10. Senat - Kostenerstattung für weiteren Prozessbevollmächtigten
Karar Dilini Çevir:
10. Senat - Kostenerstattung für weiteren Prozessbevollmächtigten
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 10 AZB 27/13 17 Ta (Kost) 6061/13 Landesarbeitsgericht Berlin - Brandenburg BESCHLUSS In Sachen Kläger, Beschwerdeführer und Rechtsbeschwerdeführer, pp. Beklagte, Beschwerdegegnerin und Rechtsbeschwerdegegnerin, hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts am 13 . November 2013 b e- schlossen: 1. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der B e- schluss des Landesarbeitsgerichts Berlin - Brandenburg vom 22. Juli 2013 - 17 Ta (Kost) 6061/13 - teilweise aufgehoben. 2. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. Mai 2013 - 58 Ca 5659/11 - teilweise abgeändert: - 2 - 10 AZB 27/13 - 3 - Die nach dem rechtskräftigen Urteil des Landesarbeit s- gerichts Berlin - Brandenburg - 2 Sa 793/12 - vom 6. Dezember 2012 von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten zweiter Instanz werden auf 3.194,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozen t- punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 15. Januar 2013 festgesetzt. 3. Die weiter ge hende n Rechtsmittel des Klägers werden zurückgewiesen. 4. Die Beklagte hat die Kosten des Kostenfestsetzung s- verfahrens zu tragen. 5. Der Streitwert wird auf 1.317,33 Euro festgesetzt. Gründe I. Der Kläger begehrt Festsetzung der Kosten einer weiteren Prozessb e- vollmächtigten , die ihn in zwei Terminen zur Beweisaufnahme vor dem Lande s- arbeitsgericht wegen der Vernehmung seiner eigentlichen Prozessbevollmäc h- tigten als Zeugin vertreten hat. D ie Parteien haben über eine außerordentliche Kündigung wegen einer angeblichen Äußerung des Klägers in einem zwischen den Parteien geführten Vorprozess gestritten . Das Landesarbeitsgericht hat über die behauptete Äuß e- rung Beweis erhoben ua. durch Vernehmung des Justiziars und des Prozes s- bevollmächtigten de r Be klagten , der beteiligten Richter des Vorprozesses sowie der Prozessbevollmächtigten des Klägers. Im ersten Termin zur Beweis au f- nahme am 25. Oktober 2012 wurden die später zu vernehmenden Zeugen g e- beten , vor dem Sitzungssaal zu warten. I n Abwesenheit der ei gentlichen Pr o- zessbevollmächtigten des Klägers wurden zunächst die von der Beklagten b e- nannten Zeugen , sodann gegenbeweislich die vom Kläger benannten Richter des Vorverfahrens und anschließend die Prozessbevollmächtigte des Klägers vernommen. Im F ortsetzu ngstermin am 6. Dezember 2012 , zu dem der Kläger wiederum mit beiden Prozessbevollmächtig ten erschien , wurde abschließend ein weiterer vom Kläger benannter Gegenzeuge vernommen. Das Landesa r- 1 2 - 3 - 10 AZB 27/13 - 4 - beitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben , weil nach dem E r- gebnis der Beweisaufnahme die behaupteten Äußerungen nicht bewiesen se i- en . Der Kläger hat Kostenfestsetzung beantragt und die gesetzlichen G e- bühren und Auslagen seiner weiteren Prozessbevollmächtigten in den zwei Beweisterminen in Ansatz gebracht. Die Rechtspflegerin hat de ren Kosten nicht festgesetzt , d as Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Klägers zurüc k- gewiesen . Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde macht der Kläger geltend, das Landesarbeitsgericht habe § 91 ZPO fehlerhaft angewendet. Die Beauftragung einer weiteren Prozessbevollmächtigten für die Durchführung der Beweisaufnahme sei erforderlich gewesen, weil er davon h a- be ausgehen müssen, dass seine eigentliche Prozessbevollmächtigte bei der Vernehmung der andere n Zeugen nicht anwesend sein würde. II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist weitgehend begründet. Die Hinz u- ziehung einer weiteren Prozessbevollmächtigten für den Beweistermin am 25. Oktober 2012 war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig (§ 91 Abs. 1 ZPO) , nicht aber d ie Vertretung in dem weiteren Beweistermin am 6. Dezember 2012 ; die durch diesen Termin ausgelösten Kosten der weiteren Prozessbevollmächtigten sind nicht erstattungsfähig. 1. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen , insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Recht s- verteidigung notwendig waren. Nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind die gesetzl i- chen Gebühr en und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten, nach § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Kosten mehr e- rer Rechtsanwälte jedoch nur insoweit, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintr e- ten musste. 2. Regelmäßig beschränkt sich die Ersatzpflicht der unterlegenen Partei auf d ie jenigen Kosten, d ie für einen einzigen am Sitz des Prozessgerichts 3 4 5 6 - 4 - 10 AZB 27/13 - 5 - wohnhaften Rechtsanwalt aufzuwenden sind . Dies beruht auf der Üb erlegung, dass von einem Rechtsanwalt verlang t werden kann, dass er den Rechtsstreit alleine führt (Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 91 Rn. 141) . Die Kosten eines weiteren Rechtsanwalts sind nur erstattungsfähig, soweit - auch nur vorüberg e- hend - in der Pe rson des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten muss. Maßge b- lich ist, ob die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts im konkreten Einze l- fall für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist . 3. Dies gilt auch, wenn der Pro zessbevollmächtigte einer Partei dadurch zeitweilig verhindert ist , dass er als Zeuge in dem Rechtsstreit vernommen wird. Grundsätzlich kann d er Prozessbevollmächtigte unter Fortdauer dieser Funktion als Zeuge vernommen werden (BGH 8. Mai 2007 - VI ZB 80/0 6 - Rn. 16; 10. Mai 1994 - VI ZR 306/93 - ; Zöller/Greger ZPO § 373 Rn. 5; OLG Hamm 7. September 1976 - 23 W 598/76 - ) . Die Beauftragung eines weiteren Recht s- anwalts für eine Beweisaufnahme ist nur notwendig iSv. § 91 ZPO , wenn dies besondere Umstände des Einzelfalls gebieten . Soll nur der Prozessbevollmäc h- tigte als Zeuge vern ommen werden , gibt es regelmäßig keinen Grund, für die Beweisaufnahme einen weiteren Bevollmächtigten zu bestellen. Anders kann es sein, wenn im Rahmen einer umfangreiche n Beweiserhebung die Verne h- mung des Prozessbevollmächtigten (gegenbeweislich) beantragt ist und dieser nach § 394 Abs. 1 ZPO an der Vernehmung der vor igen Zeugen nicht teiln e h- men kann . Eine Partei ist nicht verpflichtet, sich auf ihr unmittelbares Fragerec ht nach § 397 Abs. 2 ZPO beschränken zu lassen; sie ist auch nicht verpflichtet, auf einen Beschluss des Prozessgerichts hinzuwirken, abweichend von § 394 Abs. 1 ZPO de m später zu vernehmenden Prozessbevollmächtigte n die Anw e- senheit zu gestatten . Unabhängi g davon, dass ein solcher Beschluss des Pr o- zessgerichts nicht vorhersehbar ist, muss eine Partei nicht das Risiko eingehen, dass die Aussage des Prozessbevollmächtigten in ihrer Würdigung dadurch beeinträchtigt werden kann, dass er an der Vernehmung der vo rigen Zeugen teilgenommen hat . Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Prozessbevol l- mächtig te als solcher einen Anspruch auf ständige Anwesenheit während des Verhandlungstermins hat, der der Regelung des § 394 Abs. 1 ZPO vorgeht. Es 7 - 5 - 10 AZB 27/13 - 6 - kann zur zweckentsprec henden Rechtsverfolgung jedenfalls geboten sein, für eine konkrete Beweissituation einen weiteren Prozessbevollmächtigten hinz u- zuziehen und das Fragerecht durch diesen sachgerecht ausüben zu lassen. 4 . Das Landesarbeitsgericht hat die Bevollmächtigung ei ner weiteren Rechtsanwältin nicht für notwendig iSv. § 91 Abs. 1 ZPO erachtet. Die Würd i- gung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs durch das Landesarbeitsgericht ist v om Rechtsbeschwerdegericht nach de n gemäß § 576 Abs. 3 ZPO auch für das Rechtsbeschwerdeverf ahren geltenden revisionsrechtlichen Grundsätzen nur eingeschränkt überprüfbar (BAG 8. Mai 2003 - 2 AZB 56/02 - zu II 2 b bb (2) der Gründe) . Eine Rechtsverletzung bei der Anwendung eines un bestimmten Rechtsbegriffs liegt nur dann vor, wenn der Rechtsbegriff selbst verkannt wo r- den ist, bei der Unterordnung des festgestellten Sachverhalts unter diese n Rechtsbegriff Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verletzt worden sind, bei der gebotenen Interessenabwägung nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden oder das Ergebnis in sich widersprüchlich ist (BAG 8. Mai 2003 - 2 AZ B 56/02 - aaO) . 5 . Diese m Maßstab hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht stand. Es hat verkannt, dass zur Herbeiführung einer unbefangenen eigenen Auss age ein gegenbeweislich als Zeuge benannter Prozessbevollmächtigte r regelmäßig nicht an der Vernehmung der von der beweispflichtigen Partei b e- nannten Zeugen teilnehmen soll ( § 394 Abs. 1 ZPO ) und die betroffene Partei ein berechtigtes Interesse ha ben kann , zur Geltendmachung d er prozessualen Rechte und zur sachgerechten Ausübung des Fragerechts sachkundig im Te r- min vertreten zu sein , wenn sie die Regelung des § 394 Abs. 1 ZPO respektiert . Dies kann die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts erfordern ( gr undl e- gend bereits RG 10. November 1899 - VII 121/99 - JW 1899, 815 Nr. 11 ) . 6. Von einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht (§ 577 Abs. 4 ZPO) war abzusehen, da die Sache entscheidungsreif ist (§ 577 Abs. 5 ZPO) . a) Es war nach § 91 ZPO notwendig , zum Beweistermin am 25. Oktober 2012 eine weitere Prozessbevollmächtigte hinzu zu ziehen . Das Prozessgericht 8 9 10 11 - 6 - 10 AZB 27/13 war gehalten, zunächst die Zeugen der beweisführenden Beklagten und erst anschließend die gegenbeweislich vom Kläger benannten Zeugen eins chlie ß- lich seine r Prozessbevollmächtigte n zu vernehmen . Selbst wenn es dem Pr o- zessgericht möglich war, von der nach § 394 ZPO gebotenen Einzelverne h- mung in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen abzuweichen, musste sich der Kläger hierauf nicht einlass en , er war auch nicht gehalten, einen en t- sprechenden Beschluss des Prozessgerichts herbeizuführen. Er konnte zur Herbeiführung einer unbefangenen Aussage seiner Prozessbevollmächtigten eine weitere Prozessbevollmächtigte für die Durchführung der Beweisaufn ahme und zur sachgerechten Ausübung des Fragerechts hinzuziehen. b) Dies gilt nicht für den weiteren Beweistermin am 6. Dezember 2012. In diesem T ermin konnte die eigentliche Prozessbevollmächtigte den Kläger wi e- der vollumfänglich vertreten und das Frager echt ausüben. Der Hinzuziehung einer weiteren Prozessbevollmächtigten bedurfte es nicht, sodass die insoweit z usätzlich entstandenen Fahrt - und Reisekosten nicht erstattungsfähig sind. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 9 1 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Satz 1 ZPO , die Streitwertentscheidung aus § 63 Abs. 2 GKG . Mikosch Mestwerdt W. Reinfelder 12 13

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