10. Senat - Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 28.08.2013, 10 AZR 537/12.
Karar Dilini Çevir:
10. Senat - Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 28.08.2013, 10 AZR 537/12.
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 10 AZR 734/12 15 Sa 1189/11 Landesarbeitsgericht Düsseldorf Im Namen des Volkes! Verkündet am 28. August 2013 URTEIL Jatz, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin, pp. Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte, hat der Zehnte S enat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Beratung vom 28. August 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch, die Richter am Bundesarbeitsgericht Schmitz - Scholemann und Mestwerdt sowie die ehrenamtliche Richterin Schürm ann und den ehre n- amtlichen Richter Bicknase für Recht erkannt: - 2 - 10 AZR 734/12 - 3 - 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 4. Juni 2012 - 15 Sa 1189/11 - aufgehoben. 2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entsche i- dung, au ch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen! Tatbestand D ie Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Versetzung geltend gemacht. Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt. Die 1964 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 3.000,00 Euro von Nürnberg aus tätig. In dem Arbeitsvertrag der Klägerin vom 9. Juli 1989 heißt es in § 1 (Tätigkeitsbereich ) ua. : Erfordernissen den Einsatz des Mitarbeiters festzulegen. Hierbei kann der regelmäßige Einsatzort a uch außerhalb Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordperso nal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden : BV Nr. 1 ) ist seinerzeit von der A r- beitgeberin und worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet: Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfo r- dernissen an einen anderen dienstlichen W ohnsitz ve r- setzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäft s- tätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Au f- gaben im In - und Ausland betraut werden. Dies gilt auch 1 2 3 4 5 - 3 - 10 AZR 734/12 - 4 - bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Z u- sammenhang mit dem Flug - und Im Jahr 1993 erklärte sich die Klägerin mit der Geltung der BV Nr. 1 einverstanden. Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 ( im Folgenden: MTV Nr. 2) , den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Reg e- lungen: Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betriebl i- chen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werd en und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In - und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden ei n- zusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten. b) Alle Beschäftigten, die zum 01.04.2004 an einen neuen dienstlichen Einsatzort versetzt worden sind, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, auf eigene Ko s- ten zu ihrem ehe maligen dienstlichen Einsatzort oder an eine 4 - Base - Station zurückzukehren. Für diese einmalige Rückkehrmöglichkeit gilt eine Au s- schlussfrist bis zum 30.06.2006. Der Rückkehra n- trag muss innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich bei der EW - Personalleitung eingegangen sein. EW wird eine Vorlaufzeit zur Umsetzung des Rückkeh r- antrages von 3 Monaten nach Antragstellung eing e- räumt, und zwar zum Monatsersten des nach Ablauf dieses 3 - Monatszeitraums folgenden Kalenderm o- nats. Die Rückkehrmöglichkeit gemäß b) Satz 1 gilt nicht für die Beschäftigten, denen ein unbefristeter A r- beitsvertrag an einem 4 - Base - Standort angeboten Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 6 7 8 - 4 - 10 AZR 734/12 - 5 - 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden : PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sic h, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und d a- her die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestric hen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter au s- schließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbei t- nehmer bis zum 3 1. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs) . Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensation s- zahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vor gesehen. Am 24. März 2011 übergab die Beklagte der PV Kabine das Unterric h- tungsschreiben vom 23. März 2011 und bat um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort nach Düsseldorf. Mit Schreiben vom 1. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie zum 1. Juni 2011 von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Düsseldorf versetzt werde. Gegen diese arbei t- geberseitige Maßnahme wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die arbeitgeberseitige Maßna h- me vom 1. April 2011 sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Ve r- setzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Ver setzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und tre f- fe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Persona l- ve r tretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterr ichtet worden. Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 1. April 2011 unwirksam ist. 9 10 11 12 - 5 - 10 AZR 734/12 - 6 - Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausg e- schlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspr e- che billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festg e- schriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugb e- gleiter n ur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem U m fang - zu den Abflugorten gebracht werde n, was unproduktive Kosten veru r- sache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Reg e- lungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszei t- p o tenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flu g- begleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuer lich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor. Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt. Das Landesa r- beitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zug e- lassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre n Klageantr ag weiter. Entscheidungsgründe Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. A. Ob die Klage begründet ist, steht noch nicht fest. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen ( zu I ) . Ob die Versetzung der auch im Streitfall erforderlichen Ausüb ungskontrolle standhält und nach Abwägung der beiderseitigen Interessen billigem Ermessen (§ 106 GewO) entspricht, steht 13 14 15 16 - 6 - 10 AZR 734/12 - 7 - noch nicht fest. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, einer Abwägung der Belange des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitgebers bedü rfe es bei Vorli e- gen einer nicht missbräuchlichen Unternehmerentscheidung nicht, ist mit § 106 GewO nicht vereinbar ( zu II ) . Die - vom Standpunkt des L andesarbeitsgerichts allerdings folgerichtig - unterlassene Ausübungskontrolle kann der Senat ma n- gels ent sprechender Feststellungen nicht selbst vornehmen. Sie wird vom L a n- desarbeitsgericht nachzuholen sein. Deshalb musste der Rechtsstreit an das L andesarbeitsgericht zurückverwiesen werden ( zu III ) . Die Versetzung ist nicht wegen fehlerhafter Beteiligung der PV Kabine nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam ( zu IV ) . I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen (vgl. für einen gleich gelag erten Fall: BAG 26. S eptember 2012 - 10 AZR 311/11 - ) . 1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist z u- nächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelu ngen unter Berüc k- sichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239) . Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12) . a) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertr ag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27) . Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob 17 18 19 - 7 - 10 AZR 734/12 - 8 - der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll. b) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistung s- pflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des A r- beitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus verei n- barten Versetzungsvorbehalts kommt es dann n icht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Au s- übungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19) . 2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Kl ägerin ergibt, dass ihr Ei n- satzort nicht vertraglich festgelegt ist. a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Parteien sind dieser angesichts des Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags sich au f- drängenden Annahme nicht entgegengetreten. Die Auslegung Allgemeiner G e- schäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisio n s- rechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259) . b) Der Arbeitsvertrag enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es steht dem Arbeitgeber nach § 1 Satz den jeweilige n betrieblichen Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Festlegung eines ersten Einsatzorts für neu eintretende Mitarbeiter im Sinne von § 6 des Arbeitsvertrags lediglich die (erstmalige) Au s- übung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel beste hen. 20 21 22 23 - 8 - 10 AZR 734/12 - 9 - aa) Die später in Bezug genommene Regelung i n § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen ande ren dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an a n- deren Orten einschließt. (1) Die BV Nr. 1 ist unstreitig keine Betriebsvereinbarung iSd. Betriebsve r- fassungsgesetzes. Sie gilt demnach nicht aufgrund von § 77 Abs. 4 BetrVG. (2) Bei der BV Nr. 1 handelt es sich um vom Arbeitgeber ohne kollekti v- rechtliche Grundlage mit Vertretern der Belegschaft verabredete Allgemeine Arbeitsbedingungen. Sie gelten nur dann, wenn die Pa rteien des Arbeitsve r- trags ihre Geltung wirksam vereinbart haben. (3) Letzt eres ist hier der Fall. Im Jahr 1993 haben die Parteien die Geltung der BV Nr. 1 ausdrücklich vereinbart. (4) Die damit gegebene Bezugnahme auf die Allgemeinen Arbeitsbedi n- gungen ( BV Nr. 1 ) als solche ist nicht nach § 305 ff. BGB zu beanstanden. (5) Die in Bezug genommene Klausel ist hinreichend eindeutig, transparent und angemessen. Sie knüpft die Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort an betriebliche Erfordernisse und enthält damit jedenfalls nicht weniger strenge Voraussetzungen als das Gesetz. bb) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, der ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfo r- dernissen vo rsieht, gegeben. Der Wortlaut der Regelung ist nahezu identisch mit § 3 Abs. 8 BV Nr. 1. c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt ge l- tenden Regelungen über Flug - , Dienst - und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweit en Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luf t- fahrtgerät (2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III A b- schn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 24 25 26 27 28 29 30 31 - 9 - 10 AZR 734/12 - 10 - (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vo r- schriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertra g- lich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskü n- di gung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzung s- mitglied neu benennt. d) Die Arbeit spflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den bisherigen Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin zuletzt im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbeson dere auch nicht stillschweigend - getroffen. aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach lä n- gerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vg l. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN) . Die Nichtausübung des D i- re k tionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertra g- lich und/oder gesetzlich eing eräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärung s- wert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbei t- nehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise ei ngesetzt we r- den soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen B e- schränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO) . bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am letzten Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänd e- rung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort besti mmt. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass sich Gegenteiliges nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2 ergibt. Das Rückkehrrecht 32 33 34 - 10 - 10 AZR 734/12 - 11 - nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene B e- stimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsände rung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte. e) Die Auffassung, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten de s- halb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Lei s- tung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch. aa) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festg e- legte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein . Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin wä h- rend der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt e r- heblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, ve r- ringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung. bb) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts a llein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese U m- stände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Er messen gewahrt hat, zu berücksichtigen. II. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es habe bei der hier geg e- benen Sachlage einer umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB in Bezug auf die Versetzung nicht bedurft, ist unzutreffen d. Sie steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. 35 36 37 38 - 11 - 10 AZR 734/12 - 12 - 1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Lei s- tungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschrä nkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Ve r- fügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber a ls Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts b e- achtet hat (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48) . 2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allg e- meinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedür f- nisse, außervertragliche Vor - und Nachteile, Vermögens - und Einkommensve r- hältnis se sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unte r- haltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267 ) . a) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und s ich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung geset z- ten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vo m Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsen t- scheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des 39 40 41 - 12 - 10 AZR 734/12 - 13 - Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Verse t- zung durchsetzbar war. b) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet im G e- setz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abw ä- gung aller in Betracht kommenden Belange (BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.) . Die unternehmerische Entscheidun g ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abw ä- gungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgege n- stehen (v gl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen) . Es kommt darauf an, ob das Interesse des A r- beitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31) . Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmer i- sche Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen läs st (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37) . 3. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts a n- kommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zum utbarkeit einer B e- schäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Verse t- zung abgeleitet werden (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25) . III. Bei Anwendung dieser Maßgaben steht noch nicht fest, ob die Verse t- zung der Klägerin billigem Ermessen entspricht. 1. Zutreffend ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass auf Se i- ten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der St a- tionierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhalt s- 42 43 44 45 - 13 - 10 AZR 734/12 - 14 - punkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflich ten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorg e- legten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit ze i- gen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbs t dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nu t- zen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für si ch genommen nicht gewinnbringend. Für die Beu r- teilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getr offen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interesse nausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und B e- rechnungen beruht. 2. Das Landesarbeitsgericht h at es aber - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - unterlassen, die von der Beklagten ins Feld geführten betrieblichen Interessen mit den von der Klägerin benannten Belangen abzuwägen. Die Kl ä- gerin hat geltend gemacht, durch die Versetzung werde sie fin anziell stark b e- lastet. Die Versetzung verursache zusätzliche Aufwendungen von 500,00 Euro im Monat, was bei einer monatlichen Bruttovergütung von 2.9 5 0,00 Euro unz u- mutbar sei. Außerdem entstehe für sie ein erheblicher zusätzlicher Zeitaufwand. Hinzu komme , dass sie mit ihrem an den Wohnort gebundenen Lebenspartner ihren Lebensmittelpunkt nahe Nürnberg habe. 46 - 14 - 10 AZR 734/12 - 15 - 3. Ob die von der Klägerin vorgebrachten Belange das betriebliche Int e- resse der Beklagten überwiegen, kann der Senat nicht entscheiden (§ 563 Abs. 3 Z PO) . a) Zwar ist eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 39; 15. Septe mber 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN) . Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. b) Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen zu den von der Kl ä- gerin benannten zeitlich en und finanziellen Belastungen getroffen. Das Gesetz verlangt, wie ausgeführ t, eine umfassende und offene Abwägung der wechse l- seitigen Interessen im Einzelfall. Die Durchsetzung des unternehmerischen Konzepts hat dabei erhebliche Bedeutung. Ins Gewicht fallen wird auch, dass dem Beruf einer Flugbegleiterin eine gewisse Volatilität von vornherein inn e- wohnt und die Erwartung der sozialen und finanziellen Vorzüge eines gleic h- bleib enden, wohnungsnahen Arbeitsort s und unveränderter Arbeitszeiten vom Vertragszweck nicht gedeckt ist. Auch dieser Gesichtspunkt steht jedoch nicht für sich a llein, sondern ist mit entgegenstehenden Belangen der Klägerin offen abzuwägen. Jedenfalls nicht ausgeschlossen ist, dass die Beklagte an dem u n- ternehmerischen Konzept festhalten könnte und doch ohne merkbaren finanz i- e l len oder organisatorischen Aufwand ei nen Einsatz der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort aus beibehalten könnte. Dies zeigt ua . die Härtefallreg e- lung im Sozialplan. IV. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat die PV Kabine mit Schreiben vom 2 3. März 2011 unterrichtet. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht e r- kennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsat z- orte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch ei n- zelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übe r- gangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der 47 48 49 50 - 15 - 10 AZR 734/12 für die Versetzung maßgebliche n Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt ihre Zustimmung als erteilt. B. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsve r- fahrens zu entscheiden haben. Mikosch Mestwerdt Schmitz - Scholemann Schürmann R. Bicknase 51

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