10 W (pat) 165/14  - 10. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



10 W (pat) 165/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
9. Mai 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2012 105 012.0










hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) in der mündlichen Verhandlung
vom 9. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke
sowie der Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt, Eisenrauch und Dipl.-Ing. Küest

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beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse E04B - hat die
am 11. Juni 2012 eingereichte Anmeldung, die die innere Priorität der Voranmel-
dung 10 2012 101 318 mit Anmeldetag, 17. Februar 2012, in Anspruch nimmt,
durch Beschluss vom 23. Juni 2014 mit der Begründung zurückgewiesen, der Ge-
genstand des am 23. April 2014 eingegangenen Patentanspruchs 1 beruhe ge-
genüber dem Stand der Technik nach der DE 35 30 973 A1 (E5) und der DIN
1053-1, 02/1990 (E6), Mauerwerk; Rezeptmauerwerk; Berechnung und Ausfüh-
rung, Seiten 13 und 14, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom
22. Juli 2014, eingegangen beim Patent- und Markenamt am 24. Juli 2014.

Sie verfolgt ihr Patentbegehren mit unveränderten Patentansprüchen 1 bis 15
weiter.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

„Fertigteil zur Bildung einer Hüllstruktur (1) für ein Gebäude, das
Fertigteil aufweisend eine raumseitige Innenschicht (3) und eine
Außenschicht (2), ferner

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aufweisend eine wärmestrahlenreflektierende Lage (4), die an der
raumseitigen Seite (5) der Außenschicht anliegt, dadurch
gekennzeichnet, dass die Innenschicht und die Außenschicht
durch eine Mehrzahl von Ankerelementen (9) derart miteinander
verankert sind, dass zwischen der Innenschicht und der
Außenschicht eine Luftschicht (10) gebildet ist, die sich der
wärmestrahlenreflektierende Lage (4) raumseitig anschließt wobei
die Lage zumindest in Richtung der Luftschicht eine
wärmestrahlenreflektierende Fläche ausbildet und von den
Ankerelementen (9) durchdrungen ist, wobei an der Innenschicht
eine Dämmschicht (7) angeordnet ist, die an die Luftschicht (10)
angrenzt und die von den Ankerelementen (9) durchdrungen ist,
wobei die Dämmschicht (7) aus einem Schaumglas gebildet ist
und wobei die Außenschicht, die Innenschicht, die
wärmestrahlenreflektierende Lage und die Dämmschicht in Länge
und Breite praktisch die gleichen Abmaße haben.“

Hinsichtlich der geltenden Patentansprüche 2 bis 15 wird auf die Anspruchsfas-
sung vom 18. März 2014, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt
am 23. April 2014, Bezug genommen.

Die Patentanmelderin stellt den Antrag,

den Beschluss der Prüfungsstelle für E04B des Deutschen Patent-
und Markenamts vom 23. Juni 2014 aufzuheben und
das Patent mit den neugefassten Patentansprüchen 1 bis 15 vom
18. März 2014 (eingegangen Deutschen Patent- Markenamt am
23. April 2014) sowie im Übrigen mit den Unterlagen nach Offen-
legungsschrift zu erteilen.

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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist zulässig. Sie ist aber nicht
begründet, denn mit dem Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 liegt im
Hinblick auf den Stand der Technik keine patentfähige Erfindung nach den §§ 1
bis 5 PatG vor.

Der geltende Patentanspruch 1 ist zulässig. Er weist die Merkmale der ursprüngli-
chen Ansprüche 1, 3, 6 und 15 auf.

Die Erfindung bezieht sich auf ein Fertigteil zur Bildung einer Hüllstruktur für ein
Gebäude nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.

Die Aufgabe der Erfindung ist insbesondere, eine Hüllstruktur anzugeben, die so-
wohl den Wärmeenergieeintrag, insbesondere während der Heizperiode, durch
natürliche äußere Energiequellen in das Gebäude verbessert und die Abgabe der
Heizenergie von dem Gebäude nach außen verringert (vgl. Abs. [0003] der Of-
fenlegungsschrift).

Die Lösung ist ein Fertigteil zur Bildung einer Hüllstruktur für ein Gebäude gemäß
den Merkmalen im geltenden Patentanspruch 1.

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit.

Durch die DE 35 30 973 A1 (E5) ist ein dort als Gebäudeaußenwandelement be-
zeichnetes Bauteil zur Bildung einer Hüllstruktur für ein Gebäude bekannt.

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Dieses Gebäudeaußenwandelement weist eine raumseitige Innenschicht 1 und
eine Außenschicht 6 sowie eine wärmestrahlenreflektierende Lage 4, die an der
raumseitigen Seite der Außenschicht 6 anliegt, auf.

Zwischen der Innenschicht 1 und der Außenschicht 6 ist eine Luftschicht 3 vorge-
sehen, die sich der wärmestrahlenreflektierende Lage 4 raumseitig anschließt,

wobei die Lage 4 zumindest in Richtung der Luftschicht 3 eine wärmestrahlenre-
flektierende Fläche ausbildet.

An der Innenschicht 1 ist eine Dämmschicht 2 angeordnet, die an die Luftschicht 3
angrenzt.

Die Außenschicht 6, die Innenschicht 1, die wärmestrahlenreflektierende Lage 4
und die Dämmschicht 2 haben in Länge und Breite praktisch die gleichen Maße.

Damit ist ein Teil bekannt, dass in seinem Schichtenaufbau mit dem des Fertigteils
nach Patentanspruch 1 übereinstimmt.

Von diesem bekannten Gegenstand unterscheidet sich der Gegenstand nach An-
spruch 1 dadurch,

1. dass der Gegenstand ein Fertigteil ist,
2. dass die Innenschicht und die Außenschicht durch eine Mehrzahl von An-
kerelementen miteinander verankert sind,
3. dass die wärmestrahlenreflektierende Lage und die Dämmschicht von den
Ankerelementen durchdrungen sind und
4. dass die Dämmschicht aus einem Schaumglas gebildet ist.

Die unter Pkt. 1., 2. und 3. aufgeführten Unterschiedsmerkmale sind für den
Fachmann, einen Dipl.-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Bauwesen mit mehrjähri-
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ger Berufserfahrung in der Entwicklung, Konstruktion und Fertigung von Fertigteil-
wandelementen, mit Hinweis auf die E6 (DIN 1053-1, 02/1990) und die E2 (DE 38
25 496 A1) im Rahmen seines Fachwissens liegende Maßnahmen, da Wandele-
mente mit Innen- und Außenschicht nach gängiger Praxis als Fertigteil hergestellt
werden und ohne Außen- und Innenschicht verbindende Ankerelemente nicht rea-
lisierbar sind, wobei selbstverständlich diese Ankerelemente zwangsläufig alle
zwischen Außen- und Innenschicht liegende Schichten, wie Dämmung und wär-
mestrahlenreflektierende Lagen, durchdringen müssen.

In der E5 ist die Dämmschicht als Isolationsschicht bezeichnet. Sie kann daher
aus hierfür vorgesehenen, bekannten Materialien, so auch aus Schaumglas, wie in
der E6 (DIN 1053-1, 02/1990, Kapitel 8.4.3.4, Punkt a) als Baustoff für die Wär-
medämmung bei zweischaligem Wandaufbau vorgeschlagen, bestehen.

Der Einwand der Anmelderin, in der E5 sei gemäß der Fig. 1 ein zweischaliges
Wandelement mit zwei Dämmschichten offenbart, beim Anmeldungsgegenstand
sei dagegen eine Dämmschicht auskömmlich, ist, was den Offenbarungsgehalt
der Fig. 1 anbelangt, richtig. Aber im Gegensatz zur Fig. 1 offenbart die E5 mit der
Anspruchskombination 1 und 3 als Ausführungsform auch ein Wandelement mit
nur einer Dämmschicht, wobei dann, wie beim Gegenstand nach dem geltenden
Patentanspruch 1, nur an der Innenschicht eine Dämmschicht vorgesehen ist.

Der Gegenstand des Patenanspruchs 1 ergibt sich somit aus der E5 zusammen
mit dem Fachwissen, wozu die technischen Regeln nach der E6 gehören.

Der geltende Anspruch 1 ist daher nicht gewährbar.

Hiermit sind auch die rückbezogenen Patenansprüche 2 bis 12 und die nebenge-
ordnete Verfahrensansprüche 13 bis 15 nicht gewährbar, da sie zusammen mit
dem Patentanspruch 1 Gegenstand desselben Antrags auf Erteilung eines Patents
sind und deshalb mangels gesonderter Prüfungsnotwendigkeit das Rechtsschick-
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sal des nicht gewährbaren Patentanspruchs 1 teilen (vgl. BGH GRUR 1980, 716 -
„Schlackenbad“ i. V. m. GRUR 1989, 103 - „Verschlussvorrichtung für Gießpfan-
nen“, GRUR 2012, 149 ff -„Sensoranordnung“ und GRUR 2017, 57 ff – „Datenge-
nerator“).


III.

Gegen diesen Beschluss steht der am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Rich-
teramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit
mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zu-
gestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Lischke Hildebrandt Eisenrauch Küest

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