10. Senat - Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 28.08.2013, 10 AZR 569/12.
Karar Dilini Çevir:
10. Senat - Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 28.08.2013, 10 AZR 569/12.
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 10 AZR 604/12 15 Sa 1243/11 Landesarbeitsgericht Düsseldorf Im Namen des Volkes! Verkündet am 28. August 2013 URTEIL Jatz , Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Beratung vom 28. August 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch, die Richter am Bundesarbeitsgericht Schmitz - Scholemann und Mestwerdt so wie die ehrenamtliche Richterin Schürmann und den ehre n- amtlichen Richter Bicknase für Recht erkannt: - 2 - 10 AZR 604/12 - 3 - 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2012 - 15 Sa 1243/11 - wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Versetzung geltend gemacht und Beschäftigung an ihrem bisherigen Dienstort verlangt. Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt. Die 1975 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei eine m monatlichen Bruttogehalt von rund 2.600,00 Euro von Berlin aus tätig. I n Ziff. 1 des Arbeitsvertrag s der Klägerin vom 18. Oktober 1999 heißt es ua.: Der Mitarbeiter wird ab 14.10.1999 im Bereich Flugb e- trieb, dienstlicher Wohnsitz Berlin - Tempelhof, als Flugb e- eingestellt Die Regularien des MTV § 4 Ziffer 6 bleiben jedoch unb e- rührt, d as heißt konkret, dass bei betrieblichen Erforde r- nissen eine Versetzung an einen anderen dienstlichen Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordperso nal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden : BV Nr. 1 ) ist seinerzeit vo n der A r- beitgeberin und worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet: Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfo r- dernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz ve r- 1 2 3 4 5 - 3 - 10 AZR 604/12 - 4 - setzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäft s- tätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Au f- gaben im In - und Au sland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Z u- sammenhang mit dem Flug - Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 ( im Folgenden: MTV Nr. 2) , den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Reg e- lungen: Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betriebl i- chen Erforder nissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In - und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Dien sttätigkeit am Boden ei n- zusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten. b) Alle Beschäftigten, die zum 01.04.2004 an einen neuen dienstlichen Ei nsatzort versetzt worden sind, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, auf eigene Ko s- ten zu ihrem ehemaligen dienstlichen Einsatzort oder an eine 4 - Base - Station zurückzukehren. Für diese einmalige Rückkehrmöglichkeit gilt eine Au s- schlussfrist bis zum 30.06.20 06. Der Rückkehra n- trag muss innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich bei der EW - Personalleitung eingegangen sein. EW wird eine Vorlaufzeit zur Umsetzung des Rückkeh r- antrages von 3 Monaten nach Antragstellung eing e- räumt, und zwar zum Monatsersten des na ch Ablauf dieses 3 - Monatszeitraums folgenden Kalenderm o- nats. Die Rückkehrmöglichkeit gemäß b) Satz 1 gilt nicht für die Beschäftigten, denen ein unbefristeter A r- beitsvertrag an einem 4 - Base - Standort angeboten 6 - 4 - 10 AZR 604/12 - 5 - Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden : PV Kabine) einen Interessenausg leich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und d a- her die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter au s- schließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbei t- nehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs) . Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen versch iedene Kompensation s- zahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen. Am 24. März 2011 übergab die Beklagte der PV Kabine das Unterric h- tungsschreiben vom 23. März 2011 und bat um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin von i hrem bisherigen Einsatzort nach Hamburg. Mit Schreiben vom 1. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie zum 1. Juni 2011 von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Hamburg versetzt werde. Gegen diese arbeitg e- berseitige Maßnahme wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die arbeitgeberseitige Maßna h- me vom 1. April 2011 sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Ve r- setzungsgrundlage. Der Dienstort sei ve rtraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und tre f- fe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Di e Persona l- ve r tretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden. Die Klägerin hat beantragt 1. festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 1. April 2011 unwirksam ist , 7 8 9 10 11 - 5 - 10 AZR 604/12 - 6 - 2. die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit dem St a- tionierungsort Berlin zu beschäftigen . Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausg e- schlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspr e- che billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festg e- schriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugb e- gleiter nur noch von Düsseldorf un d Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem U m fang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Koste n veru r- sache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Reg e- lungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszei t- p o tenzial der Flugbegleite r besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flu g- begleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne . Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsg e- richt zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Entscheidungsgründe Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis richtig entschie den. Die Klage ist unbegründet. 12 13 14 - 6 - 10 AZR 604/12 - 7 - A. Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam. Die Beklagte war nach dem Ar beitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu I) . Die Versetzung hält auch der erforderlichen Ausübungsko n- trolle stand (§ 106 GewO) . Die vom Landesarbeitsger icht vertretene Auffa s- sung, einer Abwägung der Belange des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitg e- bers bedürfe es bei Vorliegen einer nicht missbräuchlichen Unternehmeren t- scheidung nicht, ist zwar mit § 106 GewO nicht vereinbar ( zu II) . Diese unzutre f- fende re chtliche Bewertung hat sich jedoch auf das Ergebnis nicht ausgewirkt. Denn die vom Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner Entscheidung sel b- ständig tragend in Bezug genommenen Entscheidungsgründe des arbeitsg e- richtlichen Urteils rechtfertigen die Klagea bweisung. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Interessen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ( zu III) . Die Zustimmung der Personalvertretung gilt nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt ( zu I V ) . Dem Beschäftigungsbege hren konnte danach ebenfalls kein Erfolg beschieden sein (zu V ) . I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen (vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. S eptember 2012 - 10 AZR 311/11 - ) . 1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist z u- nächst durch Auslegung der Inhalt d er vertraglichen Regelungen unter Berüc k- sichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239) . Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertragl ich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12) . a) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mi t einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im 15 16 17 18 - 7 - 10 AZR 604/12 - 8 - gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn . 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27) . Es macht keinen Unterschied, ob im A r- beitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbeha lten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte be stehen soll. b) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistung s- pflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des A r- beitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus verei n- barten Versetzungsvor behalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Au s- übungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19) . 2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Ei n- satzort nicht vertraglich festgelegt ist. a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Parteien sind dieser angesichts des Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags sich au f- drängenden Annahme nicht entgegengetreten. Die Auslegung Allgemeiner G e- schäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revision s- rechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259) . b) Der Arbeitsvertrag enthält keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts. Unter Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist vorgesehen, dass die Klägerin am Beschäftigungsort Berlin - a- 19 20 21 22 - 8 - 10 AZR 604/12 - 9 - rin liegt keine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts auf Berlin - Tempelhof als Arbeitsort. Die betreffende Passage des Vertrags ist ua. e- ginn der Täti bei Vertragsbeginn ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Regelung bestimmt nicht den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern den Ort ihrer erstmaligen Ausübung. Die sodann in Bezug geno mmene Regelung von § 4 Ziff. 6 MTV, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähi g- keiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, b e- schreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeit s- le istung an anderen Orten einschließt. c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt ge l- tenden Regelungen über Flug - , Dienst - und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luf t- fahrtgerät (2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III A b- schn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitg lied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vo r- schriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertra g- lich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskü n- digung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzung s- mitglied neu benennt. d) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf de n bisherigen Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin seit Vertragsbeginn im W e- sentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschwe i- gend - getro ffen. aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach lä n- gerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 23 24 25 - 9 - 10 AZR 604/12 - 10 - 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN) . Die Nichtausübung des D i- re k tionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertra g- lich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrau ch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärung s- wert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbei t- nehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt we r- den soll, kann es durch kon kludentes Verhalten zu einer vertraglichen B e- schränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO) . bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtli ch. Allein die lange Verweildauer am bisher i- gen Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in A b- änderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich verei n- barten Arbeitsort bestimmt. Zu Recht weist das Landesarbeit sgericht darauf hin, dass sich Gegenteiliges nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2 ergibt. Das Rückkeh r- recht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsr echts beruhte. e) Die Auffassung, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten de s- halb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Lei s- tung und Gegenlei stung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch. aa) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festg e- legte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin wä h- rend der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt e r- 26 27 28 - 10 - 10 AZR 604/12 - 11 - heblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen B elastungen, ve r- ringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung. bb) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qual ität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese U m- stände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen . II. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es habe bei der hier geg e- benen Sachlage einer umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB in Bezug auf die Versetzung nicht bedurft, ist unzutreffend. Sie steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. 1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Lei s- tungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufü llender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Ve r- fügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestim mungsrechts b e- achtet hat (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48) . 2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselsei tigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allg e- meinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls ei nzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedür f- nisse, außervertragliche Vor - und Nachteile, Vermögens - und Einkommensve r- 29 30 31 32 - 11 - 10 AZR 604/12 - 12 - hältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wi e familiäre Pflichten und Unte r- haltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267) . a) Beruht die Weisung auf einer un ternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung geset z- ten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsen t- scheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Verse t- zung durchsetzbar war. b) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgeri chts findet im G e- setz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abw ä- gung aller in Betracht kommenden Belange (BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.) . Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der al leinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abw ä- gungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgege n- stehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen) . Es kommt darauf an, ob das Interesse des A r- beitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31) . Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmer i- sche Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37) . 33 34 - 12 - 10 AZR 604/12 - 13 - 3. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts a n- kommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer B e- schäftigung kein belastbar er Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Verse t- zung abgeleitet werden (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25) . III. Die Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall ergibt, dass die Ve r- setzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht. Die Auffassung des La n- desarbeitsgerichts, eine einzelfallbezogene Interessenabwägung habe in Fällen der vorliegenden Art nicht stattzufinden, steht zwar, wie ausgeführt, nicht mit dem Gesetz im Einklang. Jedoch ist die vom Landesarbeitsgericht als selb st ä n- dig tragende Entscheidungsbegründung in Bezug genommene Würdigung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Weisungsrechts bill i- ges Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) gewahrt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. 1. Zutreffend ist die Würdigung, dass auf Seiten der Beklagten die unte r- nehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuor dnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher si nd nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Ha m- burg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stati o- nieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die g e- troffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die B e- klagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zi eht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte 35 36 37 - 13 - 10 AZR 604/12 - 14 - seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unte r- nehmerischen Entscheid ung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von de m anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Intere s- senausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betr iebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht. 2. Das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Ei n- satzorts muss demgegenüber zurücktreten. Unz umutbare persönliche, familiäre oder sonstige außervertraglich entstandene Belastungen hat die Klägerin nicht vorgetragen. Von Bedeutung ist dabei, dass der Tätigkeit einer Flugbegleiterin eine gewisse Volatilität stets innewohnt und die Erwartung der sozi alen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unverände r- ten Zeiten vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt sein kann. Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die zweifellos auftreten den Unbequemlichkeiten und zusätzlich entstehenden Ko s- ten muss die Klägerin hinnehmen, wie das Arbeitsgericht nachvollziehbar a n- genommen hat. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbei t- nehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen. Aufgrund des abgeschlossenen Sozialplans g e- währt die Beklagte einen nicht unbeachtlichen finanziellen Ausgleich. Insbeso n- dere hatte die Klägerin auch die Möglichkeit, den Misslichkeiten einer längeren Anfahrt zum Arbeitsort durch einen Umzug auszuweichen. IV. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat die PV Kabine mit Schreiben vom 23. März 2011 unterrichtet. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein sol l, ist nicht e r- kennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsat z- 38 39 - 14 - 10 AZR 604/12 orte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch ei n- zelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenau sgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übe r- gangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber de r PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt ihre Zustimmung als erteilt. V. Bei dieser Lage konnte auch das Beschäftigungsbegehren der Klägerin kei nen Erfolg haben. B. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last. Mikosch Mestwerdt Schmitz - Scholemann Schürmann R. Bicknase 40 41

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