10. Senat - Bonuszahlung im Bankgewerbe - Zielvereinbarung - Bonusvolumen - Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage
Karar Dilini Çevir:
10. Senat - Bonuszahlung im Bankgewerbe - Zielvereinbarung - Bonusvolumen - Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 10 AZR 620/11 7 Sa 1556/10 Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes! Verkündet am 17. Oktober 2012 URTEIL Jatz, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, Berufungsbeklagter, Berufungskläger und Revisionskläger, pp. Beklagte, Berufungsklägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Bun-desarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch, die Richter am Bundesarbeitsgericht - 2 - 10 AZR 620/11 - 3 - Schmitz-Scholemann und Mestwerdt sowie die ehrenamtlichen Richter Beck und Kiel für Recht erkannt: 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessi-schen Landesarbeitsgerichts vom 23. Mai 2011 - 7 Sa 1556/10 - wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten um eine Bonuszahlung für das Jahr 2008. Der Kläger war seit dem 1. Juli 1988 bei der D AG beschäftigt, zuletzt als Referatsleiter im Bereich „Communication and Marketing, Policies & Guide-lines“. Seit dem 1. April 2009 befand sich der Kläger in der passiven Phase der Altersteilzeit. Mit Wirkung zum 11. Mai 2009 wurde die D AG auf die Beklagte ver-schmolzen. Die Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildete der Arbeitsvertrag vom 29. März/11. April 1988. Dieser enthält unter anderem folgende Regelungen: „2. Bezüge Der Mitarbeiter erhält folgende Bezüge, durch die zugleich eventuelle Ansprüche auf Sozialzulagen und Mehrarbeitsvergütung abgegolten sind: a) Gehalt … b) Gratifikation Eine jährliche Abschlussgratifikation, die aus einem garantierten Betrag in Höhe eines Monatsgehaltes (Basis Dezember) und einer zusätzlichen Vergütung besteht, die unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank individuell nach Leistungsgesichtspunkten 1 2 3 4 - 3 - 10 AZR 620/11 - 4 - jährlich neu festgesetzt wird. Die Abrechnung erfolgt am ersten Arbeitstag nach der ordentli-chen Hauptversammlung der Bank.“ Am 27. März 2008 schlossen die Parteien eine Zielvereinbarung für das Geschäftsjahr 2008, in der die vom Kläger zu erreichenden Ziele in drei verschiedenen Bereichen (Unternehmensziele, vom Fachvorstand abgeleitete individuelle Ziele, sonstige individuelle Ziele) festgelegt wurden. Die Zielverein-barung lautet auszugsweise: „ Ziele und Executive Bonus 2008 Zielvereinbarung und Zielerreichung - Seite 1 Bewertungszeitraum* 01.01.2008 - 31.12.2008 Name des Mitarbeiters* K Position/Funktion des Mitarbeiters* L3, Referatsleiter Beschäftigt seit 07/1988 Name des Vorgesetzten* A Name des nächsthöheren Vorgesetzten* Dr. M Zielbonus in Euro p.a. *)**) 100 % wird in einem separaten Schreiben mitgeteilt … *) Pflichteingabe **) Aus dem Zielbonus erwächst kein Rechtsanspruch s.a. Terms & Conditions … Ja, zusätzliche Dokumente (bitte beifügen) Ja, ich habe die Terms & Conditions zur Kenntnis genommen (abrufbar im Executive Net) _______________________________ ___________________________________ Datum, Unterschrift Mitarbeiter Datum, Unterschrift Vorgesetzter “ Der Kläger unterzeichnete die Zielvereinbarung und bestätigte die Kenntnisnahme der „Terms & Conditions“ (im Folgenden: Bonusbedingungen) durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens. Handschriftlich setzte er neben das Kästchen ein Kreuz sowie unter das Formular ein weiteres Kreuz und den Zusatz: „Zur Kenntnis genommen, jedoch vor Bekanntgabe des 5 6 - 4 - 10 AZR 620/11 - 5 - Zielbonus nicht akzeptiert.“ Die Bonusbedingungen enthalten unter anderem folgende Regelungen: „1. Ziele und Berechtigte In Ergänzung Ihres Dienstvertrags und der darin in Aus-sicht gestellten Leistungsgratifikation bzw. variablen Vergütung konkretisieren die Terms & Conditions zum Prozess ‚Ziele und Executive Bonus’ die hierfür erforderli-chen Voraussetzungen. ... 5. Rahmenbedingungen und Regelungen » Die tatsächliche Auszahlung des Bonus setzt voraus, dass der Vorstand ein ausreichendes Bonusvolumen zur Verfügung stellt. Die Feststellung des Bonusvo-lumens bleibt weiterhin der Entscheidung des Vor-standes vorbehalten.“ Am 8. August 2008 fand eine Zwischenbeurteilung der Zielerreichung des Klägers (sog. mid-term review) statt. Am 28. Oktober 2008 veröffentlichte die D AG im Intranet eine Mittei-lung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit folgendem Wortlaut: „Bonusvolumen 2008 Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass der Vor-stand für das Kalenderjahr 2008 ein Bonusvolumen in Höhe von 100 % des Bonusvolumens 2007 - angepasst an den Mitarbeiterstand 2008 - pro Funktion und Division (exclusive DKIB Frontoffice) zugesagt hat. Mit dieser Entscheidung verbunden ist der Dank für Ihr Engagement und Ihren Einsatz für unsere Bank im laufen-den Jahr, auf den wir auch in Zukunft vertrauen. Die Festsetzung der individuellen Bonusbeträge erfolgt wie in den vergangenen Jahren leistungsabhängig. Über die individuelle Bonusfestsetzung werden die Führungs-kräfte ihre Mitarbeiter rechtzeitig in einem persönlichen Gespräch informieren. Die Auszahlung des Bonus erfolgt im Frühjahr 2009. Ihr H W“ 7 8 9 - 5 - 10 AZR 620/11 - 6 - Diese Mitteilung basierte auf einer Vorstandsentscheidung vom 2. Oktober 2008 und ist mit den Namen des damaligen Vorstandsvorsitzenden und des damaligen Personalvorstands unterzeichnet. Zu Beginn des Jahres 2009 bat der Kläger um Mitteilung der Höhe sei-nes Zielbonus für das Geschäftsjahr 2008. Mit E-Mail vom 16. Januar 2009 teilte ein Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger mit, dass sein Zielbonus auf 40.000,00 Euro festgesetzt worden sei. Durch Mitarbeiterbrief vom 18. Februar 2009 wurde den Arbeitnehmern der Beklagten und der D AG durch die Vorstandsvorsitzenden der beiden Unternehmen mitgeteilt, dass es aufgrund der Ergebnissituation für das Jahr 2008 keinerlei Bonuszahlungen geben werde. Im März 2009 erhielt der Kläger für das Geschäftsjahr 2008 eine Zah-lung für besondere Belastung in Höhe von 4.348,00 Euro. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm für das Geschäfts-jahr 2008 ein Bonus in Höhe von 40.000,00 Euro zustehe. Nach Abzug der bereits geleisteten Zahlung für besondere Belastung könne er von der Beklag-ten noch eine Zahlung in Höhe von 35.652,00 Euro verlangen. Die Zielvereinba-rung sei trotz des handschriftlichen Zusatzes wirksam zustande gekommen. Er habe die in der Zielvereinbarung festgesetzten persönlichen Ziele zu 100 % erreicht. Der Mitteilung des Vorstands der D AG vom 28. Oktober 2008 sei die Zusage zu entnehmen, dass die in der Zielvereinbarung genannten Unterneh-mensziele zu 100 % erreicht worden seien. Ziff. 5 der Bonusbedingungen stehe dem Anspruch nicht entgegen. Die Regelung benachteilige den Kläger unan-gemessen und sei deshalb unwirksam. Darüber hinaus sei die dort aufgestellte Voraussetzung für die Auszahlung des Bonus auch erfüllt. Durch die Mitteilung vom 28. Oktober 2008 habe der Vorstand der D AG ein ausreichendes Bonus-volumen zur Verfügung gestellt. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 35.652,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten 10 11 12 13 14 15 - 6 - 10 AZR 620/11 - 7 - über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2009 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffas-sung vertreten, dass dem Kläger kein Bonusanspruch zustehe. Es unterliege bereits erheblichen Zweifeln, ob für das Jahr 2008 überhaupt eine wirksame Zielvereinbarung geschlossen worden sei. Ein Bonusanspruch bestehe jeden-falls deshalb nicht, weil die Beklagte entgegen Ziff. 5 der Bonusbedingungen kein ausreichendes Bonusvolumen zur Verfügung gestellt habe. Ziff. 5 der Bonusbedingungen sei wirksam. Durch die Mitteilung vom 28. Oktober 2008 habe der Vorstand sein Ermessen iSv. Ziff. 5 der Bonusbedingungen nicht ausgeübt. Die Mitteilung stelle lediglich eine unverbindliche Ankündigung eines möglichen Bonusvolumens an die gesamte Belegschaft dar. Für die Entschei-dung im Februar 2009, keine Bonuszahlungen zu leisten, sei neben der öffentli-chen Diskussion über Bonuszahlungen auch die Entwicklung des gesamtwirt-schaftlichen Umfelds von erheblicher Bedeutung gewesen. Die globale Finanz-marktkrise habe zum Ende des Jahres 2008 dramatische Höhepunkte erreicht. Die Kernkapitalquote der D AG habe sich in einem kritischen Bereich bewegt. Für das Geschäftsjahr 2008 sei ein negatives operatives Ergebnis in Höhe von 6,56 Mrd. Euro zu verzeichnen gewesen. Die Beklagte habe der D AG zusätzli-ches Kapital im Umfang von 4 Mrd. Euro zugeführt und habe selbst in zwei Tranchen 18,2 Mrd. Euro aus dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) in Anspruch genommen. Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 23.625,00 Euro stattge-geben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abge-wiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. 16 17 - 7 - 10 AZR 620/11 - 8 - Entscheidungsgründe Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen für das Jahr 2008 keine Ansprüche auf Zahlung zusätzlicher Vergütung zu. I. Nach Ziff. 2 Buchst. b des Arbeitsvertrags iVm. § 315 Abs. 1 und Abs. 2 BGB sowie der Zielvereinbarung und den Bonusbedingungen hatte der Kläger Anspruch auf die Festlegung einer zusätzlichen variablen Vergütung nach billigem Ermessen der Rechtsvorgängerin der Beklagten für das Jahr 2008. Das ergibt die Auslegung der vertraglichen Regelungen. 1. Der Arbeitsvertrag gewährte dem Kläger in Ziff. 2 Buchst. b Anspruch auf Festsetzung einer zusätzlichen Vergütung unter Berücksichtigung von Leistungsgesichtspunkten und der Ertragslage der Bank. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte hatte die Leistungsbestimmung damit nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) zu erfolgen. Die Maßstäbe für die Ausübung des billigen Ermessens haben die Parteien in der von ihnen geschlossenen Zielvereinba-rung vom 27. März 2008 konkretisiert. a) Der Kläger hat das Angebot der Beklagten zum Abschluss der Zielver-einbarung angenommen. Zwar hat der Kläger einen handschriftlichen Zusatz mit dem Inhalt angebracht, die Bonusbedingungen würden vor Bekanntgabe des Zielbonus nicht akzeptiert. Damit mag, wie die Beklagte meint, zunächst eine vertragliche Einigung auf die Bedingungen der Zielvereinbarung nicht zustande gekommen sein. Indes haben die Parteien ihrem weiteren Verhalten im Laufe des Jahres 2008 und Anfang des Jahres 2009 die Bestimmungen der Zielvereinbarung zugrunde gelegt und damit - entgegen der Auffassung der Beklagten - durch bewussten Vollzug der getroffenen Abreden deren Geltung bekundet (vgl. Flume Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts Bd. II Das Rechtsgeschäft 4. Aufl. § 34 Nr. 6 e). 18 19 20 21 - 8 - 10 AZR 620/11 - 9 - b) Aufgrund dieser vertraglichen Konkretisierung war die Beklagte an die Zielvereinbarung gebunden. Haben die Vertragsparteien durch eine Zielverein-barung die Voraussetzungen für die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung abschließend festgelegt, so kann sich der Arbeitgeber von der Zahlungspflicht nicht mehr einseitig durch anderweitige Leistungsbestimmung befreien (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 38, EzA BGB 2002 § 611 Gratifi-kation, Prämie Nr. 28; zur Ausübung des Direktionsrechts: 16. März 2010 - 3 AZR 31/09 - Rn. 26, BAGE 133, 307; 17. Dezember 1997 - 5 AZR 332/96 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 87, 311). Im Streitfall hatten die Parteien jedoch in der Zielvereinbarung keine abschließende Regelung getroffen, sondern zusätz-lich die Geltung der Bonusbedingungen vereinbart, die ihrerseits die Zahlung unter den Vorbehalt einer entsprechenden Entscheidung des Vorstands stellten (Ziff. 5 der Bonusbedingungen). Die Entscheidung des Vorstands musste mangels entgegenstehender Anhaltspunkte billigem Ermessen entsprechen. Dabei durfte der Vorstand, soweit die Maßstäbe für die Ausübung des billigen Ermessens in der Zielvereinbarung festgelegt waren, von ihnen nicht mehr abweichen. Er konnte lediglich noch Gesichtspunkte geltend machen, die außerhalb der in der Zielvereinbarung zugrunde gelegten Umstände lagen und im Rahmen billigen Ermessens berücksichtigungsfähig waren. 2. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Bonusbedingungen und insbesondere ihre Ziff. 5 Bestandteil der zwischen den Parteien geschlossenen Zielvereinbarung geworden. a) Vorliegend wird auf beiden Seiten der Zielvereinbarung jeweils am Seitenende sowie unmittelbar über der von dem Mitarbeiter zu leistenden Unterschrift auf die Bonusbedingungen hingewiesen. Aufgrund dieser Vertrags-gestaltung war es für den Kläger als Erklärungsempfänger (§§ 133, 157 BGB) erkennbar, dass die Bonusbedingungen nach dem Willen der Beklagten Be-standteil der Zielvereinbarung werden sollten. b) Der Einbeziehung von Ziff. 5 der Bonusbedingungen steht § 305 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Auf die nach dieser Vorschrift erforderliche Möglichkeit des Vertragspartners eines Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingun-22 23 24 25 - 9 - 10 AZR 620/11 - 10 - gen, bei Abschluss des Vertrags die Bedingungen inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen, kommt es nicht an. Die Vorschrift des § 305 Abs. 2 BGB findet bei der Kontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen im Arbeitsrecht keine Anwen-dung (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Angesichts dieser klaren gesetzgeberischen Entscheidung scheidet eine analoge Anwendung des § 305 Abs. 2 BGB aus (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 21, BAGE 122, 12). Für die wirksa-me Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt demnach § 145 ff. BGB, dh. es genügt jede stillschweigende Willensübereinkunft (ErfK/Preis 12. Aufl. § 305 - 310 BGB Rn. 28). Auch der Kläger selbst hat nicht in Frage gestellt, dass die Bonusbedingungen Bestandteil der zwischen den Parteien getroffenen Zielvereinbarung sind. c) Ziff. 5 der Bonusbedingungen ist auch nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB. aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen dann nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Um-ständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungseffekt“ innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründe-ten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen (BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 34, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 53; 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28). Da sich das Überraschungsmoment auch aus dem Erscheinungsbild des Vertrags ergeben kann, ist es möglich, dass auch das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Text sie deswegen als Überraschungsklausel erscheinen lässt. Das Überra-schungsmoment ist umso eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender darauf besonders hinweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorheben (BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - aaO). 26 27 - 10 - 10 AZR 620/11 - 11 - bb) Nach diesen Grundsätzen ist Ziff. 5 der Bonusbedingungen weder inhaltlich noch nach der äußeren Vertragsgestaltung überraschend. (1) Bereits Ziff. 2 Buchst. b des Arbeitsvertrags sieht vor, dass der Bonus unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank festgelegt und nach der Hauptversammlung, dh. nach Abschluss des Geschäftsjahres, abgerechnet wird. Bei Abschluss der Zielvereinbarung, welche gemäß Ziff. 1 der Bonusbe-dingungen diese arbeitsvertragliche Regelung konkretisiert, musste der Kläger daher damit rechnen, dass dieses Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten fortbestehen sollte. Dem steht auch nicht entgegen, dass die wirtschaftliche Lage der Beklagten bereits im Rahmen der Zielvereinbarung berücksichtigt wurde. Da die Zielvereinbarung zu Beginn des Geschäftsjahres abgeschlossen wurde, konnte der Kläger nicht annehmen, dass dadurch das arbeitsvertraglich eingeräumte Bestimmungsrecht nach Abschluss des Geschäftsjahres vollstän-dig aufgehoben werden sollte. Die Zielvereinbarung legte lediglich die Parame-ter zur Bewertung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung aus Sicht des Zeitpunkts ihres Abschlusses fest. Damit sollte nicht die Berücksichtigung weiterer Umstände, die im Rahmen von § 315 BGB maßgeblich sein konnten, ausgeschlossen werden. (2) Ein „Überrumpelungseffekt“ folgt auch nicht aus dem äußeren Erschei-nungsbild der Klausel. Aus der Sicht einer Führungskraft im Bankgewerbe, die mit komplexen Vertragswerken und der Bedeutung Allgemeiner Geschäftsbe-dingungen vertraut ist, musste umso mehr mit einer maßgeblichen inhaltlichen Ausgestaltung der Anspruchsvoraussetzungen gerechnet werden, als in der Zielvereinbarung auf die Geltung der Bonusbedingungen hingewiesen wurde. Außerdem legte die Zielvereinbarung selbst nur die zu erreichenden Ziele und ihre Gewichtung, nicht aber nähere Einzelheiten fest. Bereits in Ziff. 3 der Bonusbedingungen, welche die Auszahlung des Bonus regelt, wird darauf hingewiesen, dass die Auszahlung des Bonus nur vorbehaltlich der Regelungen in Ziff. 5 erfolgt. Bei dieser Vertragsgestaltung war die hier maßgebliche Klausel für einen im Umgang mit Verträgen vertrauten Mitarbeiter wie den Kläger nicht überraschend. 28 29 30 - 11 - 10 AZR 620/11 - 12 - 3. Mit dem oben beschriebenen Inhalt hält Ziff. 5 der Bonusbedingungen auch der Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB stand. a) Ziff. 5 der Bonusbedingungen enthält keinen unzulässigen Änderungs-vorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB. aa) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Ver-wenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbe-stimmungsrechte im Sinne des § 315 ff. BGB fallen jedoch nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen (BGH 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 158, 149; Dammann in Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB-Recht 5. Aufl. § 308 Nr. 4 Rn. 16; Staudinger/Coester-Waltjen (2006) § 308 Nr. 4 Rn. 5). bb) So verhält es sich hier. Der vertragliche Anspruch des Klägers ist auf Entscheidung nach billigem Ermessen über die Jahresgratifikation nach Ab-schluss des Bezugsjahres gerichtet (Leistungsbestimmung, § 315 BGB). Die Zielvereinbarung ist lediglich eine Abrede der Parteien über verschiedene Parameter für die Ausübung des billigen Ermessens. Sie soll für sich genom-men keinen Anspruch begründen. Von einer Änderung oder Abweichung in Bezug auf eine bereits versprochene Leistung kann damit nicht die Rede sein. b) Ziff. 5 der Bonusbedingungen verstößt nicht gegen das Transparenz-gebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Be-nachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt des-31 32 33 34 35 36 - 12 - 10 AZR 620/11 - 13 - halb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine er-schwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abge-fasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). bb) Eine derartige Gefahr ist hier nicht erkennbar. Der mögliche Anspruch des Klägers ist durch den Arbeitsvertrag und die Zielvereinbarung ausreichend beschrieben. Der Kläger konnte erkennen, dass die Beklagte nach billigem Ermessen über die Festsetzung der Sonderzahlung zu entscheiden hatte. Durch die Zielvereinbarung waren die bei der Ermessensausübung zu berück-sichtigenden Faktoren weitgehend festgelegt. Der Kläger war damit in der Wahrnehmung seiner Rechte nicht beeinträchtigt. Legte der Vorstand die endgültige Höhe des Bonus fest, so konnte der Kläger die Berechnung auf-grund der Zielvereinbarung nachprüfen und die ihm nach seiner Auffassung zustehenden Mehransprüche geltend machen, wie es auch geschehen ist. c) Ziff. 5 der Bonusbedingungen ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger unangemessen benachteiligen würde. aa) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundge-danken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu verein-baren ist. (1) Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders vorliegt, ist auf der Grundlage einer Abwägung der berech-tigten Interessen der Beteiligten zu beantworten. Hierbei ist das Interesse des 37 38 39 40 - 13 - 10 AZR 620/11 - 14 - Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Ver-tragspartners an der Ersetzung der Klausel durch das Gesetz abzuwägen. Bei dieser wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerken-nender Interessen der Vertragspartner, bei der auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten sind, ist ein genereller, typisierender Maßstab anzulegen (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 23, BAGE 124, 259; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 122, 182). (2) Rechtsvorschriften iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entspre-chenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, dh. auch alle ungeschrie-benen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259). bb) Nach diesen Maßstäben enthält Ziff. 5 der Bonusbedingungen keine unangemessene Benachteiligung. (1) Die Regelung weicht mit dem durch Auslegung (siehe oben zu I 1) ermittelten Inhalt nicht vom Gesetz ab. Vielmehr sieht das Gesetz selbst einsei-tige Leistungsbestimmungsrechte vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass vertragliche Regelungen diesen Inhalts einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemes-sen sind. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber also Vorkehrungen getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorkehrungen nicht ausreichend wären, sind nicht erkennbar. 41 42 43 - 14 - 10 AZR 620/11 - 15 - (2) Die Regelung verstößt auch nicht gegen ungeschriebene Rechtsgrund-sätze. Insbesondere besteht nicht die Gefahr, dass der Arbeitgeber einerseits die verhaltenssteuernde Wirkung eines vertraglichen Versprechens für die Zukunft in Anspruch nimmt, andererseits aber die Entscheidung über den Eintritt der Bedingung allein vom eigenen Willen abhängig macht. Wie bereits ausgeführt, ist der Arbeitgeber an eine im Rahmen des Leistungsbestimmungs-rechts getroffene Zielvereinbarung in aller Regel gebunden. Insbesondere kann er nicht nachträglich das verabredete Leistungsprogramm verändern und kann auch nicht die in der Zielvereinbarung vereinbarte Zuweisung geschäftlicher Risiken verändern. II. Der Anspruch des Klägers auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist erloschen (§ 362 BGB). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat den Anspruch mit ihrem Schreiben von März 2009 und die anschließende Zahlung erfüllt. Die getroffene Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermes-sen (§ 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB); dem Kläger steht kein weiterer Bonusan-spruch zu. 1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80). a) Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessens-entscheidung zu treffen hat (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leis-tungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, AP GG Art. 12 Nr. 143; BGH 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, 44 45 46 47 - 15 - 10 AZR 620/11 - 16 - BGHZ 163, 321). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48). b) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (vgl. BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 29, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14). Diese Sach-entscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b und B IV 1 der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15; vgl. zur Kontroverse über den Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung: GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 10). 2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe bei ihrer Entscheidung billiges Ermessen gewahrt, ist im Er-gebnis nicht zu beanstanden. a) Die Beklagte war an der Leistungsbestimmung in der geschehenen Höhe nicht durch die Mitteilung des Bonusvolumens vom 28. Oktober 2008 gehindert. Die Mitteilung schuf keine selbstständige, von den arbeitsvertragli-chen Regelungen unabhängige Grundlage für einen Bonusanspruch. Mit ihr wurde auch nicht das Leistungsbestimmungsrecht endgültig und verbindlich ausgeübt. Vielmehr bezog sich die Erklärung für die Arbeitnehmer erkennbar nur auf einen Faktor für die spätere Bestimmung ihres jeweiligen Bonusan-spruchs (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 165/11 - Rn. 32 ff.). Allerdings ist die Festsetzung des Bonusvolumens und deren Bekanntgabe an die Arbeit-nehmer nicht ohne rechtliche Bedeutung. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat sich dadurch verpflichtet, das zugesagte Bonusvolumen bei der Ausübung ihres Ermessens als einen wesentlichen Faktor zugrunde zu legen (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 165/11 - Rn. 35). 48 49 50 - 16 - 10 AZR 620/11 - 17 - b) Ebenso wenig lag in der Mitteilung vom 16. Januar 2009, mit der die Festsetzung des Zielbonus auf 40.000,00 Euro erfolgte, eine abschließende Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts. Vielmehr ergänzte diese Mittei-lung lediglich die - unvollständige - Zielvereinbarung vom 27. März 2008 um die darin bereits angekündigte Mitteilung des Zielbonus. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war an die vervollständigte Zielvereinbarung gebunden, soweit nicht Umstände, die außerhalb der von der Zielvereinbarung abgedeckten Sachver-halte lagen, im Rahmen der - in der Zielvereinbarung durch Bezugnahme auf die Bonusbedingungen vorbehaltenen - abschließenden Ausübung billigen Ermessens berücksichtigungsfähig waren. Sie musste also auch die Festset-zung des Zielbonus in die Ausübung ihres Ermessens als einen wesentlichen Faktor einbeziehen. c) Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat bei der endgültigen Leis-tungsbestimmung im März 2009 alle nach der vertraglichen Regelung, der Zielvereinbarung, den Bonusbedingungen und den Mitteilungen vom 28. Okto-ber 2008 und vom 16. Januar 2009 wesentlichen Umstände in ihre Abwägung einbezogen und angemessen gewichtet. Die genannten Vereinbarungen und Mitteilungen waren bindend, soweit die Ermessensausübung Gesichtspunkte betraf, die dort abschließend geregelt waren. Die Rechtsvorgängerin der Be-klagten war gehindert, von diesen Vereinbarungen für die Bestimmung des Bonus abzuweichen, ohne dass dafür besonders gewichtige, außerhalb der durch die Zielvereinbarung abgedeckten Umstände vorlagen. d) Solche außergewöhnlichen Umstände lagen jedoch im Streitfall vor. Das negative operative Ergebnis der D AG betrug für das Jahr 2008 6,56 Mrd. Euro. Auch die Zufuhr von Kapital in Höhe von 4 Mrd. Euro durch die Beklagte macht deutlich, dass es sich um eine außergewöhnliche, desaströse Situation handelte. Die Beklagte musste ihrerseits Mittel im Umfang von etwa 18,2 Mrd. Euro aus dem SoFFin in Anspruch nehmen. Dies zeigt, dass die Fortexistenz der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin durch Umstände jenseits des ihrem und ihrer Mitarbeiter Einfluss unterliegen-den Geschäftsverlaufs nachhaltig bedroht war. Damit realisierten sich nicht 51 52 53 - 17 - 10 AZR 620/11 - 18 - etwa die im Vertrag und in der Zielvereinbarung vorausgesetzten - und dement-sprechend von der Beklagten zu tragenden - Risiken gewissermaßen „norma-ler“ negativer Geschäftsentwicklungen. Die Lage hatte vielmehr mit den in der Zielvereinbarung zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen der Parteien nichts mehr zu tun. Die Existenz der Beklagten konnte nur durch massive staatliche Hilfeleistungen gesichert werden, die nicht der Rettung einzelner Banken, wie etwa der Beklagten, oder der Sicherung von Vergütungsansprüchen von Arbeit-nehmern der Banken dienten, sondern dem öffentlichen Interesse an der Abwehr von schweren Gefahren für die Volkswirtschaft (Zusammenbruch des Bankensystems). So heißt es in der Regierungserklärung des damaligen Bundesministers der Finanzen zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz vor dem Deutschen Bundestag am 15. Oktober 2008, es gehe nicht darum, dass es Gratifikationen für den Bankensektor geben solle oder dass Bankmanager vor dem Ruin bewahrt werden sollten, sondern um das „öffentliche Gut“ stabiler, funktionierender Finanzmärkte, die unverzichtbar seien „für jeden Handwerker, der einen Betriebsmittelkredit haben möchte, … für jedes große Unternehmen, das arbeitsplatzerhaltende oder arbeitsplatzerweiternde Investitionen vorneh-men möchte, … für alle Menschen, die für das Alter sparen und damit ein auskömmliches Einkommen im Alter haben möchten, … für alle Sparerinnen und Sparer in Deutschland, die einen wettbewerbsfähigen Finanzsektor brau-chen …“ (Bulletin der Bundesregierung vom 15. Oktober 2008, Bulletin Nr. 109-2). e) Diese Ausnahmesituation lässt es auch unter Berücksichtigung der Leistung des Klägers und der Zielvereinbarung und der Schreiben von Oktober 2008 und Januar 2009 nicht unangemessen erscheinen, dass die Rechtsvor-gängerin der Beklagten den Bonusanspruch wie geschehen festsetzte. Dem Kläger flossen an zusätzlichen Leistungen neben dem festen Gehalt über 4.000,00 Euro zu. Er erhielt damit eine angesichts der desaströsen Lage immer noch nennenswerte, keineswegs unbeträchtliche finanzielle Anerkennung für die von ihm zur Erreichung der Vorgaben in der Zielvereinbarung unternomme-nen Anstrengungen im Jahr 2008. 54 - 18 - 10 AZR 620/11 III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Mikosch Mestwerdt Schmitz-Scholemann D. Kiel Die Amtszeit des ehrenamt-lichen Richters Beck ist abge-laufen. Mikosch 55

Full & Egal Universal Law Academy