Richtung zur Zufuhr
von zusätzlichem Schmierfett in das SchrägkugeIlager, wobei das
Schmierfett-Zuführungselement an einem Bereich vorgesehen ist,
der von einer Stelle beabstandet ist, an der ein Kontaktbereich
zwischen Kugel und der Außenringlauffläche gebildet ist, wobei das
Schmierfett-Zuführungselement an der Seite der Ansenkung des
Außenrings ausgebildet ist, gegenüberliegend zum Kontaktbereich
des Außenrings und überlappend mit der Kugel.

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Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IVb enthält gegenüber dem Patentan-
spruch 1 nach Hilfsantrag IV das zusätzliche Merkmal

M1.7-4b wobei das Schmierfett-Zuführelement eine im Außenring
angeordnete Zuführöffnung ist.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag V umfasst die Kombination der Merk-
male des Patentanspruchs 1 in den Fassungen der Hilfsanträge III und IV mit den
gegenüber dem Hauptantrag modifizierten Merkmalen M1.2-4, M1.5-4 und M1.6-3
sowie der zusätzlichen Merkmalskombination aus dem Hilfsantrag I

M1.7-5 wobei das Schmierfett-Zuführungselement eine Zufuhröffnung ist und
das Schmierfett-Zuführungselement im Außenring angeordnet ist.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag VI entspricht inhaltlich dem Patentan-
spruch 1 nach Hauptantrag, mit der Ausnahme, dass das Merkmal M1.5 folgende
Fassung erhält (Ergänzung unterstrichen):

M1.5-6 …, wobei das Schmierfett-Zuführungselement gegenüberliegend zum
Kontaktbereich des Außenrings und überlappend mit der Kugel ist,
und sich als Zuführöffnung an einer Position direkt benachbart zur
Außenringlauffläche an der inneren Umfangsfläche des Außenrings
öffnet.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag VII entspricht inhaltlich dem Patentan-
spruch 1 nach Hauptantrag, mit Ausnahme der zusätzlichen Aufnahme des zu-
sätzlichen Merkmals

M1.7-7 wobei das Schmierfett-Zuführelement Zufuhröffnungen umfasst, die
in einer Vielzahl von Positionen entlang des Umfangs des
Außenrings in regelmäßigen Abständen angeordnet sind.
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Wegen des Wortlauts der Unter- und Nebenansprüche in den jeweiligen Fassun-
gen sowie zu weiteren Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.


II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie führt aber nicht
zum Erfolg, da der Gegenstand des Patents in keiner der vorgelegten Fassungen
patentfähig ist.

1. Zum Patentgegenstand

Das Streitpatent betrifft ein mit Schmierfett geschmiertes Schrägkugellager für mit
hohen Drehzahlgeschwindigkeiten betriebene Spindelvorrichtungen sowie eine
Spindelvorrichtung für eine Werkzeugmaschine mit einem solchen Lager (s.
Abs. [0001] der Patentschrift).

Dem Patent liegt nach Absatz [0017] der Streitpatentschrift die Aufgabe zugrunde,
ein derartiges Lager dahingehend zu verbessern, dass nur eine bestimmte Nach-
schmiermittelmenge verwendet wird, die ausreichend ist, um die Lebensdauer des
Lagers zu erhöhen und gleichzeitig so gering ist, dass keine negative Beeinflus-
sung des Lagers oder unangemessener Verbrauch von Schmiermittel auftritt.

Bezüglich der Ausgestaltung des Patentgegenstandes wird in Absatz [0024] her-
vorgehoben, dass die Zufuhröffnung an der inneren Umfangsseite des Außenrings
an einer Position beabstandet vom Kontaktbereich an der Außenringfläche vorge-
sehen wird, um eine Beschädigung während des Betriebs zu verhindern.

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2. Zur Auslegung einzelner Merkmale

Während es sich bei den Merkmalen M1.1 bis M1.4 um Merkmale handelt, die den
üblichen Grundaufbau eines (Schräg-)Kugellagers beschreiben, bedürfen einige
der Teilmerkmale der Merkmalsgruppen M1.5 und M1.6 der Erläuterung.

Hierbei wird als für das Verständnis des Patents maßgeblicher Fachmann ein
Hochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung in
der Entwicklung und Konstruktion von Schmierfett-geschmierten Wälzlagern, ins-
besondere für Werkzeugmaschinen, angesehen.

In Merkmal M1.5 wird zunächst die Anordnung des Schmierfett-Zuführungsele-
ments in der Weise festgelegt, dass dieses „in radialer Richtung“ vorgesehen ist.
In der Patentschrift finden sich keine Anhaltspunkte dahingehend, dass es sich
hierbei um eine exakt radiale, d. h. zur Kugellagerachse genau senkrechte Aus-
richtung handelt bzw. es hierauf ankommt. So wird der Fachmann von einer An-
ordnung des Zuführungselement mit einer im Wesentlichen radialen Ausrichtung
ausgehen, bei der das Schmierfett z. B. von der Außenringseite in radialer Rich-
tung in das Kugellager eingebracht wird (siehe Abs. [0021]). Für eine derartig
breite Auslegung des Merkmals spricht auch der streitpatentgemäße Wortge-
brauch bei einem „in axialer Richtung“ vorgesehenen Zuführungselements, da in
den zugehörigen Ausführungsbeispielen auch keine exakt axiale Ausrichtung of-
fenbart wird (vgl. Figur 23, Bez. 235 i. V. m. Abs. [0152]; Figur 28, Bez. 255
i. V. m. Abs. [0172]). Wesentlicher erscheint in diesem Zusammenhang der im
Abs. [0021] des Streitpatents beschriebene Aspekt des Bereichs der Schmierfett-
Einbringung, wobei das Fett so von der Außenringseite (in radialer Richtung) in
das Lager eingebracht werden soll, dass es möglichst unmittelbar zu den
Wälzelementen gelangt, durch die das Fett im Lager verteilt wird; die von der Pa-
tentinhaberin ebenfalls angeführte Auswirkung bzw. Berücksichtigung der Zentri-
fugalkraft auf die Schmierfett-Einbringung ist zwar technisch nachvollziehbar, wird
jedoch im Streitpatent nicht erwähnt.
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Des Weiteren ist das Schmierfett-Zuführungselement in einem Bereich angeord-
net, der zum einen vom Kontaktbereich zwischen Kugel und der Außenringlauf-
fläche beabstandet ist (vgl. Abs. [0024]) und zum anderen in der radialen bzw.
vertikalen Projektion der Kugel liegt, so dass das Zuführungselement von der Ku-
gel überlappt bzw. überdeckt wird. Eine solche Anordnung kann der Fachmann
den anspruchsgemäßen Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren 1 bis 3 ent-
nehmen. Die Angabe, dass der Bereich „gegenüberliegend zum Kontaktbereich
des Außenrings“ liegen soll, lässt mehrere Möglichkeiten zu, zumal „gegenüber“
nur zum Ausdruck bringt, dass „etwas dazwischenliegt“. Damit wird entsprechend
dem Wortlaut sowohl eine dem Außenring gegenüberliegende Anordnung auf dem
Innenring als auch eine Anordnung auf der dem Kontaktabschnitt des Außenrings
gegenüberliegenden Seite der gekrümmten Außenringlauffläche umfasst; letzteres
geht bspw. aus Beschreibungsabsatz 64 in Verbindung mit Figur 3 hervor. Eine
beschränkende Auslegung im Sinne der letztgenannten Anordnung ist nicht ange-
bracht, zumal eine im Außenring ausgebildete Zuführöffnung erst in Anspruch 2
ausdrücklich bzw. eindeutig gefordert wird.

Mit dem verfahrenstechnischen und damit kategoriefremden Merkmal M1.6 wird
festgelegt, dass eine vorbestimmte Schmierfettmenge von 0,1 bis 4% des Raum-
volumens des Lagers, – s. a. Definition in Absatz [0020] -, zu einem bestimmten
Zeitpunkt, d. h. nach einem bestimmten Zeitintervall, zugeführt wird; der Nach-
schmier-Zeitpunkt bzw. das Nachschmierintervall ist abhängig von der Lebens-
dauer des ursprünglich eingefüllten Schmierfettes, wobei eine Nachschmierung
mit der festgelegten Menge an Schmierfett spätestens nach der Hälfte der Le-
bensdauer erfolgen soll. Hiermit wird zwar der späteste Zeitpunkt der Nach-
schmierung festgelegt, nicht aber der früheste Zeitpunkt. Somit handelt es sich um
ein nach unten nicht begrenztes Zeitintervall, wobei bereits nach erheblich kürze-
ren Zeitabschnitten als der halben Fettgebrauchsdauer die vorbestimmten Men-
gen zugeführt werden können. Des Weiteren besteht auch keine Einschränkung
dahingehend, dass es sich nur um eine einmalige Schmierstoffzufuhr handelt, zu-
- 13 -
mal die Formulierung, dass die Schmierfettmenge jeweils zu einem bestimmten
Zeitpunkt zuzuführen ist, auf eine mehrmalige Zuführung hinweist.

Unter einem angesenkten Außenring gemäß den Hilfsanträgen IV, IVb und V wird
in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Patentinhaberin in ihrer Beschwer-
debegründung ein profilierter oder planer Absatz in einer Bohrung verstanden.
Dabei werden in den Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren 1 bis 3 i. V. m.
Abs. 51, 1. Satz, jeweils eine kegelförmige Ansenkung gezeigt, wobei nach dies-
seitiger Auffassung aber auch z. B. zylinderförmige Ansenkungen wie bei dem
Schrägkugellager in der Figur 5 der E30 unter den Anspruchswortlaut fallen.

3. Zur Zulässigkeit des Patentanspruchs 1 in den geltenden Anspruchsfassun-
gen

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht auf dem ursprünglich
eingereichten Anspruch 1, der zunächst auf Schrägkugellager mit Kugeln als
Wälzelemente sowie auf die Verwendung für schnelldrehende Spindelvorrichtun-
gen beschränkt worden ist - Merkmale 1.1 bis 1.4 (siehe Offenlegungsschrift,
Anspruch 1 i. V. m. Abs. [0002] sowie den anspruchsgemäßen Ausführungsbei-
spielen nach den Figuren 1 bis 3).

Die Anordnung des Schmierfett-Zuführungselements gemäß Merkmal 1.5 kann
der Fachmann den Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren 1 bis 3 entnehmen,
wobei bezüglich des nunmehr in radialer Richtung vorgesehenen Zuführungsele-
ments, das in einem Bereich benachbart, d. h. beabstandet, und gegenüberlie-
gend zum Kontaktbereich angeordnet ist, neben den ursprünglichen Ansprüchen 3
und 7 zusätzlich auf den Absatz [0054] verwiesen wird. Die in Bezug auf die Kugel
beanspruchte überlappende Anordnung ergibt sich für den Fachmann ebenfalls
aus den Figuren 1 bis 3, zumal dem Fachmann in Absatz [0011] der Offenle-
gungsschrift bzw. Absatz [0021] der Patentschrift gelehrt wird, das Schmierfett den
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Wälzelementen, d. h. den Kugeln, zuzuführen, damit es von diesen im Lager ver-
teilt werden kann.

Die Abgabe der bereits ursprünglich im Anspruch 1 offenbarten vorbestimmten
Schmierstoffmenge in dem nunmehr zeitlich nach oben begrenzten Intervall ist
dem Absatz [0068] der Offenlegungsschrift sinngemäß entnehmbar. Zwar ist den
Einsprechenden insoweit zuzustimmen, dass es sich bei den Begriffen „Zeitinter-
vall“ und „Zeitpunkt“ grundsätzlich um zwei unterschiedliche Fachbegriffe handelt,
wobei im vorliegenden Zusammenhang der Fachmann die Begriffe jedoch so ver-
stehen wird, dass spätestens zu einem bestimmten Zeitpunkt, d. h. nach Verstrei-
chen eines bestimmten Zeitintervalls, eine Nachschmierung erfolgt (s. a. diesbzgl.
Auslegung unter Punkt 2.). Hinsichtlich der Offenbarung, dass es sich um eine
Nachschmierung zu einem bestimmten Zeitpunkt handelt, wird bspw. auf Ab-
satz [0115] der Offenlegungsschrift verwiesen.

Die Merkmale M1.7, M1.2-4 und M1.5-4 ergeben sich aus dem ersten Satz des
Absatzes [0047] der Offenlegungsschrift, s. a. Figuren 1 und 2.

Die in den Merkmalen M1.6-3 bzw. M1.6-5 beanspruchte Schmierfettversorgungs-
einrichtung geht ebenfalls aus Absatz [0115] der Offenlegungsschrift hervor.

Das Merkmal M1.7-7 wird schließlich ausdrücklich in Absatz [0048] i. V. m.
Abs. [0047] der Offenlegungsschrift beschrieben.

Damit bestehen von Seiten des Senats keine Bedenken gegen die Zulässigkeit
der (neu) beanspruchten Merkmale, da der Fachmann diese den ursprünglichen
Unterlagen entnehmen kann und sie auch zur Beschränkung des erteilten Gegen-
standes führen.

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4. Zur unzureichenden Offenbarung/mangelnden Ausführbarkeit

Der Streitgegenstand, der problemlos entsprechend den Merkmalen M1.1 bis
M1.5, bspw. nach dem Vorbild der Figur 3, herstellbar ist, ist auch bezüglich des
Merkmals M1.6 ausführbar, da es für den einschlägig tätigen Fachmann zumutbar
und auch im Rahmen seiner Tätigkeit üblich ist, die Kriterien bzw. Prüfparameter
festzulegen, mit denen die Lebensdauer des Schmierfettes je nach Belastungsfall
ermittelt bzw. festgelegt werden kann (s. a. E32, Seiten 260 f.). Der Bundesge-
richtshof hat dies stets als ausreichend angesehen (vgl. GRUR 2010, 916 ff. –
Klammernahtgerät; GRUR 2013, 51 ff. – Gelomyrtol).

5. Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des Anspruchs 1 nach
Hauptantrag und den jeweiligen Hilfsanträgen ist allerdings nicht patentfähig (§§ 1
bis 5 PatG).

5.1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 wird durch die Druckschrift E30 neuheits-
schädlich vorweggenommen.

Die US-Patentschrift E30 offenbart in den Figuren 1 und insbesondere in Figur 5
ein Schmiersystem für Lager („Bearing Lubricating System“). Aufgrund der ange-
stellten Lagerung mit vorgespannten Schrägkugellagern 91 erkennt der Fach-
mann, dass diese Lagerung grundsätzlich auch für mit hohen Drehgeschwindig-
keiten betriebene Spindelvorrichtungen geeignet ist. Diese Eignung ist ausrei-
chend, um dem Gegenstand nach Anspruch 1 diesbezüglich die Neuheit zu neh-
men, so dass die Merkmale M1.1 bis M1.4 der E30 unbestritten entnehmbar sind.
Das Schmierfett-Zuführungselement ist hierbei als Zufuhrkanal 115 ausgebildet,
der in radialer Richtung von der Wellenmitte zum Innenring 94 verläuft und dort in
einen Bereich unterhalb der Kugel 100 mündet (s. a. Auslegung unter Punkt 2.).
Dieser Bereich liegt in der Figur 5 gegenüber von dem Kontaktbereich zwischen
Kugel 100 und der Außenringlauffläche 96 des Außenrings 92, wobei der Kontakt-
bereich durch die um den Winkel C („contact angle“) zur Vertikalen geneigte
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Drucklinie gekennzeichnet ist. Im Sinne des Streitpatents ist der Bereich der Zu-
führung bewusst vom Kontaktbereich der Kugeln mit der Lauffläche beabstandet,
um Schäden am Lager zu vermeiden (siehe Sp. 5, Z. 5 bis 7). Des Weiteren ist in
Figur 5 erkennbar, dass die Öffnung der Schmierfett-Zuführung 115 von der Kugel
100 überlappt wird, wobei die Verteilung des Schmierfetts durch die Kugeln 100
ausdrücklich in Spalte 5, Zeilen 2 bis 4, beschrieben ist. Damit weist der Gegen-
stand der E30 alle strukturellen Merkmale des Gegenstands nach Anspruch 1 ge-
mäß Hauptantrag auf.

Darüber hinaus ist das Schmiersystem der E30 im Gegensatz zur Auffassung der
Patentinhaberin dazu geeignet bzw. ausgelegt, um eine vorbestimmte Schmierfett-
menge zu einem bestimmten Zeitpunkt zuzuführen. Diese Eignung ist ausrei-
chend, um dem Gegenstand nach Anspruch 1 auch diesbezüglich die Neuheit zu
nehmen (vgl. BGH Bl.f.PMZ 1998, 517, 518 unter Abschn. C.2. – Alpinski). So
geht es bei der E30 ebenfalls darum, die Lebensdauer einer Lagerung durch die
periodische, d. h. in regelmäßigen Zeitabständen erfolgende Zugabe („ …system
is operated to periodically renew lubricant to the balls and raceways“) einer sehr
geringfügigen Schmierfettmenge („very minute quantity of lubricant“) zu verlängern
bzw. zu gewährleisten (siehe Sp. 3, Z. 56 bis 63). Dies erfolgt im Stillstand der
Welle durch das Hineinschrauben einer Einstellschraube 116, wodurch dem Lager
in Abhängigkeit von der Zahl der Umdrehungen eine vorbestimmte, geringfügige
Menge an Schmierfett zugeführt wird (siehe oben bzw. Sp. 5, Z. 1 bis 4). Entspre-
chend der Offenbarung der E30 handelt es sich somit eindeutig um eine periodi-
sche, in regelmäßigen Abständen durchzuführende Maßnahme, die also zu be-
stimmten, sich wiederholenden Zeitpunkten stattfindet; Hinweise auf eine bewusst
durch den Fliehkrafteinfluss kontinuierlich gestreckte Schmierfettzufuhr finden sich
in der E30 nicht, so dass die diesbezügliche Argumentation der Patentinhaberin
ins Leere geht. Darüber hinaus lässt das Streitpatent selbst bei der Zuführung des
Schmierfetts zu einem Zeitpunkt auch eine intervallmäßige oder gleichmäßige Ab-
gabe, d. h. ebenfalls eine zeitlich gestreckte Abgabe zu einem bestimmten Zeit-
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punkt zu, worauf die Einsprechende I zutreffend hingewiesen hat (siehe Ab-
satz [0115] der Streitpatentschrift).

Damit wird der Gegenstand des Anspruchs1 durch den Stand der Technik nach
der E30 neuheitsschädlich vorweggenommen, weil auch dort die Funktionalität
gemäß dem Merkmal M1.6 gegeben ist.

5.2. Die Gegenstände in den Fassungen der Hilfsanträge I bis VIII sind ebenfalls
nicht neu oder beruhen zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag I weist gegenüber dem
Hauptantrag noch die alternativen bzw. kombinierten Ausgestaltungen gemäß
Merkmal 1.7-1 auf. Während die erste Ausgestaltungsform mit einem als Zuführ-
öffnung ausgebildetem Zuführungselement unbestritten durch die Öffnung der
Zuführbohrung 115 der E30 vorweggenommen ist, schafft die alternative bzw.
kombinierte Anordnung des Schmierfett-Zuführungselements im Außenring einen
Unterschied zur E30, da bei dieser die Zuführöffnung im Innenring vorgesehen ist.
Allerdings kann eine Anordnung im Außenring keine erfinderische Tätigkeit be-
gründen, da dem Fachmann zum einen beide Anordnungsmöglichkeiten grund-
sätzlich bekannt sind und sich zum anderen diese Möglichkeit insbesondere im
vorliegenden Anwendungsfall einer Spindellagerung als zweckmäßig anbietet
(s. a. S-E1, Fig. 1, 2, 12 und insb. 13; E9, Fig. 1 bis 3 im Vgl. zu Fig. 9, 10). So
handelt es sich bei dem Außenring einer Spindellagerung um ein feststehendes
Teil, an dem sich eine Schmierfett-Zuführungseinrichtung konstruktiv leichter als
bei dem mitdrehenden Innenring der Spindel vorsehen lässt. Diese Anordnung
bringt zudem den für den Fachmann offensichtlichen Vorteil, dass auch während
des Betriebs eine Nachschmierung möglich ist und ermöglicht z. B. in Verbindung
mit einer automatisierten Schmierfett-Zuführung eine einfachere konstruktive Um-
setzung (siehe auch BGH GRUR 2014, 647 – Farbversorgungssystem).

- 18 -
Damit ist diese Ausgestaltung, auch in Kombination mit einem als Zuführbohrung
ausgebildetem Zuführungselement, nicht erfinderisch, da es sich um fachbekann-
te, naheliegende Maßnahmen handelt, die auch in der Kombination keinen uner-
warteten Effekt erkennen lassen.

Unter Zugrundelegung der Auslegung unter Punkt 2 wird die Ergänzung in Merk-
mal 1.5, dass die Überlappung „in radialer Richtung“ zu sehen ist, des Merkmals
1.5 in der Fassung nach Hilfsantrag II lediglich als Klarstellung angesehen, so
dass dieser Gegenstand ebenfalls durch die E30 neuheitsschädlich vorwegge-
nommen wird.

Bezüglich der Ausgestaltung des Merkmals M1.6-3 des Hilfsantrags III wird zu-
nächst bereits auf die Ausführungen zu Hilfsantrag I verweisen, in denen be-
schrieben ist, dass auch die Schmierfettversorgungseinrichtung der E30 dazu
ausgelegt ist, zu bestimmten Zeitpunkten geringfügige Schmierstoffmengen in das
Lager einzuspritzen (siehe E30, Figur 5, Bez. 112 „loading bore“, 116 „set screw“,
Sp. 5, Z. 1 bis 3, i. V. m. Sp. 3, Z. 56 bis 63). Aber auch unter Auslegung des
Merkmals 1.6-3 im Sinne einer automatisierten Schmierfettversorgungseinrichtung
lässt dieses Merkmal keine erfinderische Tätigkeit erkennen. So wird dem Fach-
mann bereits durch sein Fachwissen bzw. die Fachliteratur nahegelegt, bei sehr
hohen Belastungen, insbesondere bei hohen Drehzahlen, wie sie auch bei Spin-
delvorrichtungen vorliegen, kurze Nachschmierintervalle vorzusehen, die den Ein-
satz einer (automatisierten) Schmierfettpumpe rechtfertigen (siehe E32, S. 263,
letzter Absatz, sowie S. 267, Z. 12 ff.). Hierbei ist bekannt, dass derartige
Schmierfettpumpen dazu ausgelegt sein können, vorbestimmte, auch geringfügige
Mengen zu bestimmten Zeitpunkten zuzuführen (siehe S-E1, Sp. 2, Z. 35 bis 38
i. V. m. Sp. 27, Z. 29 bis 37). Damit bringt auch die Fassung nach Hilfsantrag III
zumindest keine erfinderische Tätigkeit zum Ausdruck.

Die Ausgestaltung des Schmierfett-Zuführungselements gemäß den Merkmalen
M1.2-4 und M1.5-4 an der Seite der Ansenkung eines angesenkten Außenrings
- 19 -
nach dem Hilfsantrag IV ergibt sich bei der Lagerung der E30 zwangsläufig, wenn
aus den zu Hilfsantrag I ausgeführten Gründen die Zuführöffnung im Außenring
vorgesehen wird. So weist das Schrägkugellager der Figur 5 der E30 auf der
rechten Seite des Außenrings 92 eine zylinderförmige Ansenkung aus, die be-
kanntermaßen der Montage der Kugeln 100 bei einem Schrägkugellager dient.
Da sich auf der linken Seite des Außenrings 92 im Bereich der Drucklinien der
Kontaktbereich der Kugeln 100 mit der Außenringlauffläche 96 befindet und die
E30 ausdrücklich lehrt, die Schmierfettzuführung außerhalb der Kontaktflächen (s.
Sp. 5, Z. 5 bis 18) bzw. auf der gegenüberliegenden Seite der gekrümmten Lauf-
bahn vorzusehen (siehe Sp. 4, Z. 56 bis 59: „passageway 115 communicates to
raceway 98 to one side of the curvature of raceway 98 and opposite the point of
contact 100 in raceway“), gelangt der Fachmann bei Berücksichtigung der Lehre
der E30 zu einer Anordnung der Zuführöffnung im angesenkten Bereich des Au-
ßenrings und damit zu der beanspruchten Ausgestaltung gemäß Hilfsantrag IV.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag IVb wird gegenüber der Fassung in Hilfsan-
trag IV durch das Merkmal M1.7-4b dadurch weiter beschränkt, dass das
Schmierfett-Zuführelement eine im Außenring angeordnete Zuführöffnung ist. Da
die Ausgestaltung des Schmierfett-Zuführungselements als Zuführöffnung wie be-
reits ausgeführt durch die E30 vorweggenommen ist, führt diese Maßnahme ge-
genüber dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag IV ebenfalls zu kei-
nem erfinderischen Überschuss.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag V kombiniert die Merkmale
der Hilfsanträge I, III und IV, die bereits jeweils als nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit beruhend angesehen worden sind. Da es sich lediglich um eine Aggre-
gation von bekannten Maßnahmen handelt, lässt sich auch aus deren Kombina-
tion keine erfinderische Tätigkeit ableiten.

Die Ausgestaltung des Schmierfett-Zuführungselements gemäß dem Merkmal
M1.5-6 nach Hilfsantrag VI, dass sich dieses „als Zuführöffnung an einer Position
- 20 -
direkt benachbart zur Außenringfläche an der inneren Umfangsfläche des Außen-
rings öffnet“, wird ebenfalls von dem in der E30 offenbarten Anordnungsbereich
umfasst, wobei eine Anordnung im Außenring an Stelle des Innenrings grundsätz-
lich nahegelegt ist (siehe diesbezügliche Ausführungen zu Hilfsantrag I). Dabei
liegt es im Ermessen des Fachmanns, die Zuführöffnung zum einen möglichst nah
an den Kugeln vorzusehen, damit die geringe Menge an Schmierfett möglichst
effizient von den Kugeln aufgenommen und verteilt werden kann, zum anderen
allerdings noch so viel Abstand zu lassen, dass eine Beschädigung der Lauffläche
vermieden wird (siehe Sp. 5, Z. 5 bis 8). Damit ist dem Fachmann im Rahmen die-
ser Auswahlmöglichkeiten auch eine Zuführöffnung „direkt“ benachbart zur Außen-
ringlauffläche nahegelegt.

Das Vorsehen einer Vielzahl von Zuführöffnungen entsprechend dem Merkmal
M1.7-7 des Hilfsantrags VII stellt schließlich auch nur eine aus dem Stand der
Technik bekannte fachmännische Maßnahme dar, um das Schmierfett gleichmä-
ßig verteilt über den Umfang zuzuführen. Hierzu wird beispielhaft auf die E31 ver-
wiesen, die z. B. in den Figuren 1 und 2 vier über den Umfang verteilte Schmier-
stoff-Zuführöffnungen zeigt, wobei die Öffnungen der Schmierstoff-Zuführungen
12a sich im angesenkten Bereich des Innenrings 12 des Schrägkugellagers 10
und damit benachbart zum Kontaktbereich öffnen. Diese rein fachmännische
Maßnahme lässt sich auch auf ein entsprechend modifiziertes Kugellager der E30,
bei dem die Zuführöffnung im Außenring angeordnet ist, übertragen, ohne erfinde-
risch tätig werden zu müssen.

Somit geht aus keiner der beanspruchten Fassungen nach Haupt- oder Hilfsanträ-
gen ein Gegenstand hervor, der gegenüber dem Stand der Technik neu ist oder
hierdurch nicht nahegelegt wird.

6. Dies gilt auch für die jeweiligen Nebenansprüche, die im Wesentlichen auf
eine Spindelvorrichtung für eine Werkzeugmaschine mit dem entsprechenden
Schrägkugellager des jeweiligen Anspruchs 1 gerichtet sind. Da die jeweiligen
- 21 -
Schrägkugellager nicht patentfähig sind und das Vorsehen derartiger Kugellager in
der Spindelvorrichtung einer Werkzeugmaschine keine erfinderische Tätigkeit
erfordert, sind auch deren Gegenstände nicht patentfähig.

7. Mit dem jeweils nicht gewährbaren Anspruch 1 (bzw. dem ebenfalls nicht
gewährbaren Nebenanspruch) sind auch die jeweils darauf rückbezogenen Unter-
ansprüche nicht gewährbar. Sie sind zusammen mit dem Anspruch 1 (bzw. Ne-
benanspruch) Gegenstand desselben Antrags auf Aufrechterhaltung des Streit-
patents und teilen daher das Rechtsschicksal des nicht patentfähigen Anspruchs 1
bzw. Nebenanspruchs (vgl. BGH GRUR 2012, 149 ff. - Sensoranordnung; BGH
GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät; BGH GRUR 2017, 57
ff. - Datengenerator).


III.

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
- 22 -
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.


Dr. Lischke Hildebrandt Eisenrauch Richter

prö


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