10 W (pat) 11/15  - 10. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



10 W (pat) 11/15
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
7. Februar 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache
















- 2 -
betreffend das Patent 10 2007 015 455

hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
Grund der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2017 unter Mitwirkung des
Richters Dipl.-Ing. Hildebrandt als Vorsitzenden sowie der Richter Eisenrauch,
Dipl.-Ing. Küest und Dr.-Ing. Großmann

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss
der Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 23. Juli 2014 insoweit aufgehoben, als der Wider-
ruf des Patents ausgesprochen wurde, und das Patent wird
mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

- Patentansprüche 1 bis 8 gemäß dem Hilfsantrag 3 aus
dem Schriftsatz vom 28. Dezember 2016,
- übrige Unterlagen gemäß Patentschrift.

2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Gegen das am 30. März 2007 angemeldete Patent 10 2007 015 455 (Streitpatent),
dessen Erteilung am 2. April 2009 veröffentlicht worden war, hat die weitere Ver-
fahrensbeteiligte am 1. Juli 2009 Einspruch erhoben. Sie hält den Gegenstand des
Streitpatents für nicht patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) und hat ihren Einspruch
auf folgende Druckschriften gestützt:
- 3 -
E1: DE 10 2006 002 241 A1 (nachveröffentlicht),
E2: DE 613 210 A,
E3: JP 2001 146738 A,
E4: GB 2 071 188 A,
E8: DUBBEL: Taschenbuch für den Maschinenbau, 17. Aufl. 1990,
Springer-Verlag, Seiten 79, 80


Danach ist das Streitpatent auf die C… AG mit Sitz in R…
(S…) umgeschrieben worden; das Verfahren wurde aber mit der P…
als Patentinhaberin weitergeführt, da die Einsprechende einem Eintritt der
C… AG in das Einspruchsverfahren nicht zugestimmt hat. Die Patentab-
teilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) hat das Streitpatent
nach Durchführung einer Einspruchsverhandlung vom 23. Juli 2014 in vollem
Umfang widerrufen. In dem Beschluss wird ferner eine Aussetzung des Ein-
spruchsverfahrens abgelehnt und die Erstattung jener Kosten durch die vorlie-
gende Patentinhaberin (P… LLC) zu Gunsten der Einsprechenden angeordnet,
die der Einsprechenden wegen einer früheren, am 24. Juni 2010 vor der Patent-
abteilung durchgeführten Einspruchsverhandlung entstanden waren.

In der Sache hat die Patentabteilung ihre Entscheidung auf die Druckschrift E2:
DE 613 210 A sowie auf die von ihr neu herangezogene Druckschrift

D5: WO 2007/082619 A1 (nachveröffentlicht)

gestützt.

Hinsichtlich der getroffenen Kostenentscheidung wird im Beschluss sinngemäß
ausgeführt, die Patentinhaberin habe den Abbruch der Einspruchsverhandlung
vom 24. Juni 2010 zu vertreten gehabt, da sie es versäumt habe, dem DPMA
frühzeitig mitzuteilen, ob die Vertretungsvollmacht für den damals aufgetretenen
- 4 -
Vertreter noch wirksam gewesen sei. Der Patentabteilung sei es damals nicht
möglich gewesen festzustellen, wer der tatsächlich bevollmächtigte Vertreter der
Patentinhaberin gewesen sei.

Gegen diesen Beschluss hat die Patentinhaberin am 9. Dezember 2014 Be-
schwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass der Gegenstand des Streitpa-
tents im Wesentlichen patentfähig sei. In der am 7. Februar 2017 vom Senat
durchgeführten mündlichen Verhandlung hat sie ihren Hauptantrag und alle ihre
Hilfsanträge aus ihrem Schriftsatz vom 28. Dezember 2016 wiederholt und somit
(sinngemäß) beantragt,

a) den Beschluss der Patentabteilung 25 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 23. Juli 2014, einschließlich der
darin getroffenen Kostenentscheidung, aufzuheben und das
Patent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 14 vom 15. Ja-
nuar 2010, übrige Unterlagen wie erteilt, beschränkt auf-
rechtzuerhalten,

b) hilfsweise den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die
Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die
Patentabteilung zurückzuverweisen,

c) hilfsweise eine Zwischenentscheidung zu dem vorstehenden
Antrag auf Zurückverweisung zu erlassen,

d) hilfsweise eine Zwischenentscheidung zur
Kostenerstattungspflicht der PilePro LLC zu erlassen,

e) hilfsweise eine Frist zur weiteren Stellungnahme in Bezug
auf die lückenhaften materiellen Teile des angefochtenen
Beschlusses zu erlassen,
- 5 -
f) hilfsweise (1. Hilfsantrag) den angefochtenen Beschluss, ein-
schließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung, aufzu-
heben und das Patent im Umfang der Patentansprüche 1
bis 10, übrige Unterlagen wie erteilt, beschränkt aufrechtzu-
erhalten,

g) hilfsweise (2. Hilfsantrag) den angefochtenen Beschluss, ein-
schließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung, aufzu-
heben und das Patent im Umfang der Patentansprüche 1
bis 12, übrige Unterlagen wie erteilt, beschränkt aufrechtzu-
erhalten,

h) hilfsweise (3. Hilfsantrag) den angefochtenen Beschluss, ein-
schließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung, aufzu-
heben und das Patent im Umfang der Patentansprüche 1
bis 8, übrige Unterlagen wie erteilt, beschränkt aufrechtzuer-
halten,

i) hilfsweise (4. Hilfsantrag) den angefochtenen Beschluss, ein-
schließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung, aufzu-
heben und das Patent im Umfang der Patentansprüche 1
bis 10, übrige Unterlagen wie erteilt, beschränkt aufrechtzu-
erhalten,

j) hilfsweise (5. Hilfsantrag) den angefochtenen Beschluss, ein-
schließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung, aufzu-
heben und das Patent im Umfang der Patentansprüche 1
bis 7, übrige Unterlagen wie erteilt, beschränkt aufrechtzuer-
halten,

- 6 -
k) hilfsweise (6. Hilfsantrag) den angefochtenen Beschluss, ein-
schließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung, aufzu-
heben und das Patent im Umfang der Patentansprüche 1
bis 9, übrige Unterlagen wie erteilt, beschränkt aufrechtzuer-
halten,

l) hilfsweise (7. Hilfsantrag) den angefochtenen Beschluss, ein-
schließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung, aufzu-
heben und das Patent im Umfang der Patentansprüche 1
bis 6, übrige Unterlagen wie erteilt, beschränkt aufrechtzuer-
halten,

m) hilfsweise (8. Hilfsantrag) den angefochtenen Beschluss, ein-
schließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung, aufzu-
heben und das Patent im Umfang der Patentansprüche 1
bis 8, übrige Unterlagen wie erteilt, beschränkt aufrechtzuer-
halten,

n) hilfsweise (9. Hilfsantrag) den angefochtenen Beschluss, ein-
schließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung, aufzu-
heben und das Patent im Umfang der Patentansprüche 1
bis 5, übrige Unterlagen wie erteilt, beschränkt aufrechtzuer-
halten,

o) hilfsweise (10. Hilfsantrag) den angefochtenen Beschluss,
einschließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung,
aufzuheben und das Patent im Umfang der Patentansprü-
che 1 bis 7, übrige Unterlagen wie erteilt, beschränkt auf-
rechtzuerhalten und

- 7 -
p) hilfsweise (11. Hilfsantrag) den angefochtenen Beschluss,
einschließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung,
aufzuheben und das Patent im Umfang der Patentansprü-
che 1 bis 4, übrige Unterlagen wie erteilt, beschränkt auf-
rechtzuerhalten.

Hinsichtlich der getroffenen Kostenentscheidung bemängelt die Patentinhaberin,
die Patentabteilung habe ihre Entscheidung zu Unrecht darauf gestützt, dass die
Patentinhaberin etwas versäumt habe. Aus dem Protokoll der abgebrochenen
Einspruchsverhandlung vom 24. Juni 2010 ergebe sich vielmehr, dass die Verta-
gung deshalb erfolgt sei, weil ein Umschreibungsantrag vorgelegen habe und die
Patentabteilung fälschlich davon ausgegangen sei, dass unter diesen Umständen
eine abschließende Beschlussfassung nicht möglich gewesen sei. Diese Tatsa-
chen rechtfertigten es aber nicht, der Patentinhaberin die Kosten für die am
24. Juni 2010 abgebrochene Einspruchsverhandlung aufzuerlegen.

Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass das Streitpatent in keiner der verteidigten Fassungen
patentfähig sei. Die Kostenauferlegung hält sie im angefochtenen Beschluss für
gerechtfertigt. Die Einsprechende verweist hierzu auf die Ausführungen in ihrem
Schriftsatz vom 14. Juli 2010.

Vorab sei auf die unzutreffende, auf einen offensichtlichen Fehler beim Drucken
der Patentschrift zurückzuführende Nummerierung der erteilten Patentansprüche
hingewiesen. Dabei sind die Unteransprüche 2 und 3 fälschlicherweise zu einem
einzigen Anspruch 2 zusammengefasst worden. Entsprechend sind dann die fol-
genden Patentansprüche jeweils eine Nummer zu niedrig angegeben. Der Senat
nimmt im Folgenden auf die im Anspruchssatz nach Hauptantrag richtiggestellte
Nummerierung Bezug.

- 8 -
Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 11 nach dem Hauptantrag lauten:

1. Verfahren zur Herstellung einer Spundwandkomponente,
wie einer Spundbohle, einem Verbindungsprofil oder ei-
nem Träger, die mindestens ein sich über die gesamte
Länge der Spundwandkomponente erstreckendes
Schloss gleichbleibenden Querschnitts zum Einhängen
des Schlosses einer weiteren Spundwandkomponente
aufweist, und bei dem Verfahren:
ein Vorprodukt durch Umformen gefertigt wird, wobei
während des Formens des Vorproduktes an dem mit
dem Schloss zu versehenden Abschnitt eine Materialan-
häufung ausgeformt wird,
das Schloss im Querschnitt gesehen zumindest ab-
schnittsweise durch spanende Bearbeitung an dem mit
dem Schloss zu versehenden Abschnitt des Vorproduk-
tes gefertigt wird, wobei der Abschnitt, in dem das
Schloss durch spanende Bearbeitung ausgeformt wird,
derart ausgebildet und im Querschnitt so ausreichend
bemessen und dimensioniert ist, dass durch das Umfor-
men am Vorprodukt entstehende Maßabweichungen bei
der spanenden Bearbeitung des Schlosses berücksich-
tigt sind, damit das Schloss ordnungsgemäß ausgebildet
werden kann.

11. Spundwandkomponente, wie eine Spundbohle, ein
Verbindungsprofil oder ein Träger, hergestellt nach ei-
nem Verfahren gemäß einem der vorhergehenden An-
sprüche 1 bis 10, wobei die Spundwandkomponente (20;
30) mindestens ein sich über die gesamte Länge der
Spundwandkomponente (20; 30) erstreckendes Schloss
- 9 -
(22; 32) gleichbleibenden Querschnitts zum Einhängen
des Schlosses einer weiteren Spundwandkomponente
aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Spund-
wandkomponente (20; 30) durch Umformen hergestellt
worden ist und dass das mindestens eine Schloss (22;
32) zumindest abschnittsweise durch spanende Bear-
beiten hergestellt worden ist, wobei an dem mit dem
Schloss (22; 32) versehenen Abschnitt der Spundwand-
komponente durch das Umformen eine Materialanhäu-
fung (24; 34) ausgebildet ist, in welche das Schloss (22;
32) durch spanende Bearbeitung eingebracht worden ist.

Der 1. Hilfsantrag zeichnet sich dadurch aus, dass die Vorrichtungsansprüche 11
bis 14 des Hauptantrags lediglich weggelassen wurden.

Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 9 nach dem 2. Hilfsantrag lauten:

1. Verfahren zur Herstellung einer Spundwandkomponente,
wie einer Spundbohle, einem Verbindungsprofil oder ei-
nem Träger, die mindestens ein sich über die gesamte
Länge der Spundwandkomponente erstreckendes
Schloss gleichbleibenden Querschnitts zum Einhängen
des Schlosses einer weiteren Spundwandkomponente
aufweist, und bei dem Verfahren:
ein Vorprodukt durch Umformen gefertigt wird, wobei
während des Formens des Vorproduktes an dem mit
dem Schloss zu versehenden Abschnitt eine Materialan-
häufung ausgeformt wird,
das Schloss im Querschnitt gesehen zumindest ab-
schnittsweise durch spanende Bearbeitung an dem mit
dem Schloss zu versehenden Abschnitt des Vorproduk-
- 10 -
tes gefertigt wird, wobei der Abschnitt, in dem das
Schloss durch spanende Bearbeitung ausgeformt wird,
derart ausgebildet und im Querschnitt so ausreichend
bemessen und dimensioniert ist, dass durch das Umfor-
men am Vorprodukt entstehende Maßabweichungen bei
der spanenden Bearbeitung des Schlosses berücksich-
tigt sind, damit das Schloss ordnungsgemäß ausgebildet
werden kann, dadurch gekennzeichnet, dass das Vor-
produkt mit seiner Materialanhäufung zur spanenden
Bearbeitung an einer stationären Bearbeitungsstation
vorbeigeführt wird.

9. Spundwandkomponente, wie eine Spundbohle, ein
Verbindungsprofil oder ein Träger, die mindestens ein
sich über die gesamte Länge der Spundwandkompo-
nente (20; 30) erstreckendes Schloss (22; 32) gleichblei-
benden Querschnitts zum Einhängen des Schlosses ei-
ner weiteren Spundwandkomponente aufweist, dadurch
gekennzeichnet, dass die Spundwandkomponente (20;
30) durch Umformen hergestellt worden ist und dass das
mindestens eine Schloss (22; 32) zumindest abschnitts-
weise durch spanende Bearbeiten hergestellt worden ist,
wobei an dem mit dem Schloss (22; 32) versehenen Ab-
schnitt der Spundwandkomponente durch das Umformen
eine Materialanhäufung (24; 34) ausgebildet ist, in wel-
che das Schloss (22; 32) durch spanende Bearbeitung
eingebracht worden ist, wobei das Vorprodukt mit seiner
Materialanhäufung zur spanenden Bearbeitung an einer
stationären Bearbeitungsstation vorbeigeführt wird.

- 11 -
Der 3. Hilfsantrag zeichnet sich dadurch aus, dass die Vorrichtungsansprüche 9
bis 12 des 2. Hilfsantrags lediglich weggelassen wurden.

Die geltenden Patentansprüche nach dem 3. Hilfsantrag lauten (vollständig):

1. Verfahren zur Herstellung einer Spundwandkomponente,
wie einer Spundbohle, einem Verbindungsprofil oder ei-
nem Träger, die mindestens ein sich über die gesamte
Länge der Spundwandkomponente erstreckendes
Schloss gleichbleibenden Querschnitts zum Einhängen
des Schlosses einer weiteren Spundwandkomponente
aufweist, und bei dem Verfahren:
ein Vorprodukt durch Umformen gefertigt wird, wobei
während des Formens des Vorproduktes an dem mit
dem Schloss zu versehenden Abschnitt eine
Materialanhäufung ausgeformt wird,
das Schloss im Querschnitt gesehen zumindest
abschnittsweise durch spanende Bearbeitung an dem
mit dem Schloss zu versehenden Abschnitt des
Vorproduktes gefertigt wird, wobei der Abschnitt, in dem
das Schloss durch spanende Bearbeitung ausgeformt
wird, derart ausgebildet und im Querschnitt so
ausreichend bemessen und dimensioniert ist, dass durch
das Umformen am Vorprodukt entstehende
Maßabweichungen bei der spanenden Bearbeitung des
Schlosses berücksichtigt sind, damit das Schloss
ordnungsgemäß ausgebildet werden kann, dadurch
gekennzeichnet, dass das Vorprodukt mit seiner
Materialanhäufung zur spanenden Bearbeitung an einer
stationären Bearbeitungsstation vorbeigeführt wird.

- 12 -
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Materialanhäu-
fung beim Formen des Vorproduktes so ausgeformt wird,
dass die Materialanhäufung im Querschnitt betrachtet an
die Form des zu fertigenden Schlosses bereits ange-
passt ist.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem der mit dem
Schloss zu versehende Abschnitt des Vorproduktes oder
die am Vorprodukt ausgebildete Materialanhäufung nach
der spanenden Bearbeitung im Querschnitt betrachtet
zumindest abschnittsweise zur endgültigen Schlossform
um geformt wird.

4. Verfahren nach Anspruch 3, bei dem zumindest der nach
der spanenden Bearbeitung zur Ausbildung der endgülti-
gen Schlossform noch umzuformende Bereich des Ab-
schnittes oder der Materialanhäufung auf eine
Warmumformtemperatur erwärmt wird.

5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
bei dem die spanende Bearbeitung des Schlosses durch
mehrere spanabhebende Werkzeuge, vorzugsweise in
mehreren aufeinanderfolgenden Arbeitsschritten, erfolgt.

6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
bei dem die spanende Bearbeitung durch mindestens ein
Werkzeug mit geometrisch bestimmter Schneide
und/oder durch mindestens ein Werkzeug mit geomet-
risch unbestimmter Schneide durchgeführt wird.

- 13 -
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
bei dem die spanende Bearbeitung durch Formfräsen
und/oder Formschleifen erfolgt.

8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
bei dem die spanende Bearbeitung unmittelbar nach
dem Formen des Vorproduktes erfolgt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien sowie hinsichtlich der Anspruchs-
fassungen der weiteren Hilfsanträge der Patentinhaberin (4. bis 11. Hilfsantrag)
wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Der Beschlusstenor war im Wege einer Berichtigung um den Ausspruch zu ergän-
zen, dass die weitergehende Beschwerde der Einsprechenden zurückgewiesen
wird. Hierbei handelt es sich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne § 95 Abs. 1
PatG, da mit der getroffenen Entscheidung der Beschwerde der Einsprechenden
offensichtlich nicht in vollem Umfang stattgegeben wurde. Eines selbständigen
Berichtigungsbeschlusses bedurfte es nicht; die Berichtigung der Beschlussformel
in der zur Zustellung vorgesehenen vollständigen Fassung des Beschlusses ist
ausreichend (vgl. Busse/Schuster, PatG, 8. Aufl., § 95 Rn. 6 - m. w. N.).

- 14 -
III.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig.

2. Hilfsweise gestellte Anträge der Patentinhaberin gemäß b) bis e)

Bei den hilfsweise gestellten Anträgen b) bis e) handelt es sich um keine Sachan-
träge. Diese sind allesamt, was offenkundig ist, zurückzuweisen und werden
zwecks Übersichtlichkeit der Darstellung vor den Sachanträgen a) sowie f) bis h)
behandelt.

Die Anträge der Patentinhaberin, eine Zwischenentscheidung zur Aufhebung und
Zurückverweisung oder eine Zwischenentscheidung zur Kostenerstattungspflicht
der Patentinhaberin zu erlassen, sind in gleicher Weise als obsolet anzusehen,
wie der Antrag, eine Frist zum weiteren Vortrag zum behaupteten Begründungs-
mangel zu gewähren. Diese Anträge sind durch die Terminierung des erkennen-
den Senats zur mündlichen Verhandlung überholt worden und hätten nicht mehr
gestellt werden dürfen.

Der Patentinhaberin kann ferner nicht gefolgt werden, soweit sie geltend macht,
der angefochtene Beschluss der Patentabteilung sei teilweise ohne ausreichende
Begründung ergangen, und die Sache sei deswegen an die erkennende Patent-
abteilung zurückzuverweisen. So sind, was die Frage der Vollständigkeit der im
Einspruchsverfahren gestellten Anträge betrifft, diese in dem angefochtenen Be-
schluss offensichtlich vollständig aufgeführt, wobei die gegebenenfalls zugrunde
zu legenden Unterlagen eindeutig angegeben sind (vgl. dort Seite 2, Teil A der
Gründe, mit der Auflistung aller Anträge beider Parteien). Auf den Seiten 3 und 4
des Beschlusses ist zum Hauptantrag und den Hilfsanträgen jeweils derjenige An-
spruch im Wortlaut zitiert, auf den sich dann die im folgenden Teil B der Begrün-
dung getroffenen Ausführungen zur fehlenden Patentfähigkeit beziehen. Auch be-
züglich des bemängelten Umfangs der abgehandelten Ansprüche bzw. Anträge
- 15 -
und deren Reihenfolge (Teil B der Gründe) vermag der Senat dem Vortrag der
Patentinhaberin nicht zu folgen. So wurde auf Seite 5 des Beschlusses unter An-
gabe konkreter Gründe explizit auf die beiden ersten Anträge (Aussetzung und
Kostenerstattung) eingegangen. Die im Folgenden von der Patentabteilung ge-
troffene Reihenfolge bei der Abhandlung der sachlichen Anträge (Hilfsantrag 2 –
Hilfsantrag 1 - Hauptantrag – Hilfsantrag 3) - ebenso wie die der hierzu jeweils
herausgegriffenen Ansprüche 9, 11 bzw. 1 - mag auf den ersten Blick willkürlich
und unvollständig erscheinen. Die Logik dieser Reihenfolge erschließt sich jedoch
zum einen aus dem Umstand, dass hierbei auf die jeweilige Merkmalskombination
der Ansprüche hinsichtlich ihrer stufenweisen Abdeckung durch den entgegenge-
haltenen Stand der Technik abgestellt wurde. Zum anderen genügt es dabei, in-
nerhalb jeweils eines Antrags gegebenenfalls einen von mehreren nebengeord-
neten Ansprüchen als nicht bestandsfähig bzw. gewährbar nachzuweisen, um den
gesamten Antrag zu Fall zu bringen. Dies entspricht einschlägiger und gefestigter
Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH GRUR 2017, 57 ff. - „Datengenerator“;
GRUR 2007, 862 ff. - „Informationsübermittlungsverfahren II“; GRUR 1997,
120 ff. - „Elektrisches Speicherheizgerät“).

3. In der Sache hat die Beschwerde der Patentinhaberin letztlich im Umfang des
3. Hilfsantrags (siehe oben unter Punkt h) Erfolg.

3.1. Der Einspruch ist gemäß § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG form- und fristgerecht
erhoben, er ist auch ausreichend substantiiert und somit zulässig.

3.2. Der Durchschnittsfachmann, auf dessen Wissen und Können es insbeson-
dere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents und der Entgegenhaltun-
gen ankommt, ist hier ein Maschinenbau-Ingenieur (FH oder Bachelor) mit ein-
schlägiger Erfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion und Fertigung von Spund-
wandkomponenten.

- 16 -
3.3. Zum Hauptantrag

3.3.1 Der dem Hauptantrag zugrunde liegende Patentanspruch 1 in der erteilten
Fassung lässt sich in folgende Merkmale gliedern:
1.1 Verfahren zur Herstellung einer Spundwandkomponente, wie einer
Spundbohle, einem Verbindungsprofil oder einem Träger,
1.2 die mindestens ein sich über die gesamte Länge der Spundwand-
komponente erstreckendes Schloss gleichbleibenden Querschnitts zum
Einhängen des Schlosses einer weiteren Spundwandkomponente aufweist,
und bei dem Verfahren:
1.3 ein Vorprodukt durch Umformen gefertigt wird,
1.4 wobei während des Formens des Vorproduktes an dem mit dem Schloss zu
versehenden Abschnitt eine Materialanhäufung ausgeformt wird,
1.5 das Schloss im Querschnitt gesehen zumindest abschnittsweise durch
spanende Bearbeitung an dem mit dem Schloss zu versehenden Abschnitt
des Vorproduktes gefertigt wird,
1.6 wobei der Abschnitt, in dem das Schloss durch spanende Bearbeitung aus-
geformt wird, derart ausgebildet und im Querschnitt so ausreichend
bemessen und dimensioniert ist, dass durch das Umformen am Vorprodukt
entstehende Maßabweichungen bei der spanenden Bearbeitung des
Schlosses berücksichtigt sind, damit das Schloss ordnungsgemäß
ausgebildet werden kann.

Nach Überzeugung des Senats ist das Verfahren nach dem erteilten Patentan-
spruch 1 durch den Inhalt der Entgegenhaltung E1 (DE 10 2006 002 241 A1) neu-
heitsschädlich vorweggenommen. Diese Druckschrift zählt als Patentanmeldung
mit älterem Zeitrang i. S. § 3 Abs. 2 PatG hinsichtlich der Frage der Neuheit zum
Stand der Technik.
Dabei kommt der Auslegung des Anspruchswortlauts, insbesondere hinsichtlich
der Begriffe „Spundwandkomponente“ und „Schloss“ nach den Merkmalen 1.1 und
1.2 eine entscheidende Bedeutung zu, nämlich in der Frage, welche der E1 ent-
- 17 -
nehmbare Komponente dort mit den beanspruchten Verfahrensschritten herge-
stellt ist. Laut Merkmal 1.1 kann die das Schloss aufweisende Spundwandkompo-
nente eine Spundbohle, ein Verbindungsprofil oder ein Träger sein. Dabei soll das
gemäß Merkmal 1.2 sich über deren jeweilige gesamte Länge erstreckende
Schloss zum Einhängen des Schlosses einer weiteren Spundwandkomponente
ausgebildet sein.

Dieser Terminologie entsprechend offenbart die Druckschrift E1 eine Spundbohle
(hier als Doppel-T-Profil), welche an ihren Flanschenenden (20, 20‘) jeweils ein
Schloss in Form einer Nut (24) zum Einhängen des Schlosses einer weiteren
Spundwandkomponente (30) aufweist (vgl. dort Anspruch 1 i. V. m. Fig. 1 und 2).
Somit sind bei der aus E1 bekannten Spundwandkomponente die gegenständli-
chen Merkmale 1.1 und 1.2 verwirklicht.

Auch kann der Fachmann dieser Druckschrift eindeutig ein Verfahren zur Herstel-
lung einer derartigen Spundwandkomponente entnehmen. Entsprechende Anga-
ben finden sich beispielsweise im dortigen Abs. [0011] („Warmwalzen der Spund-
bohle“) und Anspruch 18 („warmgewalztes Profil“). Dass damit i. S. des Merkmals
1.3 ein Vorprodukt durch Umformen gefertigt wird, ergibt sich u. a. aus der dort in
Anspruch 17 beanspruchten und in Abs. [0011] näher beschriebenen Ausfüh-
rungsvariante, wonach „die Nut auch noch nachträglich in den Flansch eines ferti-
gen Doppel-T-Profils eingebracht werden kann“. Damit ist zugleich auch das
Merkmal 1.5 einer Fertigung des Schlosses durch spanende Bearbeitung an dem
mit dem Schloss zu versehenden Abschnitt des Vorproduktes mit realisiert.

Ferner kann nach den Angaben in Anspruch 13 sowie Abs. [0014] der E1 die
Spundwandbohle alternativ zu einer durchgehend konstanten Dicke „auch ein
oder mehrere verdickte Flanschenden aufweisen“. Dies entspricht in der Termi-
nologie des Streitpatents einer Materialanhäufung, welche aus den oben zu
Merkmal 1.3 angeführten Gründen i. S. des Merkmals 1.4 während des Formens
- 18 -
des Vorproduktes an dem mit dem Schloss zu versehenden Abschnitt erfolgt (vgl.
auch die Darstellung des Flanschendes (60) in Fig. 4).

Dass gemäß dem Merkmal 1.6 schließlich „der Abschnitt, in dem das Schloss
durch spanende Bearbeitung ausgeformt wird, derart ausgebildet und im Quer-
schnitt so ausreichend bemessen und dimensioniert ist, dass durch das Umformen
am Vorprodukt entstehende Maßabweichungen bei der spanenden Bearbeitung
des Schlosses berücksichtigt sind, damit das Schloss ordnungsgemäß ausgebildet
werden kann“, stellt nach Überzeugung des Senats eine für den Fachmann
selbstverständliche Bedingung dar, welche zwangsläufig auch bei dem Verfahren
nach der E1 erfüllt sein muss. Auch dort muss der Fachmann durch ausreichende
Dimensionierung der verdickten Flanschenden dafür sorgen, dass beim nachträg-
lichen spanenden Bearbeiten unter Berücksichtigung von durch das Umformen am
Vorprodukt entstehenden Maßabweichungen das Schloss ordnungsgemäß aus-
gebildet werden kann.

Damit ist ein Verfahren mit allen Merkmalen des angegriffenen Patentanspruchs 1
aus der Entgegenhaltung E1 bekannt.

Dem Einwand der Patentinhaberin, bei diesem Merkmalsvergleich seien der
Druckschrift E1 in unzulässiger Weise einzelne Merkmale aus unterschiedlichen
Ausführungsformen entnommen und miteinander zu dem streitpatentgemäßen
Verfahren kombiniert worden, welches so dort nicht offenbart ist, kann der Senat
nicht folgen. Denn zum einen sind die in der E1 in Betracht gezogenen Merkmale
(auch) Gegenstand von Ansprüchen, welche aufgrund ihrer jeweiligen Rückbezie-
hung auch in den entsprechenden Merkmalskombinationen offenbart sind (s. die
oben zu den Merkmalen 1.1 bis 1.5 angeführten Ansprüche 1, 13, 17 und 18).
Soweit zum anderen dabei auch auf Fundstellen in der Beschreibung der E1 Be-
zug genommen wird, finden sich diese in dem die dortige Erfindung ausdrücklich
allgemein beschreibenden Teil der Druckschrift (s. insbesondere Überschrift vor
- 19 -
Abs. [0010] „Allgemeine Beschreibung der Erfindung“) und sind nicht Gegenstand
von sich ggf. ausschließenden unterschiedlichen Ausführungsbeispielen.

3.3.2 Der Merkmalsumfang des auf eine Spundwandkomponente gerichteten Pa-
tentanspruchs 11 entspricht mit Ausnahme der geänderten Anspruchskategorie
vollumfänglich demjenigen des Patentanspruchs 1, so dass hierzu dasselbe gilt
wie zu dem oben abgehandelten Hauptanspruch.

Somit ist auch der Gegenstand des Patentanspruchs 11 nicht bestandsfähig.

Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.

3.4. Zum 1. Hilfsantrag

Der 1. Hilfsantrag umfasst die Verfahrensansprüche 1 bis 10 in der erteilten Fas-
sung unter Wegfall der Sachansprüche 11 bis 14. Aus den oben unter 3.3.1 aus-
geführten Gründen ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem
Inhalt der Druckschrift E1 nicht neu.

Der 1. Hilfsantrag ist daher nicht gewährbar.

3.5. Zum 2. Hilfsantrag

Nach dem 2. Hilfsantrag ist zu dem Verfahren nach Patentanspruch 1 sowie dem
Gegenstand des Patentanspruchs 11 gemäß Hauptantrag jeweils das Merkmal
des erteilten Unteranspruchs 7 hinzugenommen, dass „das Vorprodukt mit seiner
Materialanhäufung zur spanenden Bearbeitung an einer stationären Bearbei-
tungsstation vorbeigeführt wird“. Mit dieser Einschränkung ist zwar das Verfahren
nach Patentanspruch 1 gegenüber dem Inhalt der Druckschrift E1 als neu anzu-
sehen (s. nachfolgend zum 3. Hilfsantrag); sie ist nach Auffassung des Senats
jedoch nicht geeignet, die Neuheit der mit dem nunmehr geltenden Patentan-
- 20 -
spruch 9 beanspruchten Spundwandkomponente zu begründen. Denn eine rein
verfahrensmäßige Maßnahme, wie sie das hinzugenommene Merkmal bedeutet,
könnte einen Unterschied zu einem gegenständlichen Stand der Technik nur dann
begründen, wenn diese sich in einem konkret erkennbaren gegenständlichen
Merkmal des Produkts niederschlägt (vgl. Benkard / Mellulis, PatG, 11. Aufl., § 3
Rn. 226). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall.

Unbeschadet der in der mündlichen Verhandlung hierzu diskutierten Frage, was
unter einer stationären Bearbeitungsstation zu verstehen ist, an welcher das Vor-
produkt vorbeigeführt wird, kommt es hier entscheidend darauf an, ob sich die fer-
tige Spundwandkomponente aufgrund dieses Fertigungsschritts gegenständlich,
d. h. eindeutig wahrnehmbar von einer Komponente unterscheidet, bei welcher die
erforderliche Relativbewegung zwischen Bearbeitungsstation und Vorprodukt auf
andere Weise zustande gekommen ist. Soweit die Patentinhaberin hierzu aus-
führt, es würden beim Vorbeiführen des Vorprodukts an der Bearbeitungsstation
aufgrund der hierzu erforderlichen großen Kräfte die entsprechenden Transport-
mittel sehr wohl wahrnehmbare Spuren an der fertigen Komponente hinterlassen,
kann dem nicht gefolgt werden. Denn derartige Spuren, so sie denn tatsächlich in
relevanter Form an der Spundwandkomponente zu erkennen sein sollten, können
in ihrer Ursache nicht, zumindest nicht eindeutig einem derartigen Verfahrens-
schritt zugeordnet werden. Vielmehr können jegliche anderweitigen Transport-
schritte innerhalb der Fertigung grundsätzlich ebenso entsprechende Spuren hin-
terlassen.

Aus denselben Gründen wie oben unter 3.3.2 zum im Übrigen gleichlautenden
Patentanspruch 11 ausgeführt, ist daher auch der Gegenstand des Patentan-
spruchs 9 nach Hilfsantrag 2 nicht neu gegenüber dem Inhalt der Druckschrift E1.

Der 2. Hilfsantrag ist daher nicht gewährbar.

- 21 -
3.6. Zum 3. Hilfsantrag

Der Gegenstand des Streitpatents ist in der Fassung des 3. Hilfsantrags patentfä-
hig (§§ 1 bis 5 PatG), weshalb der angegriffene Beschluss insoweit aufzuheben
und das Streitpatent auf die Beschwerde entsprechend beschränkt aufrechtzuer-
halten ist (§ 61 Abs. 1 PatG).

3.6.1 Neuheit

Das Verfahren nach dem gemäß 3. Hilfsantrag geltenden Patentanspruch 1 ist
neu.

Gemäß dem 3. Hilfsantrag sind die gegenständlichen Ansprüche 9 bis 11 nach
Hilfsantrag 2 gestrichen, so dass hier nur mehr über die Patentfähigkeit der
gleichlautenden Verfahrensansprüche 1 bis 8 zu befinden ist. Nach Überzeugung
des Senats unterscheidet sich das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 von
dem in E1 aufgezeigten Verfahren durch das aus dem erteilten Anspruch 7 hinzu-
genommene, vorstehend zum Hilfsantrag 2 bereits diskutierte Merkmal des Vor-
beiführens des Vorprodukts mit seiner Materialanhäufung zur spanenden Bear-
beitung an einer stationären Bearbeitungsstation. Letzterer Begriff wird vom
Fachmann hierbei so verstanden, dass die Bearbeitungsstation, beispielsweise ein
Fräser, relativ zur Arbeitsumgebung feststeht, während das zu bearbeitende
Werkstück (hier Vorprodukt) an dieser in einer bestimmten, die angestrebte Bear-
beitungsform und -weise bestimmenden Ausrichtung vorbeigeführt wird. Hierbei ist
es unerheblich, ob die Bearbeitungsstation - etwa zur Bearbeitung eines anderen
Werkstücks oder zur Überführung in eine Warteposition - grundsätzlich bewegbar
ist.

Da dieses Merkmal beim Gegenstand der Entgegenhaltung E1 nicht offenbart ist,
kommt damit dem Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 die
erforderliche Neuheit zu.
- 22 -
Dem diesbezüglichen Einwand der Einsprechenden, dieser Verfahrensschritt
stelle lediglich eine von zwei dem Fachmann geläufigen Alternativen zum Bewerk-
stelligen einer Relativbewegung zwischen Werkstück und Werkzeug dar und sei
deshalb im Offenbarungsgehalt der E1 implizit mit enthalten, kann der Senat nicht
folgen. Es mag dahingestellt sein, ob und ggf. welche weiteren Möglichkeiten der
Bewegung von Werkstück und Werkzeug zueinander sonst noch denkbar sind;
jedenfalls hat das Streitpatent mit der Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß dem 3.
Hilfsantrag eine bestimmte Vorgehensweise ausgewählt, während eine solche
konkrete Auswahl bei dem aus E1 bekannten Verfahren gerade nicht getroffen ist.
Weitergehende Überlegungen des Fachmanns, aufgrund derer er möglicherweise
aus der E1 eine Anregung zu einer solchen Auswahl erfahren haben könnte, be-
treffen die Frage der erfinderischen Tätigkeit, welche bei dieser Entgegenhaltung
als nachveröffentlichte Anmeldung mit älterem Zeitrang außer Betracht zu bleiben
hat.

3.6.2 Erfinderische Tätigkeit

Das Verfahren nach dem gemäß 3. Hilfsantrag geltenden Patentanspruch 1 beruht
auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Einsprechende macht hiergegen geltend, die Entgegenhaltungen E2 bzw. E3
hätten dieses Verfahren für den Fachmann, jedenfalls in Verbindung mit seinem -
etwa aus der Literaturstelle E8 belegten - Fachwissen nahegelegt.

Die Druckschrift E2 offenbart eine vergleichbar aufgebaute Spundwandkompo-
nente mit Verbindungsprofilen, wobei die Flanschenden eine Materialanhäufung
i.S. des Streitpatents aufweisen. Zu deren Herstellung lehrt die E2 ausdrücklich,
hierzu in vorteilhafter Weise Breitflanschträger zu verwenden, „welche im üblichen
Walzverfahren [...] in ihrer endgültigen Form und ohne jede Nachbearbeitung der
Flanschenkanten hergestellt sind“ (s. dort Seite 2, linke Spalte, Zeilen 20 bis 25).
Damit weist diese Druckschrift aber gerade von dem zentralen Erfindungsgedan-
- 23 -
ken des Streitpatents weg, nämlich ein durch Umformen gefertigtes Vorprodukt
nachträglich einer spanenden Bearbeitung zu unterziehen.

Auch die Einbeziehung der Entgegenhaltung E3 kann nach Überzeugung des Se-
nats dem Fachmann keine Anregung in diese Richtung vermitteln. Denn dort wird
gerade nicht, wie beim Gegenstand des Streitpatents, eine vorher gezielt erzeugte
Materialanhäufung nachträglich bearbeitet; vielmehr geht es bei der Lehre der E3
um ein nachträgliches Beseitigen von durch ein vorangegangenes Verformen auf-
getretenen unerwünschten Oberflächenverfaltungen. Auch erfolgt diese Nachbe-
arbeitung am fertigen Werkstück und nicht wie bei dem streitpatentgemäßen Ver-
fahren an einem Vorprodukt, in welches gezielt eine bestimmte Ausfräsung einge-
bracht wird.

Die schließlich noch angeführte Stelle E8 aus der Fachliteratur soll das Fachwis-
sen des Fachmanns hinsichtlich des Merkmals des Vorbeiführens des Vorpro-
dukts an einer stationären Bearbeitungsstation belegen. Dies ist hier deswegen
irrelevant, da, wie vorstehend begründet, bereits das Verfahren mit den übrigen
Merkmalen des Patentanspruchs 1 durch den angeführten Stand der Technik nicht
nahegelegt ist, und es somit auf dieses zusätzliche Merkmal nicht ankommt.

3.6.3 Mit dem somit gewährbaren Patentanspruch 1 sind auch die von diesem
getragenen Unteransprüche 2 bis 8 gewährbar.

Der 3. Hilfsantrag ist daher gewährbar und führt in diesem Umfang zur be-
schränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents.

4. Angefochtene Kostenentscheidung

Die Auferlegung der Kosten für die am 24. Juni 2010 durchgeführte Einspruchs-
verhandlung zu Lasten der Patentinhaberin ist nicht zu beanstanden, weshalb der
- 24 -
angefochtene Beschluss insoweit Bestand haben muss. Die Kostenentscheidung
entspricht der Billigkeit und hat ihre Rechtsgrundlage in § 62 Abs. 1 Satz 1 PatG.

Grundsätzlich trägt im Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Mar-
kenamt jede Beteiligte ihre Kosten selbst. Von diesem Grundsatz ist dann abzu-
weichen, wenn Billigkeitsgründe dies erfordern. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die
Patentinhaberin trägt den Sachverhalt unvollständig vor, indem sie behauptet, der
Abbruch der Einspruchsverhandlung sei nur deshalb erfolgt, weil ein Umschrei-
bungsantrag vorgelegen habe. Richtig ist vielmehr, dass einen Tag vor der Ein-
spruchsverhandlung ein neuer anwaltlicher Vertreter der Patentinhaberin die Pa-
tentabteilung per E-Mail darüber informiert hatte, dass er zur Durchführung des
Einspruchsverfahrens bevollmächtigt worden sei und dass der in der Einspruchs-
verhandlung erschienene bisherige anwaltliche Vertreter hierzu keine schlüssige
Erklärung abzugeben vermochte. Bei der Frage der Bevollmächtigung oblag es
der Patentinhaberin, frühzeitig in prozessfördernder Weise für Klarheit zu sorgen.
Indem ihre Vertreter dies nicht taten oder nicht konnten, lag eine Nachlässigkeit
vor, die ihr zuzurechnen war. Die Patentabteilung durfte deshalb, da am Tag der
ersten Einspruchsverhandlung ernstzunehmende Zweifel an der Bevollmächtigung
des erschienenen anwaltlichen Vertreters entstanden waren, die Verhandlung ab-
brechen (vgl. z. B. auch: BGH Mitt. 2009, 30, 31 [Rz. 14] - „Multiplexsystem“).
Damit ist es interessengerecht, wenn die Patentinhaberin insoweit der Einspre-
chenden deren außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat. Im Zivilprozessrecht ist
diese Billigkeitserwägung ausdrücklich in § 95 ZPO festgeschrieben.

- 25 -
IV.

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4 . ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.


Hildebrandt Eisenrauch Küest Dr. Großmann

prö


Full & Egal Universal Law Academy