10. Senat - Tariflicher Nachtarbeitszuschlag - Gleichheitssatz - Nachtarbeit im Rahmen von Schichtarbeit
Karar Dilini Çevir:
10. Senat - Tariflicher Nachtarbeitszuschlag - Gleichheitssatz - Nachtarbeit im Rahmen von Schichtarbeit
Bundesarbeitsgericht 10 . Senat Urteil vom 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - I. Arbeitsgericht Berlin Urteil vom 12. Januar 2012 - 38 Ca 4536/11 - II. Landesarbeitsgericht Berlin - Brandenburg Urteil vom 12. Juni 2012 - 16 Sa 297/12 - F ür die Amtliche Sammlung: Ja Entscheidungsstichwort e : Tariflicher Nachtarbeitszuschlag - Gleichheitssatz Gesetz e : GG Art. 3 Abs. 1; ArbZG § 2 Abs. 4 und Abs. 5, § 6 Abs. 5; Manteltarifve r- trag für den Berliner Einzelhandel vom 6. Juli 1994 idF der 7. Änderung s- vereinbarung vom 4. September 200 8 und des E rgänzungstarifver trag s vom 20. Juli 2011 (MTV) § 8 Leits a tz: § 8 Ziff. 5 Buchst. a MTV, wonach für Nachtarbeit ein Zuschlag von 50 % , jedoch für Nachtarbeit im Rahmen von Schichtarbeit nur ein Zuschlag von 20 % zu gewähren ist, verstößt unter den besonderen branchentypischen Bedingungen des Einzelhandels nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 10 AZR 736/12 16 Sa 297/12 Landesarbeitsgericht Berlin - Brandenburg Im Namen des Volkes! Verkündet am 11. Dezember 2013 URTEIL Brüne , Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger, pp. Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch, die Richter am Bundesarbeitsgericht Reinfelder und Mest werdt sowie die ehrenamtlichen Richter Großmann und Frese für Recht erkannt: - 2 - 10 AZR 736/12 - 3 - 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Lande s- arbeitsgerichts Berlin - Brandenburg vom 12. Juni 2012 - 16 Sa 297/12 - wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Höhe des tariflichen Nachtzuschlags für die Zeiträume November 2009 bis Februar 2010 und November 2010 bis Okt o- ber 2011. Der Kläger war zunächst seit dem 1. September 2001 bei der T Diens t- leistungsgesellschaft mbH beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis ging mit Wirkung zum 1. Januar 2008 auf die Beklagte über. Die Beklagte erbringt logistische Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Versorgung von Einzelhandelsfili a- len mit Waren. Kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme finden die Tarifverträge für den Berliner Einzelhandel Anwendung. § 8 des Manteltarifvertrag s für den Berliner Einzelhandel vom 6. Juli 1994 (MTV) idF der 7. Änderungsvereinbarung vom 4. September 200 8 , gültig ab 1. Januar 2007, und idF des Ergänzungstarifvertrag s vom 20. Juli 2011, in Kraft ab 1. Juli 2011, lautet wie folgt: - , Sonn - , Feiertags - und Spätöffnungsarbeit 1. Nachtarbeit ist d ie in der Nachtzeit zwischen 20: 00 Uhr und 06 : 00 Uhr geleistete Arb eit. Für das Zuendebedienen und andere Tagesabschlussarbe i- ten aus Anlass der Spätöffnung beginnt die Nachta r- beit montags bis samstags ab 20 : 10 Uhr. *) 2. Sonntagsarbeit ... 3. Feiertagsarbeit ... 1 2 3 - 3 - 10 AZR 736/12 - 4 - 4. Spätöffnungsarbeit (siehe § 6 Ziff. 3b und Ziffer 5) ist die Arbeit, die von Montag bi s Freitag in der Zeit von 18:30 Uhr bis 20:00 Uhr und an Samstagen in der Zeit ab 15 : 00 Uhr an geleistet wird (Fassung gültig bis 30. 0 6.2008). Fassung gültig ab 01.07.2008: Spätöffnung sarbeit (siehe § 6 Ziff. 3b und 5) ist die Arbeit, die von Mo n- tag bi s Samstag in der Zeit von 18:30 Uhr bis 20:00 Uhr geleistet wird. 5. Für Arbeit nach Ziff. 1 - 4 sind zum Entgelt folgende Zuschläge zu gewähren: a) Nachtarbeit 50 % jedoch im Rahmen von Schichtarbeit 20 % b) Sonntagsarbeit 120 % c) Feiertagsarbeit 150 % d) Spätöffnung 20 % Zeitgutschrift (Ziffer 6 ist zu beachten) 6. Beschäftigte , die während der Spätöffnung eing e- setzt werden, erhalten für diese Zeit eine Zeitgu t- schrift in Höhe von 20 % , die grundsätzlich in Form von Freizeit zu gewähren ist. Bestehende Zeitguth a- ben können in Ausnahmefällen einvernehmlich in Geld abgegolten werden. Ausgenommen von Zeitgutschriften gem. Ziff . 5d) sind die vier Samstage vor Weihnachten. 7. Für berufsübliche Nach t - , Sonn - und Feiertagsarbeit (z. B. Nachtwächter/innen, Pförtner/innen, Monte u- re/innen in Notdienstbetriebe n) ist kein Zuschlag zu zahlen. Diese Arbeitnehmer/i nnen erhalten in jeder Woche (7 Tage) in der Regel zwei freie Tage. Die Verteilung der freien T age hat so zu erfolgen, dass mindestens zwei freie Tage im Monat auf einen Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fallen. 8. Auf Wunsch oder mit Zustimmung des/der Arbeitne h- mers/in soll eine Abgeltung der geleisteten Mehr - , Nacht - , Sonn - und Feiertagsarbeit, e inschließlich der Zuschläge, durch Freizeit innerhalb der auf die Meh r- arbeitsleistung folgenden zwei Wochen gewährt we r- den. Im Monat Dezember erfolgte Mehrarbeitsleistu n- gen können bis Ende Januar abgegolten werden. - 4 - 10 AZR 736/12 - 5 - 9. Bei m Zusammentreffen mehrerer Zuschläg e wird nur der jeweils höhere Zuschlag gewährt. 10. Arbeitszeit - und Zuschlagsregelungen jeder Art im Arbeitsgesetzbuch und in den Tarifverträgen, die vor dem 30. Juni 1990 abgeschlossen wurden, werden durch die vorstehenden Regelungen der § § 6 bis 8 ersetzt und finden keine Anwendung mehr. _______ *) § Der Kläger wurde im Logistikzentrum Pankow im wöchentlichen Wec h- sel in der Früh - und Spätschicht eingesetzt. Grundsätzlich begann die Frü h- schicht um 0 6:00 Uhr und endete um 14:45 Uhr. Die Spätschicht begann grund sätzlich um 14:45 Uhr und endete um 23:30 Uhr. Bisweilen gab es g e- genüber dem Schichtsystem einen abweichenden früheren Beginn bzw. ein späteres Ende der Arbeitszeit. Soweit der Kläger während der Schichten Nachtarbe it iSd . MTV leistete, zahlte ihm die Beklagte einen Zus chlag in Höhe von 20 % gemäß § 8 Ziff. 5 Buchst. a Alt. 2 MTV. De r Kläger hat die Auffassung vertreten, auch die Nachtarbeit im Ra h- men von Schichtarbeit sei mit einem tariflichen Zuschlag von 50 % zu vergüten. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sei es unve r- ständlich, bei der Doppelbelastung durch Nacht - und Schichtarbeit einen geri n- geren Zuschlag zu gewähren. Es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vo r. Fielen zwei Erschwernisse zusammen, könne dies nicht dazu führen, dass sich der Zuschlag, der zumindest für eine Erschwernis gezahlt werde, vermindere. Dies sei mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlech t- hin nicht zu vereinbaren. Vielmehr liege darin eine d eutliche Benachteiligung derjenigen Arbeitnehmer, die neben der Erschwernis der regelmäßigen oder auch nur gelegentlichen Nachtarbeit zusätzlich der Erschwernis der Wechse l- schichtarbeit ausgesetzt seien. Ein sachlicher Grund hierfür bestehe nicht. Die von der tariflichen Regelung in unzulässiger Weise ausgeklammerten Personen hätten deshalb einen Anspruch auf die Vergünstigung, die bestehen würde, wenn der Normgeber dem Gleichheitssatz Rechnung getragen hätte. 4 5 - 5 - 10 AZR 736/12 - 6 - Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagt e zu verurteilen, an ihn 1.218,35 Euro brutto nebst Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, es bestehe kein Anspruch auf einen Nachtzuschlag von 50 % . Der Kläger leiste Nachtarbe it in Schichtarbeit, wofür § 8 MTV nur einen Zuschlag von 20 % vorsehe. Gegen den Gleichheitssatz werde nicht verstoßen, die Diff e- renzierung halte sich in dem durch die Tarifautonomie eingeräumten Wertungs - und Gestaltungsspielraum. D ie Tarifvertragspartei en hätten im Sinne einer typ i- sierenden Betrachtung annehmen dürfen, dass die übergroße Mehrheit der Einzelhandelsbeschäftigten , die in Schichten arbeiten, keine reine Nachtarbeit abzuleisten haben und die im Einzelhandel vorherrschenden Früh - und Spä t- schic hten für den einzelnen Mitarbeiter in medizinischer Hinsicht weniger bela s- tend seien und zu erheblich weniger sozialen Einschränkungen führten als bei reiner Nachtarbeit. Im Übrigen werde die Schichtarbeit überwiegend tagsüber geleistet und reiche nur teil weise in die Nachtzeit im tariflichen Sinne hinein. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag i n de m vollen Umfang weiter. Entscheidu ngsgründe I. Die zulässige Revision ist unb egründet. Dem Kläger stehen für die streitgegenständlichen Zeiträume keine weiter gehenden Nachtzuschläge zu. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. 1. Der Kläger macht keinen Anspruch aus § 6 Abs. 5 ArbZG geltend (vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 - ; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - ) . Der Kläger ist auch kein Nachtarbeitnehmer iSd. Arbeitszeitgesetzes 6 7 8 9 10 - 6 - 10 AZR 736/12 - 7 - (§ 2 Abs. 5 ArbZG) . Nachtzeit ist nach § 2 Abs. 3 ArbZG die Zeit von 23:00 Uhr bis 0 6:00 Uhr ; Nachtarbeit liegt nur vor, wenn die Arbeit mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfasst (§ 2 Abs. 4 ArbZG) . Dies war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in den vom Kläger abgeleisteten Sc hichten nicht der Fall. Dies gilt selbst dann, wenn er gelegentlich einen früheren Arbeitsbeginn oder ein späteres Arbeitsende hatte, da er weder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht noch an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leistet (§ 2 Abs. 5 ArbZG) . 2. Nach § 8 Ziff. 5 Buchst. a MTV steht ihm für die geleisteten Nachta r- beitsstunden ein Zuschlag von (nur) 20 % zu. Diesen Zuschlag hat die Beklagte geleistet. Der Kläger hat zwar in den Zeiten ab 20:00 Uhr bzw. vor 0 6:00 Uhr Nachtarbeit im tari flichen Sinn geleistet, aber dies ist im Rahmen von Schich t- arbeit erfolgt (vgl. zum Begriff der Schichtarbeit : zuletzt BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 354/11 - Rn. 10) . Der Kläger war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in Wechselschicht tätig , wobei sich Früh - und Spä t- schicht wochenweise abgewechselt haben. In diesem Fall steht ihm für gelei s- t e te Nachtarbeitsstunden gemäß § 8 Ziff. 5 Buchst. a MTV nur ein Zuschlag von 20 % , nicht aber von 50 % zu. Der Kläger hat auch nicht mehr an der in den V orinstanzen vertretenen Auffassung festgehalten, § 8 Ziff. 5 Buchst. a MTV sei so auszulegen, dass im Fall von Nachtarbeit während einer Schicht immer mi n- destens ein Zuschlag von 50 % gezahlt werden müsse. Eine solche Auslegung wäre auch weder mit dem Wort laut noch mit der Systematik der Tarifregelung vereinbar. 3. In der von den Tarifvertragsparteien vorgenommenen Differenzierung zwischen Nachtarbeit im Allgemeinen und Nachtarbeit im Rahmen von Schich t- arbeit, die zu einem geringeren Zuschlag führt, liegt unter den branchentyp i- schen Bedingungen im Geltungsbereich der Tarifverträge des Einzelhandels kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. 11 12 13 - 7 - 10 AZR 736/12 - 8 - a) Es kann dahinstehen, ob die Tarifvertragsparteien als Normgeber bei der tariflichen Normsetzung unmittelbar grundrechtsgebunden sind. Aufgrund der Schutzpflichten der Grundrechte haben sie aber den allgemeinen Gleic h- heitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG zu beachten (BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8; 30. Oktober 2008 - 6 AZR 712/07 - Rn. 14, BAGE 128, 219; z u- letzt zB 23. Mär z 2011 - 10 AZR 701/ 0 9 - Rn. 21) . Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie gewährt ihnen einen weiten Gestaltungsspielraum. Ihnen kommt eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen zu (BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1038/08 - Rn. 21) . Sie sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, ve r- nünftigste oder gerechteste Lösung z u wählen. Es genügt, wenn für die g e- troffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (BAG 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 22; 30. Oktober 2008 - 6 AZR 712/07 - Rn. 15, aaO; 25. Oktober 2007 - 6 AZR 95/07 - Rn. 24, BAGE 124, 284) . Ein Verst oß gegen den Gleichheitssatz ist erst dann anzunehmen, wenn die Tarifvertrag s- parteien es versäumt haben, tatsächliche Ge meinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Ge rechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtung s- weise hätten beachtet werden müssen (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 701/0 9 - Rn. 21 mwN ) . Bei der Überprüfung von Tarifverträgen anhand des allgemeinen Gleichheitssatzes ist dabei nicht auf die Einzelfallgerechtig keit abzustellen, sondern auf die generellen Auswirkungen der Regelung (BAG 19. Juli 2011 - 3 AZR 398/09 - Rn. 25 mwN, BAGE 138, 332) . b) Ausgehend von diesen Grundsätzen überschreitet die von den Tarifve r- tragsparteien vorgenommene Differenzierung deren E inschätzungsprärogative im Hinblick auf die branchentypischen Bedingungen nicht. aa) Nach § 8 Ziff. 1 MTV ist Nachtarbeit im Tarifsinn die in der Zeit zw i- schen 20:00 Uhr und 0 6:00 Uhr geleistete Arbeit; bei Zuendebedienen und äh n- lichen Tagesabschlussarbei ten beginnt die Nachtzeit ab 20:10 Uhr. Nach der 14 15 16 17 - 8 - 10 AZR 736/12 - 9 - tariflichen Regelung beginnt damit die Nachtzeit drei Stunden früher als nach den arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen des ArbZG. Gleichzeitig gewährt § 8 Ziff. 5 MTV bereits ab der ersten Stunde der Nachta rbeit grundsätzlich e i- nen Ausgleich in Form eines 50 % igen Zuschlags zum Entgelt, wobei nach § 8 Ziff. 8 MTV die - unter Arbeitsschutzgesichtspunkte n vorzugswürdige - Möglic h- keit des Freizeitausgleichs besteht. Wird die Nachtarbeit im Rahmen von Schichtarbeit geleistet, beträgt der Zuschlag hingegen lediglich 20 % . Insoweit behandeln die Tarifvertragsparteien Arbeitnehmer, die Nachtarbeit im tariflichen und/oder gesetzlichen Sinne leisten, differenziert danach, in welchem Kontext die Nachtarbeit g eleistet wird. Während Nachtarbeit im Rahmen von Schichta r- beit lediglich mit 20 % zusätzlich vergütet wird, besteht sowohl bei gelegentlich anfallender Nachtarbeit, ohne dass dies in einem bestimmten Schichtplan vo r- gesehen ist, als auch im Fall dauerhafter Nachtarbeit außerhalb von Schich t- sy s temen ein Zuschlag sanspruch in Höhe von 50 % . Keinen Zuschlag erhalten nach § 8 Ziff. 7 MTV Arbeitnehmer/innen, bei denen die Nachtarbeit berufsü b- lich ist. Nicht unterschieden wird nach dem Tarifvertrag zwischen den Stu nden, die lediglich tariflich als Nachtarbeit gelten und den Nachtarbeitsstunden iSd. ArbZG. Ebenso wenig setzt der Anspruch auf die entsprechenden Nachtz u- schläge voraus, dass es sich beim Arbeitnehmer um einen Nachtarbeitnehmer iSd . § 2 Abs. 5 ArbZG hande lt. bb) Die Annahme der Tarifvertragsparteien, dass für die Differenzierung zwischen Nachtarbeit innerhalb und außerhalb von Schichtarbeit im Geltung s- bereich der Tarifverträge des Einzelhandels ein sachlicher Grund besteht, übe r- schreitet deren Spielraum nicht. Insbesondere haben sie dabei keine gesiche r- ten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschengerechte Gesta l- tung der Arbeit (§ 6 Abs. 1 ArbZG ; vgl. zum Begriff ErfK/Wank 14 . Aufl. § 6 ArbZG Rn. 4 ) verkannt. (1) Nachtarbeit ist grundsätz lich für jeden Menschen schädlich und hat n egative gesundheitliche Auswirkungen (vgl. dazu BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1 0 2 5 /82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 2 der Gründe, BVer fGE 85, 191; Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 4) . Die Belastung und Beanspr u- 18 19 - 9 - 10 AZR 736/12 - 10 - chung der Beschäftigten steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeit s- medizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hi n- tereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird , wie sich ua. aus einer Expe r- tise der Bundesanst alt für Arbeitssc hutz und Arbeitsmedizin vom 24. Fe bruar 2012 ergibt . Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in umso größerem Umfang sie geleistet wird. Entsprechende Gestaltungsempfe h- lungen für Arbeitszeitmodelle setzen hier an ( vgl. dazu zB Schliemann ArbZG 2. Aufl. § 6 Rn. 14) . Dies gilt unabhängig davon, dass typabhängig die Anpassung an Nachtarbeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich gut erfolgt (P. Knauth in Triebig/Kentner/Schiele Arbeitsmedizin 3. Aufl. S. 554 ff.; vgl. insgesamt dazu Habich Sicherheits - und Gesundheitsschutz durch die Gesta l- tung von Nacht - und Schichtarbeit und die Rolle des Betriebsrates, Diss. 2004 S. 3 ff., Gestaltungsempfehlungen S. 184 ff.) . Für Schichtarbeit gilt das nicht gleichermaßen; insbeson dere bringen normale Schichtwechsel zwischen Früh - und Spätschicht nicht dieselben G e- fahren mit sich wie der Wechsel zu und von Nachtarbeit ( Neumann/Biebl ArbZG § 6 Rn. 5; kritisch Habich aaO S. 16 mwN auch zur gegenteiligen Auffassung) . Davon geht auch da s ArbZG au s, das die Nachtzeit erst ab 23:00 Uhr und d a- mit nach dem üblichen Ende der Arbeit in 2 - Schicht - Systemen beginnen lässt. (2) Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten leistet die übe r- große Mehrheit der im Einzelhandel Beschäftigten (einschließlich des Logisti k- bereichs) keine reinen Nachtschichten, auch wenn sie im Schichtdienst arbe i- ten. Dies erklärt sich im Verkauf schon aus den typischen Ladenöffnungszeiten, die weit überwiegend nicht in der Nachtzeit liegen. Auch für die anderen B ere i- che , die unter die Geltung der Tarifverträge des Einzelhandels fallen, ist weder erkennbar noch vom Kläger dargelegt, dass typischerweise Nachtarbeiten in größerem Umfang oder gar ausschließlich geleistet werden. Dies ist nach den Feststellungen des La ndesarbeitsgerichts im Unternehmen der Beklagten ebenso nicht der Fall. Vor diesem Hintergrund durften die Tarifvertragsparteien berücksicht i- gen, dass sich Arbeitnehmer, die nach einem Schichtplan tätig sind, auf diesen 20 21 22 - 10 - 10 AZR 736/12 - 11 - einstellen können. Damit werden die sozialen Folgen oziale Desynchronisat i- die genannte Expertise der B undesanstalt für Arbeitsschutz und A r- beitsmedizin ) , die mit jeder Arbeit au ßerhalb der üblichen Arbeitszeiten der Mehrheit der Arbeitnehmer und damit außerhalb des üblichen Tag esablaufs verbunden sind, gemindert (kritisch hierzu Wolfhard Kothe FS Buschmann S . 76 f f. ) . Gleichzeitig reduziert und begrenzt der Einsatz in Wechselschichtsy s- temen die Anzahl ggf. anfallender Nachtschichten oder Arbeitsstunden in der tariflichen oder gesetzlichen Nachtzeit. Deshalb überschreitet die Annahme, dass derjenige Arbeitnehmer, der keiner solchen Regelmäßigkeit unterliegt, durch die Heranziehung zur Nachta r- beit höher belastet wird, den Spielraum der Tarifvertragsparteien nicht. Insb e- sondere i st in diesem Zusammenhang zu beachten, dass eine unregelmäßige und ungeplante Heranziehung in sehr viel höherem Maße in das Familienleben und Freizeitverhalten des Betroffenen eingreift. (3) Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 22. Oktober 2003 ( - 10 AZR 3/03 - zu II 1 b der Gründe) nicht tragend eine Regelung des ab 1. Januar 2000 geltenden Manteltarifvertrag s des bayerischen Einzelhandels (MTV Bayern) unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Abs. 1 GG als problematisch angesehen hatte, führt dies zu kei nem anderen Ergebnis. Die Besonderheit der dortigen Tarifregelung lag darin, dass sich der Zuschlag nach dem Verständnis des Senats auch beim Zusammentreffen von Wechsels chichtarbeit und gel e- gentlicher Nachtarbeit vermindert hätte und im Übrigen dieser Zus chlag noch Uhr bzw. samstags ab 14:00 Uhr. Der Senat hat deshalb angenommen, § 8 Ziff. 6 Nachtarbeit gera de wegen der Erschwernis der Wechselschicht mit einem Z u- schlag ausgeglichen werden sollen, nicht dagegen die bloße Erschwernis der , die Zuschläge für Nacht - und Wechsels chichtarbeit stünden grundsätz lich gleichberechtigt n e- beneinander und eine automatische Verd rängung finde nicht statt. Die Au s- gangss ituation unterscheidet sich damit deutlich von der vorliegenden Tariflage . 23 24 - 11 - 10 AZR 736/12 II. Der Kläger hat die Kosten der Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tr a- gen. M ikosch W. Reinfelder Mestwerdt Frese Großmann 25

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